yr. 18 IMenstag, *8. Oktolier 1848
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Die Anklage gegen die Hauptkriegsverbrecher
Vier Anklagepunkte: Verschwörung gegen den Weltfrieden — Bruch des internationalen und des Kriegsredits — Kriegsverbrechen
im engeren Sinn und Verbrechen gegen die Menschheit
London . (Exchange) Die Anklage gegen die 24 deutschen Hauptkriegsverbrecher ist am 18. Oktober veröffentlicht worden. Da* Dokument umfaßt 43 Foliosedten mit 25 000 Worten. Die Anklageschrift ist von den vier Hauptstaatsanwälten Robert Jackson (Vereinigte Staaten von Amerika ), Francois de Menthon (Frankreich ), HartleyShawcroß (England ) und R. Rudenko (Rußland ) unterzeichnet
Dae Gericht, dae ale Internationales Mlli- tirtribunal bezeichnet wird, faßt dl* Angeklagten Insgesamt als Verschwörer auf, die gemeinsam ein* Reihe von Verbrechen systematisch vorbereitet oder zum mindesten durch ihre Ziele und die Bejahung der Methoden des Dritten Reiches an den Verbrechen mitgewirkt haben.
Ueber die „Verschwörung" oder den „gemeinsamen Plan" heißt es ln der Anklacre- echrift grundsätzlich: „Alle Angeklagten beteiligten sich zusammen mit anderen Personen in den Jahren -vor dem 8. Mai 1945 als Führer, Organisatoren, Anstifter oder Komplfzen
1. an der Aufstellung und an der Durchführung eines gemeinschaftlichen Planes, der
Z die Begehung von Verbrechen gegen den Frieden, '
3. von Kriegsverbrechen und
4 . Verbrechen gegen die Menschheit vorsah oder der zu ihrer Verübung führte. Die Angeklagten sind individuell für Ihre eigenen Taten verantwortlich, ebenso für alle Aktionen, die von anderen Personen in Durchführung des genannten Planes unternommen wurden. Der gemeinsam* Plan umfaßte die Verübung von Verbrechen gegen den Frieden, indem die Angeklagten Angriffskriege und die Verletzung von internationalen Verträgen planten, vorbereiteten, begannen und durchführten. In Verfolgung dieses gemeinsamen Planes kam es zur Verübung von Kriegsverbrechern denn der Plan sah die skrupellose Kriegsführung gegen Staaten und Völker unter Verletzung der Gesetze und Bräuche des Krieges vor, und die Angeklagten waren dazu entschlos- een und führten ihr Programm durch. Typische'und systematische Mittel, mit denen dies* Kriege geführt wurden, waren Mord, Mißhandlung, Deportation von Zivilpersonen, die aus den besetzten Gebieten cur Sklavenarbeit verschleppt oder zu anderen Zwecken abgeführt wurden, Mord und
Helsinki . (Exchange) Der finnische Staatspräsident Mannerheim hat am Freitagabend seinen Rücktritt erklärt. Er begründet seine Demission mit seiner angegriffenen Geaundheit, doch wird ln politischen Kreisen angenommen, daß er sich nicht mit dem bevorstehenden finnischen Kriegsverbrecherprozeß identifizieren will. Mannerheim steht im 78. Lebensjahr. Bis zur Wahl eines neuen Präsidenten wird Ministerpräsident Paasikivl gleichzeitig auch das Amt des Präsidenten übernehmen.
Schwedische Hilfsbereitschaft
S t o ck h o 1 m. (ATP) Der Vizepräsident des schwedischen Roten Kreuzes, Graf Folke Bemadotte, erklärte am Mittwoch, daß das schwedische Rote Kreuz bereit sei, deutschen Kindern zu helfen, wenn die Alliierten dies wünschen. — Graf Bemadotte ist bereits aus Deutschland zurückgekehrt, wo er mit den alliierten Militärbehörden Besprechungen geführt hat. Er erklärte, daß die Frage seiner Hilfsaktion für deutsche Kinder unter 12 Jahren erörtert worden, aber bis jetzt nichts endgültiges beschlossen sei.
Lissabon . (Reuter) Der portugiesische Ministerpräsident Salazar kündigt* am Samstag neue Lockerungen bisheriger gesetzlicher Bestimmungen ent Danach Ist die politische Geheimpolizei von jetzt an nicht mehr befugt, von sich aus Verhaftungen vorzunehmen. Salazar verordnet« die Aufhebung der Sonderbestimmungen für dl« Bestrafung politischer Vergehen. In Zukunft werden solche Tatbestände nur noch bestraft, wenn es sich um gemeine Verbrechen handelt, wobei den Angeklagten alle gesetzlichen Rechte gewahrt sind.
BuenosAires . (Exchange) Die neueste Entwicklung in den argentinischen Wirren ist die, daß der abgesetzte Diktator Peron wieder an dl« Macht kommen konnte und jetzt dabei ist, diejenigen zu verhaften, die ihn vor wenigen Tagen ins Gefängnis werfen ließen. Konteradmiral Limas, einer der Hauptanführer der Revolte gegen Peron, soll mit der Flotte auf hohe See geflohen sein. Die Opposition der Militär- und Flot- tenkreise gegen den Diktator ist nach wie vor echarf, so daß mit weiteren Unruhen gerechnet werden muß.
Mißhandlung von Kriegsgefangenen und Personen auf hoher See, die Engreifung und Tötung von Geiseln, di« Plünderung öffentlichen und privaten Eigentums, mutwillige Zerstörung von Städten und Dörfern sowid durch militärische Notwendigkeit nicht gerechtfertigt« Verwüstungen."
In der Einleitung heißt es weiter, daß der „gemeinsame Plan" auch Verbrechen gegen die Menschheit voreah, die auch innerhalb der deutschen Grenzen begangen wurden. Es werden als dl« ersten Verbrechen die Einrichtung von Konzentrationslagern durch Göring im Jahre 1933, die Zerschlagung der deutschen Gewerkschaften, der Kampf gegen die Kirchen und die Judenverfolgungen genannt Es wird festgestellt, daß von den 9,6 Millionen Juden, die ln den schließlich von den Nazis beherrschten Gebieten Europa « lebten, nach einer vorsichtigen Schätzung 5,7 Millionen verschwunden sind. Al« Beweis dafür, daß ein gemeinsamer Plan vorlag, wird festgestellt, daß eine einflußreiche Gruppe der Verschwörer am 23. Mai 1939 zusammentrat, um über dl« Durchführung des Planes zu beraten. Die an jener Beratung beteiligten Personen waren sich völlig darüber einig, daß ein Ueberfall auf Polen zum Kriege mit England und Frankreich führen müsse. Der Angriff auf Polen
wurde trotzdem beschlosseni gleichzel- I zelnen zutreffen.
tlg wurde auch «in Angriffsplan gegen England und Frankreich unter Besetzung von Fliegerbasen in Holland und Belgien aui- gearbeitet. Ferner wird als erwiesen« Tatsache betrachtet, daß die Angeklagten bereit« am 21. April 1938 beschlossen hätten, einen Angriff auf die Tschechoslowakei nicht später als am 1. Oktober zu beginnen, und daß geplant worden, sei, «inen „Zwischenfall" zu schaffen, der den Ueberfall rechtfertigen würde.
Ueber die Verbrechen gegen die Menschheit wird gesagt, daß diese Verletzungen internationaler Konventionen, einheimischer Staatsgqgetze, allgemeiner Grundsätze des Strafrechtes, wie sie sich aus den Strafgesetzbüchern aller zivilisierten Völker ableiten lassen, darstellen und als Teil eines systematischen Verhaltens zu werten seien. AI « zusätzliche Beispiele werden der Mord an Bundeskanzler Dollfuß , die Ermordung des Sozialdemokraten Dr. Breitscheidt und des Kommunisten Thälmann sowie die Ge- fangenhaltung von Niemöller und Schuschnigg erwähnt.
Der Anklageschrift sind drei Anhänge bei-/ gefügt Im ersten wird kurz di« Funktion jedes einzelnen Angeklagten In den Jahren 1932 bis 1945 geschildert und fe6tge- stellt, welche Anklagepunkte auf den ein-
Die Angeklagten
An der Spitze der Angeklagten figuriert Göring . Ihm wird vorgeworfen, er habe ln Verbindung mit Hitler seine Position-and seinen persönlichen Einfluß zur Konsolidierung der nationalsozialistischen Herrschaft über Deutschland eingesetzt. Er förderte die militärische und wirtschaftliche Vorbereitung des Krieges. Er beteiligte sich an der nationalsozialistischen Verschwörung zur Durchführung des Angriffskrieges. Er bevollmächtigte zur- Durchführung von Kriegsverbrechen, leitete solche Verbrechen oder beteiligte sich an ihnen, wie an den Verbrechen gegen die Menschheit überhaupt. Dar Zweite auf der Liste Ist Ribben- t r o p, der im besonderen die Kriegsvorbereitungen fördert«, sich an der Verletzung internationaler Verträge beteiligte und vor allem für die deutsche Außenpolitik während des Krieges verantwortlich ist. Ihm folgt Rudolf Heß . Es wird ihm, ähnlich wie Rlbbentrop, Förderung der Machtübernahme dei nationalsozialistischen Verschwörer, Förderung und Teilnahme an den Kriegsvorbereitungen, an der Verletzung Internationaler Verträge sowie Ermächtigung zu Krlegsverbrechen, Teilnahme an ihnen und deren Leitung zur Last gelegt. Der nächste Angeklagte Ernst Kaltenbnmner Ist speziell für den Polizeiterror und die Konsolidierung der nationalsozialistischen Herrschaft in Oesterreich verantwortlich.
Weiter folgen Alfred Rosenberg , der die psychologischen und politischen Kriegs- Vorbereitungen förderte, Hans Frank , früherer Generalgouvemeur von Polen , der besonders für die in diesem Gebiet begangenen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. Martin B o r m a n n, der Chef der Parteikanzlei, ist noch flüchtig. An nächster Stelle stehen Wilhelm F r 1 de , früherer Innenminister, Dr. Robert L e y , Leiter der Deutschen Arbeitsfront , besonders für die Verwendung von Sklavenarbeltern verantwortlich. Fritz Sauckel , Chef des Apparates für den Einsatz der Fremdarbeiteri als seine Komplizen figurieren Albert Speer und zum Teil auch Funk. Hinter diesem kommen Hjalmar S ch a ch t, Franz v. P a- p e n, Alfred Krupp von Bohlen, Baldur v. Schirach , Seyß-Inquart, Juliu« Streicher — der letztere besonders für die Judenverfolgungen verantwortlich — ferner Generalfeldmarschall Keitel , der dl« Kriegspläne der nationalsozialistischen Verschwörer als Chef des Oberkommando« verwirklichte und die Mißhandlung von Kriegsgefangenen und Zivilisten ln den besetzten Gebieten zuließ, Generaloberst Alfred Jo dl, Großadmiral Ra «der und Großadmiral D ö n 11 z, dl« beiden letzteren vor allem für die Verletzung des Kriegsrechts durch Unterseeboote verantwortlich, und der Radiokommeotator Hans Fritsch «.
Im 2 Anhang wird beantragt, daß die folgenden Organisationen als verbrecherisch erklärt werden: die Reichsregierung, das Korps der politischen Leiter der NSDAP , die SS, der 5D (Sicherheitsdienst), die Gestapo , die SA , der Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht. Dies geschieht im Einklang mit der am 8. August 1945 veröffentlichten Satzung für das Internationale Militärtribunal. Wenn dieses eine Organisation als verbrecherisch anerkennt, können einzelne Staaten gewisse Mitglieder der betreffenden Organisation vor Gericht stellen, und die verbrecherische Natur der Organisation, der er angehörte, kann vom Angeklagten nicht bestritten werden. Es ist darauf hinzuweisen, daß die NSDAP selbst nicht unter die genannten Gruppen fällt
Der 3. Anhang enthält 26 Verträge, Abkommen und Zusicherungen, die die Angeklagten gebrochen haben. Es 'handelt sich um internationale Instrumente aller Art, von der Haager Konvention aus dem Jahre 1899 über den Vertrag von Locarno Me zur deutschen Zusicherung vom 6. Oktober 1939 bezüglich der Respektierung der Neutralität Jugoslawien ».
Die Verteidigung hat einen Monat Zeit um sich für den Prozeß vorzubereiten, der wahrscheinlich noch an November in Nürnberg beginnen wird. Zwar sind Hitler , Goebbels und Himmler nicht mehr auf der Liste der Kriegsverbrecher- da ihr Tod als sicher angenommen wird, doch wird der Prozeß auch die Beweise ihrer Schuld erbringen.
ErsteSitznng der Nürnberger Richter
Berlin . (Exchange) Im Gerichtsgebäude von Berlin-Moabit hielt der Internationale Gerichtshof zur Aburteilung der 24 Haupt
kriegsverbrecher am Donnerstag seine erste Sitzung ab. Die Tagung war sehr kurz und diente rein formellen Zwecken. Der sowjetrussische Richter General Nfkitschenko führte den Vorsitz über die Richterbank, auf der die Vertreter Frankreichs , Großbritanniens und der Vereinigten Staaten Platz genommen hatten. Den Anlaß für die Sitzung bildete die Ueberreichung der Anklageschrift an die Richteihank.
Der Gerichtssaal war überfüllt, als die Verhandlungen begannen. Unter dem Publikum gab es auch eine Anzahl deutscher Zivilpersonen, yor der formellen Ueberreichung der verschiedensprachigen Text« der Anklageschrift legten die Richter den folgenden Amtseid ab:
„Ich erkläre, feierlich, daß ich all« meine Vollmachten und Pflichten als Mitglied des Internationalen Militärtribunals ehrenhaft, unparteiisch und gewissenhaft ausüben werde."
General Nlkltschenko teilte mit, daß über di« in Nürnberg angebrachten Lautsprecheranlagen nicht nur alle im Gerichtsaal anwesenden Personen, sondern auch das Publikum außerhalb de« Gebäudes über die Verhandlungen Informiert würden. Es sei vorgesehen, einen großen Teil der Gerichtsverhandlungen über das Radio zu übertragen. Der Prozeß werde nicht später als dreißig Tage nach der am Donnerstag erfolgten Unterbreitung der Anklageschrift an die Angeklagten beginnen.
Im Laufe des Donnerstagnachmittag« sind die Mitglieder de* Gerichtshofes zu einem kurzen Besuch nach Nürnberg abgereist, um sich hierauf wieder in ihre Zentralbüros rurückxubegeben und die Vorarbeiten für die Prozeßverhandlungen fortzusetzen.
Zar Frage der Kollektivschuld
London , ag (Reuter) Die Anklageschrift gegen die Hauptkriegsverbrecher betrifft alle Angehörigen der SS, der Waffen-SS , des Sicherheitsdienstes und der Gestapo . Ausgenommen sind Organisationen, zu denen der Beitritt obligatorisch war, wie die „Arbeitsfront " und die „Hitlerjugend " Zweifel bestehen über die SA , de SA-Abtei- lungen während des Krieges für Pollzelauf- gaben und für die Bewachung von Lager verwendet wurden. Wenn man aber alle SA -Männer ln den Anklagezustand erheben würde, müßte ein viel größerer Prozentsatz der deutschen Bevölkerung sich zu verantworten haben, als die Alliierten beabsichtigen.
fh. .-Das französische Volk hat einen der entscheidendsten Tage «einer Geschichte hinter sich. Am Sonntag fanden in Frankreich eine Volksabstimmung \urvd gleichzeitig Wahlen statt, von denen «* zukünftige Gestaltung der französischen Verfassung bestimmt werden wird. Die bi* 1940 in Kraft gewesene französische Verfassung stammte aus dem Jahre 1875. Die innenpolitischen Erörterungen der letzten Monate gingen in Frankreich um die Frage, ob diese alte Verfassung fortbestehen, irgendwie reformiert oder durch etwes vollkommen Neues ersetzt werden solle. Da« Ergebnis dieser Erörterungen war der Beschhiß, da« französische Volk durch eine Volksbefragung selbst zur Entscheidung darüber aufzurufen, wae geschehen soll. Zu diesem Zweck wurden zur Volksabstimmung, che am Sonntag stattfand, den Wählern zwei Fragen vorgelegt: 1. Will das französische Volk, daß die zu wählende Nationalversammlung mit der Verfaesungsneubildung betraut wird? 2. Bei bejahender Antwort zur ersten Frage soll die Regierung bl* zum Inkrafttreten der neuen Verfassung gemäß dem vorliegenden Gesetzesentwurf neu zusammengesetzt werden? Der Gesetzentwurf sieht die sofortige Wahl des Staatsoberhauptes vor sowie di« Abgrenzung der Befugnisse der Verfassungsgebenden Versammlung. In Verbindung mit der Entscheidung über die erste Frag« sollte schließlich im gleichen Wahlgang unter Anwendung de« Verhältniswahlrechts die Mitglieder der neuen Versammlung gewählt werden. Die Entscheidung über die beiden gestellten Fragen bedeutet gleichzeitig die Entscheidung darüber, ob die provisorische Regierung des Generals de Gaulle die Zustimmung de« französischen Volkes hat oder nicht. Das war der Sinn der Wahlen, die gestern in Frankreich etattgefunden haben.
Nachdem zur Anwendung gekommenen Verhältniswahlrecht hatten die Parteien Vorschlagslisten der Kandidaten einzureichen und die Wähler hatten sich für eine dieser Listen zu entscheiden. Ehe Kandidaten , werden also nicht unmittelbar persönlich, sondern durch die Liste gewählt Die Verteilung der Mandate erfolgt im Verhält
nis zur Zahl der Stimmen, die Wr jede Liste abgegeben werden. Es handelt »ich um ein ähnliches Wahlverfahren, wie es ln Deutschland bis 1933 bei den Reichstagswahlen und auch bei den Wahlen zu den Landtagen angewendet wurde. Das gleiche Wahlverfahren i*t auch ln der Schweiz gültig.
Das Ergebnis des Volksentscheids
Paris . (Exchange) Nach den um 1.30 Uhr nachte veröffentlichten amtlichen Stim- menziffem wurde Frage 1 des Volksentscheid mit 9 663 356 Jastimmen und 470 920 Neinstimmen beantwortet. Auf die Frage 2 wurden 9 400 000 Je und 4 700 000 Neinstimmen abgegeben.
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Die neue verfassunggebende Versammlung wird 586 Mitglieder, einschließlich der Abgeordneten Algeriens , da* al* französische Heimatprovinz gilt, haben. Di* Frauen sind wahlberechtigt, ebenso die Soldaten, und der Verlauf de« Wahltages zeigte eine außerordentlich starke Wahlbeteiligung dieser beiden neuen Wählergruppen
Das französische Innenministerium schätzte nach Abschluß der Wahlhandlungen die Wahlbeteiligung auf rund 85 Prozent, die stärkste je in Frankreich erreichte Wahlbeteiligung.
Von den Ministem der de Gaulle -Regierung «ind Kriegsminister Diethelm, Innenminister Adrien Tixier , Flottenminister Jac- quinot J^ereiU gewählt Der frühere Finanzminister Vincent Auriol , der ein führende* Mitglied der Sozialisten ist, wurde ebenfalls gewählt sowie Finanzminister Renä Pleven.
Das vorläufige Wahlergebnis
Pari*. AFP Nach den bi* jetzt vorliegenden Ergebnissen erhalten die Kommunisten 142 Sitze, die Christlich Demokratische Partei (Katholiken) 140, die Sozialisten 133, die Radikalsozialisten 19. Von bekannten Politikern wurde Daladier nicht wieder gewählt Auch verschiedene andere markante politische Persönlichkeiten werden der neuen Nationalversammlung nicht mehr angehören.
Politische
Notwendigkeiten
Heute vor acht Tagen wurden an dieser Stell* „wirtschaftliche Notwendigkeiten' ausführlich erörtert die sich aus der Lage unseres Zonengebietes zwangsläufig ergeben. Die Gedanken sollen weitergesponnen und di^ Folgerungen auf politischem G - biete gezogen werden.
Die Prüfung unserer Wirtschaftslage führte zu dem Ergebnis, daß der wirtschaftliche Verkehr aus unserer Zone hinaus und in unsere Zone hinein mit den anderen Zonen nur unter beträchtlichen Schwierigkeiten und Hemmungen möglich ist Es be-' deutet das, daß wir uns in unserer Zone so gut wie möglich einrichten und behelfen müssen. Wir mußten aber weiter feststellen, daß unsere Zone nur über ein bescheidenes industrielles Potenzial verfügt, daß sie vor allem nur in geringem Maße Rohstoffe enthält. Eine Autarkie dieser Zone ist daher praktisch undenkbar. Wenn uns der Verkehr in die nördlichen Zpnen — also die Zufuhr von Rohstoffen und die Abnähme unserer Fertigprodukte — nicht möglich ist, so ergibt sich hieraus der Schluß, daß wir alles versuchen müssen, einen solchen Verkehr nach Westen, nach Frankreich , aufgeschlossen zu erhalten.
In dem Umfange, wie es nun erforderlich werden wird, diese süddeutsche, französisch besetzte Zone als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten und für sie eine Planung in die Wege zu leiten, in diesem Umfange macht es sich dann auch naturgemäß erforderlich, das gesamte Gebiet der Zone zwischen Lindau , Freiburg und Rastatt einer einheitlichen wirtschaftlichen und damit auch politischen Verwaltung zu unterwerfen.
Diese sich zwingend ergebenden Folgerungen weiter auszubauen, dürfen wir uns auch als ermutigt 'betrachten durch Anregungen, die nicht nur aus wirtschaftlichen Kreisen -des Landes kommen.
Es soll hiermit versucht werden, diese Folgerungen zu’ ziehen.
Es springt zunächst in die Augen, daß eine wirtschaftliche Planung nicht vom Bürgermeister, nicht vom Landratsamt und auch nicht aus einem Landeskommissariatsbezirk allein heraus erfolgreich gemacht werden kann, ebenso wie man kaum den einzelnen französischen Militärgouverneur damit belasten kann. Es muß schon eine größere Zusammenfassung auf breiterer Grundlage erfolgen. Es liegt nahe, daß die französische Besatzungsmacht es nicht als Ihre Aufgabe betrachten kann, für uns zu denken und für uns zu handeln. Diese Last müssen wir ihr freiwillig abnehmen. Das kann aber nur geschehen durch eine einheitliche Zusammenfassung der drei fn die süddeutsche Zone fallenden Landesteile, ein« Zusammenfassung, die heute noch fehlt.
Für un* ln Baden besteht eine Landesregierung. Nach den bisherigen Erfahrungen erscheint es aber auf die Dauer nicht als durchführbar, ein Land einheitlich zu regieren, wenn dieses Land ln zwei Zonen liegt und durch die Zonengrenze durchschnitten wird. Eine Landesregierung, die, sowohl unter französischer wie unter amerikanischer Besatzungsmacht, handeln und verwalten soll, müßte sich schon buchstäblich in zwei Telle teilen, und in zwei Richtungen denken können. Sie kann kaum zu einheitlichen für beide Zonenteile richtigen Maßnahmen kommen.
Für den Teil Badens, der in der französischen Zone geblieben ist, dürft# auch der Wirkungsbereich für eine Landesregierung kaum noch groß genug sein. Die gleichen Gedankengänge gelten verstärkt für den schwäbischen Teil unter französischer Besetzung und ebenso ntürlich für den kleinen bayrischen Teil um Lindau .
Es ist an uns, anzuregen, daß eine Verwaltungseinheit für alle drei Landesteile geschaffen wird und der Besatzungsmacht Vorschläge zu unterbreiten, die sie bereit sein kann, gut ru heißen. Der Aufgaben, die zentral für das Zonengebiet von Lindau bis zum Rhein zu lösen sind, gibt es mehr als genug. An der Spitze steht die Notwendigkeit des wirtschaftlichen Wiederaufbaues ‘und Hand in Hand mit Ihr die Beschaffung der Lebensmittel und Rohstoffe. Hierbei muß durch die höhere ordnende Hand der Kleinstpartikularismu* und Egoismus der Kreise und Bezirke zu Gunsten des Ganzen beseitigt werden.
Dm Flüchtlingsproblem, die Evakuierungsfrage, das Gesetzgebungswerk für ein neues demokratisches Recht, die Säuberung des öffentlichen Lebens nach einheitlichen nnd gerechten Grundsätzen, die unter Mitwirkung berufener Vertreter der Bevölkerung nach gleichen Bestimmungen für das gesamte Gebiet durchzuführen ist, alles das sind zentral zu lösende Aufgaben für dieses größere Landesgebiet.
In der Schaffung eines solchen badischschwäbischen Oberlandes und einer dementsprechenden Landesregierung sehen wir einen wichtigen Schritt vorwärts in der Richtung der notwendigen demokratischen Selbstverwaltung und Selbstverantwortung. Wenn wir auch wissen, daß die Zeit wohl noch nicht dafür reif sein kann, in einem solchen größeren Gebiete öffentliche Wahlen durchzuführen und damit die Ansicht der BevöN