Wird es wohl Jemand einfallen zwischen die einzelnen Theile einer Symphonie
einen Schauspielakt oder eine Szene daraus einzuschalten? Ebenso unge‐
reimt ist es, zwischen die Akte eines Schauspiels Musik einzuschieben, es wäre denn
daß letztere eigens dazu gemacht und so erfunden ist, daß sich eine Beziehung zu
gewissen Momenten des Stückes heraushören läßt. Das Schauspiel beschäftigt zunächst den
Verstand; Musik wirkt in erster Linie auf die Fantasie und bringt nur unbestimmte, auf keinen
konkreten Fall anwendbare Empfindungen hervor. Anzunehmen, daß das
Schauspiel nur in Verbindung mit Musik seine Aufgabe erreichen, oder auch nur
eine größere Wirkung erhöhen erlangen könne, wäre beleidigend für diese Kunst.

Was auch immer zur Vertheidigung oder Beschönigung dieses nur auf Gewohnheit
beruhenden Gebrauches gesagt worden ist oder vorgebracht werden mag, ist
eitel Täuschung. Die Eröffnungs‐ oder Zwischenmusik wird doch wohl nur des
Publikums wegen gemacht; aber dieses Publikum will nie und nirgends davon Notiz
nehmen und beehrt diese aufgedrungene Aufmerksamkeit nur mit sowohl
die Kunst als den Musiker beleidigendem lautem Gespräche. Angenommen aber,
das Auditorium höre wirklich der Musik zu, in welche Beziehung soll es die Eröffnungs‐
musik zu dem ihm noch vorzuführenden Stück bringen oder wie soll es die Zwischen‐
musik beurtheilen? Als eine Nachempfindung zu dem gehörten oder eine Vor
bereitung zu dem folgenden Akt? Wenn aber das Publikum diese Musik
weder hören will noch ihr ben bei dem besten Willen eine vernünftige Deu‐
tung geben kann, so liegt wohl die Frage nahe: wozu dient diese Musik?
Und ist es wohl recht, eine Kunst zur Handlangerin einer andern zu machen,
um so mehr als diese selbst nicht den geringsten Nutzen davon zieht?