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GroHer^oglich Dadisches
Karlsruhe, Samstag den 16. August 1849.
Leopold, von Gottes Gnaden
Großherzog von Baven, Herzog von Zähringen.
Im zwanzigsten Jahre Meiner Regierung, auf die Ich mit reinem Gewissen zurücksehe, hat der schmachvollste Aufruhr, den die deutsche Geschichte kennt, Mein Land mit Unglück und Schande bedeckt. Nur durch Meine Flucht vor der Gewalt der Empörer war es möglich, noch größeres Elend zu verhüten und baldige Erlösung aus der Pöbelherrschaft zu bringen.
Auf Meinen Hülseruf an hochherzige Verbündete haben tapfere deutsche Brüder, viele von ihnen Familie und Nahrungsstand verlassend, ihr Leben für unsere Rettung eingesetzt. Die Kraft ihrer Treue und Gesittung, verbunden mit der trefflichsten Führung, hat das Werk des Verrathes in kurzer Zeit siegreich niedergeworfen, und die Strenge des Gesetzes waltet gegen die Frevler an Gut und Blut eines sonst so glücklichen Volkes.
Zurückgerufen durch Meine Regentenpflichten betrete Ich mit dem Gefühle des bittersten Schmerzes, aber trotz erfahrenen Undankes mit unvertilgbarer Liebe für das Wohl des Landes den Boden Meines angestammten Thrones und erflehe vor Allem den Beistand Gottes zur Lösung Meiner schweren Aufgabe.
Dankbar begrüßt seien die Treugebliebenen Meines Volkes! Ich empfinde ihre Leiden mit den Meinigen und suche Trost wie sie in dem Glauben und in der Hoffnung, daß die Gräuel des Bürgerkrieges ein Licht der Erkenntniß über seine Ursachen verbreitet haben, welches mächtiger als die Gewalt der Waffen den anarchischen Geist zu bannen vermag.
Ich habe, wie bekannt, kein Opfer und keine Mühe gescheut, um eine die Freiheit, die Einheit und die Macht unseres großen deutschen Vaterlandes verbürgende Verfassung zu fördern. Wohl ist der Weg, auf dem Ich dieses angestrebt, seitdem ungangbar geworden. Aber ein anderer ist eröffnet, und mächtigen Bundesgenossen Mich anschließend, habe Ich nicht gesäumt, ihn mit der Aussicht zu betreten, daß er durch die Vereinigung Aller zum Ziele euerer und Meiner sehnlichsten Wünsche leiten werde.
Zur Vervollkommnung der Rechtspflege und zur Kräftigung des Volkslebens war eine Reihe neuer Gesetze zum Vollzüge bereit, als die Revolution mit ihren verheerenden Fluchen hereinbrach. Der jetzige Zustand des größeren und des engeren Vaterlandes, die Lage unseres Staatshaushaltes und die Lehren herber Erfahrungen der jüngsten Zeit fordern gebieterisch, daß die Einführung einzelner dieser Gesetze vertagt und die anderer in nochmalige Erwägung gezogen werde.
Die in reichem Maaße gewährten Rechte und Freiheiten, vorzüglich die der Presse und
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