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HEIMAT
KURIER
Nr. 39 / Seite 9
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Die Schmelz feiert Johann Peter Hebel
Ueber 20 000 Basler besuchten da« Hebelfest
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Die neue Zeit
/ Idi gebe zu, daß 1dl mit der Zeit schon Gauner auf Kriegsfuß stand, ich halte sie für eine sehr flüchtige, um nicht Zusagen leichtfertige Dame. Solange ich denken kann, bin ich hinter ihr hergerannt. Das ging in der Kleinkinderschule an und wurde in der großen Lebensschule für Erwachsene fortgesetzt. Ich gerate leicht mdt dem Frühstück in die Mittagszeit und mit dem Tee ins Nachtessen und es gibt ängstliche Gemüter, die vermeiden, mich unaufgefordert zu besuchen, weil sie nie erraten können, wie ich mit der Zeit dran bin.
Mit stillem Grauen erwarte ich darum Jedes Jahr die Sommerzeit, die der so rührend besorgte Vater Staat für seine Kinderchen ausgetüftelt hat Wenn ich richtig aufgezogen war, d. h., den Dreh vom ersten Tage ohne Unfall weg hatte, kam ich unter vielem Schnaufen jeden Abend richtig an und um Mitternacht ins Bett.
Aber nun kamen Leute auf die großartige Idee, die Zeit nicht nur um eine, sondern um 2 Stunden vorzustellen. Wenn ich jetzt aufstehe, strahlen die Sterne und wenn ich zu Bett gehe, scheint die Sonne. Ich dachte zuerst erschrocken, das läge mal wieder an meiner verkehrten Zeiteinteilung, aber siehe da, es ging gottlob auch anderen Leuten diesmal so. Mein Nachbar klagt, daß er vor seinen Hühnern schlafen geht, die das mit der Sommerzeit nicht gelesen zu haben scheinen und guter Dinge hoch herumspazieren, wenn er schon
in« Beil muß. Er weiß nicht recht, ob er das Nachtessen am frühen Morgen, oder das Frühstück am späten Abend gegessen hat und sein Haushahn, der sonst alles tadellos regierte, ist durch die ständigen Ruhestörungen ganz mit den Nerven herunter und muß entweder in eine Heilanstalt oder in den Kochtopf.
Ich habe meinen Nachbarn edn wenig ausgelacht. Ich fand, er übertrieb sehr; aber dann sah ich einen andern Nachbarn, der nachts um 12 Uhr Salat pflanzte und seine Beete goß, während seine Frau Wäsche hängte, die sie am Vormittag im Mondschein gewaschen hatte.
Ich weiß nicht — ich weiß nicht — irgendwie gefällt mir das Ding nicht und ich kann nur immer wieder sagen: Da hat doch jemand dran gedreht — entschieden zuviel dran gedreht! Mar6
Eine schreckliche Volksseuche
Hemmungslose Genußgier, Haltlosigkeit, Leichtsinn, das schlechte Beispiel moderner Filme, schlechter Lektüre, die Nachwirkungen von alkoholisierten Tanzlustbarkeiten in Stadt und Land und so viele andere Gründe sind die Ursache von physischen und psychischen Verfallserscheinungen, von welchen weite Kreise unserer Bevölkerung, leider auch der Jugend, befallen sind. Selbst Bildzeitschriften, deren Bestreben es im allgemeinen ist, der Unterhaltung zu dienen, sehen sich zu ernsten Mahnungen genötigt. So stellt z. B. die „Badische Jllustrierte ” fest, daß die Geschlechtskrankheiten seit 1933—1946 so bedenklich angestiegen seien, „daß man bereits von einer Volksseuche sprechen muß” und daß „die Syphilis , eine in Deutschland selten gewordene Ge- schlecäüskrankheit”, im Gefolge von Krieg und Nachkriegszeit „eine schreckende Verbreitung gefunden” habe und eine „dreißigfache Zunahme der Geschlechtskrankheiten” zu verzeichnen wäre!
Trümmer im Grünen
Freiburg i. Br. In «atte« Grün ist die Stadt gehüllt. Aber dieser duftige Schleier kann trotz seiner malerischen Pracht die wunden Stellen nicht verbergen. Die Trümmer der Stadt können nur dann beseitigt werden, wenn alle Hand anlegen, die dazu fähig und guten Willens sind.
Ein vor kurzem in der Freiburger Universität abgehaltener Diskussionsabend hatte gerade den Fragenkomplex Aufbau sum Gegenstand. Allzuviel scheint dabei tro’-z aller Heftigkeit, die dabei zutage trat, nicht herausgekommen zu sein. Allerseits wurde zwar ausdrücklich betont, TfcS der „Aufbau — Problem Nr. 1” Ist und bleibt Oberbürgermeister Dr. Hoff- mann konnte erfreulicherweise auch noch verschiedene Verbesserungen der Arbeitsbedingungen (Schuhe, Kleidung, Verpfle- |ung) in Aussicht stellen, das allein wird aber trotzdem nicht genügen. Das hat die bisherige Erfahrung ausreichend bewiesen. *
Wenn nun auf Grund der Badischen Getneindeordnung vom 31. 3. 47 der Freiburger Stadtrat eine Gemeindesatzung erlassen hat, um dadurch alle männlichen Personen zwischen 16 und 60 Jahren und alle weiblichen Personen zwischen 16 und 45 Jahren zur Trümmerbeseitigung und Kr den Wiederaufbau zu verpflichten, wird das Problem in ein völlig neues Licht (Brückt Die Frage der Freiwilligkeit dürfte damit hoffentlich eine dem Gemeinwohl entsprechende Klärung gefunden haben. Danach kann nun jeder, wenn •eine Dienstpflicht nicht erfüllt, mit einer Geldstrafe belegt werden. Es ist bedauerlich, daß nur durch eine gesetzliche Verankerung das Pflichtgefühl wachgerüttelt »erden konnte.
Aber es geht anscheinend doch noch anders. Das haben die katholischen Jung- tnänner der Stadt bewiesen, als sie jüngst einen Tag lang freiwillig bei der Trümmerbeseitigung geschafft haben, und ihnen haben sich nun auch der Freiburger Stadtrat mit dem Oberbürgermeister an der Spitze und Mitglieder der Ministerien ^geschlossen.
Wie schwer es heute ist, die gesteckten Ziele zu erreichen, wird allein durch die Tatsache erläutert, daß Freiburg nach der neuesten Regelung nur noch 27 000 Backheine im Monat zugeteilt bekommt. Da muß man eben aus den Trümmern Back- *tej ne herausschaffen, wie dies nunmehr durch bereits verpflichtete Arbeiter von auswärts geschieht. Die Hälfte der Backhaine wird diesen allerdings für den Wiederaufbau ihrer Wohnungen und Oe- konomiegebäude auf dem Lande zur Verfügung gestellt. Einer hilft so dem andern. Wenn das so ist, oder wenn es so weit kömmt, dann haben wir keine Bange, daß **, wenn auch nur langsam, doch gelingen »ird, in den kommenden Monaten ein Iroßes Stück Arbeit zu leisten, denn unaufhörlich dampft der „Schutt-Expreß” mrd hoffentlich regen sich recht viele fleißige Hände, um das alte, schöne Frei- ="Urg bald wieder erstehen zu lassen. Joso.
86. Geburtstag der Fürstin Irma von Fürstenberg
4 Am 19. Mai feiert die Fürstin Irma Fürstenberg auf Schloß Heiligenberg Kren 80. Geburtstag. Sie entstammt dem hiemaligen reichsunmittelbaren österrei- Klschen Geschlecht der Grafen von Schön- Jpm-Buchhei'm, aus dem bekannte Kir- Kenfürsten und Baumeister hervorgegan- sind, u. a. Graf Damian von Sehön- , der Erbauer des Rokoko-Schlosses in ichsal und der Residenz in Würzburg , bat in den vergangenen Jahren im en viel Not gelindert und immer ge- fen, wo es galt zu helfen. Anläßlich des Brandes in Donaueschingen im ■t 1906 hat das Fürstenpaar für die
hat sich das Fürstenpaar um das Schicksal Donaueschingens immer besonders angenommen und mit den damaligen Bürgermeistern Schön und Fischer viel für die Entwicklung Donaueschingens als Kur- und Fremdenstadt getan. Es lag dem Fürstenhaus am Herzen, in Donaueschingen ein Kulturzentrum zu schaffen. Möge der Fürstin ein gesegneter Lebensabend be- schleden sein.
Die verlockende Grenze
ra. Vor dem Militärgericht in Singen batten sich 44 Männer, 9 Frauen und 6 Jugendliche wegen Ueberschreitung der Schweizer Grenze zu verantworten. Inden meisten Fällen waren die Grenzgänger von der Schweizer Fremdenpolizei erwischt und wieder ins Badische zurückbefördert worden. 36 der Angeklagten erhielten Gefängnisstrafen über drei Monate, die übrigen kamen mit geringeren Gefängnisoder Geldstrafen davon, zwei wurden frei- gesprochen. Wegen unerlaubter Ueberschreitung der Zonengrenze verurteilte das Militärgericht Singen 29 männliche und 8 weibliche Angeklagte und einen Jugendlichen. Es gab mehrwöchige Gefängnisstrafen und Geldstrafen bis zu 200 Mark.
Einweihung der Synchronisieranstalt Teningen
F r e i b u r cj. Administrateur Genäral Laffon in Begleitung des Delegue Superieur für Baden, Pene, hat am Samstag in Teningen bei Freiburg die Film-Studios eingeweiht. Anläßlich dieses Besuches wurde die Synchronisation eines Filmes vorgeführt, um zu zeigen, welch hohen Grad die Nach
synchronisierung heute erreicht hat. Ad- mnistrateur General Laffon dankt all denen, die ihren Teil zum Gelingen des Werkes beigetragen haben, das dem Film in Baden große wirtschaftliche Möglichkeiten bietet.
Staatslotterie iür Südbaden und Süd- Württemberg
Baden-Baden . Eine neue Staatelotterie für Südbaden und Südwürttemberg ist in Vorbereitung. Die Loa« werden demnächst ausgegeben.
Chronik des Beacbtals
Ofoerkirch. Bei der Gründungsversammlung der Stadtkapelle wurde Josef Hildenbrand zum 1. Vorstand gewählt, zum 2. Vorstand Wilhelm Boschert. zum Dirigenten Emilio Rosa. — Gut besucht war der von Staatsschauspieler Mehner und seiner Spielgruppe veranstaltete „Bunte Abend“ in Oppenau . — In Renchen fand die 2. öffentliche Gemeinderatssitzung statt. — Mit der Reichsbahn wird ein Vertrag wegen Instandsetzung des Bahnhofgeländes abgeschlossen.
Neuer Präsident der nordbadlsdien Finanzverwaltung
Karlsruhe . Ob.-Reg.-Rat Dr. Otto Nikolaue, bisher Finanzvorsteher in Nürnberg , wurde vom Finanzminister Dis Köhler zum Präsidenten des Landesfinanzamtes Karlsruhe bestellt. Finanzpräsident Dr. Nikolaus ist ein Sohn der Gemeinde Weingarten . Er wurde am 19. November 1898 geboren.
Verhehrenachrlchten aue ßaöen
Reise beschränkungen
Die Schmeifcüge DFA 753 / DFA 754 Konstanz — Saarbrücken und zurück dürfen nach einer neuen Anordnung der tranzöischexi Aufsichtsbehörde von deutschen Reisenden nur zwischen Konstanz und Rastatt benutzt werden. Hiernach könnten für den Zug DFA 753 ZiviCredaende nur b» Rastatt und für dien Zug DFA 754 nur von Rastatt zugedeseen werden. Das Zulassungskon- tingient des Bahnhofs Karlsruhe geht an den Bahnhof Rastatt über. Zur Betastungsvermln- derurag der Züge werden zudem Wagen verwendet mit geringerer PSatzzaäit Die Platzkontin- gente der einzelnen Bahnhöfe wenden dadurch verringert.
Schnell- und Eilzfige ohne Beschränkung
FD 276 Hamburg — Karlsruhe — Basei. Für diesen Zug sind außer den SchneCizugazuschilägen die besonderen Zuschläge für FetmschneCCzüge zu bezahlen. D 121 / D 130 Lindau — Offeniburg und zurücks D 269 / D.270 Freiiburg — Karlsruhe — Dortmund und Zurücks D 809 Baden-Baden — Frankfurt (M) nur Di, Do, Sai DFA 751 / DFA 752 Baden-Baden — Frankfurt (M) — Berlin und zurück (nur So, Mo, Mi, Fr)i E 148 / E 149 Freiiburg — Mülhausen und zurück: E 211 / E 212 Offenbuig — Karlsruhe und zurüdki E 216 / E 217 Karlsruhe — Offanbuirg und Zurücks E 221 / E 230 Konstanz — Radolfzell und zuirüdc; E 261 / E 370 Konstanz — Radoifzeffi and zurücks E 306 / E 307 Karlsruhe — Basel und zurück. Im E 306 lauft ein Wagen Karlsruhe Hbf — Undau Hbf, der ln Offeniburg auf den D 170 übergeht. Dieser Wagen ist nur mit besonderer Zulassung zum D 170 und nur mit Fahrausweisen mindestens bis Vjl- limgen benützbar.
Schnellzüge mit beschränkter Zulassung
FD 275 Basel — Karlsruhe — Hamburg. Für diesen Zug sind neben den SchneCzugzuedilägem die besonderen Zuschläge für FemschneHIzügie zu bezahlen. Dieser Zug ist für Reisende nur bis Karlsruhe unbeschränkt benutzbar. Die Zulassungen gelten nur für Reisen über Karlsruhe hinaus. D 161 / D 170 Innsbruck — Undeu — Of- fenbuiig - (Paris ) und zuriidci DFA 753 / DFA 754 Konstanz. — Karlsruhe — (Saarbrücken ) und zurück, nur bis bzw. von Rastatt . Zulassungen werden in erster Linie an Reisende ausgegeben, die dringend dienstlich oder geschäftlich reisen müssen und dies durch Vorlage glaubhafter Unterlagen belegen können. Der Zugang zu den kontingentierten Zügen und die Fohrtausweisprü- fung wird streng überwacht. Reisende, die unberechtigt in diesen Zügen angetroffen werden, sind als Reisende ohne gültigen Fahrtausweis zu behandeln und wenden vom nächsten Halitebahnhof an von der Weitetfatat ausgeschlossen.
L ö r r a ch. Hebedtag, Festtag für Stadt- und Landkreis Lörrach. Fahnen, Blumen, Menschen. Frühlingssonnentag. Das waren die Zeichen dieses Festtages, der aus dem Wiesental, aus dem Rebland am Rhein und vor allem aus dem Baselbiet tausende fröhlich gestimmter Menschen nach Lörrach lockte. Die verflossene Woche war überreiche Arbeit an den Vorbereitungen zu diesem Fest des Geburtstages des Heimatdichters. Sein Park, in dessen Mitte sein Standbild prangt, erscheint in neuem Schmuck. Schaufenster zeigen in vielen Variationen sein Bild, seine Bücher, mit viel Liebe und Geschmack geschmückt Nach dem Gedenkgottesdienst, den Pfarrer Dr. S. Dieterle von St. Johann in Basel hielt, war das Hauptmoment der riesige Festzug, der sich in den Nachmittagsstunden durch die Stadt bewegte. Die Wagen aus den verschiedenen Dörfern, die Sinnbilder aus Hebels Schaffen zeigten, die schönen Trachtengruppen, all die blumentragenden Kinder im Takte der Musik verschiedener Kapellen marschierend, fanden reichen Beifall bei den zahlreichen Zuschauern. Und anschließend fröhliches Getriebe ln der Festhalle bei Musik und Tanz. Wohl selten hat Lörrach nicht nur soviel fröhliche Menschen, sondern auch glücklich bewegte Menschen gesehen als an diesem Tage. Kamen doch die Schweizer zum größten Teil, um nach Jahren sich hier mit Verwandten und Bekannten ein Rendez-vous zu geben und ihre lieben Gaben mitzubringen. Unschätzbar sind die Zahlen der Liebesgaben, die an Hebels Ehrentage über die Grenze flössen und in diesem Sinne hat das Fest wohl seine
tiefste Bedeutung erhalten, daß es viele Menschen wieder einander näher gebracht, viele Wogen geglättet und manches Herz in schweren, leidvollen Tagen Trost und neue Hoffnung gebracht hat. Die Zahl der schweizerischen Besucher wird auf 23 000 geschätzt.
Aber nicht nur ln Lörrach und ln Hausen i. W. feierte man den Hebeltag, auch lm schweizerischen Basel , denn der grumdgüttge Dichtenpfar- rer gehörte eben den Baselern und den Badenern. Und doch wer die Hauptfeier im Badischen, in Lörrach wohin rund 20 000 Baseler gekommen waren. Der gesunde und unverbildete Menschenverstand hat den krankhaft übersteigerten Nationalismus in die staubige Ecke hinter den Schreibtisch verwiesen Und obwohl ihnen die ungekünstelte und verzeihende Heiterkeit, des alemannischen Mundartdichters gerade heute zu Herzen spricht, sind die Baseler nicht bloß um Hebel zu federn nach Lörrach gekommen, sondern um ailte Bekannte seit vielen Jahren wieder sehen und sprechen zu können, und ihnen etwas zum Essen zu bringen. So nimm* es kein Wunder, wenn denn an den Vortagen des Hebel-Festes die unübersehbare Zahl von Anfragen an die Baseler Zolldtrektion sich darum drehte, ob man auch Matratzen oder Kinderwagen miimehmen kanm, während andere Fragesteller wissen wollten, ob man auch Schulsüdce, oder statt Lebensmittel Schuhwichse und Nähzeug oder gar einen halben Kuchikasten voll Hausrat und Eßgeschirre über die Grenze schleppen dürfe Eine Hiebei- Festbesucfaerdn wollte sogar wissen, ob die Mitnahme ihres Hundes gestattet sei — ihre Verwandten in Lörrach hätten ihn noch nie gesehen! All diese vielen sinnigen und unsinnigen Anfragen haben die Telefonistin bei der Baseler Zollverwaltung zu dem Stoßseufzer veranlaßt: „Wenn mumme dr Johann Peter Hebel nt» gstorbe würl"
Nettheiten aus ßa0en*ßaöen
Baden-Baden Die zweite öffentliche Stadtratssitzung brachte einiges zur Kenntnis, das auch außerhalb der Zonenzentrale interessieren dürfte. So droht die Entna* Zitierung in die Stadtverwaltung mit verheerenden Folgen einzugreifen. 60 Mitarbeiter, erklärte Oberbürgermeister Dr. Schlapper, sind durch Entlassung bedroht, doch hoffe man in etwa zwei Dritteln der Fälle eine günstige Revision erreichen zu können. Zur Zeit sind nicht weniger als acht Dienststellen ohne Leiter
Die seit Jahren fällige Erweiterung des Krankenhauses wird nunmehr einer Lösung zugeführt werden — angesichts der heutigen Baden-Badener Raumnot ein erfreuliches Paradox! Durch das dankbar zu begrüßende Entgegenkommen der Militärregierung kann das Hotel Runkewitz in der Lichtentaler-AUee übernommen und mit 100 Betten als Krankenhaus ausgebaut werden. Das Objekt kostet insgesamt 360 000 M., wovon — Zeichen der Zeit! — 100 000 M. wertbeständig sein müssen.
Von uns aus gefehen...
Lieber Pisette 1 Sind Sie sehr böse, daß ich Sie mit Ihrem alten Spitznamen an- rede? Oder lächeln Sie jetzt? Ich weiß nicht einmal, ob ich ihn richtig geschrieben habe, diesen Namen, den Ihnen die andern Jungen gaben. Ich weiß nur, daß er mit einem Schlag die ganze Pensionatszeit, die gute „Vorkriegszeit" hervorzaubert und natürlich Sie selbst, den jungen, siebzehnjährigen Genfer mit den veilchenblauen Augen, der bei uns Deutsch lernen sollte und für den ich aus ganzem Herzen schwärmte (denn ich war damals ein kurzbezopfter, vierzehnjähriger Backfisch). Wissen Sie es noch ? Wissen Sie noch, wie Sie immer so köstlich auf der Nase zu schwitzen begannen, wenn es Radieschen mit Butter und Käse gab ? Und wissen Sie noch, wie Gahafu (er hieß eigentlich „Jose“ und war ein Spanier ) Sie immer auslachte, wenn Sie „Ich küsse Ihre Hand, Madame..sangen ?
Ach, sicher wissen Sie noch 1 Wie könnten Sie uns jetzt nach so vielen Jahren einen so reizvoll radebrechenden Brief schreiben 1 Wir sind so klein und häßlich geworden vor der Welt Wir haben nur Schuld und Hunger und — Sie schreiben uns einen Brief, der nur von Zuneigung und Dankbarkeit spricht 1 Einen Brief in Deutsch !
Ich werde den Augenblick nicht vergessen, da Vater Jhren Brief vor der versammelten Familie vorlas. An einer Stelle hieß es da : „... und ich hab’ lassen schik- ken fort ein Paket mit guter Dinge.“ Mit guter Dinge! Oh, Pisette, an dieser Stelle machte Vater damals eine lange Pause. Und wir fühlten uns alle wie Kinder am Weihnachtstag, wenn das Glöckchen klingelt.
Am 6. Januar hatten Sie das Paket aufgegeben und am 26. März ist es gekommen. Erst am 28. März. Können Sie sich vorstellen, was wir dazwischen durchge-
wir uns täglich gefreut, einen Monat lang haben wir täglich gezweifeit, einen Monat lang haben wir täglich verzichtet: „Es ist gestohlen worden, sicher ist es gestohlen, oh, solche Dinge werden doch immer geklaut ...“ Und nach drei Monaten kommt plötzlich jene wunderbare Karte: ,Jim Paket aus der Schweiz ist da und da abzuholen ...“
Vater brachte das saubere Holzkistchen. Sicher kam er sich wie der „Onkel aus Amerika “ vor (in der Neuzeit wird es bald einen „Onkel in der Schweiz “ geben 1), als er es mit großartigem Schwung und doch sehr behutsam auf den Tisch legte. Viele Hände nestelten sofort an dem feinen Draht, der das Kistchen zusammenhielt. Aber Vater holte die Flachzange und drehte ihn mit feierlicher Ruhe auf (denn sehen Sie Pisette, auch so einen hübschen dünnen Draht kann man in Deutschland braudien 1). Als er den Dek- kel hob, rührte sich keines. Es war ganz gewiß eine richtige Andacht. Auch die kleine Beate spürte es. Sie sah aue wie erschrocken.
Sie wissen doch, Pisette, daß Vater immer nach einem „inneren Plan“ handelt Und so wollte er jetzt auch den Inhalt schön „der Reihe nach“, wie er auf dem gedruckten Zettelchen stand, ausräumen. Aber da kamen plötzlich wieder alle Hände und jedes packte etwas und schrie etwas und Vater war gar nicht mehr wichtig mit seinem Zettel. Die Kakao-Büchse haben wir gleich aufgemacht. Jedes durfte mit ganz spitzer Zunge einen Millimeter tief versuchen und Beate durfte zweimal. Mutter hat das Päckchen Fett genommen und sagte nun in regelmäßigen Abständen : „Palmin, das ist richtiges Palmin“, und sie sagte es so wie andere Menschen sagen, „da kommt der Herr Pfarrer“.
Da sitze ich nun, trinke eine Tasse von Ihrem wunderbaren Bohnenkaffee und eine Ihrer festgedrehten, schlanken „Mar- vels" macht mir „einen blauen Dunst vor", während ich den Brief beende. Ich möchte schreiben: ,3s lebe die Jugendzeit 1 Es lebe die Großherzigkeit 1 Es lebe die Schweiz !“ Aber das ist geschmacklos. Es bleibt mir nur übrig, mich ganz armselig zu fühlen und Ihnen zu sagen: „Wir danken Ihnen, Pisette, wir danken Ihnen sehr! Ihre ,hali“.
Hebel urtö feine Mutter
In einem Dankschreiben an einen seiner Schüler. der ihm eine Zeichnung gesandt hatte, die das elterliche Hans in Hausen zeigt und daneben einen Teü des damaligen Schulhauses, schrieb Hebei dem Spender zurück: „Beide Stätten sind mir heilig, wo zwei Menschen wohnten, meine Mutter und mein Sdvutoedstei Andreas Grether, die so viel an mir taten, denen kh so vieles verdanke." Hebel hatte früh seinen Vater verloren und auch das Schwesterchen folgte dem Vater bald im Tode nach, sodeß der Buh allein mit seiner Mutter war. Die Mutter (der Vater war ein Franke) vererbte ihm das alemannische Gemüt, das Beschauliche und Sinnige. Allzufrüh mußte der kleine JohannPeter von seiner geliebten Mutter Abschied nehmen. So wie Hebei in der „Vergänglichkeit" seiner Mutter ein ewiges Denkmal gesetzt hat, so gedenkt er ihrer in manchen andere seiner alemannischen Gedichte. Wie köstlich ist doch die kleine Szene zwischen Mutter und Kind im „Mann im Mond":
„Lueg, Muetterli, was isch im Mo?"
„He siehisch's denn nit: e Ma!"
„Jo wegerfi, 1 sieh ne sdK>.
Br het e Tschöbti a!"
Alles atmet bei Hebel Heiroatluflt, auch Sonne, Mond und Sterne, die ganze Natur Ist belebt. Im „Abendstem", der zu seiner Mutter, der Sonne, spricht, heißt es:
„O MuetteT lueg doch au, do umte glänzt's im Morgetau so schön wie in dym HimmietosaalJ"
„He, sait si. drum isch's Wiesetal!" -ü
Au« dem Bericht über die Ernährungslage wird Interessieren, daß man hofft, in diesem Jahr die Gemüsevereorgung besser zu gestalten, obwohl die Gärtner das doppelte Kontingent von 1946, nämlich 5000 Ztr., erfüllen müssen. Es soll nun der Kreis Bühl zur Belieferung mit herangezogen werden. An Kartoffeln wurden pro Kopf 70—80 kg verteilt — eine etwas theoretische Zahl für die etwa 1000 Personen, die nur einen Zentner erhielten
Die 100 Holzhäuser sollen in diesem Sommer noch zur Aufstellung kommen, wenn es gelingt, 4000 Mann auf je drei Tage für den Ehrendienst und die entsprechenden Fachkräfte zu organisieren. Schlimme Aussichten für den nächsten Winter eröffnet« die Mitteilung des Oberbürgermeisters, wonach Baden-Baden aus seinen Waldungen 80000 fm Holz darunter 10 000 an Holland , liefern müsse was zu starken Einschränkungen in der Brennstoffversorgung für die Bevölkerung führen wird.
Interessante Zahlen brachte auch der Bericht des Wirtschaftsamtes. So wurden 1946 ausgegeben: in Textilien 0,6, in Lederschuhen 2,5 und an Benzin 2 v. H. des normalen Bedarfs — aber nicht an Normalverbraucher. Und das mit den Textilien wäre auch nicht möglich gewesen, wenn nicht ein Lager mit 1500 Stüde Textilware unvermutet — für den Besitzer! — entdeckt worden wäre ...
Um noch mit etwas Erfreulichem zu schließen, das vor allem die Leser interessieren wird, die Baden-Baden aufsuchen müssen: der Caritasverband hat mit Unterstützung der Stadtverwaltung in Baden-Oos im alten Rathaus ein Uebernachtungs- heim mit zwanzig Betten eingerichtet. Die Benutzung ist allen Durchreisenden kostenlos gestattet. Rr.
Oer Sööroeftfunh fenöet:
Samstag: 18.30 bis 18.45 Die Hörer und war? 20.15—21.15 „Anno 1900": 21.15—21.45 Sn regne* Noteni 22.15—23.45 Der SWF bdttei zum Tanz.
Sonntag: 8.50—9.30 Kath. Morgenfeier; 9J0 bta 10.30 Das Unzerstörbare: 10.30—11.15 Evang. Morgenfeter: 11.15—11.30 Religiöse Musiki 15.30 Ms 16.15 Freiburg: Stimme der Heimat: 16.15 Ws 17.00 Wir erfüllen Hörerwünsche i 17.00—17.50 Mucükatescbe Teestunde: 17.50—18.00 Brest Wie- chert — Der Mensch und Dadüier zu seinem 60. Geburtstag 1 18.00—19.00 Aus der Weit des- Operette: 20.35—22.30 Konzen des Großen Orchesters des SWF.
Montag: 20.15—21.10 Musikalisches Rendezvous: 21.10—21.15 „Einkehr bei Goethe": 21.15 bis 21.45 Der SWF stellt vor: Wffly Fiel, Kavier.
Dienstag; 19.15—19.30 Uhr Prof. Heinwith von Glarenapp: Kultuipoütische FroMeme des neuen Indien : 20.30—21.30 „Funfcbrettt 1947": 21.30 bta 21.45 Lieder von Franz Schubert ; 22.15—22 45 „Wir blenden auf!".
Mittwoch: 20.15—21.00 „Das Prisma", Werke von Haydn , Gretry , Weber: 21.00—21.45 Musik für Dich.
An Sonntagabend Symphonie-Konzerte
Die Symphonie-Konzerte des Grofien Orchesters des „Südwestfunk ", che bisher jeden Sountag- Nachmattag vom Großen KuihaussooJ in Baden-Baden übertragen wurden, sind auf Grund zahlreicher Hörerwünsche nunmehr auf Sonntag- Abend verlegt worden. Sie werden jeden Sonntag von 20.30 bis 22 J0 Uhr von affen Sendern des „Südwestfunk" übernommen.