Mische Eehmzeitung
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Nummer 18 Bükl, Samstag, den 6. Mai 1SZ). 28. Iakrgang.
Inhalt : Die Morgengabe der Kirche an da« Volkstum — Der analytische Erstleseunterricht. — Amtsbezirk. — Die Lehre. — Rundschau. — Bereinsmitteilungen. — Bekanntmachung.— Nachruf. — Büchertisch — Bereinskalender.
Die Morgengabe der Kirckre
an das Volkstum.
Von Universitätsprofessor Prälat Dr. Schreiber.*)
Die Kirche bekennt sich in ihrem neunten Glaubensartikel zur Gemeinschaft der Heiligen. Sie bat damit die Heiligen- verebrung als erlaubt und nützlich erklärt. Sie bat mit dieser Legitimation dem deutschen Volkstum eine Morgengabe, einen ungeheuren Schatz an Kulturdenkmälern eingebänöigt. Aus den Heiligen formte die Volksseele Führerpersönlichkeiten und Volkserzieher für die praktische Lebensgestaltung.
Das Volk braucht eben Ethik als Anschauung, als Erfahrung, als Erfüllung und will das Echos in Persönlichkeiten und Porträts erleben, in lebenswarmen Gestalten, in werktätigen Charakteren, in gütigen Herzen, in gewinnenden Menschen, auch in heroischen Akzenten und in herber Grütze. Nicht alle, aber doch manche Heilige wurden zu Volksheiligen groben Stiles. Das will besagen zu Volkserziehern, die die Bolkskatechese in die Hand nahmen und dabei bas Volksgemüt tief erschlossen. So spiegelt sich im Annakult der ganze Reichtum und auch die künstlerische Verklärung des abendländischen Mütterlichkeitsgedankens. Im Nikolauskult gipfelt das Berufs- ethos des Kaufmanns und Schiffers» aber in ihm äußert sich auch jenes Traute und zugleich Würdevolle der familiären Ethik, das sich den Liebenden, der Hochzeit, der Wöchnerin, dem Kleinkinde zuwandte. Auch der Antoniuskult trägt diese familiären Züge. Werktätiges und Kultisches, der Blutsverband »nd das Persönliche, Evdhaftes und Mustisches flössen in dem Kulte und in der Kultur dieser Volksheiligen ineinander.
Wenn man zudem diese Heiligen auf dir Ehre der Altäre erhob und sie ins Transzendentale und Ewige einbettctc,- so schuf man jene hoheitsvollen Distanzen, die man vom Autoritären und von der Wertlehre her für alle Erziehung braucht. Aber diese Entfernung war keineswegs kalt und abwesend. Man empfand die ganze Lebensnähe dieses Führertums und seiner angewandten Ethik. Man beschäftigt sich geistig mit ihnen, indem man den Wegen ihrer sittlichen Lebensformung und ihrer geschlossenen Haltung nacheifert. Man stellt per-
*> Aus Professor Dr. Schreibers Buch „Das deutsche Volkstum und die Kirche". lGildeverlag, Köln 1S32.)
sönliche Beziehungen zu ihnen her, indem man ihnen auch menschliche Attribute als Akzente des Heroischen, der Erdenschwere, der Passion, auch der besonderen Wirkungsweise in die Hand drückt. Das vollzog sich in unausgesetzten Formgebungen von Plastik und Architektur, in musikalischen Laubes und in der lebensnahen Modellierkunst von Oberammergau und Groeben. Das begab sich in weit ausladenden Verzweigungen. Tausendfach, wie der tausendjährige Rosenstock in Hildesheim, ist auf deutschem Volksboden seit den Tagen der Roswitha von Gandersheim die Legende an den Heiligen und ihrem Leben heraufgerankt. Nicht zum Schäden der Romanze, des Romans und der Novelle, nicht zum Nachteil der bildenden Kunst.
Zur Legende trat die Wallfahrt, die als saera et relixiosa perexrinatio, aber auch als Brauchtum stärkster Ausdruck des Volksglaubens in Kevelaer und Telgte, in Bornhofen und Vierzehnheiligen wurde. Alle Wallfahrtsorte sind Großkraftwerke volkstumhaften Geschehens und volksbunter Bewegtheit, mit ihren Madonnen und Heiligtümern, mit den Kreuzwegen der Franziskaner-Wallfahrtskirchen, mit den Walbpredigten für Osnabrücker Pilger und mit dem conkluxus populi der festlich gestimmten Volksmenge am Liboritag in Paderborn.
Die Kultur der Volksheiligen hat auch den Werdegang der Kulturnation mitbestimmt. Gar nicht unwesentlich. So wurde St. Nikolaus zum Svmbolbeiligen der mitteldeutschen und ostdeutschen Kolonisation an Elbe, Oder und Weichsel, wo er als Flutzheiliger Gotteshäuser und Siedlungen mitaufrichiete. Seine Kultstraße führt aber ebenso in den Raum der Ostsee. Die deutschen Ostseesiedlungen von Lübeck angefangcn bis Riga und Reval, sind von Nikolauskirchen mitgetragen. Jede dieser bedeutsamen Ostseekirchen wirkt wie ein geistiger Scheinwerfer, wie ein kulturelles Fort, wie ein deutscher Gruß in der weitverzweigten Filiation hanseatischer Nikolauskirchen. So war dieses Brauchtum, das seine vollen Kräfte aus dem Sakralen und aus der Volksauffassung zog, nirgendwo vom individuellen Volkstum und von der jeweiligen Nationalkultur losgelöst. Niemand darf es überraschen, in solchen Zusammenhängen von der Nation und von Nationen zu hören. Wenn die Nationalität sich auf dem Wege über die Kulturgemeinschaft entwickelt hat, so war das Brauchtum eines jener großen Elemente, das sich an der Formgebung des Volksgeistes und der Nation wesentlich mitbeteiligte.
Das deutsche Volksgemüt formte viele köstliche Zusätze, die aus dem deutschen Lebensraum, ja aus der deutschen Landschaft entwickelt wurde». Auch in Faust läuten die Osterglocken des Ostermusteriums erneuernd und lebensbestimmend. Noch heute rauchen die Osterfeuer als VolkserlebniZ an den Hängen des