UNABHÄNGIGE HEIMATZEITUNG FÜR OBERBADEN UND DAS BODENSEEGEBIET

SUDKURIER

Erscheint Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Samstag. Bezugspreis monatlich durch Träger 1-50 Mark zu-

Tel.: 921, 925. 1130, 1510. 1511 Fernschreiber: 07628 8. JAHRGANG * SAMSTAG/SONNTAG 3./4. MAI 1952 4c NUMMER 70 zügl. 30 Pfg. Trägerlohn, durch die Post 2.70 Mark,

Verlag und Redaktion Konstanz . Marktstätte 4 zuzügl. 38 Pfg. Postzustellgebühr. Einzelpreis 20 Pfg.

Eisenhower bei Adenauer

BONN . Gestern vormittag traf GeneralEisenhower in Begleitung seines Stabs­chefs und im Beisein von Theodor Blank , aus Paris kommend, auf dem Köln-Bonner Flughafen ein. Sofort begab sich der schei­dende atlantische Oberbefehlshaber nach der Bundeshauptstadt, wo er mit Hoch­kommissar McCloy , Bundeskanzler Ade­nauer , Vizekanzler Blücher, den Staats­sekretären Hallstein und Lenz sowie Ge­neral Heusinger eine Zusammenkunft hat­te. Eisenhower betonte, daß die USA auch nach seinem Weggang am Wachsen der europäischen Sicherheit interessiert seien. Vorausgegangen war eine Unterredung un­ter vier Augen mit dem Bundeskanzler.

FDJ -Studenten gegen Heufi

BtERUN. Mehrere hundert Angehörige der kommunistisch gelenkten F!DJ aus dem Berliner Sowjetsektor versuchten am Frei­tag, gegen Bundespnäsident Prof. Heuss zu demonstrieren. Nachdem schon die west­berliner Bevölkerung gegen diese Versuche eingeschlritten war, nahm die Polizei 116 männliche und 24 weibliche FDJ -Mitglieder vorläufig fest. Es waren überwiegend Stu­dierende der ostberliner Linden-Universi- tät. Die Demonstranten hatten sich ver­sammelt, als der Bundespräsident das neue Haus der Hochschule für Politik in der Badenschen Straße (amerikanischer Sektor) besuchte, um an der Einweihung teilzu- nehmen.

Gefängnis fOr Röster

BONN (W.-Eigenbericht). Der ehemalige Bundestagsabgeordnete derSozialisti­schen Reichspartei ,~Dr. Richter alias Rös- ler, ist am Freitag von einem Bonner Ge­richt wegen Führung eines falschen Na­mens . und Titels zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Rösler hatte unter dem Namen Dr. Richter 2V* Jahre lang als Abgeordneter an den Sitzungen des Bundestags teilgenommen, bis sich herausstellte, daß er nach dem Krieg einen falschen Namen angenommen hatte, um zu verschleiern, daß er früher Haupt- etellenleiter der NSDAP gewesen war. Vor Gericht gab Rösler alles zu. Seine Frau, die ihn nach dem Kriege für tot hatte er­klären lassen, um ihn dann unter seinem neuen Namen wieder zu heiraten, hielt auch vor Gericht zu ihm.

Gütertarif-Erhöhung ab 15. Mal?

BONN . (W.-Eigenbericht.) Das Bundes- kabinett hat gestern eine Erhöhung der Gütertarife der Bundesbahn und des Fern­verkehrs um 10 Prozent beschlossen, die am 16. Mai in Kraft treten soll Es ist aber noch ungewiß, ob der Bundesrat der Tarif­erhöhung seine Zustimmung geben wird. Die neue Tariferhöhung, die sich nicht auf den Personenverkehr sowie che Beförde­rung von Expreß- und Stückgut bezieht, wird mit der Mehrbelastung der Bundes­bahn durch die bevorstehende Erhöhung der Kohlepreise begründet

Holzpreis-Freigabe vor Bundesrat

BONN . (W. - Eigenbericht.) Das Bundes­kabinett hat die Freigabe der Holzpreise beschlossen, jedoch bedarf der Beschluß noch der Zustimmung des Bundesrats. Der jetzige Zeitpunkt schien der Regierung be­sonders geeignet, da die Holzpreise eine fallende Tendenz zeigen. Die Holzversor­gung sei durch Einfuhren und einen genü­genden Holzeinschlag gesichert Gleichzei­tig mit der Preisfreigabe soll auch das Ver- steigerungsvertoot wegfallen.

Kurz notiert

Die beiden Fluggäste dee französischen Flugzeuges, das am Dienstag im Berliner Luftkorridor von sowjetischen Jägern be­schossen wurde, sind nach Angaben des be­handelnden Arztes endgültig außer Lebens­gefahr.

Oesterreichs Bundeskanzler Dr. Figl wird sich am 11. Mai nach den USA begeben, wo er Gast von Präsident Tramann im WeißenHaus sein wird.

Deutschland wird an einer dreitägigen Konferenz in Washington beteiligt sein, an der über den Ausbau eines weltweiten Fern­verkehrs-Straßennetzes verhandelt wird.

Bundesjustizminister Dr. Dehler gab be­kannt, daß die Bundesregierung den Vollzug alliierter Kriegsverbrecfaerurteile auch nach Inkrafttreten des Generalvertrages nicht fibernehmen werde.

Der diesjährige »Tag des deutschen Bernfs- beamtentums begann in Bonn mit einer Delegierten-Tagnng, an der Gäste ans Eng­land , Oesterreich und der Schweiz teilnehmen.

Im Kreis Lüneburg wurden Schnaps- und Weinflaschen, die mit kommunistischem Pro­pagandamaterial gefüllt waren, am Westnfer der Elbe angespfilt.

Fünf Soldaten wurden schwer and drei leicht verletzt, als ein mit nenn belgischen Militärpersonen besetzter Mannschaftswagen von der Ruhr-Brücke in Jülich in das Fluß­bett stürzte.

In Le Havre traf dieFlying Enterprise H ein, die Nachfolgerin der vor einigen Wochen untergegangenenFlying Enterprise, die ebenfalls von Capitäan Carlsen befehligt wird.

In der Provinz Natal (Südafrika ) wird die erste Erdöl -Raffinerie der SüdafrikanischenUnion mit einem Kostenaufwand von rund

Kommunistische Tumulte in Japan

Versuche, den Kaiserpalast zu stürmen Stein würfe gegen Ridgways Hauptquartier

TOKIO . Knapp drei Tage nach der Un­terzeichnung des Friedensvertrages mit Japan kam es im Anschluß an die Mai­feiern in Tokio und in Kioto zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen mehreren tausend Arbeitern und Studenten mit der Polizei. Dabei wunden 1800 Personen zum Teil schwer verletzt, ein Zivilist wurde getötet. Die Polizei hat 250 Personen ver­haftet Der Sachschaden ist beträchtlich.

Die Demonstranten versuchten mehrfach, gewaltsam in den Palast Kaiser. Hirohitos einzudringen. Die Aufrührer waren teil­weise mit Lastwagen in das Stadtzent­rum gefahren, und hatten auf das Kom­mando eines Anführers begonnen, Ameri­kaner und amerikanische Fahrzeuge mit Steinen zu bewerfen. Auf Spruchbändern japanischer Kriegsinvaliden stand zu le­sen:Werde kein Soldat, sonst geht es Dir wie uns. Ausländer, welche die Vorgänge vor dem Kaiserpalast beobachten wollten, wurden angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Der Korrespondent der amerika­nischen ZeitungLife sank bewußtlos zusammen. Man sah amerikanische Sol­daten ohne Mützen und mit zerrissenen Uniformen aus dem Gedränge flüchten.

Danach zogen die Demonstranten vor

BERLIN (G.-Eigenbericht). Die Zweitei­lung Berlins kam am 1. Mai stärker als sonst zum Ausdrude, während auf dem Platz der Republik an der Sektoren­grenze über eine halbe Million Berliner ohne Zwang zusammengeströmt waren, mußten die ostberliner Arbeiter und An­gestellten 6 Stunden lang in Marschkolonne auf dem inMarx-Engels-Platz umge- tauften Lustgarten vor den Spitzen der Sowjetzonenregierung, der sowjetischen Kontrollkommission und den Delegatio­nen aus der Sowjetunion und den Volks­demokratien nüt P&l-i?-Köpfen und Trans­parenten vorbeimarschieren.

Die eindrucksvolle Kundgebung auf dem Platz der Republik die durch den dump­fen rollenden Klang der Freiheitsglocke eingeläutet und abgeschlossen wurde, ver­lief ohne Zwischenfälle. Nur im französi­schen und amerikanischen Sektor der Stadt versuchten Störtrupps der FDJ ge­gen den Wehrbeitrag zu demonstrieren. Sie wurden mit Hilfe von Wasserwerfern in den sowjetischen Sektor abgedrängt.

Heuss: Freie Presse , freie Wahlen I

Bundespräsident Heuss richtete an die Sowjets und an die Sowjetzonenregierun© die Forderung:Gebt die Presse frei, gebt die Gewähr für freie Wahlen. Wenn Ihr glaubt, daß es technisch so umständlich und schwierig ist, dann versucht es doch einmal mit Wahlen in Berlin . In Berlin wird es sich zeigen, daß es geht Heuß sagte abschließend:Uns gegenüber liegt die Ruine des alten deutschen Reichstages, seine Vernichtung 1933 war das Signal, das Fanal zur drohenden Vernichtung des freien Willens jn Deutschland , wir alle leben und arbeiten, damit dieses Haus, aus den Ruinen neu entstanden, eines Tages wieder Herberge, Heimat und Werkstatt, der deutschen Zukunft wird. Am Nach­mittag traf Heuß vor 25 000 Bewohnern aus der Sowjetzone und aus Ostberlin .

128 Millionen DM gebaut. Der Ban der Raf­finerie wird von einem Amerikaner geleitet, der im Dienste der American Standard Oil Company steht.

36M Schaß Munition sowie deutsche und italienische leichte Maschinengewehre wur­den von der Genueser Polisei in einem ge­heimen Waffenlager entdeckt.

Zwei deutsche Ingenieure trafen in Snra- baya (Indonesien) rin, um dort die Möglich­keit für den Ban einer Staatlichen Schiffs­werft xa prüfen.

Eine Atombombe mittlerer Größe wurde bei einem neuerlichen Atom bomben-Versuch in der Wüste von Nevada abgeworfen.

Nenn Personen worden getötet, als ein Flugzeug der indischen Luftverkehrsgesell­schaft in der Nähe von fh« Delhi während eines Sandstnrmes a bstfirtt e.

Während sieben Besatsungsmitglieder einer im Golf von Mexiko abgestürzten amerikani­schen Superfestung in einem Schlauchboot gerettet werden konnten, werden sieben weitere Flieger noch vermißt.

28 Personen wurden verletzt, ab sie beim Brand eines sechsstöckigen Gebäudes in NewYork panikartig die Flucht ergriffen hatten.

Ein Amsterdamer Polizist leistete einer 26- jährigen Frau Beistand, die anf der Straße niederkam und einem gesunden Baben das Leben schenkte.

Ans Italien kommt die Nachricht, daß die schwedische Fibuschanspielerin Ingrid Berg- man, die Gattin des Reg i ss eu rs Rosseiini, Anfang Juni nach ärztlicher Vora u ssic ht Zwillinge rar Welt bringen wird.

Am letzten April-Tag wurden in London 24 Grad Celsius im Schatten gemessen, die höchste Temperatur seit Juli vergangenen Jahres.

das Hauptquartier General Ridgways. Sie bombardierten das Gebäude mit Steinen und sangen die Internationale. Mehrere amerikanische Militärfahrzeuge wurden dabei umgeworfen oder zertrümmert. Während die amerikanische Militärpolizei in die Tumulte nicht eingriff, erschien die japansche Polizei und versuchte, die Aufrührer mit Tränengas und Gummi­knüppeln zu zerstreuen.

Der Aufruhr beschränkte sich nicht nur auf die japanische Hauptstadt. In Kioto und Nagoya wurden zahlreiche Polizisten bei ähnlichen Zusammenstößen verletzt. Von amerikanischer Seite wurde aus­drücklich erklärt, daß es flicht Aufgabe der US -Truppen sei, die Demonstrationen zu unterdrücken. Sie würden jedoch mit allen Mitteln Leben und Eigentum der Ausländer sichern. Am Abend standen 25 000 mit Pistolen und Tränengas ausge­rüstete japanische Polizisten bereit, um weitere Zwischenfälle zu verhindern. Amerikanische Stellen gaben bekannt, daß die Polizei Anweisungen einer kommuni­stischen Untergrundbewegung abgefangen habe, worin aufgefordert wurde, Fabriken anzugreifen, die Kriegsmaterial für die UN -Tiuppen in Korea her stellen.

Der Ministerpräsident von Nordirhein- Westfalen, Karl Arnold , rief den Sowjets zu, sie sollten durch Taten beweisen, daß sie den Frieden wirklich wollten. Das Leid und das schreiende Unrecht, das in den Zuchthäusern der Sowjetzone Tag für Tag geschehe, müsse ein Ende finden, sagte der DGB -Vorsitzende Fette. Die Be­völkerung in der Sowjetzone sei dem Ter­ror eines staatskapitalistischen Systeme Östlicher Prägung ausgesetzt, das alle Rechte abgeschafft und den Menschen zu einem Roboter herabgewürdigt habe.

Pieck drohte

Vor den Volkspolizisten und den Mit­gliedern der kommunistischen Massen­organisationen erhob Sowjetzönenpräsident Pieck im Lustgarten die Forderung nach der Organisierung einer bewaffneten Ver­teidigung der Sowjetzonen-Republik, falls der deutsch -alliierte Generalvertrag nicht verhindert werden könne und die Bundes­republik einen Verteidigungsbeitrag lei­stet Höhepunkt des Vorbeimarsches war eine Parade von mehreren tausend Volks­polizisten und Volkspolizistinnen, sowie von acht Hundertschaften der Seepolizei, die der Generalinspekteur der Seepolizei in goldbetreßter Generalsuniform anführte.

Militärparade vor Stalin

MOSKAU. Höhepunkt der Mai-Feiern in der Sowjet-Union war die große Truppen­parade auf dem Roten Platz . Auf der Tri­büne des Lenin-Mausoleums sah Marschall Stalin dem Vorbeimarsch der Truppen zu. Marschall der Sowjet-Union Leonid Go- worow nahm die Parade ab und brachte anschließend in einer Rede an die Soldaten und die Bevölkerung das traditionelle Hoch auf den'Großen Führer und Lehrer J. W. Stalin aus,den genialen Heerführer, mit dessen Namen alle Siege der Armee verknüpft sind.*

BONN (W.-Eigenbericht). Während Bun­deskanzler Dr. Adenauer und die Hohen Kommissare sich bemühen, die Verträge zur Ablösung des Besatzungsstatuts bis zum 20. Mai unterzeichnungsreif zu ma­chen, werden neuerdings von seiten aller Regierungsparteien schwere Bedenken ge­gen den Inhalt der Verträge erhüben, die eine Unterzeichnung bis zu diesem Termin erneut in Frage stellen, die Schwierigkeit, die damit auftaucht, hat außerordentliche Bedeutung. Es handelt sich nicht um eine Verzögerung um Tage oder Wochen, son­dern, unter Umständen um viele Monate.

Washington hat den Regierungen in Bonn , London und Paris mitgeteilt, daß der amerikanische Kongreß denGeneral­vertrag nur noch dann vor den Präsident­schaftswahlen ratifizieren könne, wenn er spätestens am 20. Mai von den Außen­ministern unterzeichnet sei.

Bundeskanzler Dr. Adenauer hat den Feiertag des 1. Mai benutzt, um erneut einen ganzen Tag lang mit den Holten Kommissaren zu sprechen. Trotz der Er­klärung, daß mit Ausnahme der finanziel. len Fragen, die noch immer die größten Schwierigkeiten bereiten, .fast alles ge­klärt sei, ist der Wille der Beteiligten unverkennbar, in den nächsten 14 Tagen zum Abschluß zu kommen. In dieser Lage erklärte nun nach einer ebenfalls ganz­tägigen Beratung des Vorstandes der FDP am Freitag der württembergische FDP - Afo geordnete Ernst Mayer vor der Presse,

Am Freitag herrschte in Tokio wieder normales Leben,. Unter den Verhafteten befinden sich hauptsächlich' japanische Studenten und Koreaner; die Rädelsfüh­rer haben mit hohen Gefängnisstrafen zu rechnen.

Der bisherige Oberkommandierende, Ge­neral Ridgway sagte, die Unruhen seien auf einekleine finstere Bande von Fein­den 'zurückzuführen, die unter ausländi­schem Einfluß gehandelt habe.Bedauer­liche Zwischenfälle, wie wir sie jetzt er­lebt haben, können überall und zu jeder Zeit geschehen, wenn Fanatiker Gruppen von Menschen irreführen und zu Gewalt­akten auf wiegeln. Den Feinden Japans und der Vereinigten Staaten kann es nicht ge­lingen, Mißverständnisse zwischen beiden Völkern herbeizuführen.

Was ist der Sinn dee Staates? Das Glück seiner Bürger, sagt ein alter Spruch. Uns scheint, als ob der schlichte Sinn dieses Wortes schon längst anderen Bestrebungen untergeordnet worden sei. Die Landtags­wahlen der letzten Jahre standen aus­schließlich im Zeichen der Bundespolitik. Es ging dabei, von vielen Wählern unbe­merkt, um die politische Macht im Bundes­rat. Nicht ausgesprochen, aber heute deut­lich sichtbar, auch beim Kampf tun den Südweststaat. Ebenso deutlich spürbar in den Plänen zur Neugliederung der übrigen Länder nach Artikel 29 des Grundgesetzes.

Nun ist die Vereinigung der Länder Baden und Württemberg von den Bürgern dieser Länder sicher nicht zu dem Zweck gewünscht worden, der oder jener Partei ein Uebergewicht im Bundesrat und damit den. entscheidenden Einfluß auf die Bun­despolitik zu verschaffen. Die den Zusam­menschluß wollten, dachten an wirtschaft­liche und verwaltungsmäßige Vorteile. Es waren in der Hauptsache also materielle Gründe, die für die Entscheidung aus­schlaggebend waren. Daß diese Erwartun­gen nicht eintreffen würden, hat allerdings schon im Oktober 1949 das Organ des würt- tembergischen Gemeindetages, dieWürt- tembergische Gemeindezeitung, festge­stellt. Es sei ebenso beliebt wie Irrefüh­rend, schrieb sie damals, den Südweststaat zu fordern wegen der dabei zu erzielenden Ersparnis an Verwaltungskosten. Eine sol­che Ersparnis könne jedenfalls in einem irgendwie fühlbaren Ausmaß nicht ent­stehen.

Es ist zwecklos, heute noch einmal auf diese Ausführungen nähär einzugehen und sie beweisen oder entkräften zu wollen. Die Bildung der neuen Regierung hat be­reits gezeigt, wie wenig Gewicht man den im Abstimmungskampf so kraftvoll .ver­tretenen Argumenten beizulegen gewillt ist. Statt einer Verwaltungsvereinfachung erleben wir im neuen Südweststaat eine Inflation an Ministerien, wie wir sie uns niemals hätten träumen lassen. Neun an Stelle der versprochenen vier oder höch­stens fünf! Darunter als Konzession an den mit ganzen sechs Abgeordneten in der Landesversammlung vertretenen BHE so­gar ein Flüchtlings - Ministerium, dessen Existenz deswegen völlig unsinnig ist, weil ihm kein« eigenen Mittel Zur Verfügung stehen und weil seine Angelegenheiten

die FDP halte es für ausgeschlossen, daß die Verträge bis zum 20. Mai unterzeichnet werden könnten. Mayer wies darauf hin, daß nicht nur die FDP , sondern auch die anderen Parteien, nachdem sie jetzt über den Inhalt der Verträge unterrichtet wor­den seien, die größten Bedenken hätten und auf wichtigen Änderungen vor der Unterzeichnung bestehen müßten. Ähnlich hatte- zuvor bereits der Fraktionsführer derDeutschen Partei , Dr. Mililenfeld, den Inhalt der Vertrigp kritisiert und un­ter anderem gesagt, seine Partei werde einemzweiten Versailles nicht zustim­men.

Alle drei Parteien haben Listen mit ihren Bedenken aufgestellt, über die sie im Laufe der kommenden Woche mit Bun­deskanzler Dr. Adenauer verhandeln wol. len. Die Bedenken beziehen sich auf fast alle Punkte der Verträge. Sie scheinen sich aber auf zwei Punkte zu konzen­trieren.

1. Nach Auffassung der Parteien stellen die Verträge in der jetzigen Form nicht die deutsche Souveränität her. Zu viele Rechte wollten sich die Alberten Vorbehalten, 2. in dem jetzigenGeneralvertrag dür­fen keine Verpflichtungen für eine gesamt­deutsche Regierung übernommen werden. Eine gesamtdeutsche Regierung müsse völlige Handlungsfreiheit haben, auch in bezug auf den deutschen Verteidigungs­beitrag.

Kein Stahlarbeiterstreik

WASHINGTON . Der Vorsitzende der amerikanischen Stahlarbeitergewerkschaft, Philip Murray , ordnete gestern den Ab­bruch des Streiks der 650 000 Stahlarbei­ter am. Die Stahlarbeiter waren in den Ausstand getreten, als ein amerikanisches Distriktsgericht Washington die Beschlag­nahme der Stahlgesellschaften durch Prä­sident Truman für unrechtmäßig erklärt hatte. Diese Entscheidung machte der oberste amerikanische Appellationsgerichts- hotf inzwischen rückgängig.

USA sperren Ausfuhr von Benzin

WASHINGTON . Die USA -Regierung sperrte die Ausfuhr von öl und Benzin nach allen Ländern mit Ausnahme van Kanada , da der Streik vorn 90 000 Arbei­tern der amerikanischen Ölindustrie an­dauert. Ausgenommen von dieser Be­schränkung sind nur die Ausfuhren aus KaBfomien, Oregon und Washington .

ohnedies im Benehmen mit dem Innen- und Finanzministerium geregelt werden müssen. So kann diese Stelle höchstens zu Kompetenzschwierigkeiten Anlaß geben und den Instanzenweg unnötig verlängern. Und man schuf ein Staatssekretariat ohne deutlich erkennbare Aufgaben, nur um da­mit einen um die Sache des Südwe6tstaat verdienten Parteigänger belehnen zu können.

Hier erheben sich nun grundsätzliche Fragen. Zunächst die, ob diese Art von Länderparlamentarismus, wie sie jetzt in Stuttgart praktiziert wird, auf die Dauer überhaupt erträglich ist. Schon wird der Einwand erhoben, nur der Bund sei dyna­misch, die Länder aber seien statisch. Mit andern Worten: Politik, auch Parteipolitik, sei nur auf der Ebene der Bundespolitik möglich und nötig; denn die Länder seien nur Verwaltungseinheiten. Nach dem Sinn und dem Wortlaut des Grundgesetzes sind die Länder eigenständige staatliche Ge­bilde. Der Einwand enthält also die zwar unausgesprochene, aber praktisch ange­strebte Tendenz, auf das politische und staatliche Eigenleben der Länder, zu ver­zichten und aus ihnen Verwaltungsbezirke des zentralen Einheitsstaates zu machen. Das aber widerspricht dem im Grundge­setz festgelegten föderalistischen Charak­ter des Bundes.

Eine weitere Frage ist die, ob es nicht doch möglich wäre, die Länderregierungen und Länderparlamente zu entpolitisieren. Sie ist berechtigt; denn Parlamentarismus in der Form, wie wir ihn jetzt in Stutt­gart erleben, hat ja mit Demokratie nichts zu tun. Diesem Gedanken ist der südwürt- tembergische gtaatsrat Prof. Dr. Eschen­burg nachgegangen. In einer Broschüre (Verfassung und Verwaltungsaufbau des Südweststaats), die er als Diskussions­beitrag aufgefaßt haben möchte, bezeichnet er die parteipolitischen Bindungen zwi­schen Regierung und Volksvertretung in den Ländern als sinnlos. Er will deshalb das Kabinett von dem Einfluß der Partei­politik frei machen und macht eingehende Vorschläge, wie dieser Plan verwirklicht werden könnte. Vieles von dem, was Eschenburg sagt, ist des Nachdenkens wert. Aber wir sehen auf der andern Seite auch die große Gefahr einer Steigerung der Macht des Bürokratismus, den zu bändigen dann wohl das Kontrollrecht des Parla­ments nicht ausreichen würde. In einer Diskussion über seinen Vorschlag meinte Dr. Eschenburg, daß bei der geforderten Unabhängigkeit der Regierung von Koa­litionsmehrheiten ein Minister dann eben zurücktreten müßte, wenn die Parlaments­mehrheit mit ihm nicht mehr zufrieden wäre. Das aber wäre praktisch ein rie­siger Verschleiß an Fachmännern, der auf die Dauer nicht erträglich wäre. Da scheint uns der Reformvorschlag des Ministerprä­sidenten Karl Arnold von Nordrhein-West­falen doch noch eher der Erwägung wert. Er verlangt die Abschaffung der Länder­minister und will an ihre Stelle Staats­sekretäre setzen. Das würde dem Vorbild der Schweiz und der Vereinigten Staaten entsprechen. Er verlangt weiter eine ein­schneidende Reform der Länderverwaltung mit einer größtmöglichen Vereinfachung im Aufbau. Das entspricht ungefähr dem, was wir vom neuen Südweststaat erwartet hatten. t

Uns geht es ja gar nicht darum, einer bestimmten Parteigruppe einen größeren politischen Einfluß im Bundesrat zu ver­schaffen und ihr Gelegenheit zu geben, die Politik der die Regierungskoalition tra­genden Parteien zu untergraben. Das ist eine Verfälschung des Gedankens der Län­derreform und ein Mißbrauch der Wähler­stimmen, die gutgläubig in der Erwartung gegeben wurden, daß mit dem großen Süd- weststaat etwas Besseres an die Stelle der kleinen Länder gesetzt würde. Dem Wäh­ler ging es offenbar darum, im Zusammen­wirken aller Schichten des badischen und württembergischen Volkes, aller Parteien, aller Konfessionen und Weltanschauun­gen eine wirkliche Demokratie zu schaf­fen. In Stuttgart aber hat man Demokra -

Bundespräsident sprach im freien Berlin

Maifeiern im Westen und im Osten Wasserwerfer gegen KP-Störtrupps

Schwere Bedenken gegen General vertrag

Vorbehalte der ParteienKein zweites Versailles

Auch der Süden muß gehört werden

Von Konrad Gunst