Lieber Haueisen! Dein Geburtstagsgeschenk"die Pfirsiche" freut mich sehr; ich habe es in Leben genügsam erfahren, wenn wir Maler uns im Drange den letzten Ausdruck unserer Kunst zu erringen verstiegen haben in Regionen wo es unsicher und Dunkel wird brauchen wir für uns selber so etwas wie ein Bestätigung unseres ursprünglichen uns angeborenen Talentes und da ist das einfache Schauen, die Offenbarung desselben in einem einfachen Stück Natur uns eine Art von Nothwendigkeit so kehrt man aus allem Träumen und Streben gar gern wieder zum einfachen Stilleben zurück, in welchem man immer wieder die Wunder des Sehens erlebt die Feinheit und Einheit die zwischen Auge Licht u Farbe besteht, das geheimnißvolle Band das doch weiter führt als alles Wissen. Diese u ähnliche Gedanken haben mir dein schönes Geschenk wachge­rufen. Es ist doch auch bei allem philosophischen u religiösen Forschen u. Wissen so daß einem schließlich nicht viel anderes übrig bleibt als die Rückkehr zur Natur zur Einfachheit, zur Kindlichkeit, daß wir aus diesen Quellen immer neu schöpfen muß wenn der Baum wachsen und nicht verdorren soll. Ich weiß ja daß wir uns im tiefern Grund immer verstanden haben. Daß wir einig waren in der Malfreu­digkeit. Leider gestatten meine Beine nicht Dich zu besuchen komm bald wieder einmal wenn Du gerade Zeit hast zu mir. Mit freundlichem Gruß Dein Hans Thoma Karlsruhe 16 Okt. 1920