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freitag, 21. März 1947
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Nr. 23 / Seite 8
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Chronik
Sprichroörtcr oom Tage
Wer die Kalorie nidit ehrt, ist des Schnitzels nidit wert.
Der Spatz in der Hand ist besser als die Fleischmarke vor dem Aufruf.
Wer in der ersten Woche praßt, muß in der vierten darben.
Man soll die Marken nicht vor der Belieferung loben.
Frisch rationiert, ist halb gehungert.
Wo was „ohne", sammeln sich die Schlangen.
-Zuteile mit Weile!
Raum ist in der kleinsten Hütte für noch zwei Familien.
Gut Ding (und ein Antrag auf ein gut Ding beim Wirtsdiaftsamt) will Weile haben.
Wer im Glashaus sitzt, braucht die Genehmigung des Wohnungsamtes dazu.
Der Horcher an der Wand hört Rundfunk ohne Apparat.
Unrecht Gut gedeiht auf dem Schwarzen Markt.
Wer anderen eine Grube gräbt, verlangt Schwerarbeiterzülage.
Wer zu tauschen hat im Haus, wirft die Sorge bald hinaus.
Bezugschein vergeht, Bedürfnis besteht.
Geldüberhang ist aller Laster Anfang.
Mit Zigaretten in der Hand kommt man durch das ganze Land.
Rudolf Winkler
Frühlingsanfang
Am 21. März überschreitet die Sonne in Ihrer ansteigenden Bahn den Aequator und leitet auf der nördlichen Erdhalb
kugel den astronomischen bzw. kalendarischen Frühling ein. Am 21. 3. sind Tag und Nacht gleich lang (Aequinoktium), bis zum 21. 6. (Sommersonnenwende) verkürzen sich die Nächte immer weiter, Ende Mai beginnt die „ewige Dämmerung“, d- h., es wird nachts nicht mehr vollkommen dunkel. Klimatisch bedeutet der Frühlingsanfang eine weitere starke Zunahme der Sonnenwärmkraft und Strahlungsdauer, so daß die Temperaturen, kleinere, harmlosere Schwankungen abgesehen, nunmehr kräftiger ansteigen. Die winterliche Kaltluft zieht sich allmählich zum Polargebiet zurück. — Auf der südlichen Erdhalbkugel, in Südafrika , Südamerika, Australien beginnt am 21. März der Herbst und das Winterhalbjahr.
Forschungen sind anzumelden a. Sämtliche Personen, Institutionen, Körperschaften und Institute, die Forschungen wissenschaftlicher oder technischer Art durchführen oder diese fortzusetzen wünschen, werden eindringlichst auf das Rundschreiben des Administrateur General vom 20. Januar 1947 bezüglich der Kontrolle der wissenschaftlichen Forschung hingewiesen. Dieses Rundschreiben wurde im Journal Officiell Nr. 54 vom Donnerstag, den 13. Februar 1947, im Ausführung des Kontrollratsgesetzes Nr. 25 vom 29. April 1946, (erschienen im Journal Officiell Nr. 23 vom 11. Mai 1946) sowie auf Grund der Verfügung Nr. 28 des Oberbefehlshabers vom 18. November 1946 (erschienen im Journal Officiell Nr. 47 vom 4. Dezember 1946) veröffentlicht. Die in Frage kommenden Personen, Institutionen, Körperschaften und Institute werden aufgefordert, unverzüglich den Inhalt des Rundschreibens entweder auf dem Bürgermeisteramt ihrer Gemeinde oder am Sitz der örtlichen Militärregierung zur Kenntnis zu nehmen, sofern dies nicht bereits geschehen ist.
Ein Wahrzeichen öee Oberfees
Alte und neue Erinnerungen
Im Zuge der mittelalterlichen Stadtbefestigung Lindaus wurde auf der .hinteren Insel“ der Grüne Turm gebaut, der 300 Jahre seinem wehrhaften Zweck diente, namentlich während der Belagerung durch die Schweden im 30jährigen Krieg. Zum Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Turm in ein Pulvermagazin umgewandelt. Als 1796 Lindau von den Franzosen besetzt war, beabsichtigten die Kaiserlichen von Bregenz und Langenargen aus den Pulverturm in die Luft zu sprengen: ihr Vorhaben scheiterte jedoch an einem Verrat. Am 7. Mai 1800 lag eine französische l Flotte im Hafen zur Abwehr gegen die Oesterreicher , die unter dem englischen Obersten Williams mit einer Kriegsflotte fen Bodensee kreuzten und unter anderem Konstanz vergeblich belagerten. Die Schiffe des „Admirals“ fielen defi Franzosen bei der Einnahme von Bregenz in die Hände : und wurden bald darauf in Lindau vor : dem Pulverturm versteigert.
Das massige Bauwerk am Westende der ; heutigen Inselstadt, das mit seiner landschaftlich hervorragenden Lage längst zu ; einem Wahrzeichen Lindaus und des Obersees geworden war, diente nach den na- poleonischen Kriegen nur noch als Magazin für die Bürgerwehr. Aus jener Zeit : «zählt man folgende Episode: Bei den ■ Hebungen der Bürgerwehr -Artillerie war aufgefallen, daß die Kanonenschüsse immer schwächer detonierten. Man ging der Sache nach und stellte fest, daß die Her- . z® Kanoniere zu wenig Pulver in die Kartuschen taten und die so erzielten Spargroschen einer Kasse zuwendeten, *is der alljährlich im Herbst ein gemein- ' cfctoaftlidier Ausflug in die Schweiz be-
an den Lindauer Pulverturm
stritten wurde. Später wurden im Pulverturm Feuerwerkskörper gelagert, bis zuletzt das altersgraue Bollwerk, dessen Schießscharten vermauert waren, ganz in I Vergessenheit geriet. Im Jahre 1897 wurde das Innere des Turmes umgebaut und zur Sommerwohnung für den Bürgermeister Dr. Schützinger und seine kinderreiche Familie hergerichtet. Im oberen Stockwerk entstand ein Repräsentationsxaum für besondere gastliche Gelegenheiten der Stadt Lindau . Besuche hochgestellter Persönlichkeiten, offizielle Empfänge, Kongresse und ähnliche Veranstaltungen lieferten zahlreiche Anlässe, die das Fremdenbuch des Pulverturms mit Tausenden von Namen, künstlerischen Widmungen, Gedichten und Zeichnungen festgehalten hat. Immer wieder rühmen die Besucher neben der originellen Gestalt dieser Repräsentationsstätte den herrlichen Ausblick durch die Turmfenster auf den Bodensee — den Blick, der den See fast in seiner ganzen Ausdehnung umfaßt, dazu die unvergleichliche Aussicht auf das gegenüberliegende Schweizer Ufer mit der Einmündung des Rheins und dem Pana- rama eds- und schneebedeckter Berge.
Eine interessante Begegnung zwischen dem Grafen Zeppelin und dem großen Mimen und Münchner Generalintendanten von Possart im Jahre 1911 hat uns Dr. Schützinger überliefert: Der Graf sprach von seinen Konstanzer Jugenderinnerungen in der ihm eigenen Art des liebenswürdigen, zurückhaltenden Plauderers. Mit umso lebhafterem, temperamentvollem Gegensatz trat hierzu Possart in Erscheinung, der ein heiteres Konstanzer Bühnenerlebnis zum besten gab. Das Münch-
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Vom Leben öer Urroeltechfen
Vor etwa 200 Millionen Jahren belebten rie- snhafte Eidechsen das Land, beherrschten die Gewässer und eroberten dien Luftraum. Seit et- ** 120 Jatormlliiionen sind diese Echsen ausge- ■torben, aber ihre versteinerten Skelette findet man in uralten Erdschichten. Der sogenannte "Plesiosauxus” trat während der Urzeit in Stoßen Mengen in allen Meeren der Welt auf.
An besitzt Flossen mit seitwärts gerichte- Oberarm, an dem sich der abwärtsgerfchfrete Unterarm arisch ließt, dessen Knochengerüst durch «hl reiche Glieder unterteilt ist, so daß die äu- «iäch flossenfonmgen Unterarme der Länge nach bogenförmig gekrümmt werden können.
Die Uebenbleibsel des Sauriers mit dieser Flos- •enfonm liegen in den Schichten der Tiiasforma- in den verschiedensten Stellungen begraben, tüt den Prähistoriiker ist es also keine leichte Aufgabe, die vorteilhafteste Steilung und die Schwimnrbewegung dieser flossenartigen Eidech- J^besne anzugeben. Demzufolge stellte man bis- “*r in den Museen die Lage der Flossen in beäug «Jf den Körper des Tieres nach Gutdünken dar. Kjoaheit über die vorteilhafteste Stellung der Russen kann aber durch Experimente mit künst- *h nachgeahmten Sauriern geschaffen werden.
Der. Leser vorn Bodensee wind es nun in- ^easieren zu erfahren, daß seit Jahren am Daberlinger See naturgroße Nachbildungen •chwimnnender und fliegender Riesenechsen her- fcoteJJt und ihre Schwimm- und F.ugfabigkeiten •tuddert werden. Einer unserer ältesten Flug- •ougkomstrukteure und Flieger, Ingenieur Fried - •feh Budig, dem wir die vorliegenden Angaben '«danken, ist der Begründer dieser neuen Wis- ■toschaft. Ingenieur Budig hat an Tragflügeln ?on Flugzeugen einen bis dahin unbekannten ®fekt entdeckt und erklärt, daß dieser Effekt Von den Flugechsen der Urwelt und zum Tefl 'Cai den heute lebenden Vögeln beim Fliegen ■k Erfolg ausgenützt wird. Auch für den Ple- koeaurus konnte er daraufhin die nichtige Steä- kheg yer Flossenbeine ermitteln. Die Nachbil- «*«g des ganzen Tieres wurde zunächst nur auf für das Schwimmen an der Wasseroberfläche '•osentKchen Bestandteile beschränkt der schnit- kge Körper des Plesiosaiurus wurde durch ein •thnattiges Boot ersetzt, an dem links und rechts wie die Beine am Körper einer Eidechse — {* rin Flossenbein gelenkig angebracht wurde. De Muskeilkraft zum Bewegen der Beine des auf wese Weise nachgebdlrteten Sauriers wurde
durch menschliche Muskelkraft ersetzt, d. h. der Mensch sitzt im Körper des Sauriers.
In dieser Form wurde die Nachbildung des j Tieres zahlreichen Versuchen unterworfen, auch I in Paris , dort durch staatliche Beihilfen in staatlichen Instituten. Die Voraussagen Budigs über die Zweckmäßigkeit des Saurier-Prinzips haben sich bestätigt. Messungen in Paris im Jahre 1936 ergaben den sehr hohen effektiven Wirkungsgrad i von 75 Prozent. Inzwischen ist der Wirkungsgrad der Flossenbeine noch werter erhöht worden.
Die Versuchsboote Budigs, die gelegentlich auf dem See beobachtet wenden können, zeigen die einfache Bewegungsform der Flossen mt ganz außerordentliche Leistungen. Die Saurier-Flossen der Versuchsboote werden vom Fahrer mittels Hand- und Fußhebel in einfache Auf- imd Abbewegung versetzt. Sofort kommt das Boot auf Fahrt, mühelos erreicht man eine Stiundenge- schwindigkeit von 8 bas 9 km und kann die. Strecke Ueberfingen — Konstanz — Uebeihmgen ! (32 km) zwei bis zweieinhalb mal am Tage ohne j große Anstrengung zurücklegen. Seegang bildet kein Hindernis wie beim Ruder. Hohe Weilen , können längsseits befahren werden, weil die seitlich ausladenden Flossen die Stabilität des | Bootes erhöhen. Anstatt mühevoll zu rudern, i schwimmt man mit dem Boot, den weichen Flos- i semschlag mit Genuß im Körper spürend, wie die Meeresbewohner der Urzeit.
Die Versuche Budigs haben nach diesen Ergebnissen nicht nur wissenschaftliche Bedeutung. Die Nachfrage nach Wanderfahrzeugeu not dem - neuen Flossenantrieb ist groß. Bei Verwendung größerer Boote körmen größere Flossen angeord- | net und diese können durch alle oder nur von ' einem Teil der Insassen betätigt werden. Es sind ' bereits Vorbereitungen im Gange die Saiurier- I Boote in großen Serien zu bauen rmd zu exportieren, so daß in naher Zeit die Gewässer der Ende ihre ehemaligen Beherrscher in neuem Gewand wiederkehren sehen.
Der längCte Winter feit I$i68
• Er wird schnell vergessen sein, der rauhe, bärbeißige Winter 1946/47. Aber ehe wir ihn aus ' unserem Gedächtnis barmen, soll er noch als der längste, kälteste Winter seit 1868 festgenagelt I werden. Bereits Ende Oktober 1946 sank das I Quecksilber für diese Jahreszeit verhältnismäßig ] stark unter den Nullpunkt. Nach meteorologischen Aufzeichnungen begann die Kälte-Periode ' etwa um die Dezember-Mitte und hielt bis zum
Tübingen im Mär.
ner Hoftheater gastierte in den 60er Jahren mit einer „Faust“-Vorstellung, bei der der dicke Hofschauspieler Lang, damals der berühmteste Komiker, in der Rolle des Schülers sich mit einem viel zu engen Kostüm abfinden mußte. Er trug den Wams verkehrt, die Rückseite vom und den eigentlichen Vorderteil hinten, wo man ihn offen ließ bzw. mit Schnüren festband. Lang mußte vermeiden, sich dem Publikum von hinten zu zeigen, um die falsche Blöße zu verbergen. Im Eifer des Dialogs mit Mephisto, den Possart spielte, vergaß sich der Komiker, und das Publikum erblickte die mangelhafte Bekleidung. Es brach ein Sturm der Heiterkeit und des Beifalls aus. Aber niemand war auf den Gedanken gekommen, daß der in allen Sätteln gerechte Komiker sich soeben einen Fehltritt geleistet hatte. Es war, als hätte Goethe die Wirkung dieser Szene so und nicht anders gewollt, nämlich bei den Worten des Schülers: ,Mir wird von alledem so dumm, als ging mir ein Mühlrad im Kopf herum“. Possart erzählte zur allgemeinen Erheiterung noch, wie anderntags der Direktor ohne Abrechnung mit der Kasse verschwunden war, wie außerdem ein Teil der ohne Erlaubnis vom Münchner Hoftheater mitgebrachten Garderobe fehlte und wie schließlich die Künstler in Verlegenheit gerieten, weil sie kein Geld für die Rückreise besaßen. Am Ende dieser witzig geistreich vorgetragenen Schilderung sprang Possart impulsiv auf, trat, von der Pracht der untergehenden Sonne hingerissen, ans Fenster Lind sprach mit meisterhaftem Vortrag den Monolog aus Byrons „Manfred“: „Du herrliches Gestirn! Du Gott des Einst, der starken Menschenrasse!“ E. L.
Die Baar als Herz der Saatzucht Donaues chingen. Auf einer Tagung der Landwirtschaftsschule wurde bekanntgegeben, daß der Landkreis seit einem Jahr mit Erfolg bemüht ist, anerkannte Saatzuchtunternehmen im Baa- remer Klima heimisch zu machen. In größeren Pacht- und Eigenbetrieben der Städte Donaueschingen und Hüfingen werden die künftigen Baaremer Saatkar- toffeln gezüchtet. Nach Pfohren kommt eine Reinigungsanlage für Grassamen, der Wartenberg wird Versuchanlage für das Baaremer Wirtschaftsobst, in Allmends- hofen hat sich eine meteorologische Station für Klimauntersuchungen niedergelassen. Damit sei die Baar auf dem besten Wege, das Herz der Saatzucht für Kartoffeln und Grassamenanbau in Süddeutschland zu werden.
„Verein der Opfer des Nationalsozialismus“ Baden-Baden . Am 13. März fand in Baden-Baden die Gründungsversammlung des „Vereins der Opfer des National- sozialimus“ statt. Die Anregung zur Gründung des Vereins ging vom Badischen Innenministerium aus, das offensichtlich die bisher bestehenden Betreungsstellen für unzureichend hält, um die Rechte der Opfer des Nationalsozialismus wirksam in der Oefferitlichkeit zu vertreten. Zum provisorischen 1. Vorsitzenden wurde der vom Leiter des Sozialamtes vorgeschlagene Redakteur Winter gewählt, der den Vorsitz der Versammlung übernahm.
Vom pfälzischen Weinbau Neustadt /Haardt. Während im Vorjahr trotz Arbeitermangel der Rebenschnitt in den Weinbergen Mitte März beendet war, bereitet er diesmal der Winzerschaft große Sorge. Nur vereinzelt sieht man Männer zwischen den Weinbergparzellen beim Rebenschnitt. Nässe und Wasserlachen erschweren die Arbeit. Auch die Beschaffung der Wingertsweiden bereitet diese Jahr große Schwierigkeiten.
5. März au. Die lange Kette kalter und kältester Tage wunde nur jeweils von ganz kurzen Zeitabschnitten mit milderer Luftströmung unterbrochen, wobei die für den Laien erstaunliche Tatsache festausteläen ist, daß die zeitweilige Milderung des Frostes,auf den Höhen bedeutend nachhaltiger war als in den tiefen Lagen der Ebene.
Der jetzt ziu Ende gegangene Winter hatte zwar an Kältegraden gemessen mehrfach gledch- genrtete Vorfahren, so etwa 1890/91, 1894195, 1928/29, 1941/42, aiber an Ausdauer ist ihm bisher keiner giedchgekommeu Noch in den ersten Tagen des März, der sich ansonsten Fiühilings- monat zu nennen pflegt, wunden Tiefentempera- tunen gemessen, wie sie ebenfalls seit dem Jahre 1868 noch nicht zu verzeichnen waren.
Es ist nur aülzuverstämdüch, daß man nach den Ursachen forscht, die uns diesen frostkliirrenden und dabei schneearmen Winter besehenen. Der Meteorologe erklärt das damit, daß sich schon sehr frühzeitig die Ostlagen, verursacht durch das Rußlamdhoch, durchgesetzt und soweit auf das Festland übergegriffen haben, daß die atlantischen Warmluftmassen den Weg versperrt sahen. Das Hoch ans dem Norden und Osten war so stark geworden, daß es sich so lange Zeit, unbeeinflußt von Tiefdrudcstönungen halten konnte.
Der Mensch ist von Natur aus geneigt, einen Blidc in die Zukunft zu versuchen. So möchte er natürlich auch etwas über die Aussichten des kommenden Frühjahrs und Sommers erfahren. Hundertjähriger Kalender, Lostage , Wetterregeln und eia bißchen Aberglaube werden zusammen- gemixt und aus der so erhaltenen Mischung glauben viele, das Wetter Vorhersagen zu können. Aber so einfach ist die Sache nun doch nicht. Die Natur läßt sich nicht kommandieren und hleibt den Wunschträumen der Menschen gegenüber gefühllos. Sie geht ihre eigenen, unergründlichen Wege. Auch die allgemein verbreitete Meinung, daß auf einen kalten Winter unbedingt ein heißer Sommer folgen müsse, ist und bleibt daher nur eine Ansicht, der jede wissenschaftliche Grundlage fehlt. Nur eines ist dem Meteorologen möglich: Er kann auf Grund des Witterungsverlaufs zurückliegender Jahre, die ungefähr des gleiche Bild zwischen Winter und Sommer zeigen, gewisse Schlüsse ziehen. Aus den Erfahrungen von 15 Jahren mit etwa den gleichen Käteerschemungen wie im vergangenen Winter kann demzufolge geschlossen werden, daß nach einem unemheittichen März und April ein schöner Mai folgen wird. Der Juni sollte, immer an Hand der Erfahrungen, warm werden, che
' Seit dem Wiederbeginn der Vorlesungen steht Tübingen für den kurzen Rest des laufenden Wintersemesters unter verstärktem Andrang auf Studien-, Wohn- und Gaststätten. Das Mißverhältnis von Mensch und Mitteln führt zu unliebsamen Erscheinungen. Diebstähle durch Studenten in der Universität und ihren Instituten mehren sich. Bücher und Instrumente, Aktentaschen und Mäntel sind unter den Kommilitonen nicht mehr sicher. Eine ebenso gemeine wie dumme Selbsthilfe. Der Mangel wird für alle noch größer und die Verwaltung ist zu bürokratischen Repressalien gezwungen. Die Universitäts - Bibliothek hat nun viele ihrer bisher frei zugänglichen Lesesaalbücher unter Verschluß genommen. Die wachsende Raumnot hat den Gemeinderat veranlaßt, höheren Orts zu beantragen, die Stadt zum „Brennpunkt des Wohnungsbedarfs" zu erklären, um weiteren Zuzug zu verhindern.
Auch das Emährungsproblem kann nur mit Hilfe besonderer Zuteilungen gelöst werden. Sie sind durch die Ueberfüllung Tübingens gerechtfertigt. Es wird geklagt, nun gebe es auch in den Vororten Lustenau und Derendingen kein „anständiges” Essen mehr, weil alles voll Studenten sitze. Auch die Volksküche muß ihren Teilhabern kündigen und überprüft von neuem die Bedürftigkeit. Die Kultur- und Bildungsstätten suchen der neuen sozialen Struktur gerecht zu werden. Das Schauspielhaus gewährt den Gewerkschaftsmitgliedern nunmehr im Parkett Einheitspreise von 2 RM. Am 14. März wurde die Volkshochschule gegründet. An Lehrkräften wie an Wißbegierigen kann es hier nicht fehlen. Im allgemeinen verspürt das Volk jedoch bei allem überreichen Angebot an Geist und Kultur Mangel an — leichter Muse. „Don Carlos” mit Theodor Loos in Ehren, und nichts gegen Tho-
Konstanz. Die älteste Einwohnerin von Konstanz . Fräulein Antoinette Eggler, feierte dieser Tage ihre* 98. Geburtstag. — Durch die Komstan- zer Bevölkerung wurden im vergangenen JahT 26 100 Ster Brennholz für den eigenen Bedarf gefällt. — Die Schubert -Woche, die die Stadt Konstanz aus Anlaß des 150 Geburtstages von FranzSchubert veranstaltet wind niummebr vom 22 bis 29 Juni stattfinden — Im Februar 1947 wurden ln Konstanz 38 605 Normalverbraucher und 430 Vollselbstversorger, zusammen 39035 Versorgung®, berechtigte Personen gezählt — Der Feuerbestat- tungsvereim Konstanz wunde neu gegründet
Uebeiilngen. Durch vorbereitende Sprengungen der unterirdischen Lagerräume beim Westbahn- hof, die zum Teil ohne vorherige Benachrichtigung der Anwohner erfolgten, sind beträchtliche Schäden an Dächern und Fenstern entstanden — In der Kreisversammlung wurde erwähnt daß sich z Zt. immer noch 2000 Evakuierte sowie 2000 infolge der Kriegsereignisse zugezogene Personen im Kreisgebiet aufhalten Dadurch wind die Unterbringung der zu erwartenden 7000 Ostflüchtlingen erschwert
Lindau . Die Kriminalpolizei hat eine Einbre- cherbande verhaftet, die in der letzten Zeit eine Reihe von Keülerednbrikheo verübt hat. — Das Militärgericht verurteilte einen 52 jährigen Angeklagten, ehemaligen Außenfoeamten des Beschaffungsamts im Landratsamt Lindau , zu vier Monaten Gefängnis (drei mit Bewährungsfrist) und 300 RM Geldstrafe, weil er unter Benutzung seiner Amtseigenschaft bei einer Requisdtionsvor- prüfung eine Geschäftanhaberin veranlaßt harte, aus ihrem privaten Lebensmittellager für seinen privaten Bedarf abzugeben. Zwei Mitangeklagte erhielten ebenfalls Gefängnis und Geldstrafen mit Bewährungsfrist.
Immendingen . Die Leiche des kürzlich in der Donau ertrunkenen Mannes konnte geborgen werden — Bei einem hiesigen Friseur wurde edn- gebrochen Drei elektrische Haarschneidemaschinen und anderes Gerät fiel den Dieben, von denen noch jede Spur fehlt in die Hände.
Mönchweiler . Eine fünfköpfige Eimbrecherban- de drarng nachts in die Schuhfabrik Heinzmann ein und entwendete eine größere Menge Leder.
Sommermonate selbst dürften sich kaum durch besondere Hitze auszeichnen, während ein wieder warmer September einen schönen Herbst einleitet.
So kann sich die Witterung gestalten, sie muß es aber nicht. Keine Regel ohne Ausnahme, dieses Wort gilt auch für den Blick in die Wetter- Zukunft. Der Meteorologe ist kein Hellseher, viel weniger noch ein Wettermacher. Er kann sich, wie gesagt, nur die langjährigen Erfahrungen zunutze machen, die aber keinesfalls das unerschütterliche Fundament bedeuten, auf dem das unbedingt sichere Gebäude der Voraussage aufgebaut werden könnte. Denn auch ihm bleiben alle jene Zufälligkeiten der Wittenmgsgestaihung verborgen, die im Schoße cter Zukunft liegen.
Die evangelische Kirche über Schulwesen und Entnazifizierung
Stuttgart . In Stuttgart tagten zusammen mit Vertretern der Kirdveukanzlei che Vertreter der Kirchenleitung in der amerikanischen Zone. Zur Verhandlung standen vor allem zwei Gegenstände: Die Entwicklung des Schulwesens und die Entnazifizierung Man war sich darüber im Klaren. daß auf dem Gebiete des Schulwesens in kürzerer oder fernerer Zukunft große Veränderungen zu erwarten sind, durch welche die Kontinuität der deutschen Schultradition auf das Stärkste in Frage gestellt wind. Es hat den Anschein, als ob jede der vier Besatzungsmächte den Versuch machen wird, das gerade von ihr vertretene Schulideat in ihrer Besatzungszone zu verwirklichen. So bahnt sich ein Auseinander- wachsen des deutschen Volkes nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Kultur an. Für die EKD wird es sehr schwer sein, die Einheit zu wahren.
In Sachen der Entnazifizierung wurde ein neuer gemeinsamer Schritt beschlossen. Es hat sich gezeigt, daß die Befürchtungen., die der Rat der EKD vor Monaten ausgesprochen hatte, sich im VoHmaß verwirklicht haben. Es ist heute bei keiner ernst zu nehmenden deutschen Stelle ein Zweifel mehr, daß die Entnazifizierung eine schwere Gefahr für die Ethik, des deutschen Volkes dar stellt - EPK -
Volkshochschule Tübingen gegründet
Tübingen . In Anwesenheit des Oberbürgermeisters, von Vertretern der Universität und der Kirchen wurde die Tübinger Volkshochschule gegründet.
ma’s „Moral”. Aber „wir wollen wieders mal etwas Rechtes”. Und das wäre? Zum Beispiel Max Strecker , „Der fidele Ansager", der zweimal ein . ausverkauftes Haus hatte. Nun hat sich auch WillyReichert , der urschwäbieche Humorist, angekündigt. „Halt ein lustiges Programm”. Daneben findet freilich eine Veranstaltung, wie das Bach-Konzert der Musikhochschule Trossingen gebührendes Gehör, zumal wenn es von Licht und 1 Gold des Festsaals der Universität umflossen ist. Das ist auch der Rahmen für-den Klangrausch der Wagnerouvertüren des Württ. Staatsorchesters Stuttgart .
So steht Tübingen im März seiner neuen Epoche, in der es merklicher als andere Städte — auch auf nichtstofflichem Gebiet, dem vierten und fünften Stand Rechnung tragen muß. Da die Lohnempfänger im Durchschnitt täglich ärmer werden, werden auch die Kothurne der Kunst niederer. Die Saalsaison des Winters ist vorbei, nachdem die letzten Kältewellen über Neckar und Wasserleitungen gegangen sind. Der neugegründete Schwäbische Alb - verein ruft zum Wandern. Der Garten der Natur ist wieder offen, und die Menschen müssen schon wieder pflücken: vom Holz bis zu .den Kätzchen. wg.
Zur Wirtschaftlage in Südwürttemberg
Tübingen. Staatssekretär Dr. Wüder- muth von der Landesdirektion der Wirtschaft äußerte sich vor Vertretern der Presse über aktuelle Wirtschaftsprobleime in Südwürttemberg und Hohenzollem. Danach ist die Beschäftigungslage in der Textil- und Schuhindustrie relativ gut, in der Metall- und Holzindustrie könnte sie befriedigender sein. Im Durchschnitt sei die gesamte vorhandene Industidekapazd- tät des Landes im Augenblick mit etwa 25 bis 27 Prozent ausgenützt.
I Die vom mehreren Männern auigenommene Verfolgung mußte aufgegebem weiden, da dde Einbrecher auf dde Verfolger mehrere Schüsse ab- gaben
Hechingen . Die Sägewerkhadde der Firma Wild ist bis auf dde Fundamente abgebrannt. Der Betrieb ist zur Stilllegung gezwungen. Der Sachschaden beläuft sich auf ruud 150 000 RM
Hinterzarten. Der Pendelverkehr zwischen Hin. terzarten und Höllsteig muß infolge Ueberbean- sprachung eingeschränkt werden Von sofort an verkehren die Omnibusse nur noch zweimal zu den Zügen In Höllsteig und am Bahnhof Hinterzarten werden Zuiassungskarten ausgegeben Zur Fahrt sind in erster Linie Schwerkriegsbeschädigte, ältere Personen und Reisende mit schwerem Gepäck berechtigt
Neustadt i. Schw. Mit der vorläufigen Wahrnehmung der Dienstgeschäfte des Landratsamts Neustadt wurde Dr. Emst Bali weg beauftragt
ff. Lörrach . Der kommissarische Landrat Rudolf Kraus ist aus dem Dienstverhältnis des Landrats- amts Lörrach ausgeschieden.
ff. MiUlheim. Diplam-Voikswiirt Dr. Fritz Oskar Höfer wurde mit der vorläufigen Wahrnehmung der Dienstgeschäfte dies Landrassamts des Kreises Müflhedim/Badein beauftragt.
Freiburg . Der Fall des seit 9. Dezember 1946 vermißten Amtsgerichtsrats Dr. Weisch aus Freiburg 1. Br. hat sich jetzt aufgeklärt. Seine Leiche wurde in dem mit Wasser gefüllten Dammgraben bei Ihringen gefunden
Anläßlich des einjährigen Bestehens des „Südwestfunks" wird aus dem Großen Bühnensaal des Kurhauses Baden-Baden am 30 März eine öffentliche Sendung unter dem Titel „Geburtstagsgrüße aus Baden-Baden ” von allen Sendern des ,,Süd- westfunks" übertragen Folgende Künstler haben ihre persönliche Mitwirkung zugesagt: Laie Andersen. Magda Hain , Margot Hielscher , Geschwister Griffel, Evelyn Kümnecke, Evelyn Rhes, IlseWerner , Werner Bochmann , Otto Gerd Fischer, Will Glahe Will Höhne, Bob Iller , Michael Jary , Hans Lorenz, Kurt Max Richter und der aus Amerika zurückgekehTte bekannte Komponist RobertStolz : außerdem die Kapellen Conny FischeT und Hubert Deuringer , sowie Carl Friedrich Homann. Die Leitung hat Rudolf Förster.
Das fidele Gefängnis in Baden-BadenBaden-Baden
. Wenn Baden-Baden auch zur Zeit noch nicht ein reges internationales Kurleben aufzuweisen hat, so soll doch niemand glauben, hier würde sich „nichts tun"! Abgesehen davon, daß wir einen Großflugplatz bekommen weiden und bereits führend sind in Köpeni- kiaden. haben wir jetzt auch eine absolut moderne, man könnte sagen surrealistische Inszenierung der „Fledermaus" gestartet, mit einem Frosch als Gefängniswärter, der eine wahrhaft fashionable Ausgabe jenes sonst biederen Alkoholikers dar- stellt. Et heißt allerdings nicht Frosch, sondern — newnen est omenl — Geäfuß. Besagter ehemalige Nachtportier avancierte in dieser unserer avencenreichen Zeit unbekannter Größen zum Hilfsaufseher im Baden-Badener Gefängnis, dessen Lage neben dem Gymnasium ohnehin schon andeutet, daß es zu Höherem ausersehen ist. Herr Geilfuß war ein Mann mit Herz und vielen. Schlüsseln- So konnte er es nicht mit ansehen, daß seine weiblichen Häftlinge hungern und dürsten mußten, während es nebenan männliche Gefangene gab, dde zuviel gute eß- und trinkbare Dinge besaßen. Weshalb er die armen hungernden Damen, wenn er Nachtdienst hatte, bei den im Ueberfluß schwelgenden Kollegen Besuch machen Keß. nicht ohne sorgfältig und pflichtbewußt die Türe wieder abzuscbließen Wenn beide dann frühmorgens satt waren, führte er die jeweilige Dame wieder in ihre Zelle zurück.
So wurde allmählich aus dem fidelen Gefängnis ein Freudenhaus wenn Geilfuß Nachtdienst hatte, wie sich eine der Zeuginnen ausdrückte, oder sagen wir höflicher: ein Harem, wobei Geilfuß ein sehr tüchtiger, wenn auch nicht ganz ausgesprochener Eunuche war — wofür geuügdpd Aussagen weiblicher Zeugen Vorlagen, lind wenn es nicht andere Gefängnisimsaßen gegeben hätte, die anscheinend keinen Hunger oder »keinen Wein hatten, so hätte dies gedlfußische I4yü vermutlich noch länger als ein Vierteljahr geblüht. So aber gab es einen Szenenwechsel, »und aus dem fidelen Gefängnis wurde ein Geric-dits- saal. Der Richter war der Auffassung, daß das schöne Lied aus der „Fledermaus”: „Das feit bei uns so Sitte — chacun ä son goüt" keine genügende Rechtsgrundlage sei, sondern verurteilte den „Nachtportier" des Baden-Badener Gefängnisses zu einem Jahr und 6 Monaten — diesntal aber hinter der Zellentür und ohne Schlüssel?"-