yr. 18 IMenstag, *8. Oktolier 1848

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Tagrblatt für Bodeniee, Schwarzwald nnd das obere Donan^ebiet

Die Anklage gegen die Hauptkriegsverbrecher

Vier Anklagepunkte: Verschwörung gegen den Weltfrieden Bruch des internationalen und des Kriegsredits Kriegsverbrechen

im engeren Sinn und Verbrechen gegen die Menschheit

London . (Exchange) Die Anklage ge­gen die 24 deutschen Hauptkriegsverbrecher ist am 18. Oktober veröffentlicht worden. Da* Dokument umfaßt 43 Foliosedten mit 25 000 Worten. Die Anklageschrift ist von den vier Hauptstaatsanwälten Robert Jack­son (Vereinigte Staaten von Amerika ), Francois de Menthon (Frankreich ), HartleyShawcroß (England ) und R. Rudenko (Ruß­land ) unterzeichnet

Dae Gericht, dae ale Internationales Mlli- tirtribunal bezeichnet wird, faßt dl* Ange­klagten Insgesamt als Verschwörer auf, die gemeinsam ein* Reihe von Verbrechen systematisch vorbereitet oder zum minde­sten durch ihre Ziele und die Bejahung der Methoden des Dritten Reiches an den Ver­brechen mitgewirkt haben.

Ueber dieVerschwörung" oder denge­meinsamen Plan" heißt es ln der Anklacre- echrift grundsätzlich:Alle Angeklagten beteiligten sich zusammen mit anderen Per­sonen in den Jahren -vor dem 8. Mai 1945 als Führer, Organisatoren, Anstifter oder Komplfzen

1. an der Aufstellung und an der Durch­führung eines gemeinschaftlichen Planes, der

Z die Begehung von Verbrechen gegen den Frieden, '

3. von Kriegsverbrechen und

4 . Verbrechen gegen die Menschheit vorsah oder der zu ihrer Verübung führte. Die Angeklagten sind individuell für Ihre eigenen Taten verantwortlich, ebenso für alle Aktionen, die von anderen Personen in Durchführung des genannten Planes un­ternommen wurden. Der gemeinsam* Plan umfaßte die Verübung von Verbrechen ge­gen den Frieden, indem die Angeklagten Angriffskriege und die Verletzung von in­ternationalen Verträgen planten, vorberei­teten, begannen und durchführten. In Ver­folgung dieses gemeinsamen Planes kam es zur Verübung von Kriegsverbrechern denn der Plan sah die skrupellose Kriegsführung gegen Staaten und Völker unter Verletzung der Gesetze und Bräuche des Krieges vor, und die Angeklagten waren dazu entschlos- een und führten ihr Programm durch. Ty­pische'und systematische Mittel, mit denen dies* Kriege geführt wurden, waren Mord, Mißhandlung, Deportation von Zivilperso­nen, die aus den besetzten Gebieten cur Sklavenarbeit verschleppt oder zu anderen Zwecken abgeführt wurden, Mord und

Mannerheim znrückgetreten

Helsinki . (Exchange) Der finnische Staatspräsident Mannerheim hat am Frei­tagabend seinen Rücktritt erklärt. Er be­gründet seine Demission mit seiner ange­griffenen Geaundheit, doch wird ln politischen Kreisen angenommen, daß er sich nicht mit dem bevorstehenden finnischen Kriegsver­brecherprozeß identifizieren will. Manner­heim steht im 78. Lebensjahr. Bis zur Wahl eines neuen Präsidenten wird Minister­präsident Paasikivl gleichzeitig auch das Amt des Präsidenten übernehmen.

Schwedische Hilfsbereitschaft

S t o ck h o 1 m. (ATP) Der Vizepräsident des schwedischen Roten Kreuzes, Graf Folke Bemadotte, erklärte am Mittwoch, daß das schwedische Rote Kreuz bereit sei, deut­schen Kindern zu helfen, wenn die Alliier­ten dies wünschen. Graf Bemadotte ist bereits aus Deutschland zurückgekehrt, wo er mit den alliierten Militärbehörden Be­sprechungen geführt hat. Er erklärte, daß die Frage seiner Hilfsaktion für deutsche Kinder unter 12 Jahren erörtert worden, aber bis jetzt nichts endgültiges beschlos­sen sei.

Lockerungen in Portugal

Lissabon . (Reuter) Der portugiesische Ministerpräsident Salazar kündigt* am Samstag neue Lockerungen bisheriger ge­setzlicher Bestimmungen ent Danach Ist die politische Geheimpolizei von jetzt an nicht mehr befugt, von sich aus Verhaftungen vorzunehmen. Salazar verordnet« die Auf­hebung der Sonderbestimmungen für dl« Bestrafung politischer Vergehen. In Zukunft werden solche Tatbestände nur noch be­straft, wenn es sich um gemeine Verbre­chen handelt, wobei den Angeklagten alle gesetzlichen Rechte gewahrt sind.

Die Lage in Argentinien

BuenosAires . (Exchange) Die neueste Entwicklung in den argentinischen Wirren ist die, daß der abgesetzte Diktator Peron wieder an dl« Macht kommen konnte und jetzt dabei ist, diejenigen zu verhaften, die ihn vor wenigen Tagen ins Gefängnis wer­fen ließen. Konteradmiral Limas, einer der Hauptanführer der Revolte gegen Peron, soll mit der Flotte auf hohe See geflohen sein. Die Opposition der Militär- und Flot- tenkreise gegen den Diktator ist nach wie vor echarf, so daß mit weiteren Unruhen gerechnet werden muß.

Mißhandlung von Kriegsgefangenen und Personen auf hoher See, die Engreifung und Tötung von Geiseln, di« Plünderung öffent­lichen und privaten Eigentums, mutwillige Zerstörung von Städten und Dörfern sowid durch militärische Notwendigkeit nicht ge­rechtfertigt« Verwüstungen."

In der Einleitung heißt es weiter, daß der gemeinsame Plan" auch Verbrechen gegen die Menschheit voreah, die auch innerhalb der deutschen Grenzen begangen wurden. Es werden als dl« ersten Verbrechen die Einrichtung von Konzentrationslagern durch Göring im Jahre 1933, die Zerschlagung der deutschen Gewerkschaften, der Kampf ge­gen die Kirchen und die Judenverfolgungen genannt Es wird festgestellt, daß von den 9,6 Millionen Juden, die ln den schließlich von den Nazis beherrschten Gebieten Euro­pa « lebten, nach einer vorsichtigen Schät­zung 5,7 Millionen verschwunden sind. Al« Beweis dafür, daß ein gemeinsamer Plan vorlag, wird festgestellt, daß eine einfluß­reiche Gruppe der Verschwörer am 23. Mai 1939 zusammentrat, um über dl« Durchfüh­rung des Planes zu beraten. Die an jener Beratung beteiligten Personen waren sich völlig darüber einig, daß ein Ueberfall auf Polen zum Kriege mit England und Frank­reich führen müsse. Der Angriff auf Po­len

wurde trotzdem beschlosseni gleichzel- I zelnen zutreffen.

tlg wurde auch «in Angriffsplan gegen Eng­land und Frankreich unter Besetzung von Fliegerbasen in Holland und Belgien aui- gearbeitet. Ferner wird als erwiesen« Tat­sache betrachtet, daß die Angeklagten be­reit« am 21. April 1938 beschlossen hätten, einen Angriff auf die Tschechoslowakei nicht später als am 1. Oktober zu beginnen, und daß geplant worden, sei, «inenZwischen­fall" zu schaffen, der den Ueberfall rechtfer­tigen würde.

Ueber die Verbrechen gegen die Mensch­heit wird gesagt, daß diese Verletzungen internationaler Konventionen, einheimischer Staatsgqgetze, allgemeiner Grundsätze des Strafrechtes, wie sie sich aus den Straf­gesetzbüchern aller zivilisierten Völker ab­leiten lassen, darstellen und als Teil eines systematischen Verhaltens zu werten seien. AI « zusätzliche Beispiele werden der Mord an Bundeskanzler Dollfuß , die Ermordung des Sozialdemokraten Dr. Breitscheidt und des Kommunisten Thälmann sowie die Ge- fangenhaltung von Niemöller und Schusch­nigg erwähnt.

Der Anklageschrift sind drei Anhänge bei-/ gefügt Im ersten wird kurz di« Funktion jedes einzelnen Angeklagten In den Jah­ren 1932 bis 1945 geschildert und fe6tge- stellt, welche Anklagepunkte auf den ein-

Die Angeklagten

An der Spitze der Angeklagten figuriert Göring . Ihm wird vorgeworfen, er habe ln Verbindung mit Hitler seine Position-and seinen persönlichen Einfluß zur Konsolidie­rung der nationalsozialistischen Herrschaft über Deutschland eingesetzt. Er förderte die militärische und wirtschaftliche Vorberei­tung des Krieges. Er beteiligte sich an der nationalsozialistischen Verschwörung zur Durchführung des Angriffskrieges. Er be­vollmächtigte zur- Durchführung von Kriegs­verbrechen, leitete solche Verbrechen oder beteiligte sich an ihnen, wie an den Ver­brechen gegen die Menschheit überhaupt. Dar Zweite auf der Liste Ist Ribben- t r o p, der im besonderen die Kriegsvorbe­reitungen fördert«, sich an der Verletzung internationaler Verträge beteiligte und vor allem für die deutsche Außenpolitik wäh­rend des Krieges verantwortlich ist. Ihm folgt Rudolf Heß . Es wird ihm, ähnlich wie Rlbbentrop, Förderung der Machtübernahme dei nationalsozialistischen Verschwörer, Förderung und Teilnahme an den Kriegsvor­bereitungen, an der Verletzung Internatio­naler Verträge sowie Ermächtigung zu Krlegsverbrechen, Teilnahme an ihnen und deren Leitung zur Last gelegt. Der nächste Angeklagte Ernst Kaltenbnmner Ist speziell für den Polizeiterror und die Konsolidie­rung der nationalsozialistischen Herrschaft in Oesterreich verantwortlich.

Weiter folgen Alfred Rosenberg , der die psychologischen und politischen Kriegs- Vorbereitungen förderte, Hans Frank , früherer Generalgouvemeur von Polen , der besonders für die in diesem Gebiet began­genen Verbrechen zur Rechenschaft gezo­gen wird. Martin B o r m a n n, der Chef der Parteikanzlei, ist noch flüchtig. An nächster Stelle stehen Wilhelm F r 1 de , früherer In­nenminister, Dr. Robert L e y , Leiter der Deutschen Arbeitsfront , besonders für die Verwendung von Sklavenarbeltern verant­wortlich. Fritz Sauckel , Chef des Appa­rates für den Einsatz der Fremdarbeiteri als seine Komplizen figurieren Albert Speer und zum Teil auch Funk. Hinter diesem kommen Hjalmar S ch a ch t, Franz v. P a- p e n, Alfred Krupp von Bohlen, Baldur v. Schirach , Seyß-Inquart, Juliu« Streicher der letztere besonders für die Judenverfolgungen verantwortlich ferner Generalfeldmarschall Keitel , der dl« Kriegspläne der nationalsozialistischen Verschwörer als Chef des Oberkommando« verwirklichte und die Mißhandlung von Kriegsgefangenen und Zivilisten ln den be­setzten Gebieten zuließ, Generaloberst Al­fred Jo dl, Großadmiral Ra «der und Großadmiral D ö n 11 z, dl« beiden letzteren vor allem für die Verletzung des Kriegs­rechts durch Unterseeboote verantwortlich, und der Radiokommeotator Hans Fritsch «.

Im 2 Anhang wird beantragt, daß die folgenden Organisationen als verbrecherisch erklärt werden: die Reichsregierung, das Korps der politischen Leiter der NSDAP , die SS, der 5D (Sicherheitsdienst), die Ge­stapo , die SA , der Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht. Dies ge­schieht im Einklang mit der am 8. August 1945 veröffentlichten Satzung für das Inter­nationale Militärtribunal. Wenn dieses eine Organisation als verbrecherisch anerkennt, können einzelne Staaten gewisse Mitglieder der betreffenden Organisation vor Gericht stellen, und die verbrecherische Natur der Organisation, der er angehörte, kann vom Angeklagten nicht bestritten werden. Es ist darauf hinzuweisen, daß die NSDAP selbst nicht unter die genannten Gruppen fällt

Der 3. Anhang enthält 26 Verträge, Ab­kommen und Zusicherungen, die die Ange­klagten gebrochen haben. Es 'handelt sich um internationale Instrumente aller Art, von der Haager Konvention aus dem Jahre 1899 über den Vertrag von Locarno Me zur deutschen Zusicherung vom 6. Oktober 1939 bezüglich der Respektierung der Neu­tralität Jugoslawien ».

Die Verteidigung hat einen Monat Zeit um sich für den Prozeß vorzubereiten, der wahrscheinlich noch an November in Nürn­berg beginnen wird. Zwar sind Hitler , Goebbels und Himmler nicht mehr auf der Liste der Kriegsverbrecher- da ihr Tod als sicher angenommen wird, doch wird der Prozeß auch die Beweise ihrer Schuld er­bringen.

ErsteSitznng der Nürnberger Richter

Berlin . (Exchange) Im Gerichtsgebäude von Berlin-Moabit hielt der Internationale Gerichtshof zur Aburteilung der 24 Haupt­

kriegsverbrecher am Donnerstag seine erste Sitzung ab. Die Tagung war sehr kurz und diente rein formellen Zwecken. Der sowjet­russische Richter General Nfkitschenko führte den Vorsitz über die Richterbank, auf der die Vertreter Frankreichs , Groß­britanniens und der Vereinigten Staaten Platz genommen hatten. Den Anlaß für die Sitzung bildete die Ueberreichung der An­klageschrift an die Richteihank.

Der Gerichtssaal war überfüllt, als die Verhandlungen begannen. Unter dem Pu­blikum gab es auch eine Anzahl deutscher Zivilpersonen, yor der formellen Ueber­reichung der verschiedensprachigen Text« der Anklageschrift legten die Richter den folgenden Amtseid ab:

Ich erkläre, feierlich, daß ich all« meine Vollmachten und Pflichten als Mitglied des Internationalen Militärtribunals ehrenhaft, unparteiisch und gewissenhaft ausüben werde."

General Nlkltschenko teilte mit, daß über di« in Nürnberg angebrachten Lautsprecher­anlagen nicht nur alle im Gerichtsaal anwe­senden Personen, sondern auch das Publi­kum außerhalb de« Gebäudes über die Ver­handlungen Informiert würden. Es sei vor­gesehen, einen großen Teil der Gerichtsver­handlungen über das Radio zu übertragen. Der Prozeß werde nicht später als dreißig Tage nach der am Donnerstag erfolgten Unterbreitung der Anklageschrift an die Angeklagten beginnen.

Im Laufe des Donnerstagnachmittag« sind die Mitglieder de* Gerichtshofes zu einem kurzen Besuch nach Nürnberg abgereist, um sich hierauf wieder in ihre Zentralbü­ros rurückxubegeben und die Vorarbeiten für die Prozeßverhandlungen fortzusetzen.

Zar Frage der Kollektivschuld

London , ag (Reuter) Die Anklageschrift gegen die Hauptkriegsverbrecher betrifft alle Angehörigen der SS, der Waffen-SS , des Sicherheitsdienstes und der Gestapo . Ausgenommen sind Organisationen, zu de­nen der Beitritt obligatorisch war, wie die Arbeitsfront " und dieHitlerjugend " Zweifel bestehen über die SA , de SA-Abtei- lungen während des Krieges für Pollzelauf- gaben und für die Bewachung von Lager verwendet wurden. Wenn man aber alle SA -Männer ln den Anklagezustand erheben würde, müßte ein viel größerer Prozentsatz der deutschen Bevölkerung sich zu verant­worten haben, als die Alliierten beabsich­tigen.

Frankreich entscheidet sich für de Gaulle

Volksabstimmung und Wahl zur neuen Nationalversammlung

fh. .-Das französische Volk hat einen der entscheidendsten Tage «einer Geschichte hin­ter sich. Am Sonntag fanden in Frankreich eine Volksabstimmung \urvd gleichzeitig Wahlen statt, von denen «* zukünftige Ge­staltung der französischen Verfassung be­stimmt werden wird. Die bi* 1940 in Kraft gewesene französische Verfassung stammte aus dem Jahre 1875. Die innenpolitischen Er­örterungen der letzten Monate gingen in Frankreich um die Frage, ob diese alte Ver­fassung fortbestehen, irgendwie reformiert oder durch etwes vollkommen Neues er­setzt werden solle. Da« Ergebnis dieser Er­örterungen war der Beschhiß, da« französi­sche Volk durch eine Volksbefragung selbst zur Entscheidung darüber aufzurufen, wae geschehen soll. Zu diesem Zweck wur­den zur Volksabstimmung, che am Sonntag stattfand, den Wählern zwei Fragen vorge­legt: 1. Will das französische Volk, daß die zu wählende Nationalversammlung mit der Verfaesungsneubildung betraut wird? 2. Bei bejahender Antwort zur ersten Frage soll die Regierung bl* zum Inkrafttreten der neuen Verfassung gemäß dem vorliegenden Gesetzesentwurf neu zusammengesetzt wer­den? Der Gesetzentwurf sieht die sofortige Wahl des Staatsoberhauptes vor sowie di« Abgrenzung der Befugnisse der Verfas­sungsgebenden Versammlung. In Ver­bindung mit der Entscheidung über die erste Frag« sollte schließlich im gleichen Wahlgang unter Anwendung de« Verhält­niswahlrechts die Mitglieder der neuen Versammlung gewählt werden. Die Entscheidung über die beiden gestellten Fra­gen bedeutet gleichzeitig die Entscheidung darüber, ob die provisorische Regierung des Generals de Gaulle die Zustimmung de« französischen Volkes hat oder nicht. Das war der Sinn der Wahlen, die gestern in Frankreich etattgefunden haben.

Nachdem zur Anwendung gekommenen Verhältniswahlrecht hatten die Parteien Vorschlagslisten der Kandidaten einzurei­chen und die Wähler hatten sich für eine dieser Listen zu entscheiden. Ehe Kandida­ten , werden also nicht unmittelbar persön­lich, sondern durch die Liste gewählt Die Verteilung der Mandate erfolgt im Verhält­

nis zur Zahl der Stimmen, die Wr jede Liste abgegeben werden. Es handelt »ich um ein ähnliches Wahlverfahren, wie es ln Deutsch­land bis 1933 bei den Reichstagswahlen und auch bei den Wahlen zu den Landta­gen angewendet wurde. Das gleiche Wahl­verfahren i*t auch ln der Schweiz gültig.

Das Ergebnis des Volksentscheids

Paris . (Exchange) Nach den um 1.30 Uhr nachte veröffentlichten amtlichen Stim- menziffem wurde Frage 1 des Volksent­scheid mit 9 663 356 Jastimmen und 470 920 Neinstimmen beantwortet. Auf die Frage 2 wurden 9 400 000 Je und 4 700 000 Nein­stimmen abgegeben.

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Die neue verfassunggebende Versamm­lung wird 586 Mitglieder, einschließlich der Abgeordneten Algeriens , da* al* franzö­sische Heimatprovinz gilt, haben. Di* Frauen sind wahlberechtigt, ebenso die Sol­daten, und der Verlauf de« Wahltages zeigte eine außerordentlich starke Wahlbeteiligung dieser beiden neuen Wählergruppen

Das französische Innenministerium schätzte nach Abschluß der Wahlhandlungen die Wahlbeteiligung auf rund 85 Prozent, die stärkste je in Frankreich erreichte Wahlbe­teiligung.

Von den Ministem der de Gaulle -Regie­rung «ind Kriegsminister Diethelm, Innen­minister Adrien Tixier , Flottenminister Jac- quinot J^ereiU gewählt Der frühere Finanz­minister Vincent Auriol , der ein führende* Mitglied der Sozialisten ist, wurde ebenfalls gewählt sowie Finanzminister Renä Pleven.

Das vorläufige Wahlergebnis

Pari*. AFP Nach den bi* jetzt vorliegenden Ergebnissen erhalten die Kom­munisten 142 Sitze, die Christlich Demokra­tische Partei (Katholiken) 140, die Soziali­sten 133, die Radikalsozialisten 19. Von be­kannten Politikern wurde Daladier nicht wieder gewählt Auch verschiedene andere markante politische Persönlichkeiten wer­den der neuen Nationalversammlung nicht mehr angehören.

Politische

Notwendigkeiten

Heute vor acht Tagen wurden an dieser Stell*wirtschaftliche Notwendigkeiten' ausführlich erörtert die sich aus der Lage unseres Zonengebietes zwangsläufig erge­ben. Die Gedanken sollen weitergesponnen und di^ Folgerungen auf politischem G - biete gezogen werden.

Die Prüfung unserer Wirtschaftslage führte zu dem Ergebnis, daß der wirtschaft­liche Verkehr aus unserer Zone hinaus und in unsere Zone hinein mit den anderen Zo­nen nur unter beträchtlichen Schwierigkei­ten und Hemmungen möglich ist Es be-' deutet das, daß wir uns in unserer Zone so gut wie möglich einrichten und behelfen müssen. Wir mußten aber weiter feststellen, daß unsere Zone nur über ein bescheidenes industrielles Potenzial verfügt, daß sie vor allem nur in geringem Maße Rohstoffe ent­hält. Eine Autarkie dieser Zone ist daher praktisch undenkbar. Wenn uns der Ver­kehr in die nördlichen Zpnen also die Zufuhr von Rohstoffen und die Abnähme unserer Fertigprodukte nicht möglich ist, so ergibt sich hieraus der Schluß, daß wir alles versuchen müssen, einen solchen Ver­kehr nach Westen, nach Frankreich , aufge­schlossen zu erhalten.

In dem Umfange, wie es nun erforderlich werden wird, diese süddeutsche, französisch besetzte Zone als eine wirtschaftliche Ein­heit zu betrachten und für sie eine Planung in die Wege zu leiten, in diesem Umfange macht es sich dann auch naturgemäß erfor­derlich, das gesamte Gebiet der Zone zwi­schen Lindau , Freiburg und Rastatt einer einheitlichen wirtschaftlichen und damit auch politischen Verwaltung zu unterwerfen.

Diese sich zwingend ergebenden Folge­rungen weiter auszubauen, dürfen wir uns auch als ermutigt 'betrachten durch An­regungen, die nicht nur aus wirtschaftlichen Kreisen -des Landes kommen.

Es soll hiermit versucht werden, diese Folgerungen zu ziehen.

Es springt zunächst in die Augen, daß eine wirtschaftliche Planung nicht vom Bürger­meister, nicht vom Landratsamt und auch nicht aus einem Landeskommissariatsbezirk allein heraus erfolgreich gemacht werden kann, ebenso wie man kaum den einzelnen französischen Militärgouverneur damit bela­sten kann. Es muß schon eine größere Zu­sammenfassung auf breiterer Grundlage er­folgen. Es liegt nahe, daß die französische Besatzungsmacht es nicht als Ihre Aufgabe betrachten kann, für uns zu denken und für uns zu handeln. Diese Last müssen wir ihr freiwillig abnehmen. Das kann aber nur ge­schehen durch eine einheitliche Zusammen­fassung der drei fn die süddeutsche Zone fallenden Landesteile, ein« Zusammenfas­sung, die heute noch fehlt.

Für un* ln Baden besteht eine Landesre­gierung. Nach den bisherigen Erfahrungen erscheint es aber auf die Dauer nicht als durchführbar, ein Land einheitlich zu regie­ren, wenn dieses Land ln zwei Zonen liegt und durch die Zonengrenze durchschnitten wird. Eine Landesregierung, die, sowohl unter französischer wie unter amerikani­scher Besatzungsmacht, handeln und ver­walten soll, müßte sich schon buchstäblich in zwei Telle teilen, und in zwei Richtungen denken können. Sie kann kaum zu einheit­lichen für beide Zonenteile richtigen Maß­nahmen kommen.

Für den Teil Badens, der in der französi­schen Zone geblieben ist, dürft# auch der Wirkungsbereich für eine Landesregierung kaum noch groß genug sein. Die gleichen Gedankengänge gelten verstärkt für den schwäbischen Teil unter französischer Be­setzung und ebenso ntürlich für den kleinen bayrischen Teil um Lindau .

Es ist an uns, anzuregen, daß eine Verwaltungseinheit für alle drei Landes­teile geschaffen wird und der Besatzungs­macht Vorschläge zu unterbreiten, die sie bereit sein kann, gut ru heißen. Der Auf­gaben, die zentral für das Zonengebiet von Lindau bis zum Rhein zu lösen sind, gibt es mehr als genug. An der Spitze steht die Notwendigkeit des wirtschaftlichen Wieder­aufbauesund Hand in Hand mit Ihr die Be­schaffung der Lebensmittel und Rohstoffe. Hierbei muß durch die höhere ordnende Hand der Kleinstpartikularismu* und Egois­mus der Kreise und Bezirke zu Gunsten des Ganzen beseitigt werden.

Dm Flüchtlingsproblem, die Evakuierungs­frage, das Gesetzgebungswerk für ein neues demokratisches Recht, die Säuberung des öffentlichen Lebens nach einheitlichen nnd gerechten Grundsätzen, die unter Mitwir­kung berufener Vertreter der Bevölkerung nach gleichen Bestimmungen für das ge­samte Gebiet durchzuführen ist, alles das sind zentral zu lösende Aufgaben für dieses größere Landesgebiet.

In der Schaffung eines solchen badisch­schwäbischen Oberlandes und einer dement­sprechenden Landesregierung sehen wir einen wichtigen Schritt vorwärts in der Richtung der notwendigen demokratischen Selbstver­waltung und Selbstverantwortung. Wenn wir auch wissen, daß die Zeit wohl noch nicht dafür reif sein kann, in einem solchen größeren Gebiete öffentliche Wahlen durch­zuführen und damit die Ansicht der BevöN