Karlsruhe April 1919 Sehr geehrter Lieber Herr Pfarrer! Ihr Buch über Liturgik ist so recht künstlerisch gedacht daß ich als Laie es doch wohl verstehen und mich daran erbauen kann. das Ablehnen aller Äußerlichkeit in der Religion führt halt doch zu einer großen Ernüchterung welche das religiöse Gefühl abstumpfen könnte.— Auch die evangelische Kirche sollte wieder ein Tempel sein, ein Ort wo die Seele es wagt öffentlich zu beten, wo das Gefühl in ihr auflebt daß sie vor den gemeinsamen Gott der Christenheit anbetet und wo Gott zu ihr+ mit ihr sprechen will.— Es soll eine Feier sein und zu einer Feierlichkeit gehören auch wenn man sie so nennen will äußerliche Formen, wie wir sie ja schon u in der Musik im Gesange haben— Ich könnte mir denken daß die evangelische Kirche auch ein Zufluchtsort sein sollte in dem die geängstigte Seele Ruhe suchen kann, sich symbolisch loslösen darf von der Welt der Vergänglichkeit, wo sie sich im Gotteshaus ge- borgen fühlen darf und ihre Sicherheit wieder gewinnen kann mit der sie in der so dunkeln Welt stehen darf. Wenn hier der Mensch wenn die Gemeinde betet so muß das Gefühl in ihr aufkommen daß Gott mit ihr redet dann werden auch die einfachsten Worte des Predigers geistiges Leben schaffen können. Ich freue mich an Ihrem Buch so wie ich es verstehen kann und danke Ihnen dafür.
zum Hauptmenü