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§82

Verrechnung und Einziehung

(1) Der Betrag der Gebühren und Auslagen ist auf den Niederschriften, Ausfertigungen und Abschriften beizu­setzen.

(2) Die zwangsweise Beitreibung der Gebühren und Aus­lagen richtet sich nach den Vorschriften über die Zwangsvoll­streckung wegen öffentlich-rechtlicher Ansprüche. Die zu­ständige Verwaltungsbehörde ist der Vorsitzende.

(3) Vorschüsse, Gebühren und Auslagen werden auf An­suchen insoweit nicht erhoben, als der Zahlungspflichtige nach Kenntnis des Gerichts oder nach obrigkeitlichem Zeug­nis außer Stande ist, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts die Kosten des Pro­zesses zu bestreiten, und wenn die beabsichtigte Rechtsver­folgung ode' Rechtsverteidigung nicht mutwillig ist und Aus­sicht auf Erfolg bietet. Die Erhebung kann in diesem Falle auch von Amtswegen unterbleiben.

(4) Das Friedensgericht hat für ein Verfahren zu sorgen, bei dem die Kosten möglichst niedrig zu halten sind, und da­her bei den mit größeren Auslagen verbundenen Prozeßhand­lungen wie bei umfangreichen Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen oder bei einer Beweisaufnahme außer­halb der Gerichtsstelle zu erwägen, ob die Kosten im Ver­hältnis zum Streitinteresse stehen. Ob ein Vorschuß einzu­verlangen ist, steht im Ermessen des Gerichts oder des Vor­sitzenden.

(5) Gebühren, die durch eine unrichtige oder unzweck­mäßige Behandlung der Sache ohne Schuld der Beteiligten entstanden sind, kann das Gericht niederschlagen.

§83

Gerichtskasse

(1) Gebühren, die bei einem Friedensgericht der Gemeinde anfallen, fließen der Gemeindekasse, Gebühren, die bei einem staatlichen Friedensgericht und dem Friedenobergericht an­fallen, fließen der Staatskasse zu.

(2) Auslagen, die bei einem Friedensgericht der Gemeinde erwachsen, sind von der betreffenden Gemeinde, Auslagen, die bei einem staatlichen Friedensgericht erwachsen sind, von der Staatskasse zu tragen, soweit sie nicht von einer Par­tei zu tragen sind (§ 15 Satz 2 des Gesetzes).

4. Abschnitt

Akten, Verzeichnisse, Literatur

§84

Prozeßakten

(1) Für größere Gemeinden empfiehlt es sich, anstelle einer fortlaufenden Niederschrift für jeden Rechtsstreit und für jede Strafsache besondere Akten zu führen.

(2) Werden besondere Akten nicht angelegt, so sind die an­fallenden Aktenstücke (Klagschriften, Zustellungsurkunden usw.) jahrweise in Sammelakten zu vereinigen.

(3) Auf jeden eingehenden Antrag (Klage, Gesuch usw.) soll der Tag des Eingangs mit der Namensunterschrift oder dem Namenszeichen des Vorsitzenden oder des hiemit beauf­tragten Beamten vermerkt werden.

(4) Auf den Niederschriften und anderen Schriftstücken, auch Ladungen und Zustellungsurkunden soll die Nr. der Prozeßliste vermerkt werden.

§85

Verzeichnisse

(1) Für Zivil- und Strafsachen sind getrennte Prozeßiisten zu führen, die in größeren Gemeinden jedes Jahr neu anzu­legen sind. Die einstweiligen Verfügungen sind entweder in die Prozeßliste oder in ein besonderes Verzeichnis einzu­tragen.

(2) Über die Mahnsachen ist ein Mahnregister ztt führen, das in größeren Gemeinden jedes Jahr neu anzulegen ist. Die zu den Mahnsachen gehörenden Schriftstücke werden mit Bezeichnung der Nummer des Mahnregisters für jedes Jahr in Sammelakten vereinigt.

(3) Auf Grund dieser Verzeichnisse haben die Vorsitzenden bis zum 15. Januar jeden Jahres dem Vorgesetzten Friedens­obergericht anzuzeigen

1. in wievielen Fällen wegen Geldforderungen das Mahnver­fahren vor dem Vorsitzenden in dem abgelaufenen Jahr stattgefunden hat;

2. wieviele Rechtsstreitigkeiten in dem abgelaufenen Jahr bei dem Friedensgericht angefallen, wieviele hievon durch Entscheidung und wieviele auf andere Weise erledigt wor­den sind;

3. wieviele Strafverfügungssachen in dem abgelaufenen Jahr bei dem Friedensgericht angefallen sind und in welcher Weise deren Erledigung stattgefunden hat;

4. wieviele Privatklagesachen in dem abgelaufenen Jahr bei dem Friedensgericht angefallen sind und in welcher Weise deren Erledigung stattgefunden hat.

Die Zahl der unerledigt gebliebenen Fälle ist besonders aus­zuscheiden.

(4) Akten und Verzeichnisse sind von anderen Akten der Gemeinde getrennt zu halten. Akten, die eine rechtskräftige Entscheidung des Friedensgerichts enthalten, dürfen vor dem Ablauf von 30 Jahren nicht ausgeschieden werden.

§86

Literatur

Die Friedensgerichte sind gehalten, sich die für die Hand­habung der Friedensgerichtsbarkeit notwendigen Gesetzes­texte zu beschaffen und diese ständig auf dem Laufenden zu halten. In die Bücherei der Friedensgerichte gehören in jedem Falle das Bürgerliche Gesetzbuch, das Reichsstrafgesetzbuch, die Zivilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz.

5. Abschnitt Übergangsbestimmungen §87

Die bis zum 7. Juli 1949 einschließlich bei den Amtsgerich­ten anhängigen Zivil- und Strafsachen, die sonst zu der Zu­ständigkeit der Friedensgerichte gehören würden, verbleiben endgültig bei den Amtsgerichten. Etwaige in diesem Zeit­punkt noch bei den Gemeindegerichten anhängige Verfahren in Zivilsachen gehen auf die Friedensgerichte über.

Stuttgart, den 8. Juni 1949

Beyerle.

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