Virtuelle Schatzkammer

Die Badische Landesbibliothek besitzt einen umfangreichen Bestand an Handschriften, Inkunabeln, alten und seltenen Drucken, Musikhandschriften, historischen Karten, Autographen und weiteren wertvollen Sammlungsgegenständen. Unter diesen befinden sich Spitzenstücke wie zum Beispiel die Handschrift C des Nibelungenlieds. In unserer „Virtuellen Schatzkammer“ präsentieren wir einzelne digitalisierte Kostbarkeiten. Sie können einen ersten Eindruck vom hohen Wert des überlieferten historischen Erbes vermitteln; sie sollen aber auch dazu anregen, das gesamte Angebot der Digitalen Sammlungen intensiver kennenzulernen.
Donaueschinger Wigalois
Handschrift auf Papier. Um 1420. 220 Blatt
Sprache: deutsch. Signatur: Donaueschingen 71

Mit großzügiger Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Wüstenrot Stiftung konnte die Badische Landesbibliothek Ende 2018 eine einzigartige Erwerbung tätigen:
Die ehemals Donaueschinger Wigalois-Handschrift, ein nationales Kulturdenkmal von exzeptionellem Wert, fand ihren Weg nach Karlsruhe. Damit kehrte ein um 1420/30 in der berühmten Lauber-Werkstatt im oberrheinischen Hagenau produzierter und höchst erzählfreudig illustrierter Artusroman in seinen ursprünglichen Sammlungs- und Überlieferungskontext zurück.

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Speyerer Evangelistar
Handschrift auf Pergament. Um 1220. 77 Blatt.
Sprache: lateinisch. Signatur: Bruchsal 1

In den Sammlungen der Badischen Landesbibliothek finden sich auch einige Handschriften aus der Bibliothek der Speyerer Bischöfe in Bruchsal.
Das kostbarste Stück dieser Sammlungen ist das sog. Speyerer Evangelistar. Es stammt aus den Jahren um 1220 und gehört zu den schönsten Werken der deutschen Buchkunst der Romanik. Berühmt ist die Handschrift für ihren kostbaren Goldschmiede-Einband aus über 150 Einzelelementen sowie für ihre goldstrahlenden Miniaturen und Initialen.
Die Handschrift gehörte ursprünglich zum Speyerer Domschatz. Sie wurde 1792 vor den französischen Revolutionstruppen in Sicherheit gebracht und gelangte in die Bruchsaler Residenz der Speyerer Bischöfe. Im Zuge der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts fand sie ihren Weg in die damalige großherzoglich-badische Hofbibliothek in Karlsruhe.

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Evangelistar
Handschrift auf Pergament. 2. Hälfte des 11. Jh. 132 Blatt.
Sprache: lateinisch. Signatur: Bruchsal 2

Das Herausragende an der in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts entstandenen liturgischen Handschrift ist ihr Einband: Auf dem mit dunklem Samt bezogenen Vorderdeckel ist eine Elfenbeinrelieftafel angebracht, die die Kreuzigung Jesu zeigt und durch einen Silberrahmen eingefasst ist. Sie wird auf das 16. Jahrhundert datiert und ist damit deutlich jünger als die Handschrift selbst, die als Evangelistar Auszüge aus den Evangelien enthält, welche zur Lesung an Fest- und Sonntagen im Gottesdienst bestimmt waren.
Entstanden ist der Codex wahrscheinlich in der Diözese Trier. Es wird vermutet, dass er dort gestohlen und nach Speyer gebracht wurde, wo er fortan zum Domschatz gehörte. 1792 wurde das Evangelistar in der Bruchsaler Residenz vor den französischen Revolutionstruppen in Sicherheit gebracht und gelangte von dort 1803 in den Bestand der Badischen Landesbibliothek

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Stundenbuch des Markgrafen Christoph I.
Handschrift auf Pergament. 1488. 108 Blatt.
Sprache: lateinisch. Signatur: Durlach 1

Das Stundenbuch des Markgrafen Christoph I. (1453-1527) ist das älteste Zeugnis markgräflich-badischen Buchbesitzes, das sich in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe erhalten hat. Als frommer Mann besaß Christoph sein eigenes Gebetbuch, in diesem Fall ein Stundenbuch, das die zu bestimmten Tageszeiten zu verrichtenden Gebete enthält. Das in Paris um 1490 hergestellte lateinische Stundenbuch wurde für den Markgrafen luxuriös ausgestattet: mit auf Goldgrund reich verzierten Bordüren, prächtigen Miniaturen und dekorativen Initialen. Eine ganzseitige Miniatur zeigt den knienden und betenden Markgrafen selbst; auch Markgraf Bernhard II. von Baden und weitere Persönlichkeiten sind in der Handschrift zu entdecken.

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Stundenbuch der Markgräfin Susanna von Brandenburg.
Handschrift auf Pergament. 1520. 186 Blatt.
Sprache: lateinisch. Signatur: Durlach 2

Die von dem Augsburger Maler Narziss Renner mit 42 ganzseitigen Miniaturen und viele Goldschmuck sehr prachtvoll ausgestattete Pergamenthandschrift stammt aus dem Jahr 1520. Während des Augsburger Reichstags zwei Jahre zuvor hatte Markgraf Kasimir von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach im Rahmen einer glanzvollen Hochzeit Susanna von Bayern geheiratet. Einige Illustrationen greifen Momente aus dem Leben des Paares auf; andere beziehen sich auf Susannas Hoffnungen und Ängste hinsichtlich Schwangerschaft und Geburt. Da Susannas Tochter Kunigunde 1551 den badischen Markgrafen Karl II. heiratete, gelangte das Gebetbuch als Erbstück an den Durlacher Hof.

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Nibelungen-Handschrift C
Handschrift auf Pergament. Zweites Viertel des 13. Jahrhunderts. 114 Blatt.
Sprache: deutsch. Signatur: Donaueschingen 63.

Die Karlsruher Handschrift C entstand im alemannisch-bairischen Raum und ist die älteste überlieferte Handschrift des Nibelungenlieds, einem mittelalterlichen Heldenepos um Siegfried den Drachentöter, seine Frau Kriemhild und Hagen von Tronje, das gerne als Nationalepos der Deutschen angesehen wird. Neben dem eigentlichen „Lied“ umfasst die Handschrift auch die „Klage“, in der der Untergang der Burgunden nochmals zusammengefasst und aufgearbeitet wird. Treue und Verrat sind die zentralen Motive beider Werkteile.
Seit 2001 befindet sich der Codex als Eigentum der Landesbank Baden-Württemberg und der Bundesrepublik Deutschland in der Badischen Landesbibliothek. Als herausragendes Beispiel der europäischen Heldenepik wurde die Handschrift 2009 in das UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen.

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Karlsruher Tulpenbücher
Handschrift auf Papier. Um 1730. 4 Bände
Sprache: lateinisch. Signatur: Karlsruhe 3301 und 3302

Zu den bekanntesten Handschriften aus der Provenienz Karlsruhe zählen die unter dem passionierten Blumenfreund und Karlsruher Stadtgründer Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679–1738) bei professionellen Blumenmalern in Auftrag gegebenen Karlsruher Tulpenbücher. In ursprünglich 20 Bänden zusammengefasst, ließ der Markgraf Tulpen und andere Pflanzen des Karlsruher Schlossgartens detailgetreu abbilden. Von diesen 20 Bänden sind heute lediglich noch vier erhalten: zwei im Generallandesarchiv Karlsruhe und zwei in der Badischen Landesbibliothek.

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Rappoltsteiner Parzival
Handschrift auf Papier. Um 1330. 320 Blatt.
Sprache: deutsch. Signatur: Donaueschingen 97

Seit dem Frühjahr 1993 befindet sich ein Teil der bedeutenden privaten Handschriftensammlung der Fürsten von Fürstenberg aus Donaueschingen in der Badischen Landesbibliothek. Darunter ist auch die einzige bekannte vollständige Abschrift des sog. Rappoltsteiner Parzival. Die Handschrift enthält die deutschsprachige Parzival-Erzählung Wolframs von Eschenbach mit einem Einschub zweier Straßburger Autoren des 14. Jahrhunderts. Das Spannende daran ist die Vermischung von deutscher und französischer Überlieferungstradition der Parzival-Geschichte aus dem Sagenkreis um König Artus. Die Stelle, an der der Einschub beginnt, findet sich eine einzelne Schmuckinitiale.

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Konrad Grünenberg: Bericht über die Reise von Konstanz nach Jerusalem
Handschrift auf Papier. Um 1487
Sprache: deutsch. Signatur: St. Peter pap. 32

Das im Jahr 1093 gegründete Benediktinerkloster St. Peter auf dem Schwarzwald zählte zu den einflussreichsten Klöstern der Region. Als es 1806 im Zuge der Säkularisation aufgehoben wurde, fiel sein Besitz an das Großherzogtum Baden. Die in der ehemaligen Klosterbibliothek vorhandenen Handschriften gelangten in die Hofbibliothek nach Karlsruhe. Allerdings war die Bibliothek des Klosters in der Vergangenheit bereits mehrfach zerstört worden, so dass die zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch existierende Handschriftensammlung vor allem den Bemühungen des Abts Philipp Jakob Steyrer (1749–1795) zu verdanken war. Nur wenige Handschriften aus früherer Zeit oder gar in St. Peter selbst geschriebene waren noch in der Sammlung vorhanden.
Unter den 52 Papierhandschriften, die überwiegend aus dem 15. Jahrhundert stammen, sticht besonders der Reisebericht des Konstanzers Patriziers Konrad Grünenberg (vor 1442–um 1494) hervor. Er enthält eine ausführliche Beschreibung seiner Pilgerfahrt nach Jerusalem, bei der Grünenberg bemerkenswert unvoreingenommen die ihm fremden Städte und Kulturen beobachtete, die er auf seiner Reise erlebte.
Die Handschrift ist mit großen kolorierten Federzeichnungen illustriert. Das Besondere an ihr ist, dass sie als Autograph gilt: Man nimmt an, das Grünenberg sie eigenhändig geschrieben und möglicherweise auch die Bilder selber malte oder sie zumindest nach seinen Erinnerungen malen ließ. Damit sind sie authentischer als viele andere historische Abbildungen der dargestellten Städte.

zur digitalen Ausgabe des Berichts über die Reise von Konstanz nach Jerusalem