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Fahrstraßen überall gut befahrbar waren. Etwas
anderes ist allerdings die Schlammperiode im
Frühjahr, die schon deshalb naturnoswendig ist,
weil ja durch die Schneeschmelze eine Schlamm¬
periode unausbleiblich ist. Denn daß die Ost¬
gebiete überhaupt ohne Schnee bleiben, das ist
bisher noch nicht erlebt worden. Diese ausblei¬
bende Schlammperiode hat als\ für uns genau so
wie für den Gegner Vorteile und Nachteile, die
einander wohl aufwiegen.
Wenn man nach den letzten Krisenmonaten
•un aber Urlauber von der Ostfront spricht so
lat die Tatsache überaus bemerkenswert, daß heute
wie in den vergangenen Jahren der deutsche Sol¬
dat von einem absoluten Gefühl der
Ueberlegenheit gegenüber den sowjetischen
Truppen beseelt ist Das ist nickt etwa eine Gro߬
mannssucht oder eitle Frahlerei, sondern das ist
ein sicheres und gesundes Gefühl, das in hunder¬
ten von Schlackten erhärtet worden ist. Die so¬
wjetische Ueberlegenheit an Mensdien und Ma¬
terial ist mlckt zu leugnen. Der deutsche Soldat
weiß auch um diese Ueberlegenheit, aber er
fürchtet sie trotzdem nickt. Er ist vom absoluten
Glauben behrrscht, daß diese Ueberlegenheit allein
Stalins neuester Theatercoup: Vertrag mit Beriesch
Der Zweck: ein Köder Moskaus, um Dumme zu fangen
dnb. Stockholm, 14. Dez. Der Sender Moskau
und Reuter veröffentlichen nunmehr den Wortlaut
des Paktes, den Stalin mit Benesch geschlossen
hat Der Pakt enthält sechs Artikel, in denen sehr
viel von „Freundsröaft" und „Nackkriegszusam¬
menarbeit" die Rede ist. In Artikel 4 wird diese
freundschaftliche enge Zusammenarbeit" dahin
charakterisiert daß sie „dem Prinzip der gegen¬
seitigen Respektierung der Unabhängigkeit und
Souveränität des anderen gerecht“ werde und „die
Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten
des anderen Staates" gewährleiste. Dieser Artikel
4 ist deshalb besonders bemerkenswert, weil er
dem Wortlaut des Artikels 5 des Paktes ent¬
spricht, den Sowjetrußland seinerzeit mit den
Baltenstaaten geschlossen hatte. Genau so wenig,
wie sich Stalin damals an diese hohe und heilige
Versprechung gehalten und die Baltenstaaten, als
ihm der Zeitpunkt gekommen schien, geschluckt
hat, wird er sich durch die Phrase erstarrte Ver¬
sickerung im Artikel 4 des Paktes mit Benesch
den Sowjets niemals den Sieg bringen wird und Kunden fühlen,
bringen kann. Jeder Truppenführer weiß, daß Wert des Paktes ist bereits mit dem eben
dieses Ueberlegenheitsgefühl sich dann vermindert, i skizzierten Artikel 4 gekennzeichnet. Man wird
wenn die Truppen gezwungen sind, Gelände auf-I a '*° 8 ut bin, dieses sogenannte Abkommen auf
zugeben und planmäßig zurückzugehen. Solche ^iue Linie zu stellen mit der angeblichen Komin-
Rückzüge sind ja in den letzten Monaten für uns
notwendig geworden. Das Ueberlegenheitsgefühl
hat sich trotzdem nickt vermindert und das Ist ein
vollgültiger Beweis für den Kampfwert
der deutschen Soldaten.
Wenn wir uns jetzt auf das alte Clausewitz-
Wort beziehen, daß die Verteidigung an sich die
stärkere Kampfform ist, so sind die deutschen
Truppen doch nicht in einer Defensive, die nur
Defensive ist. Die moderne Verteidngung kann
noch weniger als fHiher auf den begrenzten offen¬
siven Gegen schlag verzichten und unsere Führung
tut das auch nicht. Unsere Gegensdtläge, die im
Raum von Shitomir als auch bei Kriwoj Rog und
auch in anderen Gebieten geführt worden sind,
beweisen vollgültig die Kampfkraft unserer Ost
armee. Diese Schläge werden stark und kraftvoll
geführt. Der gegenwärtige Verlauf der Ostfront
ist ncwh keineswegs stationär. Soviel ist jedenfalls
sicher, daß gerade' die Gegensdtläge der letzten
Wochen beweisen, daß die deutschen Armeen im
Osten in der Lage sind, etwaige gegenwärtige
Nachteile der Ostfront auszugleichen und sich
dort Vorteile zu sickern, wo dies notwendig er¬
scheint Ein Blick auf die Karte läßt erkennen,
daß die Sowjets mit allen Mitteln versuchen, den
Zugang zur Krim zu öffnen. Bisher sind aber alle
diese Versuche gescheitert, und eingedungene
Kampfgruppen des Gegners werden, restlos ver¬
nichtet. Auch auf der Halbinsel Kertsch, wo nach
der Räumung der Taman-Halbinsel durch die
deutschen Truppen ein Angriff erwartet werden
mußte, ist eine Erweiterung der Landeköpfe nicht
gelungen. Gerade hier haben die Sowjets schwere
Verluste buchen müssen. Die deutsche Führung
sieht der weiteren Entwicklung auf der Krim
Halbinsel mit absolutem Vertrauen entgegen. Die
deutsch-rumänischen Truppen haben ihre Vertei¬
digungskraft unter Beweis gestellt
In diesen Tagen vor dem Eintritt des fünften
Kriegswinters müssen aber noch einmal gerade die
Leistungen der Infanterie voll gewür¬
digt' wefden. Das Oberkommando des Heeres
blickt voller Zuversicht auf die deutsche Infan¬
terie, die auch in schwierigen Wochen und in den
schwierigsten Lagen nicht verzagt hat Wenn von
der Unbill des Wetters gesprochen wird, so muß
gerade die Infaneterie immer am meisten darunter
leiden, aber sie hat trotz dieser Entbehrungen
niemals versagt und es Ist deshalb auch selbst¬
verständlich, daß die Hauptsorge unserer Führung
in diesem Winter der deutschen Infanterie gilt, der
jede nur denkbare Erleichterung zuteil werden
muß.
Wir werden ln den Winter gehen und wir wer¬
den durch den Winter hindurchgehen, aber es
wird dann auch der Tag kommen, an dem die
deutsche Wehrmacht in stärkster Anspannung für
den Tag der Entscheidung bereit sein wird.
Oslo. Ministerpräsident Quisling nahm in feier¬
licher Form die Verleihung des kürzlich gestifteten
norwegischen Frontkämpferabzeichens ! m Rahmen
einer Großkundgebung von Nasjonal Sämling an
353 ln Oslo ansässige freiwillige Frontkämpfer
vor.
tem-Auflösung und der Bischöfskomödie, die
Stalin kürzlich inszeniert hat Benesch hat sich als
Lockvogel hergegeben, der Immer dann eingesetzt
werden soll, wenn es gilt, Dumme auf den Lelm
kriechen zu lassen. Der Vertrag soll die Sowjets
als loyale -Vertragspartner empfehlen und die
wahren Europapläne des Bolschewismus ver¬
schleiern.
Benesch hatte schon Immer davon geträumt, der
Schrittmacher Stalins für Europa zu werden, Als
er noch in der sogenannten tschechisch-slowaki¬
schen Republik das Regiment führte, hat er schon
alles daran gesetzt um sich bei dem Kreml-Dik¬
tator Liebkind zu macken. Der Bolschewismus
wiederum hatte die frühere Tscheche-Slowakei ge¬
wissermaßen als das Flugzeugmutterschiff bei der
Einkreisung Europas vorgesehen und dement¬
sprechend seine Vorbereitungen getroffen. Das
slowakische und tschechische Volk können ohne
Sorge den Träumen des Emigrantenhäuptlings Be¬
kanntgegeben. — Die Entsendung der MUitärmis-
sion ist die konsequente Fortsetzung der PoUtik,
die der Kreml mit seinen Intrigen in Serbien ver¬
folgt Nachdem der Bandenhäuptling Tito zum
bolschewistischen Marsdiall ernannt worden Ist,
wird nunmehr der neu ins Leben gerufenen ser¬
bischen Bolschewistenregierung ein getarntes bol¬
schewistisches Oberkommando an die Seite ge¬
stellt Auf diese Weisp versucht der Bolschewis¬
mus, in seinen Bolschwisierungstendenzen der
serbischen Rebellen einen Schritt voranzukommen.
Es knistert fan Empire
d. Stockholm, 14. Dez. Die für weite englische
Kreise erschütternde Erklärung des südafrikani¬
schen Ministerpräsidenten Smuts über den Rück¬
gang der Macht Englands und des Empires findet
ihren realistischen Niederschlag in der Mitteilung
der amerikanischen Zeitschrift „Life“, wonach sich
77 vH. der australischen Bevölkerung
für die Errichtung von militärischen Stützpunkten
der Vereinigten Staaten auch nach dem Kriege er¬
klärt haben. —'Australien fühlt sich im Schutze
Englands nicht mehr sicher genug. Die Kriegsent-
wicklung richtet Australiens Interessen nach dem
Niedergang der Machtstellung Englands im Fernen
Osten immer stärker auf die Vereinigten Staaten
aus. Washington ist selb stverständlidi fest ent¬
schlossen. auch hier eine Chance wahrzunehmen
und sich auf Kosten Englands auch auf australi¬
schem Boden immer tiefer einzunisten.
Hohes Kopfgeld für Ergreifung eines Kurdenführers
dnb. Ankara, 14. Dez. In der ln Mossul er¬
scheinenden Irakischen Zeitung „Fata Al-Iraq" er¬
schien vor kurzem eine Notiz, die ein bezeichnen¬
des Licht auf die innerpolitischen 'Verhältnisse im
Irak wirft. Die Notiz lautet: „Es ist beschlossen
worden, eine Geldprämie in Höhe von 1000 Dinar
(1 Diar — 1 englisches Pfund) an denjenigen aus¬
zubezahlen, der Mullah Mustafa AI-Barzani lebend
oder tot der Regierung ausliefert. Für die Aus¬
lieferung eines jeden Mannes seiner Partisanen
werden SO Dinars ausbezahlt."
Die Aussetzung eines solchen Kopfgeldes für
■WiqinriSS^
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nesch und den dunklen Absichten Stalins Zusehen, die Ergreifung eines politisch bekannten Kurden-
da sie sich Im Schutze der deutschen Wehrmacht führers und seiner Anhänger im nördlichen Irak
befinden.
England und der Pakt
dnb. Stockholm, 14. Dez. Wenn England mit
süßsaurer Miene den Vertrag Stalin—Benesch
preist und englische Blätter seine Vorzüge und
seine Bedeutung für das Nackkriegseuropa her¬
vorheben, dann ist das ein Selbstbetrug, denn
man wird sich in London darüber klar sein, daß
die Hoffnung auf einen sogenannten „Cordon
Sanitaire", der Europa durch eine Föderation klei¬
ner Staaten gegen den bolschewistischen Drang
nach Westen sichern sollte und von dem London
vor der Moskauer Konferenz so viel geredet hat,
nunmehr besiegelt ist Die Antwort auf seine
Wünsche hat England von dem sogenannten stell¬
vertretenden tsehedio-slowakisdhen Außenminister
Ripka erhalten, der von London 1 aus einige
Feststellungen zu dem Pakt Stalin—Benesch ge¬
geben hat Ripka feiert dieses Abkommen als
„die erste aufbauende Grundlage einer Allianz
des mächtigen Sowjetrußlands mit den anderen
Nationen Mitteleuropas“ und bebt mit besonde¬
rem Nackdruck hervor, daß die Tschecho-Slowakel
„zum Unterschied von den westlichen Ländern in
der bolschewistischen Revolution kein Hindernis
für eine Rückkehr Rußlands nach Europa sehe,
im Gegenteil eine historische Gelegenheit für das
wiederhergestellte Sowjetrußland, das den Fort¬
schritt Europas schon übertraf, voll an der euro¬
päischen Zusammenarbeit teilzunehmen. Hier also
wird den Engländern klar und deutlich zu ver¬
stehen gegeben, daß die tsckecko-slowakiscke
Emigration nichts mehr von England erwartet und
mit London künftig auch nichts mehr zu tun
haben will.
Stalin schickt „MÜJtärmlssion nach Serbien"
dnb. Stockholm, 14 Dez. Reuter gibt eine Mit¬
teilung des Moskauer Rundfunks wieder, nach der
die Sowjetregierung beschlossen habe, eine MUL-
tärmlssion zu dem serbischen Bandenhäuptling
Tito zu entsenden. Dieser Beschluß, so beißt es,
wurde ln einer Sondererklärung des Volkskom¬
missariats für auswärtige Angelegenheiten be¬
zeigt, daß es in diesem von England und seinen
Verbündeten angeblich befriedeten Land nicht ge¬
rade zum besten steht.
Krementschug — Kriwoj Rog
37,6 Prozent mehr als Im Vorjahr
42,1 Millionen'EM. bei der dritten ReidisstraSa^
Sammlung
dnb. Berlin, 14. Dez. Die am 20. und 9t.
November durchgeführte dritte Reichsstraßen-
sammlung des Kriegs-WHW. 1943 44 hatte ein
vorläufiges Ergebnis von 42 135 807.83 RM. Bet
der gleichen Sammlung des Vorjahres wurden
30 623 246.03 RM. aufgebracht: Es Ist somit eina
Steigerung des Ergebnisses um 11512 561.82 RM.
gleich 37,6 Prozent zu verzeichnen.
Acht neue Ritterkreuzträger
dnb. Führerhauptquartier, 14. Dez. Der Führer
verlieh das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes an:
Generalmajor Kurt Röpke. Kommandeur einer
Infanterie-Division, Leutnant d. R. Johannes
Rompzldc, Kompanieführer in einem Grens-
dier-Regt., Feldwebel Heinrich Stretmann,
Zugführer in einem Grenadier-Regiment, Oberge¬
freiten Siegfried Amerkamp, stellv. Gruppen¬
führer in einem Grenadier-Regiment, Obergefrei¬
ten Otto Greese, Maschlnengewehrsdiütze ln
einem Grenadier-Regiment, Obergefreiten Johann
Windlsck, Gruppenführer in einem Grenadier-
Regiment, und auf Vorschlag des Oberbefehls¬
habers der Luftwaffe an: Hauptmann Bordiert,
Staffelkapitän in einem Jagdgeschwader, sowie an
Oberleutnant Mayerl Staffelkapitän in einem
Jagdgeschwader.
Ereignisse aus aller Welt kurz gemeldet
Stockholm. Die Londoner „Financial News" be¬
schäftigen sich ln sorgenvollen Betrachtungen er¬
neut mit der nordamerikanischen Handelskonkur¬
renz. Sie erklären, amerikanische Industrielle ver¬
langten immer stärker einen unterbewerteten Dol¬
lar, um mit Ihm die überseeischen Märkte leichter
erobern zu können.
Stockholm. Die „Tito"-Krise hat nach einer
Londoner Meldung in „Stockholms Tidnlngtn" den
Exkönig Peter gezwungen," seine Londoner Reise
und damit auch seine Hochzeit mit der griechischen
Prinzessin Alexandra auf unbestimmte Zeit zu
verschieben.
Helsinki. Eine von dem finnischen Reeder Box¬
berg in Helsinki konstruierte neue Rettungsboje
konnte im Hafen von Helsinki vor einem Saeh-
verständigenausschuß mit größtem Erfolg die
Probefahrt durchführen.
Mailand. Eine einzigartige Demonstration er¬
eignete sich in Neapel, wo am 6. Dezember alle
Apotheken zum Protest gegen den katastrophalen
Arzneimittelmangel in gpnz SüditaUen, der be¬
reits epidemieartige Krankheiten heraufbeschwo¬
ren hat, geschlossen bUeben. Vorstellungen bei
der anglo-amerikanischen Besatzungsmacht blieben
ergebnislos.
Genf. Daily Sketsch zufolge protestierte eine
Abordnung der Nationalen Landwirtschaftsver¬
einigung gegen die vom Landwirtschaftsminister
erlassene Verordnung über das Umpflügen von
Weideland zur Vermehrung der Anbaufläche für
Brotgetreide. Es wird Einstellung des Regierungs¬
programms verlangt, weil sonst die Durchhaltung
der Viehwirtschaft auf unüberwindliche Hinder¬
nisse stoße.
Genf. Die englische landwirtschaftliche Ver-
suckssation Kew Gardens muß nach einem Bericht
der „Times" zugeben, daß es Ihr nicht gelungen
ist, der Kartoffelkrankheit auf afrikanischem Bo¬
den und in den englischen Mittelmeerländem
Herr zu werden.
Genf. Im Lokalteil der britischen Zeitungen
mehren sich die Berichte fibdr verhängnisvolle
Bruchlandungen großer englischer Bomber.
Rom. 500 italienische Soldaten, die ln Nord¬
afrika gefangengenommen und kürzlich nach
Neapel transportiert wurden, sind aus dem Kon¬
zentrationslager, von wo sie auf Befehl Badog-
lios an der Seite der Anglo-Amerikaner an der
Front eingesetzt werden sollten, ausgebrocheh.
Tokio. Mehr als 20 feindliche Flugzeuge- ver¬
suchten am 10. Dezember einen japanischen Stütz¬
punkt auf den Marsdiallinseln anzugreifen. Japa¬
nische Jäger schossen fünf Feindflugzeuge ab und
konnten den Rest verjagen. Auf japanischer Seite
wurde ein Jäger beschädigt.
Bangkok. Um die Inder in den Hungergebieten
etwas zu beruhigen, trifft die britische Indien¬
regierung nunmely einige Scheinmaßnahmen. So
will sie die Uberschußprovinzen zwingen, eine
Preiskontrolle einzuführen und das Brotgetreide
zu rationieren.
Schanghai. Eine der größten Untergangskata-
strophep in der Geschickte der chinesischen Flu߬
dampfschiffahrt spielte sich am Donnerstag auf
dem Yangtsekiang ab. Ueber 1000 chinesische
Dampferpassagiere, meist kleine Händler, er¬
tranken.
Buenos Aires. An Bord des britischen Dampfers
„Baroneß" im Hafen von La Plata Ist ein Brand
ausgebrochen, der sich durch den starken Wind
rasch ausbreitete. Der Feuerwehr gelang es jedoch,
den Brandherd einzudämmen. Ueber Ursache und
Schaden ist noch nichts bekannt.
Der Dichterarzt Hans Carossa
Zum 65. Geburtstage am 15. Dezember
Es war ein eigenartiges Gefühl, als einem
Freunde des Dichterarztes Hans Carossa im er¬
oberten Feindesland zu Anfang dieses Krieges
inmitten fremdsprachiger Literatur in einer klei¬
nen Bibliothek das erste gedruckte Gedichtbänd¬
chen Carossas — unaufgeschnittenl — entgegen¬
fiel. 1910 erschien das schmale Bändchen — 1943
kam das 35. Tausend ln erweiterter Fassung her¬
aus, gewiß ein Erfolg für
diese zarten lyrischen Gebil¬
de, in denen sich des Dich¬
ters besinnlich-tiefsinnige We¬
sensart so ganz offenbart.
Carossa ist so recht eia ^ „
Beispiel für die glückhafte c -V *
Blutmischung von Nord und»- * ü*
7.eidimjitg Gerull / DPZ
Süd, stammt seine Familie
doch aus dem freilich noch
viel nordisches Blutserbe auf
weisenden Oberitalien. Als
Sehn eines Landarztes ist er
am 15. Dezember 1878 in
Bad Tölz geboren worden,
und in dieser halb bäueri¬
schen, halb kleinstädtischen
Umgebung verlebte er seine erste Jugend, hell¬
hörig. naturliebend und von menschenfreund¬
lichem, hilfsbereitem Wesen. Nach dem Studium
der Medizin läßt er sich zunächst 1903 als Arzt
in Passau nieder, ehe er 1914 nach München über¬
siedelt, um aber bald als Kriegsarzt nach Rumänien
zu gehen, wo das allerdings erst 1924 erschienene
„Rumänische Tagebuck“ entsteht. Bereits 1913
hatte er in „Doktor Bürgers Ende" eine Art Selbst¬
bekenntnis als Arzt abgelegt, wie auch die in den
„Verwandlungen einer Jugend" (1928) fortgeführte
Selbstbiographie .Eine Kindheit" (1922) eigenes
Erleben, aber projiziert auf eine allgemein gültige
höhere Ebene schildert. Die weitere Fortsetzung
hiervon bildet das gleichfalls in einem kristall-
klaren Stil geschriebene „Jahr der schönen Täu¬
schungen" (1941), eine harmonische, den Leser be¬
reichernde Entwicklungsschilderung. Im Grunde
genommen kreisen Carossas große Werke sämt¬
lich um die Probleme der Entwicklung, Erziehung
und des Arzttums, doch sind sie im Gegensatz zn
den oft selbstquälerischen Selbstanklagen und
Seelensezierungen mancher anderer Dichter von
einer beglückenden Harmonie, eine Ruhe aus
strahlend, daß man in jeder Zelle die urgrundtiefe
aus letzten Quellen stammende Selbstsicherheit,
aber auch Güte des Dichters spürt Dies gilt so
gut von dem wohl am meisten gelesenen Prosa¬
werk des Dichters „Führung und Geleit" (1939)
wie auch dem „Arzt Gion" (1931) mit den tiefen
Gesprächen über die Aufgaben des Arztes. Immer
sind Carossas lebensgesättigte Bücher, ohne daß
darin eine buntbewegte Handlung geschildert wür¬
de, voll tiefer Lebensweisheit; immer zeigen sie
im Ringen um den hohen Sinn des Lebens reifende
und gereifte Charaktere, Menschen voller Streben
nach den ewigen Werten und Zielen.
So ist es auch mehr als begreiflich, daß Hans
Carossa 1938 der Goethe-Preis verliehen wurde
und der Dichter aus diesem Anlaß in einer Rede
über Goethes Wirkungen in der Gegenwart ein
Bekenntnis zum Goetheschen Bild vom harmoni¬
schen Menschen ablegte. Denn das Menschentum
des Diditerarztes Carossa lebt aus der Erkennt¬
nis dessen, was den Menschen allzeit zum Gött¬
lichen hebt Von diesem Streben und Wissen sind
seine Bücher allesamt durchglüht, die manchmal
volksliedhaften Gedichte wie auch die Prosawerke,
deren Sprache so überaus gepflegt ist daß selbst
Prosasätze wie geschliffene Aphorismen wirken,
well sie so ganz den Erfahrungen eines hellen,
innigen und volknahen, dabei naturverbundenen,
ehrlichen und ehrfürchtig zur Vollendung streben¬
den Lebens entnommen sind. DPZ.
Die Schätze von Montecassino
Die von den deutschen Truppen gerette¬
ten und des päpstlichen Behörden über¬
gebenen Kunst- und Bücherschätze des ehe
maligen Benediktinerklosters von Monte¬
cassino enthalten kulturgeschichtliche Kost¬
barkeiten ersten Ranges.
Das Kloster Montecassino in der italienischen
Provinz Caserta, nördlich von Neapel, war eine
der ältesten und berühmtesten Benediktinergrün¬
dungen, erbaut im Jahre 529. Es liegt festungs
artig ahf einem 519 Meter hohen Berge, in der
Nähe der Stadt Gassino. Dreimal wurde es zer
stört; 589, 884 und 1349, aber jedesmal wieder
neuerbaut. Die zum Kloster gehörende Kirche
stammt aus dem Jahre 1727. Ihr Inneres ist reich
mit kostbarem geschnitzten Gestühl, Marmor,
Mosaiken und Wandmalereien ausgestattet Das
Kloster wurde 1§66 zum Nationalheiligtum erklärt
Es hat für fast vierhundert Mensdien Raum und
erhielt in neuerer Zeit auch einen Leuditturm und
eine Wetter- und Erdbebenwarte mit Observa¬
torium.
Uralte, ehrwürdige Stätten umschließt das Ge¬
bäude, so die Zelle des hl. Benedikt Kulurge-
sckicktllck bemerkenswert ist ferner, daß im Klo¬
ster Montecassino eines der ältesten germanischen
Geschichtswerke entstand, die „Historie Lango-
bardorium“ (Geschichte der Langobarden) des
Paulus Diaconus.
Unersetzlich aber wäre der Verlust der Bücherei,
die in dem Kloster aufbewahrt wurde und deren
wichtigster Bestandteil jetzt von der deutschen
Wehrmacht in Italien vor drohender Gefahr be¬
wahrt und dem Vatikan übergeben wurde. Die
Handschriften, Bücher und Urkunden, die dort
lagerten, sind von unschätzbarem Wert. Die Mon-
tecassinische Bibliothek, gesammelt in mehr als
1500 Jahren, umfaßt weit über 120 000 Nummern,
davon 80 000 gedruckte Bände, 40 000 Urkunden
und 1200 Handschriften. Diese Schätze stellen
geschichtlich und literarisch einen Wert dar, dessen
Verlust nicht Italien allein, sondern die ganze
Kulturwelt aufs schmerzlichste beklagen müßte.
Unter anderm wurden in Montecassino vollzählig
sämtliche päpstlichen Bullen, die das Kloster be¬
treffen, vom elften Jahrhundert an, aufbewahrt.
Die Geschichtsschreibung findet hier an die 800
Urkunden von Herrschern und Fürsten — von
Kaisern, Königen und Herzogen, die einmal an
den Schicksalen Italiens und Europas mitwirkten.
Zu den besonderen Kostbarkeiten der Monte-
cassinlschen Manuskripte zählen der handschrift¬
liche Kommentar des berühmten Kirchenvaters und
reUgiös-phUosophischen SdiriftfteUers Origines
über den Römerbrief und die handgeschriebenen
Werke Dantes, mit Randbemerkungen, aus dem
14. Jahrhundert. Die antike Literatur, von der der
Nackwelt leider sehr viel verloren gegangen ist,
vor allem durch die Brandvemichtung der alexan-
drintschen Bibliothek, ist in der Sammlung von
Montecassino mit einigen Werken vertreten, die
wir heute vermutlich nicht besäßen, wenn sie nickt
der gelehrte und wissensckaftsbegeisterte Abt
Desiderius (gestorben als Papst Viktor UL im
Jahre 1087) in Montecassino für die Welt gerettet
hätte. Es sind dies die Werke des größten römi¬
schen Geschichtsschreibers Tracitus. des liebens¬
würdigen spätrömischen Dichters und Erzählers
Apuiepius, der unter anderm das reizende Mär¬
chen „Amor und Psyche" schrieb, das im Jahre
116 v. Chr. geborenen Kulturhistorikers Marcus
Ferentius Varro und mehrerer anderer bedeuten- v
der antiker Autoren.
Verleger Alfred Reiff (bei der Vebrmadit). Stellvertr. Ver-
japleiter and Anzeigenleiter Rudolf Berton Hauptschnft-
Meiter Carl Forst Fernruf 1756, 1757. (Prcisliite Nr. I.)
Drodt und Verlag A. R»ff De Cie., Offen bürg.
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