223 Beilage zum Protofole der 33. öffentlichen Sigung der zweiten Kammer vom 6. Februar 1880.
Bericht der Kommiſſion der zweiten Kammer
über
den Entwurf eines Geſetzes, Aenderungen des Geſetzes über den Elementarunterricht betreffend.
Erſtattet
vom Abgeordneten H. Strübe.
Bei der Berathung des Elementarunterrichtsgeſetzes vom 8. März 1868 hatte eine ſchwache Mehrheit der Kommiſſion der zweiten Kammer den Antrag geſtellt, nach 8. 23 einen Paragraphen des Inhalts einzuſchalten: Die Oberſchulbehörde iſt ermächtigt, an Mädchenſchulen und an unteren Klaſſen von Knabenſchulen auf den Antrag der Gemeinden auch Lehrerinnen, welche ihre Befähigung für das Lehramt durch eine Prüfung nachge⸗ | wiejen Haben, in der Cigenfchaft von Schulgehilfen zu verwenden, und denſelben, wenn ſie ſich als beſonders tüchtig bewährt und eine zweite Prüfung mit Erfolg beſtanden haben, die Rechte von Hauptlehrern zu verleihen. Letztere Rechte können jedoch nur ledigen oder im Wittwenſtande lebenden Lehrerinnen gewährt werden, und treten mit deren Verheirathung außer Wirkſamkeit. Die Beſtimmungen des 8. 40 dieſes Geſetzes finden auf Lehrerinnen keine Anwendung.
In der Begründung dieſes Antrags weit der Bericht der Kommiſſion darauf hin, wie unter allen Berufs arten, welche ſich für die Frauenwelt eignen, das Unterrichten der Kinder, zumal der Mädchen und der jüngeren Knaben, eine der erſten Stellen einnehme, und Eltern ihre Kinder mit Vorliebe ausgebildeten Lehrerinnen anver trauen; wie durch Verwendung derſelben beim Elementarunterrichte dem vorhandenen Lehrermangel früher abgeholfen, und dem weiblichen Geſchlechte eine paſſende Gelegenheit zur Beſſerung ſeiner ſozialen Stellung dargeboten werde. Die Minderheit der Kommiſſion ſprach ſich gegen dieſe Zulaſſung von Lehrerinnen aus; man hielt ſie für nach theilig, theils weil durch ſolche Lehrerinnen, die nicht in eigenen ſtaatlichen Bildungsanſtalten ihre Ausbildung erlangt haben, der Elementarunterricht leicht eine falſche Richtung erhalten könne, theils weil das Beſtreben, tüchtige Männer für das Lehrfach zu gewinnen, durch die Mitbewerbung, welche man den Frauen eroͤffne, gefährdet werden könne. Der Kommiſſionsbericht weiſst darauf Hin, wie auch in andern Ländern, ſo in Württemberg und Bayern , Lehrerinnen an den Elementarſchulen zur Verwendung kommen und ihnen eine rechtliche Stellung zuerkannt ſei. Die Kammer verwarf mit 34 gegen 22 Stimmen den von der Kommiſſion beantragten Zuſatz mit Rückſicht darauf, daß in Baden keine Bildungsanſtalten für Lehrerinnen beſtehen, daß eine bloſe Prüfung ohne ſyſtematiſche