8 setbre. 1868


Gr. Hfth. Comite

Bis zur Sitzung vom 3 2ten d. war nur obenhin und im Allgem. die Sprache
von einer Aufführung der „Meistersinger“ v. W. [unleserlich, gestrichen] Dieselbe wurde
von dem Hofth. als wünschenswerth bezeichnet, von mir aber als mit den
disponiblen Mitteln als durchaus unausführbar beurtheilt.

In der erwähnten Sitzung jedoch schien das Hft. C. bereits den förml. Beschluß einer Auffühung gefaßt zu
haben und ich nur beigezogen worden zu sein um davon Kenntniß zu erhalten und
die Mittel aufzusuchen, wie eine Aufführung mit den unzureichenden Gesangskräften
sei es durch Reduktionen, Auslassungen od. sonst. Beschränkungen möglich zu machen
wäre? – Dieser Sachlage gegenüber scheint es mir nöthig meinen Standpunkt zu
wahren u. zwar in doppelter Hinsicht zunächst. Ein mal als der musikalischen In meiner dienstl. Stellung Chef der Oper:
Als solcher steht mir sowohl selbstverständl. als kontraktlich zur Seite, daß mein Gutachten über neu aufzuführende
Opern gehört werden muß. Wenn dieß zu meinem Bedauern in vorliegenden Falle für
überflüssig erachtet werden sollte, so bin ich gleichwohl der Stellung, welche das hies. Institut
in der allgem. Meinung einnimmt, schuldig sowie meinen persönl. Verpflichtungen schuldig,
ein umfassendes Gutachten über die Aufführbarkeit der fraglichen Oper abzugeben.
In der andern Hinsicht gibt es für mich Verpflichtungen, die über meine dienstliche Stellung
hinausreichen. Sie bestehen in dem Standpunkte des Künstlers. Ich bin nicht allein der
Theaterverwaltung verantwortlich für die Ausübung meines Berufes, sondern stehe
unter dem Urtheile der Kunstwelt u. habe auf die Wahrung eines Rufes zu achten.
Eine schon den materiellen Kräften nach unmögliche od. doch höchst verkümmerte Auf‐
führung wird zunächst mir zur Last gelegt.

Nach diesen Eingange kann ich an die Gründe gehen, da eine Aufführung der Mstsg.
mit dem z.Z. verfügbaren Kräften als eine höchst mangelhafte, das ganze Werk entschieden benachtheiligende erscheinen
lassen. Ich übergehe hiebei vollständig mein Urtheil über die Wagner'sche Musik, da die
Oper bereits in München mehrere Vorstellg erlebt hat, u. an andern Bühnen vorbereitet
wird u. somit ein Eigenthum des deutsch. Repertoires geworden ist zu werden scheint. Ich muß aber gleich
von vornherein in Abrede stellen, daß das Schreiben der Verlagshandlg Schott, welches die Bedingungen
für die Auffrg an hies. Bühne enthält, andere Veränderungen der Oper zuläßt, als
Kürzungen, die aus der Nothwendigkeit Berücksichtigung lokal. Verhältnisse entstehen. hervor Offenbar
ist damit nichts Anderes gemeint als daß die ungewöhnl. lange Dauer der Oper auf eine den
betreff. Lokalverhältnissen angemessene Zeit eingeschränkt wird werden könne.