Dienstag, 3. Juni 1947
HEIMAT
KURIER
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Nr. 44 / Seite 3
ßaöifdie
Lanöeechronlh
‘ Unfcr Walö .
„Ich wünsche Ihnen noch einige Tage friedlicher Beschaulichkeit zum Nachsinnen in der Stille des deutschen Waldes..." So Romain Rolland aus Parts an Malvida von Meyesnbug am 21. Juli 1890. Wenn von den Tugenden der Deutschen die Rede ist, rühmt man im m er auch ihre Waldverbundenheit und ihre Freude am Wald.
Ist diese Freude am Wald wirklich ein Gemeingut im Reich der Gefühle unseres Volkes? Ledder wird man gar nicht so selten daran irre. Vor allem in den Jahren, in denen angekündigt wurde, „Deutschland werde schöner" oder gar „sei schöner geworden", erfuhr die Ehrfurcht vor unseren Wäldern geradezu katastrophal* Einbuße. Wie viele Rastbänke wurden mutwillig zerstört, wie viele Wegweiser henmtergerissen, Markierungen entfernt! Man möchte oft meinen, ganze Horden von Lausbuben seien planmäßig am Werk gewesen. Auch ein sonst ruhiges, beherrschtes Gemüt wird da von Grimm erfaßt. Beim derzeitigen Materialmangel werden Jahre vergehen, bis die Spuren dieser Zerstörungen einigermaßen verschwunden sein werden. Immerhin, Ueberreste zertrümmerter Raststätten lassen sich wegräumen, damit trübselig stimmende „Ruinen " den Wanderer nicht ärgern. Vor allem aber ist es erforderlich, die heran- wachsende Jugend in Elternhaus und Schule so zu erziehen, daß sie künftig nicht auf den Gedanken kommt an Bänken und Wegweisern vandalische Gelüste zu stillen. Heute meht denn je und für lange Zeit wird der deutsche Wald die einzige Stätte für Urlaub und Erholung sein. Wer „die Stille des deutschen Waldes" verletzt, macht sich mit schuldig, an den letzten kostbaren Reefen innigen Zaubers heimischer Landschaft zu freveln.
Juni
Aue dem Blütenmeer des Mai übernimmt der Juni die jungen, zarten Fruchtansätze und läßt sie unter den Strahlen der Sonne sich runden und färben. Die Sonnenscheindauer, seit dem 21. Dezember, den dunkelsten Tag des Jahreskreislaufs, ständig zunehmend, erreicht am 22. Juni mit fast 17 Stunden ihren Höhepunkt. Beinahe senkrecht steht das Tagesgestim mittags über uns. Früh morgens, spät abend6, immer leuchtet der Himmel, selbst um Mitternacht weicht das Licht nicht völlig dem Dunkel. Zwar ist der Juni der hellste und an Sonnenscheindauer reichste Monat des Jahres, aber er bringt noch nicht die höchste Wärme, sie bleibt dem Juli Vorbehalten. Gegen Mitte des Monats öffnet häufig der Himmel 6eine Schleusen für einige Tage, Juniregen und Schafskälte treten ein, von Bauern und Gärtnern dankbar begrüßt, da der Boden für die kommende Wärme- und Reifeperiode Feuchtigkeitsvorräte nötig bat.
Cm die 320 Gramm Fett
a Die „Badische Zeitung ” in Freiburg schreibt u. a.: „Man erinnert sich, daß Ende April in offizieller Form die Erhöhung der Fettration von 200 auf 320 Gramm monatlich angekündigt wurde, mit dem Hinzufügen, die erhöhte Ration werde bereits im Laufe des Monats Mai verteilt. Tatsächlich sind bis jetzt nur fünfzig Gramm Fett im Monat Mai aufgerufen worden, und da auch heute noch keine Angabe über weitere Zuteilunged gemacht werden konnte, ist zu befürchten, daß der Monat ohne weitere Fettausgabe zu Ende gehen werde. Wenn man das Geheimnis beiseite läßt, wie die Verbraucher, die sich auf die amtliche Ankündigung verlassen haben, ihr Leben bestreiten sollen, darf wohl gesagt werden, daß der ganze Sachverhalt auch nach der politischen Seite hin sehr zu bedauern ist. Denn Erfahrungen dieser Art können, wenn kein Wort der Erklärung hinzugefügt wird, keine andere Folge haben, als das Vertrauen der Bevölkerung in den Emst amtlicher Ankündigungen zu erschüttern.“
Im Jahr 999 erteilte der Kaiser OttoIII. dem Grafen Berthold von Zähringen das Marktrecht auf seinem Gut Villingen. Das war vermutlich sehr gut gemeint; aber ebenso vermutlich hatte der neue Marktherr mit seinem neuen Gutsunternehmen wenig Erfolg, denn er beschloß, für seinen Markt lieber drüben über der Brigach eine Stadt zu bauen, Das ging sozusagen in einem, denn soeben hatte der Graf Berthold die Stadt Freiburg zu bauen angefangen — da nahm man einfach die Freiburger Baupläne und fibertrug sie auf die Baar. Es ging dort sogar noch besser, denn da war alles schön eben, und so konnte man die zwei sich kreuzenden breiten Straßenzüge anlegen, die kleineren Gassen dazwischen säuberlich verteilen, Markt und Münster wurden, wie z ’Friburg in der Stadt, ebenfalls etwas abseits der Kreuzung angelegt — und auch in den Villinger Straßen flössen die Wässerlein, nur daß sie von der Brigach und nicht von der Dreisam gespeist wurden. Noch deutlicher ist die Ueberein- stimmung zwischen den Geschwistern in den Rechtsbestimmungen der beiden jungen Städte.
Aber eines war freilich für die Villinger schwierig. Sie waren eine Stadt und hatten ihr Marktrecht — aber sie hatten keinen Grund und Boden, keine Aecker und Allmende. So kauften sie im Laufe der Zeit allmählich alles Land, ja, ganze Dörfer und Güter ringsherum auf. Es vollzog sich einer der merkwürdigsten Fälle der rückgängigen Wirtschaftsbewegung, die während jener Zeit den vorher rasch besiedelten Schwarzwald ergriff. Den Villingem ging es dabei vor allem um Weideland für ihre vielen Schafe, und Schafe hatten sie, weil sie Wolle brauchten, denn die Villinger Wollenweberei war eine wichtige und einträgliche Sache geworden. So kam es, daß im 13. Jahrhundert kaum eine andere deutsche Stadt so viel Gebiet ihr eigen nennen konnte wie die Stadt auf der Baar — aber das merkwürdige war: Während fast jeder Flecken sonst allerlei Gerechtsame auf seinem Grund und Boden besaß, war das Villinger Stadtgebiet rein privatrechtlicher Besitz. Die Hoheit hatten die Herren.
Also ging der Kampf der Villinger nun gegen die Rechte der Herrschaften, zumal der Fürstenberger . Und diese alten Villinger Bürger erreichten im Laufe der Zeit manche Rechte. Es hat im Mittelalter da und dort auch schon Demokraten gegeben: und die Villinger gehörten dazu. Sie waren auch sonst moderne Leute in ihrer Zeit. So war Villingen einer der ersten Orte, in welchen Wassermühlen errichtet wurden, und es gab dann sogar noch ein besonderes Recht, das „Mühlenrecht” Die Müller waren nämlich Vollbürger, auch wenn sie außerhalb des Etters wohnten. So kam es, daß Villingen die erste der schwäbischen Städte war, die sich Von ihren Herren löste und sich unter österreichischen Schutz begab. Das geschah im Jahre 1328. Die Villinger konnten sich das leisten, denn sie waren wirtschaftlich mächtiger geworden als ihre bisherigen Herren. Sie hatten aber auch einen besonderen Grund. Als bedeutende Gewerbe- und Handelszentrale waren sie interessiert an der Sicherheit des Verkehrs. Damit aber sah es schlimm aus. Das Fehdewesen der Ritter War zur Räuberei geworden, und ausge- taubt wurden natürlich in erster Linie die Haufleute. Um aber den adligen Räubern
gegenüber bestehen zu können, brauchte man die eigene Gerichtsbarkeit. Drei Jahrhunderte dauerte der Kampf der Villinger, aber dann hatten sie erreicht, was sie wollten: eine große Gemarkung, Bannrecht und die niedere Gerichtsbarkeit. Sogar auf die Jagd durften sie gehen ... R. G. H.
Das Mitbestimmung« recht der Kreisversammlung Konstanz. Anläßlich der letzten Sitzung der Kreisversammlung Konstanz rief die Bekanntgabe des Ministeriums des Innern, wonach ein Mehrheitsbeschluß der Kreisversammlung beanstandet worden ist, lebhaften Widerspruch hervor. Bei dem Beschluß handelte es sich um die Neubesetzung des Postens eines Leiters des Kreisjugendwerks. Die Kreisversammlung hatte zu der hierfür vorgesehenen Summe von 14 000.— RM ihre Zustimmung unter dem Vorbehalt gegeben, daß ihr das Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl der Person zugebilligt wird. Das Ministerium erklärte diesen Vorbehalt als „rechtsunwirksam” mit dem Hinweis, daß die Neueinstellung von Personal eine Aufgabe der Staatsbehörde sei. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob einem Kreisparlament im Sinne der Selbstverwaltung das Recht der Milbestimmung zusteht oder nicht. Die Vertreter der vier Parteien formulierten einen Antrag an das Ministerium, in dem sie auf die unbedingte Anerkennung des elterlichen Willens und das Recht der Kreisversammlung, Richtlinien für die personellen Besetzungsfragen aufzustellen, die in der neuen badischen Verfassung zu Grunde gelegt worden sind, hinweisen. —
Ferner wurde bekanntgegeben, daß im Jahre 1946 an Requisitionen im Landkreis Konstanz 8 486 000 RM. bezahlt worden sind.
Ernte&ussichten im badischen Südwesten Lörrach . Einen mittleren bis sehr guten Ertrag versprechen die Kirschen gm Dinkelberg, im Markgräflerland und in den Rhein -Niederungen. In verschiedenen Lagen haben die Maikäfer empfindliche Schäden angerichtet. In der Basler Bucht (Weiä und Weil-Ost) sind die Frühkirschen bereits hellrot, so daß man bis in zehn bis vierzehn Tagen die ersten ausgereiften Früchte erwarten kann. Auch die Birnen versprechen für den Herbst einen ansprechenden Ertrag, dagegen sind bei den Aepfeln die Aussichten sehr gering. Zwetschgen und Pflaumen versprechen einen mittelmäßigen bis guten Herbst.
Der neue badische Landtag Freiburg . Von den 60 Mitgliedern des neuen badischen Landtages, der am Donnerstag im Kaufhaus zusammentrat, haben 39 bereits der Beratenden Landesvensammlung angehört. Unter den 13 Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei befinden «ich 5 neugewählte Landtagsmitglieder. Unter den 34 der Christllch- Sozialen Partei 11; bfi den Demokraten ziehen von 9 Abgeordneten 4 und bei den Kommunisten von den 4 Abgeordneten einer neu in den Landtag ein. Alterspräsident ist wiederum der demokratische Abgeordnete Vielhauer, der im 73. Lebensjahr steht. Im ganzen hat sich die neue Volksvertretung gegenüber der Landesversammlung etwas verjüngt. Es überwiegen jedoch immer noch die älteren Jahrgänge. Acht Abgeordnete sind über 60, 23 über 50 Jahre alt. Die beiden jüngsten Abgeordneten sind Friedrich Stephan (31 Jahre) und Dr. Alfons Kist (34 Jahre). Weibliche Abgeordnete zählt der Landtag vier. Was die berufliche Tätigkeit der Landtagsmitglieder angeht, so gibt es, abgesehen von den 8 Regrerungsmitgliedem 3 Arbeiter, 8 Landwirte, von denen 3 gleichzeitig Bürgermeister sind; 2 Angestellte, 6 leitende Angestellte, 5 selbständige Geschäftsleute,
1 Redakteur, 4 Rechtsanwälte, 1 Aerztin,
2 Oberbürgermeister, 7 hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete, 1 Eisenbahn- amtmann, 2 Ministerialdirektoren, je 2 Lehrer an Volks- und höheren Schulen und 2 Gewerkschaftsfunktionäre. Vier Abgeordnete leben im Ruhestand.
Sch'wüoth-Fest der Israeliten Freiburg . Am 25. und 26. Mai feierten die Israeliten Freiburgs in ihrem geschmückten Betsaal ihr Sch’wüoth-Fest, das Fest der Gesetzgebung, als Erinnerung an den Tag, an dem Moses die Verfassung für das jüdische Volk auf dem Berge Sinai in Empfang nahm. Leider ist von der ehemalig großen Gemeinde Freiburgs nur ein kleines Häuflein übrig geblieben, das diesem Feste beiwohnen konnte.
Viertausend Wohnräume für Ausländer Freiburg . In der letzten Stadtratsitzung wurde mitgeteilt, daß zur Zeit in Freiburg über 4000 Wohnräume von Ausländern bewohnt werden, die nicht der Besatzungsmacht angehören. Viele dieser Leute gehen keiner Arbeit nach, sondern sind hauptsächlich im Schwarzhandel tätig. Man will mit allem Nachdruck versuchen, Personen, die in keinem geregelten Arbeitsverhältnis stehen, die Aufenthaltsgenehmigung zu entziehen.
Schweres Unwetter bei PforzheimPforzheim . Etwa 700 Acker- und Gartengrundstücke wurden bei Pforzheim durch ein schweres Unwetter überflutet. In Königsbach waren etwa ein Drittel sämtlicher Häuser unter Wasser gesetzt. Nach ersten Schätzungen sollen mindestens 900 Familien durch die Hochwasserschäden aufs schwerste betroffen sein. Neun Zehntel der Kartoffelernte wurden vernichtet. Der Landrat hat die betroffenen Orte zu Notstandsgebieten erklärt.
Das Hilfswerk der Evangelischen Landeskirche in Baden hielt in Heidelberg eine dreitägige Arbeitstagung seiner Bezirksgeschäftsführer und Mitarbeiter ab. Pfarrer S ch m i d t, der Geschäftsführer des Hauptbüros Baden, befaßte sich zu Beginn der Tagung mit der eigentlichen Existenz des Hilfswerks. Er legte dar, daß die Not nicht nur materielle Gründe hat. Um den Weg zur Erneuerung zu beschreiten, genügen daher materielle Mittel nicht. Von diesem geistigen Mittelpunkt des Hilfswerks ausgehend, entfaltete sich die Arbeit der Tagung zu ausführlichen Berichten und Aussprachen über das Feld der täglichen Praxis. Illu- sionslosigkeit bildete eine wesentliche Note der Tagung. Oberkirchenrat K a t z, Karlsruhe , berichtete über die kirchliche Lage Deutschlands . In den vergangenen anderthalb Jahrzehnten sei ein neues Verständnis der Kirche unter großen Schmerzen entstanden. Der Sprecher kündigte an, daß im kommenden Monat in Herrenalb eine EvangelischeAkademie eröffnet wird,- zu der Angehörige aller Berufe eingeladen werden. Pfarrer Berg, Generalsekretär im Zentralbüro des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen, wies in seinem Bericht über die Arbeit des Hilfswerks (in ganz Deutschland zunächst) darauf hin, daß die Wirkung der Gaben nicht allein aus ihrem Quantum herzuleiten ist. Vielmehr ist auch die kleinste Gabe ein Zeichen dafür, daß der notleidende Empfänger und alle seine Angehörigen nun nicht mehr Verlassene und Aufgegebene sind, sondern daß die helfende Hand der deutschen und ausländischen Christenheit zu ihm hinreicht, ihn aufzurichten und zu stützen. Die millionenfache Not der vertriebenen Ostdeutschen habe alle Kräfte der Kirche mobilisiert. Auf die Bedenken, die sich gegen die wirtschaftliche Handlungsweise des Hilfswerks im Zusammenhang mit der Spendetätigkeit erhoben haben, ging Pfarrer Berg ausführlich ein. Er nannte ein Beispiel, wo dem Hilfswerk ein bestimmter Geldbetrag in ausländischer Währung gespendet wurde. Vor die Frage gestellt, ob man für diesen Betrag 600 Garnituren Bettwäsche kaufen soll oder Rohbaumwolle, deren Zubereitung dann in Deutschland Arbeitern und Fabriken Arbeit und Verdienst gibt, indem man 4000 statt 600 Garnituren daraus hersteilen kann, hat sich das Hilfswerk trotz der Komplizierung des Verfahrens zweifellos für die zweite Lösung zu entscheiden. Die Gabe ist dann am Ende auch nicht mehr ein Produkt der Anstrengung des Auslandes allein, sondern eine Kombination von Auslands- und Selbsthilfe. Die
Gaben des Auslandes, im Vergleich zur Unterstützung nach dem ersten Weltkrieg seien keineswegs selbstverständlich. Die Hilfe für Deutschland wird oft nicht leicht gemacht. Umso größer ist der Dank an die unzähligen Spender. Dieser Dank an die in- und ausländische Christenheit und ein Bericht über die bitteren Nöte unserer Kriegsgefangenen gaben der Tagung ei-. nen eindrucksvollen Abschluß.
Die verlorenen Güterwagen
Frankfurt am Main . Die Lage des westdeutschen Eisenbahnverkehrs ist gekennzeichnet durch einen außerordentlich hohen Verlust an Güterwagen, die von Transporten in die sowjetische und französische Zone sowie nach Oesterreich nicht mehr zu ihren Heimatbahnhöfen zurückgekehrt sind. Seit April vergangenen Jahres sind auf diese Welse 95 000 Güterwagen aus dem Bestand- der amerikanischen und britischen Zone verloren gegangen und auch in den letzten acht Wochen mußten wieder 7 000 Waggons abgeschrieben werden. Dieser enorme Verlust im Wagenpark der Reichsbahn drückt sich im Güteranteil deutlich aus. Während 1938 noch 61 % aller Transporte von der Reichsbahn, 35% per Schiff und nur 3% mit Lastkraftwagen bewältigt wurden, entfielen im April dieses Jahres 1 Mill. t Transportgüter auf Lastwagen und nur 350 000 t auf Eisenbahnverkehr. Dabei ist z. B. die Zahl der gegenwärtig in Hessen zugelassenen Lastwagen mit 21 000 fast genau so hoch wie die des Jahres 1938, während der Zustand der Lastkraftwagen infolge mangelnder Reparaturmöglichkeiten stark reduziert ist.
Den stärksten Anteil an den Verkehrs- gütem des vergangenen Winters hatten Holz und Kohle. Für den Holztransport in Hessen wurden allein 5 Mill. Liter Benzin und 130 000 Waggons beansprucht, sodaß eine Hausbrandvereorgung mit Holz (um mit dem hessischen Wirtschaftsminister Dr. Koch zu sprechen) ein wirtschaftlicher Unsinn ist. Andererseits haben die Kohlentransporte stark unter Diebstählen und Plünderungen zu leiden gehabt. Die jetzt abgeschlossenen Statistiken weisen nach, daß allein 27% der Haldenbestände und ein Drittel des Inhalts der Kohlenzüge gestohlen worden sind.
Eisenbahnräuber festgenommen Ludwigshafen . Hier wurde eine sechzehnköpfige Diebesbande festgenommen die fortwährend Eisenbahnwagen aufgebrochen und beraubt hatte, unter anderem auch einen Eisenbahnwagen mit Paketen an deutsche Kriegsgefangene in Frankreich und England . Von den Hehlern, die da? Diebesgut zu Ueberpreisen absetzten, wur den neun Personen festgenommen.
Süöroeltöeutfche Umlchau
Konstanz. Di« letzte dmrdi’giefü'h'r'te Kartofifelak- tk>n im Landkreis Konstanz brachte 1020 Zentner Kartoffeln ans rund 65 Gemeinden. Es kann gesagt werden, daß die Gesaimtuardage an Kartoffeln bis zu 65 Prozent erfüllt worden ist. Wegen des mangelnden Saatgutes wurden dieses Jahr nur 60—70 Prozent des tatsächlichen Bestandes angepfdanzt.
Konstanz . Am Sonntagabend brach aut dem Motorschiff „Hegau " durch Selbstentzündung einer Signalpatrone ein Brand aus. Der Löschzug der Konstanzer Feuerwehr arbeitete von Land, das im Hafen liegende Schiff „Bavaria" und das Feuerlöschboot der französischen Wasserpolizei von See aus gegen den Brandherd. Die Holztäfelung der Gerätekammer im Bug ist abgebrannt. Das Schiff ist weiterhin manöverierfähig.
Radolfzell . Ereignisreich für Radolfzell war die Nacht vom Freitag auf Samstag. Zuerst brach im Strandhotel auf der Mettnau ein KeUeTbrand aus, der im Entstehen gelöscht werden konnte. Die Vermutung auf Brandstiftung liegt nahe. Wenige Stunden später brannte eine Gerberei nieder. In derselben Nacht erbrachen einige Männer einen Postwagen eines fcn Bahnhof stehenden Zuges Es bleibt zu klären, ob die beiden Brände und der Gepäckraub im Bahnhof in Verbindung zueinander gebracht werden müssen.
Von unserem J.-M.-Berichterstatter
Vor einem Jahr geisterte die Parole durch die deutsche politische Oeffentlich- keit, Frankfurt a. M. wolle sich als neue deutsche Bundeshauptstadt ausrufen lassen. Es hat monatelang« 1 und immer wiederholter Dementis bedurft, um diese Proklamation der Oeffentlichkeit als das begreiflich zu machen, was sie wirklich war: der hochfahrende Wunsch einer Clique um den damaligen Oberbürgermeister Dr. Blaum. Das stichhaltige Argument mit der geographischen Bevorzugung Frankfurts , die ihm schon vor Jahrzehnten das Attribut .heimliche Hauptstadt” eingetragen hatte, vermochte eine Zeitlang maßgebende politische Kreise zu blenden und erst die saure Reaktion vor allem Berliner und ostdeutscher Politiker brachte die Pro- Frankfurt-Propaganda zum Schweigen. Die Option wandelte sich in eine auffällige Abkehr, die bis zur öffentlichen Abbitte gedieh.
Dieser Gesinnungsumschwung hatte freilich einen weiteren, sehr nüchternen Grund. Der aus Düsseldorf nach Frankfurt gekommene neue Oberbürgermeister Walter Kolb stand anfangs nicht an, das Blaumeche Projekt zu übernehmen. Mit der ihm eigenen Intensität strebte er seine. Verwirklichung an. Aber schon die ersten Schritte in der übernommenen Richtung belehrten ihn, daß seine Stadt die ihr zugedachte Rolle nicht übernehmen konnte, weil sie ihr einfach nicht gewachsen war. Kolb wurde das schon in der ersten Konsequenz klar, als er nämlich daran ging, vor allem einmal den Sitz der hessischen Landesregierung von Wiesbaden nach Frankfurt zu ziehen. Die Wiesbadener Position erwies sich fester als geglaubt
und zwar einfach darum, weil es in dem stark zerbombten Frankfurt keine Unterkunftsmöglichkeiten für die Regierungsämter, Beamte*! und Angestellten gab.
Als dann in Verfolg der Zonenvereini- gung die Frage einer Zentralverwaltung nicht mehr zu umgehen war, mußte Frankfurt sein Unvermögen eiklären, eine eventuelle Wahl als Zentralsitz annehmen zu können. Die Notlösung einer Dezentralisierung in Stuttgart (Ernährung und Landwirtschaft), Minden (Wirtschaft), Bielefeld (Verkehr) und schließlich Frankfurt (Post und Finanzen) hat sich dann in wenigen Monaten abgewirtschaftet. Die bizonale Verwaltung war zu einem Gewerbe im Umherziehen geworden, Bürokratismus überwucherte die letzten bisher noch gangbaren Wege und im Gestrüpp immer neuen Kompetenzen verfingen sich schließlich Petenten und Behörden.
Der Ausweg aus diesem Dilemma führte nach Frankfurt . Ungeachtet silier dortigen baulichen Unzulänglichkeiten. Frankfurt ist seiner geographischen Lage verhaftet; es wird seiner Prädestination ein schweres Opfer bringen müssen. Sein Magistrat hat bei erneuten Vorstellungen die Militärregierung auf die Unmöglichkeit hingewiesen, aus eigener Kraft den drei großen bizonalen Aemtem Domizile zu beschaffen. Die Militärbefehlhaber haben auf ihrem Befehl beharren müssen, aber sie haben wenigstens Bauhilfe in Aussicht gestellt. Zweitausend Beamte und Angestellte mit weiteren Viertausend Angehörigen werden noch im Laufe dieses Jahres nach Frankfurt übersiedeln.
Dieser unvermeidliche Zuwachs bedeutet für eine Stadt, deren Bürger noch zu
Zehntausenden in menschenunwürdigen Ruinenlöchem hausen und di e außerstande war, auch nur ein schmales Kontingent Neubürger aufzunehmen, eine kaum noch erträgliche Belastung. Die Bürgerschaft, die in der ärgsten, durch den weiteren Verfall sich stetig steigernden Wohnungsnot steckt, die seit Jahr und Tag nicht das geringste Material zu primitivster Schadensbehebung erlangen kann und die am Sitz des amerikanischen Hauptquartiers vor neuen Beschlagnahmen bangt, diese Bürgerschaft fühlt sich durch die Ernennung der Stadt Frankfurt zur Zweizonen-Hauptstadt auf das äußerste betrogen. Sie fühlt sich auf weitere Jahre hinaus in ihr Höhlendasein zurüdegestoßen. Und es ist viel von ihr verlangt, wenn sie den Großmut aufbringen soll, dem Gemeinwohl das eigene Los zu opfern. Es ist für den Mann von der Straße, oder vielmehr für den Mann aus dem Kellerloch, gänzlich uninteressant, ob die neuen Regierungsbauten mit fremdem Material aufgeputzt werden sollen, er weiß nur, daß er bisher von dem ihm zustehenden Baumaterial noch keinen Ziegelstein und keine Dachlatte gesehen hat.
Die städtischen Behörden werden des „Danaergeschenkes” nicht recht froh. Man empfindet den Wirklichkeit gewordenen heimlichen Traum irgendwie als peinlich. So ergeht es dem Hausvater, der auf das Eintreffen eines sonst recht lieben Besuches nicht vorbereitet ist. Gewitzigt, befürchtet man jetzt von dem Titel „Hauptstadt” wieder einen neuen Anstoß. So möchte man sich den „Zweizonen-Treff- ort” nennen, keinem zu Leid. Wohl aber auch sich selber nicht zur reinen Freud!
Ueberlingen. Die fünfte (bisher größte) Stollen- Sprengung in Ueberlingen hatte sehr starke Schäden zur Folge. Die Durdiwixkung nach oben riß mehrere umfangreiche Erdtrichter auf, ein Haus stürzfe ganz in sich zusammen, zwei weitere trugen so starke Schäden davon, daß sie abgebrochen werden müssen Maneurdsse und Dachschäden auch an den Gebäuden der weiteren Umgebung sowie viele Erdrisse kennzeichnen das Sprenggebiet. Mit der Aufhebung der Spexr- anordnungen im betroffenen Ueberlimger Westbezirk ist alsbald zu rechnen
Ueberlingen. Im Kreis Ueberlingen konnten auf Grund einer nochmaligen freiwilligen Abgabe 21 Tonnen Kartoffeln und 21 Tonnen Getreide aufgebracht werden.
Heiligenberg . Bei einem Lastwagenunfall wurde der Schloßgärtner Friedrich i® Heiligenberg vom beladenen Anhänger gegen die Mauer des Schloßparks gedrückt und so schweT verletzt, daß er kurz darauf verstorben ist. Der Verunglückte war vor etwa Jahresfrist aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgeketort.
Lindau . Vergangenen Donnerstag ertönte gegen zwei Uhr morgens die Sirene zum Großen Feueralarm. In dem Landauer Sägewerk Holzbau - Schneider, und zwar im der großen Verarbeitungswerkstätte, war Feuer ausgebnochen, das mit großer Schnelligkeit um sich griff und die mächtige Halte bis auf die Grundmauern vernichtete. Der Brand konnte von der Feuerwehr nur auf seinen Herd beschränkt werden Der Sachschaden ist beträchtlich.
Donauescbtngen. Da der Aufruf zu? freiwilligen Arbeit zwecks Herriditung der Kanalisation und der Wasseraufuhr in Donaueschfngen bi« jetzt ergebnislos verlaufen ist, bat der Stadtrat beschlossen, daß alle männlichen Einwohner von 16 bis 45 Jahren in der Zeit vom 1. 6. bis 30. 9. 1947 drei Tage im Monat für diese Arbeiten verpflichtet werden können.
Donauesdiingen. Die „Schwaizwaldbuben" spendeten aus dem Erlös Ürner Konzerte 50 000 RM für den Wiederaufbau ihrer Heimatstadt. — Die Gesellschaft der Musikfreunde DonaueschdngeU wird am 26 /27. JuM unter Leitung von HugoHermann Tage neuer Musik veranstalten. — Im 70. Lebensjahr starb der Inhaber der Auto-Reparatur-Werkstätte C Homer , Franz Homer.
Sigmaringen . Die Donau forderte in diesem Jahr ihr erstes Opfer Unterhalb der „Inzigkofer Grotten" übernachteten vier Schüler am Ufer der Donau in einem Zelt. Gegen Morgen vermißten sie einen ihrer Kameraden, der später unterhalb der Schlafstelle tot aus dem Wasser gezogen wurde
Hechingen . In seiner Scheune wurde der Landwirt Ludwig Aigner tot aufgefunden. Die von. der Kriminalpolizei eingeteitete Untersuchung führte zur Aufklärung eines gemeinen Verbrechens. DeT Melkmedster Beer und die Ehefrau des Ermordeten hatten Aigner mif der Axt im Schweioestaü erschlagen Von hier aus wurde der Tote in die Scheune gebracht, um einen Sturz vorzutäusehen. Beer und die Ehefrau des Ermordeten haben die Tat gestanden. Sie hatten ein Verhältnis und übten das Verbrechen im gegenseitigen Einverständnis aus.
Biberach i. K. Ein in Nordrach beschäftigter Ausländer wurde von einem Zug am Mantel erfaßt und unter die Räder geschleudert. Der Mann war sofort tot.
Heidelberg . In einem Waid bei Schriesheim wurden die Leichen eines Angestellten der amerikanischen Militärregierung in Heidelberg und eines Mädchens gefunden. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, daß die beiden oft zusammen gesehen worden waren. Man nimmt an, daß das Mädchen zuerst den Mann und dann sich seibst erschossen bat.