J. Gegenwärtiger Stand der direkten Steuern. Das gegenwärtig in Baden geltende Syſtem der direkten Steuern ſetzt ſich zuſammen aus der Einkommen ſteuer und einer danebenſtehenden Gruppe von Ertrags ſteuern. 1) Der Einkommenſteuer unterliegt nach dem Einkommenſteuergeſetz vom 20. Juni 1884(Gef. u.
MN 42a.
Betrag von 500 M jährlich erreicht. Perfonen, deren
B.O.B.©. 321), neue Faffung vom 9. Auguft 1900|
(Gef. u. V.O⸗Bl. S. 991, 1028) vorbehaltltidh beſtimmter Ausnahmen und Beſchränkungen das geſamte in Geld, Geldeswert oder in Selbſtbenützung beſtehende Einkommen jedes Steuerpflichtigen, welches demſelben 1. aus Grundſtücken, Gebäuden, Grundrechten und Grundgefällen, ſowie aus dem Betriebe der Land
und Forſtwirtſchaft, 2. aus dem Betriebe eines Gewerbes, )
einſchließlich des Handels und Bergbaues, 3. aus einem öffentlichen oder privaten Dienſtverhältnis, aus einem wiſſenſchaftlichen oder künſtleriſchen Beruf oder irgend einer anderen niht. fon unte giet 1 und 2 begriffenen Mrt von Erwerbstätigteit, 4. aug Kapital- vermögen, Renten vder anderen derartigen Bezitgen im Laufe eines Jahres zufließt, und zwar ohne Rückſicht darauf, ob es von anderen Steuern bereits getroffen wird oder nicht. Zu dem unter Ziffer 8 erwähnten Einkommen ſind auch Penſionen, Witwen- und Waiſen gehalte ſowie alle anderen ähnlichen, aus einem öffent lichen oder Privatdienſtverhältnis herrührenden Bezüge zu zählen, welche als Entgelt für frühere Mrbeit, Dienft-
auf geſetzlicher Grundlage oder klagbarem Rechtstitel beruhen.
An dem ſich hiernach ergebenden Einkommen
dürfen jedoch in Abzug gebracht werden 1. die zum
Erwerb und zur Erhaltung desſelben zu beſtreitenden Auslagen, 2. die auf dem Einkommen ruhenden privat rechtlichen und öffentlich-rechtlichen Laſten(mit Ausnahme der Einkommenſteuer und der ſich unmittelbar daran knüpfenden Abgaben für Gemeinden, Kirchen uſw.), 3. etwaige von dem Steuerpflichtigen nachgewieſener maßen zu entrichtende Schuldzinſen. Was nach dieſen Abzügen übrig bleibt, iſt das ſteuerpflichtige Einkommen. Dem Einkommen des Steuerpflichtigen wird hinzuge rechnet das Einkommen ſeiner Ehefrau, ſowie das aus dem Geſamtgut einer von ihm eingegangenen ehelichen Gütergemeinſchaft fließende Einkommen und ferner das Einkommen aus dem Vermögen ſeiner Kinder, ſoweit ihm daran die Nutznießung zuſteht. Die Hinzurechnung des aus eigener Erwerbstätigkeit fließenden Einkommens der Ehefrau findet jedoch nur ſtatt, wenn dieſes den
ſteuerbares Einkommen im ganzen den Betrag von 900 M) jährlich nicht erreicht, ſind von der Einkommen ſteuer befreit.
Das ſteuerbare Einkommen wird jährlich beim Ab- und Zuſchreiben durch den Schatzungsrat feſtgeſetzt. Zu dieſem Zweck haben die Steuerpflichtigen, die erſtmals in einer Gemarkung einkommenſteuerpflichtig geworden ſind oder deren Steuerpflicht ſich geändert hat, Steuer kommiſſär Steuererklärungen abzugeben.
Die Einkommenſteuer iſt alſo zu entrichten von dem reinen Einkommen des Steuerpflichtigen, wobei es gleich gültig iſt, woher das Einkommen rührt, ob es ſich als Ertrag eines Vermögens oder lediglich als perſönlicher Arbeitsverdienſt darſtellt.
Das ſteuerbare Einkommen bildet jedoch nicht ohne weiteres die Grundlage der Steuerpflicht, ſondern es wird zu dieſem Zweck aus dem ſteuerbaren Einkommen gemäß Artikel 13 des Einkommenſteuergeſetzes ein Steueranſchlag gebildet in Der Art, dap erft bei Cintommen von 20 000 M und mehr das ganze ſteuerbare Einkommen unverkürzt?) der Steuer unterliegt, während dagegen bei Einkommen von 900 big 20000 M der Steueranſchlag in ver ſchiedenen Abſtufungen niederer berechnet wird als das ſteuerbare Einkommen in Wirklichkeit iſt.
Der von je 100 /4 des Steueranfh lags zu erhebende Steuerbetrag(der Steuerfuß) wird jeweils durch das Finanzgeſetz beſtimmt. Der ſo beſtimmte Steuerfuß iſt aber
dem
leiſtung oder Berufstätigkeit verwilligt worden ſind und gemäß Artikel 21 des Eink.-St.-Geſ. bei Steueranſchlägen
von 25 000 M. und mehr in verfhiedenen Mbftufungen um 5, 10, 15, 20, 25, 30, 35, 40 Prozent zu erhöhen. Die Er-
Döhung von 40 Prozent gilt für Steueranſchläge von 200000 M und mehr Jahreseinkommen. Während alſo
| die Gintommen unter 20000 M. dadurch eine Erleichterung
erfahren, dap der Steueranſchlag niederer gebildet wird, als das wirkliche ſteuerbare Einkommen iſt, findet bei Einkommen von 25 000 4 und mehr niht nur teine Reduzierung des ſteuerbaren Einkommens auf einen niedereren Steueranſchlag mehr ſtatt, ſondern es erhöht ſich bei ihnen auch der Steuerfuß in gewiſſen Abſtufungen prozentual. Der Steuerfuß für 100 Einkommenſteueranſchlag hat bis aum 1. Januar 1904 2 M 50 4 betragen, ſeitdem
hi
| beträgt er 3 M.
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Über die Gefamtergebniffe der Einkommenſteuer veranlagung für 1904 und 1905 vergl. das Statiftifhe Jahrbuch für Baden für 1904 wnd 1905©. 638 ff.
1) vor der Novelle von 1900 war die Grenze B00 M 2) nur abgerundet auf 500 M. bezw. 1000 M