Es darf demnach wohl als eine unbestreitbare Thatsache angesehen werden, daß das
Publikum des Schauspieles weder ein Bedürfniß noch ein Verlangen nach Musik hat,
Sonst würde es dieselbe, mag sie noch so gut gewählt und ausgeführt sein, nicht so ent‐
schieden zurückweisen. Ich fürchte die Entgegnung nicht, daß dieß bei Potpurris
eine Ausnahme erleidet. Es ist aber meines Erachtens sehr die große Frage ob diese
eine momentane Aufmerksamkeit um den Preis der Zuslassung dieser verächtlichen
Musikgattung in einem der Kunst gewidmetem Hause erkauft werden darf und
ob nicht hierin dem Biergarten der Vorrang überlassen werden soll. Und welchen Ge‐
winn kann es für das Schauspiel haben, wenn seine Zuhörer durch eine musikalische
Lappensammlung, das bunte Gemisch von Opernmotiven vorbereitet oder zwischen
zwei Stücken divertirt werden?
Mit der Behauptung, daß Musik bei Schauspielvorstellungen eher ein Nachtheil als
ein Nutzen sei, kommt man der Wahrheit unstreitig näher, denn der aufmerksame
Zuhörer wird durch sie nur gestört und aus seinen Reflexionen durch das Auf‐
drängen eines mit dem Gehörten unvereinbaren, fremden Elementes herausgerissen.
Er fühlt nach einem Akte oder ganzen Stücke nur das Bedürfniß, sich mit seiner Um‐
gebung über den Inhalte und die Darstellung desselben zu unterhalten.
Es dürfte überhaupt nicht schwer sein, die Einführung der Zwischenaktsmusik als den
Ersatz für den begrabenen Hanswurst historisch nachzuweisen, der seiner Zeit, wie
die Zwischenaktmusik an den meisten Bühnen noch heute, ein sorgfältig gehegtes, un‐
antastbares Mus Institut war und erst der Aufdämmerung eines bessern Geschmackes
zum Opfer fiel. –
Von der Einsicht und vorurtheilslosen Beurtheilung dieses Gegenstandes durch das
Gr. Hoftheater‐Comité glaube ich hoffen zu dürfen, daß Wohl dasselbe, so wie es in dem
Eingangs erwähnten Falle die ehrenvolle Initiative zur Beiseitigung eines weit
gewichtigeren Mißbrauches ergriffen, so auch dem Beispiele mehrerer Bühnen –
ich nenne Berlin und München – folgen und einem unkünstlerischen, sinnlosen Ge‐
brauche gänzlich ein Ende bereiten werde. Daß hiemit die Existenzerleichterung