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Nr. 8 ’ Seite 5
Äonftona
bett 5. 3attuar 1950
19 C+M+B 50
Zwischen dem Tage des hl. Nikolaus,
der stillen heiligen Nacht mit ihrem Lich-
terbaium und der Krippe Christi als bren¬
nenden Mittelpunkt und dem Tage der
Heiligen Drei Könige bestanden für uns
Kinder, die wir in einer fernen, friedvollen
Zeit der seligen Geborgenheit eines pa¬
triarchalischen Elternhauses aufwuchsen,
zeitlebens enge Beziehungen. Die drei ge¬
hörten für uns zusammen. Der erste Abend,
für uns Schlingel voll von banger Erwar¬
tung, innerer Zerknirschung und schließ-
licher Freude, der zweite, mit wonmezit-
terndem Gemüt eingetaucht in eine Welt
i von Wundem und himmlischer Weihe, sah
uns anbetend vor der Krippe, wo Gott der
Welt erschien als Heiland und Erlöser.
Dann mehrte sich das Volk, das die Krippe
des Herrn umstand. Neben die schlichten,
einfachen, treugläubigen Naturmenschen,
die Hirten, traten die Gestalten der Wei¬
sen aus dem Morgenlande, umgeben von
Reichtum und königlichem Gefolge, die
Repräsentanten der suchenden Heidenwelt,
die ein Licht brauchten, um den Weg zu
finden zu dem, den sie als den neugebore¬
nen König anzubeten gekommen waren,
also iihm als Gott zu huldigen. An diesem
Tage wurde uns Kindern das Vaterhaus
besonders ehrfürchtig. Gar geheimnisvoll
und feierlich ging es zu. Vater kam uns
vor wie ein Priester des Herrn. Auch der
'wildeste wagte sich nicht zu mucksen. Va¬
ter entzündete in einem Gefäß geweihten
Weihrauch, eenes von uns Kindern durfte
ein Krügelchen geweihtes Dreikönigswas¬
ser tragen, andere trugen Kerzen und so
gings im Zuge durch das ganze Haus, von
Stube zu Stube, bis obenauf und hinab in
den Keller, dann hinüber in den Stall zu
dem lieben Vieh, überall räuchernd und
segnend und mit dem heiligen Wasser be¬
sprengend. Vater schrieb mit einer ge¬
weihten Kreide über alle Türschwellen die
geheimnisvollen Zeichen C M B und dazu
die Jahreszahl, Kaspar, Melchior, Balta-
sar. Dann wurde ein Gebet des Segens
und der Dankbarkeit gegen Gott über Fa¬
milie und Haus gesprochen. In früherer
Zeit lebten im deutschen Volke gerade
zum Dreikönigstag tiefsinnige Gebräuche.
Allerlei Szenen und Spiele wurden begei¬
stert einstudiert und mit heiligem Eifer
zur Aufführung gebracht. Leider ist da¬
von vieles unter den nivellierenden Walzen
der modernen Zeit zugrunde gegangen.
Aber die Sternsingerbuben halten sich
noch zäh am Leben, stapfen mit ihrem
Stern als Heilige Drei Könige durch den
Winterschmee noch immer von Haus zu
Haus, wenn auch nur mehr in abgelegenen
Regionen und erfreuen jung und alt mit
ihren uralten wundersamen Weisen, die
sie mit glockenhellen Stimmen in die
Nacht hinaussingen. Die Menschheit hatte
Stemsängerlieder noch nie nötiger als in
diesen Tagen. Möge die tiefe Symbolik
dieses Brauches das heutige Geschlecht
daran erinnern, welcher Stern allein aus
dem Dunkel ins licht führen kann. H.
lieber 6000 ßefucher im Ro8garten*Müfeum
Feriengäste bekundeten das meiste Interesse
Für viele unserer Mitbürger ist das
Rosgartenmuseum eine Art von verwun¬
schenem Märchengarten, den man nur
dem Hörensagen nach kennt. Dabei weist
unser Museum, das in ganz Deutschland
und weit über seine Grenzen hinaus be¬
kannt ist, Schätze auf, um die uns viele
Großstädte beneiden.
Im vergangenen Jahr wurde das Rosgar-
tenmuseum von insgesamt 6413 Personen
besucht. Den Hauptteil der Besucher stell¬
ten die Feriengäste. Allein der Monat
August wies 1956 Besucher auf, was um¬
gerechnet 65 Gäste pro Tag ergibt. Diese
Zahlen liegen wesentlich höher als in den
Jahren vor dem Kriege.
Wenn man nun in diesem Jahre mit ei¬
nem noch größeren Fremdenzustrom in
unserer Stadt rechnet, so wäre es ange¬
bracht, wenn sich die Stadtväter auch ein¬
mal des Rosgartenmuseums etwas mehr
annehmen würden. Es sei hier nur an die
Lichtanlage erinnert, die immer noch nicht
vollständig ist. An regentrüben Tagen hat
deshalb schon mancher Besucher enttäuscht
das Museum verlassen Th.
Zwei Todesfälle
Im Alter von 83 Jahren ist nach kurzer
Krankheit Bauunternehmer Emil Gra-
nacher, Wilhelmstraße 27, gestorben. Der
Verstorbene war insbesondere im Stadtteil
Petershausen bekannt, wo er im Jahr 1905
ein Baugeschäft gründete. Neben vielen
anderen Bauwerken erstellte er die frü¬
here Notkirche auf dem Gebhardsplatz
und die spätere Susokirche. Im Bezirk
Konstanz war er längere Zeit Feuer¬
schauer, außerdem gehörte er dem Bür¬
gerausschuß und über 40 Jahre der Pfar¬
rei St. Gebhard als Stiftungsrat an. Im
Alter von 74 Jahren starb gestern Kauf¬
mann Xaver Freistetter. Er kam im Jahr
1908 von Kluftern nach Konstanz und be¬
trieb hier im Hause Hussenstraße 49 über
40 Jahre ein Altmöbel-Geschäft und Pol¬
steret
Kinderbescherung bei den Heimat-
vertriebenen
Der Bund der Heimatvertriebenen und
Fliegergesehädigten veranstaltet für dVa
Kinder der Mitglieder (auch des Bundes
der Fliegergeschädigten) heute nachmittag
15 Uhr im „Alemanne” eine Weihnachts¬
feier mit Bescherung und Kasperlethea¬
ter. Alle Kinder von 3 bis 14 Jahren sind
eingeladen.
Wer hat ärztlichen Sonntagsdienst?
Am Feiertag Drei'könig (6. Januar) ver¬
sieht ärztlichen Dienst Dr. Hans Kühn,
Alter Wall 11, Telefon 305. Von den Apo¬
theken hat die Malhausapotheke Sonn¬
tags- und Nachtdienst. - Autobereitschafts¬
dienst am 6. Januar: Harter & Hägele,
Leinerstraße, Telefon 1099.
SchtDeineöieb machte gute Gefcbäfite
Bis jetzt wurden sieben Personen festgenommen
Vor kurzer Zeit berichtete der „Süd¬
kurier“ von einem schwarzen Butterver¬
kauf in Konstanz. Die Butter stammte aus
einem Einbruch in einer Allgäuer Molke¬
rei. Im Zusammenhang mit dieser An¬
gelegenheit wurde damals ein in Mim¬
menhausen (Kreis Ueberlingen) wohn¬
hafter 32 Jahre alter Autoschweißer fest-
genotnmen. Zuerst glaubte die Konstan-
zer Kriminalpolizei, es handle sich um
eine kleine Angelegenheit. Bald stellte sich
aber heraus, daß ein guter Fang geglückt
war. Im Laufe der Ermittlungen wurde
nämlich festgestellt, daß man einem be¬
rüchtigten Schweinedieb auf die Spur ge¬
kommen war, der sein dunkles Handwerk
schon seit dem Jahr 1945 in den Kreisen
Ueberlingen und Stockach ausübte. Er
war derjenige, der eine Reihe von
Schweinediebstählen ausgeführt und die
Bauern in Schrecken versetzt hatte. Zur
Tat wurde meistens ein Auto, das aus
Konstanz geliehen worden war, benutzt
Das „Geschäft“ war so gut gegangen, daß
er sich in der Zwischenzeit in Mimmen¬
hausen ein eigenes Haus bauen konnte. Er
beschränkte sich aber nicht nur auf den
Diebstahl von Schweinen, sondern suchte
zur Abwechslung auch Molkereien heim.
Fleisch und Butter wurden in den umlie¬
genden Städten, vor allem in Konstanz,
verkauft Abnehmer fanden sich immer
in den letzten Jahren. In dieser Ange¬
legenheit, die unter Umständen noch wei¬
tere Kreise ziehen wird, befinden sich jetzt
sieben Personen, und zwar vier Männer
und drei Frauen in Konstanz in Haft Ne¬
ben dem bereits genannten Haupttäter
sind dies sein Komplize, der bei den Ein¬
brüchen mithalf; ein Hehler, der in Kon¬
stanz Butter und Fleisch verkaufte, sowie
dessen Freundin, Freundin und Schwester
des Haupttäters, sowie ein Metzger, der
das gestohlene Schweinefleisch zer¬
kleinerte.
Wem gehören die Gegenstände?
Bei den beiden Automardern, die die¬
ser Tage — wie berichtet — in Konstanz
festgenommen wurden, fand die Kriminal¬
polizei eine Reihe von Gegenständen und
Kleider, die aus den erbrochenen und be¬
stohlenen Autos stammen. U. a. befinden
sich auch vier elektrische Bettwärmer bei
der Kriminalpolizei. Da angenommen
werden kann, daß verschiedene andere
Kleidungsstücke, vor allem Mäntel, in
Konstanz und Umgebung verkauft worden
•tad, ersucht die Kriminalpolizei die Käu¬
fer, sich zu melden. Einer der Fest genom¬
menen hat sich bereit erklärt, bei einem
Gang durch Konstanz die Häuser zu nen¬
nen, in denen er etwas verkauft habe. Die
Käufer müssen damit rechnen, daß sie bei
Unterlassung einer Meldung unter Um¬
ständen als Hehler zur Rechenschaft ge¬
zogen werden.
Wo worden die Pelzmäntel gestohlen?
Bei einer Zeugenvernehmung in Stutt¬
gart wurde der dortigen Kriminalpolizei
mitgeteilt, daß bei einem Einbruch in eine
Wlla in Konstanz in Abwesenheit der Be¬
wohner eine Reihe von Pelzmäntel gestoh¬
len worden seien. Der genaue Zeitpunkt
des Einbruchs konnte nicht angegeben
werden. Da bei der Kriminalpolizei Kon¬
stanz von einem derartigen Einbruch bis¬
her nichts gemeldet wurde, werden die
früheren Besitzer der Mäntel ersucht, sich
bei der Kriminalpolizei zu melden, wenn
ein Einbruch voriiegt.
Nichts für den Müllwagen!
Immer wieder kann man die Beobachtung
machen, daß Dinge in den Mülleimer ge¬
worfen werden, die dort nichts zu suchen
haben. Gerade in den winterlichen Tagen
bemerkt man vor allem glühende Asche im
Mülleimer. Derjenige, der die Asche hinein¬
geworfen hat, ist dann sehr böse, wenn die
Männer von der Müllabfuhr seinen Eimer
stehen lassen. Er bedenkt aber nicht, daß
er mit seinem Tun unter Umständen
schweres Unglück anrichten kann, wird
von zuständiger Stelle berichtet, daß s ! ch in
den letzten Jahren wiederholt Explosionen
von Müllwagen ereigneten, die unter den
Bedienungsleuten eine Anzahl von Todes¬
opfern forderten. Die Explosionen sind
wahrscheinlich in allen Fällen durch Kar¬
bidreste oder Karbidschiamm, der noch un-
vergastes Karbid enthielt, ausgelöst wor¬
den. Die Karbidabfälle wurden von der
Bevölkerung achtlos in die Müllgefäße ge¬
worfen und von den Müllarbeitern ent¬
leert Durch die Mischung mit feuchtem
Müll vergasten die Karbidreste und bildeten
Azetylen, das mit Luft ein hochexplosives
Gemisch gibt Die Zündung des Gemisches
erfolgte durch zugefüllte glühende Asche¬
reste, durch Selbsterglühen des Karbids
oder dergleichen. Um Unglücksfälle zu ver¬
hüten, wird die Bevölkerung gebeten, in
Zukunft keinerlei Karbidreste oder Karbid-
schlamm in die Müllgefäße, die durch die
öffentliche Müllabfuhr geleert werden, zu
werfen.
*
Der großen Nachfrage wegen wird am
Sonntagabend im Deutschen Theater Ger¬
hard Hauptmanns „Biberpelz“ nochmals
wiederholt
Reif zum Verschwinden!
An dieser Stelle ist schon wiederholt
auf den verschmutzten ehemaligen Luft¬
schutzdeckungsgraben und Bunker in der-
Schlachthausstraße hingewiesen wordtvi.
Jetzt, nachdem die Polizei die Stadtver¬
waltung ebenfalls auf dieses keineswegs
idyllische Konstanzer Fleckchen aufmerk¬
sam gemacht hat, mußte sich notgedrun¬
gen auch der Stadtrat mit der Angele¬
genheit beschäftigen. Die Beseitigung des
Bunkers und Einebnung des Grabens
kommt die Stadt auf 3000 bis 4000 DM.
Die großen Steine sollen gespalten und
bis zur Weiterverwendiung auf einen an¬
deren Platz gebracht werden. Eine Kon¬
stanzer Baufirma hat jetzt der Stadt den
Vorschlag gemacht, die Arbeiten sofort
auszuführen; die Bezahlung könnte nach
dem 1. April erfolgen. Die Stadtverwal¬
tung will nun weitere Verhandlungen
führen, um auf möglichst billige Weise
den Platz wieder instand zu setzen. Ne¬
benbei sei bemerkt, daß gerade dieser
Platz für den Sport- und Turnunterricht
des Humboldt-Gymnasiums dringend be¬
nötigt wird.
Kommt Leben In den Schwanenteich?
Die Stadtverwaltung hat das ehrliche Be¬
streben, den Schwanenteich wieder zu be¬
völkern. Aber auch die Schwäne, Enten
und sonstiges Getier, das nun einmal in
größerer Zahl zu einem solchen Teich ge¬
hört, sind — wie alles — im Preis ge¬
stiegen. Es ist in Aussicht genommen, im
kommenden Frühjahr einige Wasservögel
zu erwerben. Zwei Gönner des Schwanen-
teichs haben ebenfalls Tiere in Aussicht ge¬
stellt. Wer etwas für den Schwanenteich
übrig hat und in der Lage ist, zur Anschaf¬
fung von Wasservögeln etwas zu tun, wird
beim Respizienten des Teiches, Stadtrat
Anton Menzer, Zollernstraße 12, mit jeder
Spende — etwa in Gestalt eines Wasser¬
vogels oder finanzieller Art — stets will¬
kommen sein.
Lebensmittelkarten aufbewahren
Im Monat Januar werden in Südtoaden
nur Butter, Zucker und Standardmilch
aufgerufen, teilt die Emährungsabteilung
des Landwirtschaftsministeriums mit. Da
eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer
der Lebensmittelkarten erwogen wird,
empfiehlt das Ministerium sorgfältige
Aufbewahrung der Karten. Schwerarbei¬
terkarten werden vorerst nicht ausgege¬
ben, da sie keine Lebensmittel enthalten,
die im Januar zum Aufruf kommen.
Ski-Club Konstanz ln Balderscfawang
Um der weißen Kunst zu huldigen,
braucht man vor allem Schnee. Weder der
Schwarzwald noch Heiden können zur
Zeit eine Skipdste offerieren. So sind nun
über die Neujahrstage einige Unentwegte
des Skiclubs Konstanz auf „Schneesuche“
gegangen und haben tatsächlich auf der
Bcdensee-Skihütte Balderschwang an den
Hängen des Hochschelpens eine wirklich
gute Abfahrtspiste und auch Uebungs-
hänge gefunden. Mit einem Konstanzer
Omnibus wird nun' den Mitgliedern des
Skiclubs am Freitag, 6. Januar (Drei¬
königstag), Gelegenheit geboten, drei Tage
nach Balderschwang zu fahren. Anmeldun¬
gen bis Donnerstagmittag im Bodensee-
Reisebüro. — Die Bodensee-Skihütte ln
Balderschwang ist bis Mitte Januar fast
völlig ausverkauft, für Februar-März lie¬
gen schon zahlreiche Vorbestellungen vor.
Vorläufig keine Oesterreichreisen
Das Bodensee-Reisebüro teilt mit, daß
die Verhandlungen über die Frergabe des
deutsch-österreichischen Touristenverkehrs
noch zu keinem praktischen Ergebnis ge¬
führt haben und vorläufig vertagt worden
sind. Mit der Möglichkeit von Oesterreich¬
reisen ist vor dem Frühjahr kaum zu
rechnen.
Von Oer Kreuzpolha zum Samba
Konstanzer Vergnfigungsleben anno 1900 — Damerarangel in der Tanzstunde
! „Boi uns hätte es so etwas nicht gege-
| ben!“, sagen unsere Väter und Mütter,
wenn sie sehen, wie die heutige Jugend
Samba, Boogie-Woogie oder gar Jitterbug
tanzt. Sie erinnern sich einer sorgenlose¬
ren Zeit um die Jahrhundertwende, als in
der Schwedzerhalle, im Burghof oder
sonstwo noch Schottisch, die Kreuzpolka,
So war es einst . .. .
Franpaise oder zum Walzer getanzt wurde
und bei vornehmen Leuten ein blaube¬
frackter Kutscher mit Lackzylinder das
Eingespann vom Bahnhof aus durch die
mitternächtliche Stadt lenkte.
Sie, unsere Väter und Mütter, die in¬
zwischen beinahe alle Großeltern gewor¬
den sind, erinnern sich sicher noch gerne
des „teuren“ Vergnügens für eine Mark,
die damals ein Abend gekostet hat. Und
wie zugeknöpft „sie“ sich damals noch
kleidete, und „er“ im Stehkragen und mit
Schnurrbart „Es ißt erreicht!“. Kinder,
Kinder waren das noch Zeiten, hört man
heute unsere Eltern-Großeltern sagen.
Fünfzig Jahre liegen bis zum Heute da¬
zwischen, eine lange Zeit, die durchlebt
sein will.
Von dem Heute wollen wir vorerst gar
nicht reden. Vor ihm liegt ja die erste
große Katastrophe, die bis dahin alle über¬
lieferten Begriffe über den Haufen warf.
Da war die Zeit als man Tango, Foxtrott,
Onestep und Charleston zu tanzen be¬
gann. Auch diese Jahre wurden wieder
abgelöst. Marschtritt und braungetünchte
Einheitskleidung zerstoben noch vollends
die einstige Romantik von der Kreuzpolka.
Und dann kam der zweite Weltkrieg, der
das Heute zum Vorgestern wie Tag und
Nacht erscheinen läßt.
Heute. Was liegt nicht alles zwischen
den letzten Schritten eines Onestep, zwi¬
schen Ponyschnitt und Titusfrisur? Eine
ganze Welt, die in Scherben ging und doch
wieder neues Leben wachsen läßt.
Heute ist es so, daß die jungen Leute
kaum mehr in die Tanzstunde gehen.
„Alles tanzt wild!“ sagt uns einer der
fünf Konstanzer Tanzlehrer. „Es gibt bei
weitem nicht mehr so viel Kundschaft, wie
früher“, spricht er weiter und erzählt, daß
gegenwärtig in den wenigen Tanzstunden
ausgesprochener Damenmangel herrscht.
Es gibt Tanzkurse mit 25 Herren und acht
Damen! Er, der Tanzlehrer, lädt „zum
Ausgleich“ die in früheren Kursen ausge¬
bildeten Damen ein, sich für die Anfänger
weiterer Kurse zu opfern. In der Reichs¬
markzeit war es umgekehrt. „Die Mäd¬
chen haben eben kein Geld und hängen
alles an Garderobe. Dennoch tanzt jeder,
aber lernen tut niemand. Der Tanz ist
total verflacht und nur noch Rhythmus.“
Was die Konstanzer Tanzlehrer über die
kommende Fas nacht sagen: „Samba bleibt
der große Modetanz, aber Foxtrott, Tango
und Walzer sind auch weiterhin nicht aus-
So ist es heute
Zeichnungen: toeßmer
gestorben: dkfreuMcherweise gibt es eine
ganze Reibe jüngerer und älterer Ehe¬
paare, die sich in einigen Privatstunden
„aufbügeni“ lassen und dabei erstmals
Swing und Rumba lernen.
Auch hierin hat sich also vieles geän¬
dert. Nicht nur die Tanzarten haben sich
in diesem halben Jahrhundert gewandelt.
„Tanzen Ist Ausdruck der Lebensform“,
sagt abschJüeßend Meister D. Sicher
und meinte damit auch, daß vergnügliches
j Tanzen und tänzerisches Vergnügen zwar
zwei Paar Stiefel, aber auch ein Symptom
' des Zeitenwandels sind. hä.
Mit 16 unö 19 Jahren Braut unö Bräutigam
Konstanzer Standesamt zieht Bilanz — Mehr Wiegen als Särge
Am Wochenende ist beim Konstanzer
Standesamt stets Hochbetrieb. Im vergan¬
genen Jahr hat es die Woche über durch¬
schnittlich sechs, davon samstags allein
vier Hochzeiten gegeben. Doch gab es auch
Samstage, an denen an einem Vormittag
zehn Brautpaare vor den Standesbeamten
traten. Nur wenige der 361 Brautpaare
im Jahre 1949 sind mit dem Wagen am
Fischmarkt vwgefahren. Im allgemeinen
sind die „Hochzeiter“, wie uns der Stän-
desbamte erklärte, sehr sachlich gewor¬
den. Zwei Drittel der Brautleute kommen
im Straßenanzug; Kranz und Schleier,
Frack und Zylinder sind verhältnismäßig
selten geworden. Auch die Hochzeitsreise
richtet sich nach dem schmalen Geldbeutel.
„Wir brauchen das Geld für den Ausbau
unserer Mansardenwohnung“, ist von den
Brautleuten sehr oft zu hören
Die jüngste Braut im letzten Jahr war
eine 16jährige. Für sie mußte eine Einwil¬
ligung des Vaters vorgelegt werden. Aber
auch der 19jährige Bräutigam hatte es bei
der Heirat nicht leicht. Bei ihm war außer
Verfchlechterung Oer Ärbeltemarhtlage
Saisonauswirkungen machen sich bemerkbar
Beim Arbeitsamt Konstanz mit seinen
Nebenstellen in Meßkirch, Pfullendorf, Ra¬
dolfzell, Singen, Stockach und Ueberlingen
stand der Arbeitsmarkt bei Jahresschluß
unter der Auswirkung von Freistellungen
in den Außenberufen wegen des Kälteein¬
bruchs, was zu einer weiteren Zunahme der
Arbeitsuchenden und Arbeitslosen geführt
hat. An dieser Zunahme waren auch die
letzten zwei Flüchtlingstransporte aus Nie¬
dersachsen mit 353 Personen wesentlich be¬
teiligt. De Hauptzugänge entfallen auf
Männer. Im Rückgang der Vermittlungen
gegenüber dem Vormonat um insgesamt
496 zeigen sich die Auswirkungen der Lok-
Männer
Arbeitssuchende 1842 (+283)
Arbeitslose 1640 (+301)
Offene Stellen 152 (—102)
Vermahlungen 383 (—321)
Berufspfüchtig Beschäftigte 33 017 (+722)
Wenn am Jahresende die Arbeitsmarkt¬
lage nicht günstig beurteilt werden kann,
so gibt sie aber auch keine Veranlassung
zu Besorgnissen. Die Entwicklung des Ar¬
beitsmarktes im Jahre 1949 zeigt nachste¬
hende Darstellung:
kerung der Arbeitseinsatzbestlmmungen
deutlich. Zu den 566 Vermittlungen im Mo¬
nat Dezember kommen allerdings noch 164
namentliche Anforderungen, so daß insge¬
samt 730 Arbeitsplätze besetzt wurden.
Trotz dem Ansteigen der Arbeitslosig¬
keit kann aber eine weitere Zunahme der
berufsbuchpflichtiq Beschäftigten um 705
festgestellt werden, die fast ausschließlich
auf männliche Arbeitskräfte entfällt. Den
Hauptanteil der Zunahme hat die Berufs¬
gruppe Forstwirtschaft mit 478.
Am 31. 12. ergab sich nach der Arbeits¬
marktstatistik nachstehendes Bild:
« Frauen
698 (+ 40)
539 (+ 42)
114 (— 17)
183 (—175)
17 684 (— 17)
Zusammen
2540 (+323)
2179 (+343)
266 (—119)
566 (—496)
50 701 (+705)
Arbeit-
Arbeit«.
Offene
Beschäf¬
suchende lose
Stellen
tigte
Januar
1471
1026
864
48 463
Februar
1517
1060
996
48 363
Mära
1656
1071
1100
47 941
April
1794
1283
1103
48145
Mai
1721
1235
1013
48 506
Juni
1829
1395
1132
48 784
Juli
1880
1499
973
49 092
August
1894
1465
604
49 049
September
1967
1550
504
49251
Oktober
2049
1686
380
49 712
November
2217
1836
385
49 996
Dezember
2540
2179
266
50701
Während bei
den Arbeitsuchenden und
Arbeitslosen ein leichtes, aber dauerndes
Ansteigen zu beobachten ist, sind die offe¬
nen Stellen ab Juli zurüdegegangen. Am
Jahresende waren die Beschäftigten um
2338 höher als am Beginn, dag sich nahezu
mit den Zahlen der beschäftigten Ostflücht¬
linge (1735) deckt. An der Gesamtzahl der
Arbeitslosen waren die Flüchtlinge am
Ende des Jahres mit 15 Prozent beteiligt
Am Monatsende standen 34 Betriebe in
Kurzarbeit mit 574 Beschäftigten, gegen¬
über dem Vormonat eine Zunahme von 233.
— Die Zahl der Grenzgänger von und nach
der Schweiz blieb gegenüber dem Vormo¬
nat unverändert. Von Baden nach der
Schweiz gingen zur Arbeit 152 Männer, 484
Frauen = 636. Von der Schweiz nach Baden
kamen 18 Männer und 2 Frauen = 20. —
Fre'gabevermerke zur Ausreise nach dem
Ausland wurden in 16 Fällen erteilt.
der väterlichen Einwilligungnoch eine Voll-
jährigkeitsbeschecnigung erforderlich. Der
älteste Bräutigam war mit 80 Jahren Ga¬
briel Kotz, über den wir kürzlich berich¬
teten.
Außerdem gab es iim vergangenen Jahr
in Konstanz zehn Ausländerehen, zumeist
polnische Staatsar gehörige. 58 Ehen, in
denen deutsche Frauen Ausländer (Fran¬
zosen und Schweizer), und zwei Ehen, in
denen deutsche Männer Ausländerinnen
(eine Finnin und eine Schweizerin) heira¬
teten. 292 Ehen wurden von deutschen
Paaren geschlossen.
Das Durchschnittsalter der heiratenden
Frau lag bei 29 Jahren, während das des
Mannes von 35 kn Vorjahr auf 32,6 Jahre
gesunken ist. Erstaunlich, daß Ehen mit
älteren Frauen nicht zu den Seltenheiten
zählen. Oft ist ein vorhandenes Heim oder
Einheirat der Grund dafür. Der Altersun¬
terschied beträgt im allgemeinen im
Durchschnitt drei bis vier Jahre.
Wie im Vorjahr, so überwiegen auch im
Jahr 1949 die Wiegen die Särge. Wurden
1948 794 Kinder (390 Byben und 404 Mä¬
del) geboren, so waren es im soeben be¬
endeten Jahr 750 neue Erdenbürger (397
Buben und 368 Mädchen), die in Konstanz
das Lrcht der Vielt erblickten. Diesen ste¬
hen 520 Todesfälle (243 Männer und 262
Frauen) gegenüber
Kurze Staötnachrtchten
Das Ministerium des Innern hat Polizei-
Oberinspektor Benz, bisher in Singen, in
Vertretung des seit einiger Zeit in Krank¬
heitsurlaub befindlichen Polizeirats Edcerle
mit der Leitung der Schutzpolizei Konstanz
beauftragt. — An der Handelsschule Kon¬
stanz wurden zum 1. Januar 1950 zu Stu¬
dienräten ernannt die bisherigen Assesso¬
renfinnen): Dipl.-Handelsschullehrer Wil¬
helm Mosbrugger und Dipl.-Handelslehre-
rin Elfriede Neuneier.
Ihren 89. Geburtstag begeht heute Fräu¬
lein Helene Wolff, Schützenstraße 7 (Al¬
tersheim), ihren 85. Geburtstag Frau Lina
Pfeifer im Altersheim, Lu'senplatz. — Ihren
80. Geburtstag beging gestern Fräulein Ge¬
noveva Sättele, Katzgasse 11. — Die „Fu߬
ballmutter” von Konstanz, Frau Berta Gün¬
ther, Brauneggerstraße 14, feiert heute
ihren 77. Geburtstag. — Ein seltenes Jubi¬
läum beging dieser Tage Fräulein Katha¬
rina Grundier: am 1. Januar waren 50
Jahre verflossen, seitdem sie als Hausge¬
hilfin in der Familie Ellegast, Untere Laube,
tätig ist
Auf dem Obermarkt stießen am Diens-
tagmittag eine Radfahrerin und eine Fu߬
gängerin zusammen. Beide zogen sich Ver¬
letzungen zu und mußten sich in ärztliche
Behandlung begeben. — Auf verschiede¬
nen Privatgrundstücken im Stadtteil Woll¬
matingen wurde der Borkenkäfer festge-
s teilt Entsprechende Bekämpfungsma߬
nahmen sind eingeleitet worden.
Wegen des Feiertages Dreikönig findel
der Wochenmarkt bereits heute Donners'
tag statt