Karlsruhe 20 Dez 1917 Theurste Freundin Es ist wie ein Hoffungsstrahl, ein kleiner Weihnachtssternschimmer, daß man nun meinen kann die dumme Menschheit keme jetzt doch nach u nach dahinter daß sie etwas Besseres auf der Erde zu nun haben könnte als sich zu morden und sich die Heimstätten zu zerstörren. Aber in meinem Alter denkt man halt daß der Krieg sein muß— denn sonst wäre er nicht— aber sehnsüchtig schaut der Mensch nach Frieden aus und vielleicht findet er über dem Welt und Völkerfrieden hinaus einen Frieden höherer Ordnung den auch der Krieg nicht ver- tilgen kann— den Frieden der Seele die aus all den Stürmen des Lebens hinaus für ihr unsicheres Flattern einen Ruhepunkt findet. Von Herzen wünschen in alter Freundestreue ich u Agathe Dir und den Deinigen ein gesegnetes Weihnachtsfest zum Segen ist es ja von der himmlischen Macht ange- ordnet.— Uns zwei alten Leuten geht es soweit es in dieser Zeit möglich ist gut— Agathes unverdroßne Sorge führt den Haushalt getreulich— ich kann immer noch arbeiten obgleich ich fühle wie Kopf u Füße sichtlich schwächer werden Eigentlich lebe ich jetzt fast wie im Traum— das Leben mit seiner Wirklichkeit löst sich auf und wird Phantasie Es zieht im Traum dahin, wenn vor den Dingen uns Angst erfaßt.—
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