Karlsruhe 29 Sept: 1916 Theurste hochverehrte Freundin! Die Zeit bringt es mit sich daß man verstummt und wenn es möglich ist Augen und Ohren verhüllt man wünschte sich verschließen zu können dieser rasenden Menschheit gegenüber— besonders wenn man wie ich im 78. Jahr steht wo es einem nicht mehr möglich ist mit zu- rasen. Wenn ich halb so alt wäre so blieb ich gewiß nicht zu- rück— aber so stehe ich halt abseits und male meine Bilder— wenn es möglich ist so sind die jetzigen Bilder friedlicher als jemals— ich arbeite und kann so den Krieg auf Stunden vergessen— freilich nicht ganz den hier muß man immer bereit sein in den Keller zu flüchten wenn die Flieger sich nahen oder da sind. doch was hilft alles reden! Wir leben nun einmal ich einer der traurigsten Zeiten die auf dieser Welt möglich ist— und wir müssen es ertragen; wir vertrösten uns auf eine bessere Welt. Unser Schöpfer ist vielleicht an der harten Arbeit aus seiner Menschenheerde ein Volk nach seinem Willen zu gestalten zu einem Gebilde dem er wenn es fertig ist— wie dem Erdenkloß Adam die Seele einhauchen will. Aber so ein Bildner muß hart draufhauen und das thut weh. Vielleicht kommt doch noch nach all dem Weh das Reich Gottes um das die Christenheit seit 2000 Jahren täglich bittet.—
zum Hauptmenü