510 nach welcher, als dem Urbild hinblickend, der Ver- stand bilden soll. Die Philosophie hat ihren Namen einerseits von der Liebe, als dem allgemein hegei- sternden Prinzip, andrerseits von dieser ursprünglichen Meisheit, die ihr eigentliches Ziel ist. Wenn der Philosophie das dialektische Prinzip, d. h. der sondernde, aber eben darum organisch ordnende und gestaltende, Verstand, zugleich mit dem Urbild, nach dem er sich richtet, entzogen wird, so, daſs sie in sich selbst weder Mafs noch Regel mehr hat: s0 bleibt ihr allerdings nichits andres üb- rig, als daſs sie sich historisch au orientiren sucht, und die Ueberlieferung, an welche bei einem gleichen Resultat schon früher verwiesen worden, zur Quelle und Richtschnur nimmt. Dann ist es Zeit, wie man die Poésie bei uns durch die Kenntniſs der Dichtungen aller Nationen zu begründen meynte, auch für die Philosophie eine geschichtliche Norm und Grundlage zu suchen. Wir hegen die grölste Achtung für den Tiefsinn historischer Nachforschun- gen, und glauben gezeigt zu haben, daſs die fast allgemeine Meynung, als habe der Mensch erst all- mälig von der Dumpfheit des thierischen Instinkts zur Vernunft sich aufgerichtet, nicht die unsrige sey. Dennochi glauben wir, daſs die Wahrheit uns näher liege, und daſs wir ſüir die Probleme, die zu unsrer Zeit rege geworden sind, die Auflösung zuerst bei uns selhst und auf unserm eignen Boden suchen sollen, che wir nach s0 entfernten Quellen wandeln. Die Zeit des bloſs historischen Glaubens ist vorbei, wenn die Möglichkeit unmittelbarer Erkenntniſs gege- ben ist. Wir haben eine ältere Oflenbarung als jede