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g, 3. Mai 1952

SÜDKURIEB

Nr. 70 / Seite 2

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täe mit Parlamentarismus verwechselt und die zweifellos gute Meinung des Volkes für die Durchsetzung eines eigensüchtigen Machtstrebens ausgenützt. Diese Tatsache gibt zu ernsten Befürchtungen auch hin­sichtlich des kommenden Verwaltungsauf­baus Anlaß. ,

Wir wollen nun einmal und dar­über ist man sich in ganz Baden und auch in Südwürttemberg-Hohenzollem durchaus einig keinen Stuttgarter Zen­tralismus! Wir wollen, daß in dem neuen Land mit dem Föderalismus vcm un­ten her angefangen und nach oben Emst gemacht wird. Wir wollen eine weitge­hende Selbständigkeit der Gemeinden und Kreise. Wir wollen staatliche Mittelinstan­zen mit weitreichenden Befugnissen, deren Gebiete der Struktur de6 Landes und den geschichtlichen und traditionellen Bindun­gen Rechnung tragen. Wir wollen in den einzelnen landesteilen das Recht der Selbstbestimmung in kulturellen Fragen, hauptsächlich auch auf dem Gebiet der Schule. Wir wollen die Verwirklichung der Demokratie, angefangen bei der Familie, über die Gemeinde, die Kreise und die größeren Landschaftsverbände bis hinein in die Zentrale, die vom Wähler beauf­tragt und gestützt werden, ihn aber nicht von oben herunter beherschen soll.

Wird bei der Schaffung der neuen Ver­fassung diesen Forderungen entsprochen werden? Wir hatten gehofft, diese Ver­fassung in einträchtigem Zusammenwir­ken aller maßgebenden Parteien schaffen

zu können. Da« scheint leider nicht ge­lingen zu wollen. Viel mehr besteht di« Gefahr, daß auch in der Landesversamm­lung die kleine Mehrheit der Regierungs­koalition den Inhalt der Verfassung be­stimmen wird. Das wäre eine krasse Miß­achtung der Ansicht der südlichen Landes­teile. Man täusche sich in Stuttgart nicht. Man ist gerade im Süden des neuen Staa­tes sehr wach und hellhörig geworden. Der Kampf um die demokratischen Rechte und Freiheiten wird hier weiter gehen, weil es falsch war, an den Anfang des Südwest- staates den politschen Machtwillen einiger Parteien und Persönlichkeiten zu setzen, die nur ihre eigenen, speziellen Interessen, nicht aber einen auszugleichenden Ge­meinschaftswillen im Auge haben. Hier wurde eine Kluft aufgerissen, die nur sehr schwer wieder zu schließen sein wird.

Nocheinmal: der Sinn des Staates ist das Glück seiner Bürger. In der benachbarten Schweiz versammelten sich am vergange­nen Sonntag die Bürger der Urkantone zu ihrer traditionellen Landgemeinde. Ein alter Landmann nahm bei dieser Gelegen­heit Abschied von seinen Wählern. Dabei sprach er schlicht und einfach:Auch wir können miteinander zanken und streiten; aber trotzdem haben wir einander gern und wir möchten auch unsere Widersacher nicht missen. Das ist Demokratie. Das ist menschliche und sachliche Anständigkeit. Werden wir das in Deutschland , werden wir es im neuen Land Baden-Württemberg auch einmal lernen?

Die deutschen Berater des Königs Faruk

Gegentörichte Tendenz-Nachrichten Nicht mehr als 50 Berater

KAIRO . Zwei deutsche Berater im Ar­beitsbereich des ägyptischen Kriegsmini­steriums, der ehemalige Panzergeneral Munzel und der Miterbauer des Westwal­les . Gerhard Göller, bezeichneten die in letzter Zeit in Deutschland erschienenen Berichte über Zahl und Arbeitsbedingun­gen deutscher militärischer Berater in Aegypten als töricht undvon Sachkennt­nis ungetrübt.Trotz der selbstverständ­lichen Verpflichtung 'zur Geheimhaltung militärischer Angelegenheiten, sagte Göl­ler, könne er mitteilen, daßnicht über zwanzig deutsche militärische Berater und darüber hinaus nicht über dreißig Berater mit rein organischen Aufgaben zur Zeit in Aegypten tätig sind. In Syrien gebe es siebzehn deutsche militärische Berater. Die deutschen militärischen Ratgeber in Aegypten verteilten sich auf alle Waffen­gattungen und technischen Spezialgebiete. Sie seien mit Viertelt)ahresverträgen ver­pflichtet, könnten also kurzfristig ausschei- den.

Die Arbeitsbedingungen und das Ver­hältnis zu ägyptischen militärischen und zivilen Dienststellen seien korrekt und beiderseits von Vertrauen getragen, das Arbeitsergebnis, das von den deutschen Beratern erwartet werde, beträchtlich. Die deutschen Berater seien Jeder für sich selbst, also auf persönliche Initiative, ins

WETTERVORHERSAGE des Badischen Landeswetterdienstes

Von der Biscaya her erstredet sich eine flache Tiefdruckrinne über Frankreich und Süddeutsdi- land zum westlichen Mittelmeer . In ihrem Be­reich verursachen einzelne Teilstörungen bei uns zumindest vorübergehend unbeständiges Wetter. Wettervorhersage bis Montagabend: Veränder­liche, vorwiegend starke Bewölkung und mehr­fach schauerartige Regenfälle,, zum Teil mit Ge­witter. Anfangs noch mäßig warm mit Höchst­temperaturen um 20 Grad, später langsam fort­schreitende Abkühlung wahrscheinlich.

SÜDKURIER Chefredaktion: Alfred Gerlgk

Verantwortlich für Politik: Konrad Gunst. Nach­richtendienst: Graf Ludwig Douglas . Wirtschaft: Dr. Gustav Adolf Groß. Feuilleton: Ludwig Emanuel Reindl. Heimat: Alois Bede (in Urlaub): Herbert Steinert. Sport: Alfred Strobel. Chef vom Dienst: Helmut Jacobsen. Verlag: Südkurier GmbH., Konstanz , Marktstätte 4. Drude: Druckerei und Verlagsanstalt Konstanz GmbH. _

100 DM in Zürich : 2. 5.: 93/95 sfr.

Land gekommen. Wer in Deutschland et­was an ihrer Tätigkeit auszusetzen habe, solle bedenken, daß ein Land wie Aegyp­ten sich angesichts der gegenwärtigen po­litischen Spannungen im Mittleren Osten schwerlich anderer westlicher Berater in seinen eigenen Angelegenheiten bedienen würde, wenn keine Deutschen zur Verfü­gung ständen.

Ein anderer Deutscher, der im Bereich des ägyptischen Kriegsministeriums arbei­tet, deutete an, daß nach den letzten Ver­öffentlichungen in britischen, und deut­schen Blättern über die Tätigkeit deut­scher Berater in Aegypten demnächst auch mit einer amtlichen ägyptischen Aeuße- rung über Zahl und Tätigkeit der Deut­schen zu rechnen sei.

DP -Versammlung gesprengt

FRANKFURT . In Hessen finden am nächsten Sonntag Gemeindewahlen statt. Der Wahlkampf ist äußerst heftig. Eine Wahlversammlung derDeutschen Partei im Althoffbau in Frankfurt , auf der Bun- desverkehrsminister Dr. Seebohm sprechen sollte, mußte aufgelöst .werden, weil eine starke Gruppe politischer Gegner den Ver­sammlungsleiter und Dr. Seebohm (nicht zu Wort kommen ließ. Starke Sprechchöre riefen ständig «Nieder mit der DeutschenPartei

undNazis rau«! Die Störgrupp« setzte sich größtenteils aus Jugendlichen zusammen, unter denen nach der Feststel­lung der Polizei auch Komunisten waren.

DieDeutsche Partei wandte sich in Bonn gegen die Störung der Wahlver­sammlungen. Durch planmäßige Terror­aktionen maßgeblicher SPD -Funktionäre sei die Versammlung in Frankfurt ver­hindert worden. Freie Wahlen seien offen­bar unter der hessischen SPD -Regierung nicht möglich. Das gehe auch daraus her­vor, daß der Deutschen Partei, obwohl sie als Koalitionsparteien die Bundesregierung trage, die Benutzung de« hessischen Rund­funks nicht erlaubt worden. Die DeutschePartei behalte sich alle verfassungsmäßi­gen Schritte gegen die hessische Landes­regierung vor.

Zwei Bundestags-Nachwahlen

HAMBURG . Am Sonntag werden zwei neue Abgeordnete für den Bundestag ge­wählt: im schleswig-holsteinischen Kreis Segeiberg-Neumünster der Nachfolger für den verstorbenen Carl Schröter (CDU ), im hessischen Kreis Friedberg-Büdingen der Ersatzmann für den verstorbenen WillyKnothe (SPD ) Diese beiden Wahlen machen das Dutzend Nachwahlen voll, die nach der Bundestagswahl 1949 erforderlich wur­den.

Badischer Nothaushalt in Kraft

FREIBURG . Das vom südbadischen Landtag am 18. Mai verabschiedete Not­haushaltsgesetz für 1952 ist rüdewirkend auf den 1. April in Kraft getreten. Danach dürfen im Rechnungsjahr 1952 die zum Ver­waltungsbetrieb und zur Erfüllung der rechtlichen Verbindlichkeiten des Landes erforderlichen Ausgaben bei Beachtung größter Sparsamkeit weiterhin geleistet werden. Die laufenden Ausgaben müssen sich für den jeweiligen Zeitabschnitt an­teilmäßig an die Ansätze im Haushaltsplan 1951 halten. Gleichzeitig ist der südbadische Nachtragslbaushalt für 1951 in Kraft ge­treten, der bei Ausgaben von 19 Millionen und Einnahmen von 11,9 Millionen Mark einen Fehlbetrag von rund 7,5 Millionen D-Mark aufweist. Entgegen dem Votum des Landtags hatte der südwestdeutsche Ministerrat von den 200 beantragten zu­sätzlichen Planstellen nur 98 genehmigt.

19 jährige versuchte Menschenraub

BERLIN . Die westberliner Polizei nahm die 19jährige Sigrid Erdmann aus Char­lotteniburg wegen versuchten Menschen­raubes fest. Sie hatte einen nach Westber­lin geflohenen früheren Volkspolizeirat zu einer Zech tour in einem Mietauto über­redet. Dem Führer des Wagens kam die Sache verdächtig vor und er warnte den Mann, der das Mädchen darauf in seine Wohnung brachte und ausfragte. Hierbei gab , Sigrid Erdmann zu, daß ihr der Staatssicherheitsdienst eine Wohnungsein­richtung versprochen habe, wenn es ihr gelänge, den ehemaligen Volkspolizeirat in den Sowjetsektor zu lochen.

Die Kirchen in der Verfassung

Anregungen der Oberkirchenräte der Evangelischen Landeskirche

STUTTGART . In ihrem gemeinsamen Memorandum haben die Oberkirchenräte der badischen und der württemtoergischen evangelischen Landeskirche eine Reihe von Vorschlägen für die Ausarbeitung der künf­tigen Verfassung Südwestdeutschlande unterbreitet. Nach Mitteilung des evange­lischen Pressedienstes wird in dem Memo­randum die folgende-Präambel vorgeschla- gen:Das badische und württembergische Volk gibt sich in der Verantwortung vor Gott , dessen Herrschaft die Volmacht des Staates begründet und begrenzt, folgende Verfassung.... Die - Kirchenleitungen würden es auch begrüßen, wenn in der Verfassung eine positive Wertung der Ar­beit der Kirchen ausgesprochen würde, in­dem man deren Bedeutung für die Bewah­rung und Festigung der religiösen und eitt-

,.Heroische Komödie ' 1

Ferdinand Bruckners Spiel um Madame de Staöl in Konstanz

Ferdinand Bruckner , der Autor sehr wirksamer Bühnen werke, die in den Jah­ren vor 1933 das Programm der deutschen Theater entscheidend mitbestimmten (Ver­brecher,Krankheit der Jugend ,Elisa­beth von England), stand damals durch das Rätselraten nach seinem wahren Na­men lange Zeit im Brennpunkt neugieri­gen Interesses. Dieser wahre Name (Theo­dor Tagger ) ist seither so gut wie verges­sen. Denn zwischen damals und heute liegt die Zeit, in der die Werke auch dieses Dramatikers von den deutschen Bühnen verschwinden mußten. Für ihn selbst war es eine Zeit der Emigration. Sie haben das Interesse für Pseudonyme von einst aus­gelöscht, die zwei Jahrzehnte, die inzwi­schen die Welt erschütterten.

Geblieben aber ist das Werk des Dich­ters, das nicht verblaßte. Geblieben ist der Schriftsteller, der sich mit erregten Sinnen dem Getriebe der Welt zuwendet und es zu durchschauen und zu deuten sucht. -Er sammelt seine Eindrücke und Einsichten im Brennspiegel seines Denkens und strahlt sie durch sein Werk in die Welt zurück, zerlegt, geläutert, geordnet Niemand konnte ihm das nehmen. Die Feder des Schriftstellers ist ein leichtes Gepäck.

So schrieb Ferdinand Bruckner auch seineHeroische Komödie in der Emigra­tion, in Amerika , im Jahr vor dem Krieg, ynd das .deichte Gepäck bewies, wie . schwer es, unter Umständen, wiegen kann.

Die .Heldin derHeroischen Komödie ist eine Schriftstellerin, eine Emigrantin, eine Verbannte, eine Frau, -die auch das leichte Gepäckstück mit sich führt, das unter Umständen so gewichtig werden k ann ; eine politische Kämpferin, Gegnerin eines Tyrannen, Gegenspielerin Napoleons : Madame de StaeL Als sie, aus Paris und

Frankreich ausgewiesen, durch Europa reiste, war es wie ein Triumphzug der Be­rühmten, nicht zuletzt durch Napoleons negatives Interesse für sie.

Was sie damals praktisch politisch wir­ken und erreichen konnte, mag, verglichen mit den gewaltigen Hebelkräften der Völ­kergeschichte, gering genug sein. Wirksam über alle Zeiten hinweg bleibt ihr Bei­spiel, die geistige Tat; der Mut zum Ver­fechten der eigenen Einsicht und Meinung auch gegen den Inbegriff der Macht; die Treue zur Ueberzeugung; der Glaube an die Notwendigkeit dieser Treue und an ihre zuletzt unausbleibliche Wirkung.

Aus ihrem bunten, bewegten, stürme­reichen Leben hat Ferdinand Bruckner ein­zelne Züge ausgewählt, die geeignet schie­nen, dieSituation des geistigen Menschen in einer Entscheidung fordernden Zeit zu beleuchten und zu spiegeln. Diese Züge dramatisch zu vereinfachen und zu ver­schärfen ist eine dichterische Freiheit, von der Bruckner unbedenklich Gebrauch machte.

So entstand eine historische Parabel, in deren Mittelpunkt die berühmteste fran­zösische Schriftstellerin ihi;er Zeit und ihres Jahrhunderts steht: als Stell Vertrete­rin aller kämpferischen Denker und Dich­ter aller Zeiten. Im Vordergrund der Sze­nen die Frau, die ihr persönliches Glück, ihr Frauentum, der Mission opfert, zu der sie sich berufen fühlt. Im Hintergrund, alles überstrahlend, das eigentlich Bewe­gende: das Problem der Entscheidung des geistigen Menschen in einer politischen Zeit für oder gegen die Freiheit.

Vier Männer und damit vier Tempera­mente stellte' Bruckner spiegelbildnerisch neben seine Heldin. Da ist Benjamin Con- stant, der revolutionäre Dichter, der in Germaine de Stael sich selbst liebt und

liehen Grundlagen des menschlichen Le­bens anerkennt.

Nach den Anregungen der Gbenkirchen- rfite sollen die Kirchen wie bisher Körper­schaften des öffentlichen Rechts sein und ihre Angelegenheiten selbständig verwalten können. Sie sollen auch das Recht zur Steuererhebung haben. Durch die Verfas­sung müsse ihre öffentliche Wohlfahrts­pflege ebenso gewährleistet sein wie ihr Eigentum an Kirchengut und an Anstalten, die für Kult-, Erziehungs- und Wohltätig­keitszwecke bestimmt sind. Die Berufung von theologischen Lehrern an den evange­lisch-theologischen Fakultäten der Univer­sitäten in Tübingen und Heidelberg solle im Einvernehmen mit der zuständigen Kirchenleitung erfolgen. (Der Sonn- und Feiertagsschutz müsse verfassungsrechtlich gewährleistet werden.

ironisiert. Marschall Bemadotte, der poli­tische General, der die Welt des Macht­kampfes verläßt, um, als König im fried­fertig gewordenen Schweden dem Glück seiner Untertanen dienend, die Enttäu­schungen der Machtpolitik zu überwinden. Der Revolutionskämpfer Leutnant Rocca, dessen Glaube an seine Heldin sich in schöpferische Liebe wandelt. Der Schwäch­ling Graf Narbonne, Mitläufer der Macht auf allen Wegen, seien es nun die Napo­leons oder der Bourbonen , dem ein Leben unter dem Anspruch geistiger Entscheidung unbegreiflich ist. Dazu der Diener Fran­cois, der nicht mehr weiß, was'- Frankreich ist (Königreich, Republik , Kaiserreich?), weil er im Grunde immer nur seiner Her­rin diente:Madame ist für mich Frank­reich .

Unsichtbar, aber gewaltig mitspielend, steht über allen der riesige Schatten des Korsen, dessen Glanz und Untergang das Dunkel und das Licht der Szenen aus dem Leben seiner Widersacher bestimmen. Bruckner handelte aus sicherstem Gefühl für Gewichte, wenn er Napoleon picht selbst auftreten ließ. Gegen den Schatten von unbestimmter Kontur kann die Schrift­stellerin als Kämpferin ihr Gesicht behal­ten. Seiner Realität gegenüber wäre «i« nur ein Schatten.

Der Regisseur der Aufführung des Wer­kes im Konstanzer Stadttheater (Dr. Fried­rich Wacker) wurde dem Problemeharakter des Werkes mit Stilgefühl und logischem Verständnis sehr überzeugend gerecht. Er hatte sich für die Verkörperung der zen­tralen Rolle, in der zur Zeit eine HermineKörner auf deutschen Bühnen gastiert, eine Kraft von auswärts verpflichtet: Hilde­gard R a u p a c h. Das ist eine Schauspiele­rin von gedämpftem Heroinen-Charakter, deren Gegenwart die Bühne mit Spannung erfüllt. Eine überlegene, kluge Spielerin, die ihre Ausdrucksregister sicher be­herrscht und nutzt. Es hat den Anschein, als ob sie mit Absicht in ihrer Darstellung

Der Mord im Partisanen-Lager

Monstre-Prozesse ln Italien 777 Jahre ZuchthausROM.

(L.M.-Eigenbericht). In Italien gingen jetzt zwei Monstre-Prozesse zu Ende, die in ihrer Atmosphäre und Dra­matik an die Verhandlungen gegen die Guiliano-Bande erinnerten, Obwohl sie einen politischen Hintergrund hatten. Brescia und Lucca waren die Schauplätze. Die gesamte norditalienische Bevölkerung nahm an den Verhandlungen lebhaften Anteil. 52 Männer standen unter Mord­anklage.

Damals kämpften in Norditalien nicht- kommunistische und kommunistische Par­tisanen Seite an Seite gegen die deutschen Besatzungstruppen. Als sich der Zusam­menbruch des Hitler-Regimes abzuzeich­nen begann, versuchten die Kommunisten den Ruhm des Sieges ganz für sich zu be­anspruchen und das Land unter Kontrolle zu bekommen. Sie traten mit den jugosla­wischen Kommunisten in Verbindung und baten sie um Unterstützung. Als Gegenlei­stung wollten sie die italienischen Partisa­nenverbände, die im Gebiet von Udine operierten, Tito unterstellen. Ihr Vorhaben scheiterte jedoch. Denn einer der maßge­benden Partisanenführer, Francesco deGregor !, genannt Bolla, weigerte sich, seine Brigaden in die jugoslawisch-kom­munistische Armee zu überführen.

Die Kommunisten rächten sich dafür. An einem kalten Februar-Morgen 1945 er­schienen 150 kommunistische Partisanen in Bollas Hauptquartier. Sie hatten ihre Waffen unter den Mänteln versteckt und erzählten den Posten, daß sie Schutz vor den Deutschen suchten. Sie wurden einge­lassen und erschossen wenige Minuten später Bolla und drei andere Partisanen- Führer plünderten das Lager und töteten weitere sechzehn. Männer.

Daß die kommunistischen Partisanen in

Italien nicht vor der Ermordung ihrer an­dersdenkenden Kameraden zurückge­schreckt waren, um die Macht an sich zu reißen, hatte vor einigen Monaten bereits die Aufdeckung des Falles Holohan ge­zeigt Dieser amerikanische Major war mit zwei Kameraden über Norditalien abge- sppungen. Er hatte den Geheimauftrag, die Verbindung zwischen den vorrückenden alliierten Truppen und den Partisanen herzustellen und die Versorgung der Par­tisanen mit Waffen und Munition durch Flugzeuge zu organisieren. Er war dabei nicht geneigt, die Kommunisten zu bevor­zugen, obwohl seine beiden Untergebenen, die mit den Kommunisten sympathisierten, ihn dazu drängten. Gemeinsam mit zwei italienischen Kommunisten ermordeten die beiden Afrikaner schließlich den Major, und meldeten, daß er bei einem Feuergefecht gefallen sei.

Erst sieben Jahre später wurde auf Be­treiben von Holohans Bruder der Fall un­tersucht. Einer der beteiligten Amerikaner gestand den Mord, der andere bestritt ihn. Beide aber konnten nicht zur Rechen­schaft gezogen werden. Denn damals gab es kein Gesetz, wonach ein Amerikaner für eine Tat abgeurteilt werden konnte, die er nicht in den USA begangen hatte.

Anders stand es mit den Kommunisten, die Bolla und seine Männer getötet hat­ten. Sie mußten sich vor Gericht verant­worten. 193 Tage dauerten die Prozesse. Ein wahres Heer von Rechtsanwälten bezahlt von der Kommunistischen Partei Italiens verteidigte die Angeklagten, die die Erschießungen Zugaben, aber be­haupteten, Bolla und seine Männer wären Faschisten gewesen. 41 Angeklagte wur­den des Mordes schuldig gesprochen und zu insgesamt 777 Jahren Zuchthaus (durch­schnittlich jeder 19 Jahre) verurteilt.

Regierungen sind nicht ewig

DVP -Erklärung zur Südweststaat-Koalition

BONN . (W.-Eigenbericht.) Als Sprecher des Bundesvorstandes der FDP hat der Abgeordnete Emst Mayer am Freitag vor der Presse erneut erklärt, die Stuttgarter Regierung werde der Bundesregierung im Bundesrat keine Schwierigkeiten bereiten. Mayer wurde darauf aufmerksam gemacht, daß bei wichtigen Gesetzen eine Stimm- entflaltung der Stuttgarter Landesregie­rung im Bonner Bundesrat nicht genüge, sondern die Regierung mitJa stimmen müsse, damit das Gesetz vom Bundesrat ange­nommen werde. Er er­widerte darauf, man'sei sich in der FDP darüber im klaren, und trotz­dem werde Stuttgart der Bundesregierung keine Schwierigkeiten bereiten. 'Diese Erklä­rung Mayers kann nur so verstanden werden, daß die Stuttgarter Re­gierung trotz ihrer SPD - Mehrheit bei wichtigen Gesetzen entgegen der Stimmabgabe der SPD im Bundestag mit .Ja stimmen werde.

Mayer deutete an, daß davon die Zusammen­arbeit mit der SPD ab­hängig gemacht werde.

Auf die Frage, was ge­schehen werde, wenn die SPD sich anders ver­hielte. erwiderte der Berliner FDP - Vorsit­zende Schwennicke.dann müsse eine andere Re­gierung gebildet wer­den, und auch Mayer meinte:Regierungen

sind nicht für ewig.

Er wies darauf hin, daß

es an der CDU liege, eine Verfassung für den neuen Südweststaat zustan­dezubringen, nach deren Verabschiedung ohnehin eine neue Regierung gebildet werden müsse. Den Gedanken an Neuwah­len wies er für den Augenblick von sich.

Die Erklärungen Mayers wurden vor der Presse nach der Vorstandssitzung der FDP abgegeben, die si diunter anderem auch mit der Stuttgarter Regierungsbil­dung beschäftigt hat.

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Entweder stimmt

was mit dem Bauplan nicht, oder die Belashyig ist zu groß. (H. Gutschow

dem Gefühl den Vorrang vor den intel­lektuellen Zügen lasse. Um so wirksamer erheben sich die Gipfel der unvermeid­lichen pathetischen Deklamation an den Höhepunkten der Handlung. Ihr stellte der Regisseur die männlichen Partner mit exakter Abstufung der Werte gegenüber: Heinz Jörnhoff als einenConstant, der seine Liebeskraft hinter sorgfältig ge­spielter Bosheit und Dekadenz verbirgt. Hans A n d r 6 alsBemadotte wohl allzu hausväterlich in Maske und Geste, aber sorgfältig und überlegt sprechend. Günter Z u 11 a alsRocca, wie aus einem Kupfer der Zeit gerissen, geradlinig naiv und hau­degenhaft gläubig.- Jochen Kroeber, ein Narbonne , wie geboren für die Rolle des ewigen Mitläufers, Konjunkturisten und Versuchers, trüb und grau und wesenlos. Guido v. K a u 11 a, der Diener mit Di­stinktion, der alles, was er tut und sagt, im Schlaf tun und sagen könnte.

Die Bühnenbilder von Paul Josef Ko- manns, mit farblich gut abgetönten Vor­hangdekorationen ..vor Schauplatzprojek­tionen im Hintergrund Paris , GenferSee , Stockholm gaben reizvolle Spiel­situationen. Nur ein häßlicher kleiner Schreibtisch, Ebenholz mit Perimutter­intarsien, der von Paris nach Coppet , Stockholm und zurück wandert, sollte nicht öfter als einmal sich zu zeigen wagen.

Das Theater war zwar nicht ausverkauft aber gut besucht; man spürte im Zu­schauerraum eine Stimmung von Auf­nahmebereitschaft und Einverständnis, die sowohl durch die Bestätigung des Inten­danten in seinem Amt wie durch den Charakter der Aufführung erklärbar ist. Zum Schluß rief überzeugter Beifall das kleine Ensemble und insbesondere die Hauptdarstellerin immer wieder an die Rampe. Das Stadttheater in Konstanz hat damit eine Aufführung verarbeitet, die sich in den Wochen des mächtig anlaufen­den Fremdenverkehrs wohl sehen lassen kann. L. E. Reindl

150 Jahre Berliner Humor Seines Freundes E. O. Plauen, des Schöpfers vonVater und Sohn, gedachte Werner Finck , als er die vom Berliner KarikaturistenklubDie Wolke gemein­sam mit dem Westberliner Senat veran­staltete150 Jahre Berliner Humor im Rathaus Schöneberg eröffnete. Die Aus­stellung enthält etwa 500 Arbeiten Berli­ner Künstler von Daniel Chodowiecki bis heute. Neben Werken aus dem 19. Jahrhundert von Chodowiecki, Gottfried Schadow, Theodor Hosemann, Adolph Menzel, Max Slevogt zeigt die Schau aus den letzten Jahrzehnten charakteristische Blätter von Heinrich Zille , George Groß , Paul Simmel , Walter Trier , Marcus Beh- mer, Fritz Koch-Gotha und E. O. Plauen.

WernerFink, der bekannte Kabaret­tist und Conferencier, beging am 2. Mai seinen 50. Geburtstag.

Professor Dr. Hermann Erpf ist als Nachfolger Prof. Kellers zum Direktor der staatlichen Musikhochschule Stuttgart ernannt worden. Professor Erpf ist 61 Jahre und gehört der Musikhochschule seit 1943 an. Er ist als Musiker und Komponist sowie Wissenschaftler hervorgetreten.

Heute abend in Samarkand heißt ein Erfolgsstück von Jaques Deval, dem Autor vonTowariscb, das nach lan­ger Aufführungsserie in Paris jetzt vom Salzburger Landestheater in deutscher Sprache erfolgreich erstauf geführt wurde. Es spielt im Zirkusmilieu, mit Tigerdotnp- teusen, Zirkuszauberer, Jongleurpaar und Kriminalkommissar in Hauptrollen und kommt dem Publikum mit erwünscht sinn­lich-übersinnlichem Hokuspokus nicht ohne nachdenkliche Hintergründe. Dr. H

Ein Benrath -Archiv, da» dem 1949 in Italien gestorbenen Schriftsteller I Henry Benrath gewidmet ist, wird am : 5. Mai, Benraths 70. Geburtstag in Fried- j berg in Hessen , dem Geburtsort des I Schriftstellers, eröffnet.