Sinneseindrücke werden Stimmungsqualitäten ausgelöſt, die ſichin aufſteigenden Syntheſen zu einem äſthetiſchen Objekt zuſammen—fügen. Wenn für die Stephanskirche einer der anderen Plätze, diezur Diskuſſton geſtanden haben, gewählt worden wäre, würdeWeinbrenner nie auf den Gedanken einer Zentralanlage gekommenſein. Für das Einfügen in die hier gegebenen Verhältniſſe warWeinbrenners Inſpiration geradezu zwangsläufig. Wundern mußman ſich eigentlich nur darüber, daß er es unterlanſſen hat, die Bau⸗herrſchaft über ſein Schaffensmotiv aufzuklären““. War er ſichetwa ſelbſt über die tieferen Sründe ſeiner Inſpiration nicht imklaren; Gder hat er ſeinen Gegnern das Verſtändnis für kunſt—philoſophiſche Betrachtung nicht zugetraut? Faſt möchte mandas Letzere glauben, wenn man in jenem Vortrag Gehls vom3)3. Mai 1830, mit welchem er wegen des unziemlichen Ver—haltens Weinbrenners Seine Rönigliche Zoheit um die Ent—bindung von der Vorſteherſtelle gebeten hat, die Worte lieſt:„Ich laſſe jeden vernünftigen Mann urtheilen, ob ich hiebeygleichgültig und ruhig bleiben konnte. Ich trug dem Zerrn GberBaudirector Weinbrenner mit allem Anſtande die Sache vor under antwortete mir, ich verſtehe blos Relationen zu machen, er aberKirchen zu bauen.““ Gehl hat eine ſolche Anrempelung nicht ver—dient. Bei ſeiner hohen Geiſtes- und Zerzensbildung darf ange⸗nommen werden, daß er Vernunftsgründen jeglicher Art zugänglichgeweſen wäre. Weinbrenner war überheblich.Voch ein weiterer Geſichtspunkt hat die Form der Stephans—kirche beeinflußt. Zartleben“ ſchreibt über die Stephanskirche:„Gleich dem Pantheon in Rom erleuchtet ſie nur das ſtarke vonoben einfallende Licht. Deſſen Strahlen... verleihen dem ganzenInnern... eine Sarmonie, in der ſich der edelſte Geſchmack mit dermöglichſten Einfachheit vereiniget.“ Weinbrenner hat ſich an die—ſem Standardwerk der ewigen Stadt berauſcht. Die Bauidee desPantheons bei ſich bietender Gelegenheit in der Zeimat aufzugrei—fen, war ſein begreiflicher Wunſch. Und dieſe Gelegenheit hat ſicheben bei der Stephanskirche durch die Verhältniſſe der örtlichkeitgeboten. Dazu kommt, daß gewiſſe Bauideen zu gewiſſer Jeit inur einmal, in der Sitzung vom 2gàten Mai 1808, hat Weinbrenner ſein Motiv angedeutet:„err Oberbaudirector Weinbrenner äußerte hierauf, ſo ſehr er jeden ihm zukommenden BefehlDeiner Aöniglichen Boheit verehre und zu vollziehen ſich beſtrebe, ſo müſſe er doch als Künſtler in arti⸗—ſtiſcher Hinſicht bemerken, daß ſich auf den beſtimmten Bauplatz keine AMirche in Form einer Baſi-lika, ſondern eher eine Rotonda oder Rundform ſchicke.“ Prot. Oehl.37