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Beilage zum Protokolle Der 16. öffentlihen Sigung der zweiten Kammer vom 18; Dezember 1879,
Motion
des
Abgeordneten v. Feder, die Reviſion der Städteordnung betreffend.
Meine Herren!
Ich werde eine Motion in dieſem Hauſe begründen, welche mit folgendem Begehren endet:
Hohe Kammer wolle beſchließen, Großh. Staatsregierung zu erſuchen, baldthunlichſt zu einer Reviſion der Städteordnung zu ſchreiten und eine Vorlage an die Kammer gelangen zu laſſen, nach welcher 4. eine einheitliche und überſichtliche Redaktion der Städteordnung vorgenommen; 2. das An- und Abmeldeverfahren bei den Ge- meindeverwaltungen geſetzlich geregelt; 3. im Falle der Beibehaltung des Klaſſenſyſtems daſſelbe der Abſicht des Geſetzes gemäß, regulirt; 4. die kontrolirende Gewalt in den Stadtgemeinden, den Stadtverordneten als ſelbſt— ſtändig berathende und beſchließende Kollegien nach dem Vorbilde der übrigen deutſchen Geſetzgebungen übertragen und demgemäß die Befugniſſe des Stadtverordnetenvorſtandes dem entſprechend erweitert und 5. die Beſtimmungen über die Entlaßbarkeit der Gemeindebeamten in einer den heutigen Verhältniſſen entſprechenden Weiſe geregelt, ins— beſondere aber die in 8. 26 der Städteordnung enthaltene Beſtimmung bezüglich der Entlaßbarkeit der Bürger⸗ meiſter geſtrichen wird.
Bevor ich in die Begründung der geſtellten Anträge ſelbſt eingehe, erlauben Sie mir einige perſönliche Be— merkungen über meinen Standpunkt vorauszuſchicken. Der Standpunkt, den idin dieſer Sache einnehme, iſt lediglich ein auf Erfahrung beruhender. Nachdem wir mehrmals die Gemeindegeſetzgebung in dieſem Haufe ver- Dandelten, fien e$ mir nothwendig einem etwa in der Gemeinde felbjt, wo man wohnt, ergebenden Ruf fich niht gu entziehen und fih felbjt auch der Laft eines Gemeindeamtes zu unterziehen und fo Habe ih während einer Periode von 6 Jahren da Amt eines Stadtrathes in Mannheim einzunehmen die Ehre gehabt und nachdem dieje Periode umflofjen war, fo habe ih nat einem furzen Zwiſchenraum die Stellung eines Stadtverordneten und eines Mitgliedes des Stadtverordnetenvorſtandes eingenommen und bekleide dieſelbe in dieſem Augenblicke noch. Ich habe deshalb Gelegenheit gehabt, in beiden Stellungen Erfahrungen über die Wirkung des Geſetzes bezüglich der Städteordnung zu machen, ſeine Vortheile auf der einen Seite und ſeine Schäden und Nachtheile auf der andern Seite kennen zu lernen, die im Leben ſich zeigen. Alſo nicht Theorien, ſondern die Erfahrung in der
Praxis iſt derjenige Standpunkt, den ich bei Begründung der Motion einzunehmen gedenke. Dabei leitet mich