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Unser Heer braucht Waffen und Munition. Habt Ihr nicht
Hindenburgs Brief gelesen?
„Erne unsühnbare Schuld nimmt derjenige auf sich der
m der Heimat stiert statt zu arbeiten. Für Eure Schuld
muhten unsere Feldgraue bluten."
Wer wagt es. dem Rust Hindenburgs zu trotzen? Ein
Hundsfott, wer streikt, solange unsere Heere vor dem Feinde
stehen!
Hiermit ordne ich an, daß unverzüglich in den Rüsttmgs-
betricben aller Art hochgesinnte Arbeiter, mutige Männer und
Frauen sich zusammentun und ihre Kameraden aufklärcn, was
dir Not der Zeit und die Zukunft des Vaterlandes o»n uns
Men fordert: Arbeit und wiederum Arbeit bis zum glück¬
lichen Ende des Krieges. Diese mutigen Arbeiter sollen rück¬
sichtslos gegen alle diejenigen Vorgehen, die Hetzen und auf¬
reizen. um dem Heere die Waffen und die Munition zu ent¬
ziehen. Leset Hindenburgs Brief immer wieder und Ihr werdet
crkrnnen, wo unsere schlimmsten Feinde stecken. Nicht draußen
bei Arras. an der Aisne und in der Champagne — mit diesen
werden Eure feldgrauen Söhne und Brüder fertig. Nicht drüben
in London. Mit diesen werden unsere Blaujacken auf den Unter¬
see-Booten gründliche Abrechnung halten. Die schlimmsten
Feinde stecken mitten unter uns — das sind die Kleinmütigen
um» die noch vie> Schlimmere», dj« zum Streik Hetzen. Niese
müssen gcbrandmarkt werden v«r dem ganzen Volke, diese
Verräter am Daterlande und am Heer«. Etn Feigling, wer
auf ihre Worte hört. Leset im Reichsstrafgesetzbuch, was § 89
über den Lanugo..:at >i Wer wagt es, nicht zu arbeiten
wenn Hindenburg es befiehlt?
Der Brief Hindenburgs und dieser Aufruf sind in ollev
Ri-stungsbetricb-n so anzuschlagen, daß jeder Arbeiter tagtäglich
sie vor Augen hat als dauernde Mahnung zur Ueberwindung
des Kleinmuts, zur Erfüllung der Pflichten gegen unser ge¬
liebtes deutsches Vaterland. Wir sind nicht weit vom Äel
Es geht «ms Dajen: ^-.»es.
Glückauf ,»r Arbeit!
Der Chef des Kriegsamts.
Groencr,
Generalleutnant.
GeueraUeutxant Grönec über den Streik
» der Rüstungsarbe.ter.
Berlin, 26 April.
In der Sitzung des Hauptausschusses des Reichstags am
S». April erklärte im Anschluß an die Ausführungen eines
sozialdemokratischen Abgeordneten, der ebenso, wie andere Mit¬
glied«: die Streiks der Rüstungsarbritcr verurteilte, der Chef
des Kriegsamts. Exzellenz Groener:
Es hat mich gefreut, daß der Vorredner die Rüstungsstreiks
verurteile hat. aber er hätte weiter gehen können. Nicht nur
längere Streiks sind vom Uebel, sondern überhaupt jeder Streik
und wenn er nur drei Stunden dauert! Nach dem langen
Winter verstehe ich die Depression, in der sich die Arbeiter
befinden, oder in die sie kamen, als plötzlich die Herabsetzung
der Biotrarion eintrat. Es ist em sehr bedauerliches Zusammen¬
treffen. daß gerade in dem Moment, wo die arbeitenden Men¬
schen wieder aufatmcrcn, diese Maßregel kommen mußte. Ich
verstehe, daß eine gewisse Unruhe in die Arbeiterschaft hmein-
kam, umsomehr, als so manche Zusagen, die auf dem Gebiet
der Lebensmittelverlorgung gemacht worden waren, nicht in
Erfüllung gehen konnten. Aber die Arbeiter müssen auch ein-
sehen, daß bei der ungeheuren Schwierigkett der ganzen Materie
sich immer wieder solche Differenzen ergeben- In diese Depression
hinein kam plötzlich — ich will nicht jagen woher — derRuf:
Wir müssen der Regierung zeigen, daß sie versäumt hat, recht¬
zeitig Maßregeln zu treffen. Wir müssen demonstrieren. Wir
wollen am 16- April streiken. Dieser Gedanke ging wie ein Lauf¬
feuer durch die Fabriken. Ich habe Briese von Arbeitern
bekommen, die die Sache beschreiben. Niemand wußte recht,
woher die Sache kam. Ich habe bei den leitenden Persönlich¬
keiten immer davor gewarnt, sofort mit strengen Maßnahmen
vorzugehen, weil ich der Auffassung war: Man tut ganz
gut, das Ventil einmal etwas zu öffnen- Der 16. April trat
«in. Die Leute waren durchaus vernünftig. Sie gingen heraus
aus den Fabriken, sie wußten selbst nicht recht warum.
Ich habe hier einen Brief liegen, den ich erst heute vor¬
mittag bekam, in dem ein Arbeiter mir schriebt: Ja, wir
haben gefragt: Warum sollen wir eigentlich streiken? Auch
am 17. April zeigte sich unter den Arbeitern viel Verständigkeit.
Tausende gingen hinaus in den Grunewald, gut gekleidet,
»nd machten sich einen guten Tag. Unterdessen hatten die Ge¬
werkschaften. denen vorher der Massensuggestion gegenüber der
Einfluß nicht ausreichend möglich war, die Leitung der Sache
in die Hand genommen und es wurde beschlossen, am 17. April,
dem andern Tag, die Arbeit wieder aufzunehmen. Das geschah
auch in einzelnen Betrieben.
Bisher hätte ich die Minderung der Produktion durchaus
ruhig hingenommen, um eben einmal den Arbeitern Gelegen¬
heit zu lassen, sich von dieser Depression zu erholen. Jetzt
trat aber eine ganz sicharfe Wendung in dieser Sache ein.
Dom Mittwoch ab traten politische Dinge in den Border-
grrnd, und damit hörte die Gemütlichkeit in der Sache auf.
Das muß ich ganz scharf erklären. Und woher rührten diese
politischen Dinge?
Ihne» allen ist das Leipziger Programm und das ganz
unverschämte Telegramm an den Reichskanzler bekannt.
Der Inhalt ist eine große Reihe politischer Forderungen: Wahl¬
rechtsforderungen, vor allem aber zum Schluß Einsetzung eines
Arbriterrats nach rnsstschem Muster. Und zu dem Zwecke sollte
der Reichskanzler eine Deputation empfangen. Das war toll,
mehr als toll, und diese politischen Momente sind hierher
übertragen worden, bis in die deutschen Waffen- und Munitions-
fabrikcn hineingetragen worden und die Unerfahrenheit und Gut¬
mütigkeit ur.d Ehrlichkett der Arbeiter sind mißbraucht worden-
Wir haben auch Beweise,
d->ß aus dem Ausland« Agitatiousmaterial
bcreir,geschleppt wurde. Es sind solche Schmuggelwaren in
Misere Hand gefallen. Ueber die Logik solchen Agttattons-
mattrials brauche ich kein Wort zu verlieren.
Ich verlange, daß die Streiks aufhören. Es gibt keine
Strciks mehr und
wer werden rücksichtslos gegen dir Drahtzieher oorgehen
und »rr werden diese politischen Lankesverräter treffen mit
der ganzen Macht des Gesetzes.
(Bravo) Aber wenn wir von den Arbeitern verlangen, daß
sie bei der Arbrit bleiben, müssen wir den Arbeitern auch Sprach-
rohr« geben, durch die sie ihre Wünsche rechtzeitig an die
richtigen zuständigen Stellen bringen können. Ich habe schon vor
längerer Zeit an die Regierungen den Rat gegeben, in die Le¬
bensmittelorganisation der Provinzen und der Kommunen Ar¬
beiter Vertreter hineinzunehmen, damit sie selbst Mitwir¬
ken, damit sie sehen, wie die Dinge stehen, welche Maßregeln
möglich sind, und damit sie auf diese Weffe zurückwirken
können auf ihre Kameraden. Andererseits werde ich — wie
gegen die Streikenden — auch gegen diejenigen scharf Vorgehen,
welche die den Arbeitern im tzilfsdienftgesetz gewährleisteten
Rechte kürzen wollen. Auch an die Arbeitgeber richte
ich daher den Aufruf, daß sie rastlos Mitwirken zu einer gewissen¬
haften Ausführung des Hilfsdienstgesetzes. Das Motto muß
sein: Arbeit und wiederum Arbeit bis zum glücklichen Endx
des Krieges! "XD
Neues vom Tage.
Auszeichnung.
Berlin, 27. April. Der Kaiser hat dem tapferen
Verteidiger von Deutsch-Ostafrika, Oberst von Letww-
Borbeck, den Kronenorden 2. Klasse mit Schwertern und
den Ordert Pour le Merite verliehen. Die Auszeichnungen
wurden dem in Berlin lebenden Vater des Helden, Ge¬
neral der Infanterie z. D. von Lettow-Vorbeck über¬
geben.
Berlin, 27. April. Großweiir Talaat Pascha ist
gestern nach dem Hauptquartier abgereist.
Skandinavische Konferenz.
Stockholm, 27. April. Ti' Ministerpräsident, n und
Minister der Auswärtigen von Schweden, Norwegen, und
Dänemark werden vom 9. bis 11. Mai zu einer Be¬
ratung in Stockholm zusammentreten.
Der Sozialistenkongreß in Stockholm.
Kopenhagen, 26. April. Wie Polit ken erfährt,
wird bei dem bevorstehenden internationalen soziali¬
stischen Friedenskongreß in Stockholm die dänische So¬
zialdemokratie durch den Minister Stauing, den Folkc-
rhingsabgeordneten Borgbjerg und den Vorsitzenden der
Fachverbände Madsen vertreten sein.
Unruhen in Stockholm.
Kopenhagen, 26. April. Politiken meldet aus
Stockholm: Die Stadt war gestern der Schaup.a^ förm¬
licher Straßenkämpfe zwischen der Polizei und einer An¬
zahl unruhiger Elemente. Die Unruhen dauerten von
9 Uhr abends bis Mitternacht. Der Straßenbahnver¬
kehr mußte eingestellt werden. Die Polizei versuchte
lange, die Menge zu beruhigen und zum Aus.iuander-
gehen zu bewegen, jedoch erfolglos. Zuletzt wurde ein
Polizeibeamter von einem Stein getroffen, was die Ver¬
anlassung zum Zusammenstoß wurde. Die Pol zei erhielt
Verstärkungen und versuchte die Straßen zu räumen,
mußte aber ihren Angriff gegen die Volksmenge wieder¬
holen, bis diese schließlich zerstreut und die Ruhe wie-
derhergestellt werden konnte. Mehrere Personen wurden
durch Säbelhiebe schwer verletzt.
Ernste Lage in Griechenland.
Bern, 27. April. Der Pariser „Matin" meldet
aus Athen: Die Lage Griechenlands ist niemals ern¬
ster gewesen. Es ist möglich, daß noch Ausschreitungen
Vorkommen werden, aber die Auslösung wird die ganze
verworrene griechische Frage regeln. Die Athener Regie¬
rung hat neue Beweise ihrer Unfähigkeit gegeben. Im
Königspalast verkehrt fortwährend Tusmanis. Auch an¬
dere Generalstabsoffiziere mit Gunaris und Pratos wer¬
den häufig dort gesehen. In Athen sind irreguläre Ban¬
den, die mit den Albanern in der neutralen Zone Füh¬
lung zu nehmen versuchten und zahlreiche Scharmützel
mit den alliierten Truppen hatten. Ein Ententegene¬
rar "hat erklärt, man besitze Beweise, daß die Bande
von Offizieren der regulären griechischen Armee befeh¬
ligt werde. Ueber 2500 griechische Soldaten sind ermäch¬
tigt worden, vom Peloponnes nach dem Festlande auf
45tägigen Urlaub zu gehen. Die Alliierten haben die
sofortige Unterdrückung dieser Truppenbewegung gefor¬
dert. Daraufhin ist ein Dekret ergangen, durch das
die Klasse 1914 mobilisiert wird. (Die Entente bereitet
augenscheinlich wieder etwas vor. D. Schr.) >
Die Antwort der Nordd. Allgemeinen Zeitung
auf die Aufforderung von den verschiedensten Seiten,
endlich klipp und klar zu erklären, ob Scheidemann und
die Sozialdemokratie bei ihrer Propaganda für den „Frie¬
den ohne Sieg" ein Anrecht hätten, sich immer wie¬
der aus die Absichten des Reichskanzler zu be¬
rufen, hat, soweit wir übersehen können, nirgends be¬
friedigt. Die Nordd. Allg. Zeitung geht tatsächlich der
Beantwortung der gestellten Frage aus dem Wege, in¬
dem sie sagt, die Regierung könne über ihre Kriegs¬
ziele keine weiteren Erklärungen geben. Die feindlichen
Regierungen haben ans ihren bekanntlich recht hoch
gespannten Kriegszielen von Anfang an kein Hehl ge¬
macht, von der feindlichen Presse ganz zu schweigen, und
ihrem so laut kundgegebenen haßerfüllten Vernichtungs¬
willen hat das deutsche Volk bewußt und in seiner
Gesamtheit — die bekannten Ausnahmen sind ohne Be¬
deutung — den starken Willen zum Aushalten entgegen¬
gesetzt. Wenn die deutsche Regierung dem üblen und
im Grunde unklugen Beispiel der Widersacher nicht
folgen will, wer wollte ihr das verdenken? Trotzdem
wäre eine präzisere und klarere Fassung der Antwort
zu wünschen gewesen, damit der Unsicherheit und Be¬
unruhigung, die fraglos in weitesten Kreisen durch die
Scheidemannsche Propaganda - hervorgerufen worden ist
und heute noch besteht, durch ein entschiedenes Wort ei»
Ende gemacht werden konnte.
Vorbereitung auf eine dritte Schlacht?
z. Bo« der fchweiz. Grenze, 27 April. Nach
Schweizer Meldungen aus London drahtet man dem
„Daily Chronicle" von der französischen Front, die kurze
Pause zwischen den Schlachten bereite einen dritten Angriff
der Alliierten vor, für den noch genügend Menschen und
Artillerie hinter der Front bereit stünden. Man müsse sich
aber auf noch schwerere Menschenopfer, als bisher vor¬
bereiten, um den Sieg zu erringen.
Aus Stadt und Land.
— Einmalige Kriegs-,nterstützungen. ' "D»s
Kriegsministerium teilt mit: Mit Rücksicht auf die Teue¬
rungsverhältnisse wird auch den hilfsbedürftigen pen¬
sionierten Offizieren und Heeresbeamten
im Ruhestand, sowie den versorgungsberechtigten Offi¬
ziers- und Beamten-W i t w e n eine einmalige Kriegs-
Anterstützung im Höchstbetrag von 100 Mk. gewährt,
wenn das Gesamteinkommen des Offiziers oder Be¬
amten weniger als 2500 Mk., das der Witwe weniger
als 1200 Mk. — Lind zwar ohne etwaiges Waisengeld —
beträgt. Soweit diese Kriegssnterstützungen noch nicht
beantrag sind,, hat. dixs , umgehend beim Krieasmini-
l ^rUrgungSabteikung. Zu erfolgen. Auch" den
Militärrentenempiängern und den versorgungs¬
berechtigten Witwen von Militärpersonen der Unter¬
klassen wird in diesen teuren Zeiten wie bisher ge¬
holfen werden. Die Gesuche unter kurzer Schilderung
der Emkommensverhältnisse (Angabe der Rente, des Wit¬
wengeldes, der Z'nfen aus Kapitalvermögen, des Er¬
trags aus Grundvermögen usw.) sind von den Renten¬
empfängern an die Bezirkskommandos, und von den
Witwen (von den Kriegerwitwen 1914/17 unter Anschluß
der Personalbücher) an die stellv. Intendantur in Stutt-
gart einzureichen.
— Verfall der alten Bezugsscheine für Web-,
Wirk- nnd Strickwaren. Vom 1. Mai 1917 ab dürfen
die Gewerbetreibenden Bezugsscheine nach dem alten Mu¬
ster .1 und L — also auch die im März d. I. ansgefer-
tigten — nicht mehr annchmen. Nur die Bezugsscheine
nach dem neuen Muster .M. und LI sind gilrig. Jeder
Verstoß gegen diese Bestimmung ist stra bar. (R.BSt.)'
— Keine weiter- Herabsetzung der Mchlratio».
In unverantwortlicher Weise wird von gewissen Ele¬
menten in letzter Zeit das Gerücht ausgesprengt, daß.
eine weitere Herabse^ung der Mehlration für die nächste
Zeit geplant sei. Ter Zweck dieses hochverr » rischen
Treibens ist natürlich wieder, Mißstimmung zu erzeugen
und es kann keinem Zweifel unterliegen, daß auch in
diesem Fall wieder feindliche Agenten die Hand im
Spiele haben. Amtlich wird auf das bestimmteste ver¬
sichert, daß die Verringerung der Mehlration nicht
vorgenommen werde, weil die vorhandenen Befände voll¬
kommene Gewähr vielen, daß die zurzeit den Kommunal¬
verbänden überwiesene Mehlmenge weiter gegeben wer¬
den kann. Das Publikum wird vor diesen Gerüchten
gewarnt und aufgefordert, die Verbreiter sofort zur An¬
zeige zu bringen. ^
— Die Preiserhöhung für Alumininmgegen-
stände. Die Preise für Muminiumgegenstände sind er¬
höht worden, und zwar erhält der Ablieferer anstatt 7
Mark nunmehr 12 Mk. lohne Beschläge) öder statt. 5.60
Mk. jetzt 9.60 Mk. (mit Beschlägen). Diejenigen, die
ihre Aluminiumgegenstände bereits freiwillig abgeliefert
baben, erhalten Nachzahlung in voller Höhe.
** Adelsheim, 28. April. In einem eigenen Bericht
von der Front schreibt die englische Zeitung „Daily
Chronicle" vom 14. April, über die in den letzten schweren
Kämpfen an der Westfront gemachten deutschen Gefangenen
u. a.: „Ihre Taschen sind mit Briefen von ihren
Frauen, Schwestern und Müttern vollgestopft, die von
Hungersnot daheim berichten. Das ist keine
gute Literatur für den Geist einer Armee." Nun, der
Geist der deutschen Armee hat noch nicht gelitten, wie sich
unsere Gegner in dieser gewaltigsten Schlacht zu ihrem
größten Schrecken durch ihre blutigen Verluste überzeugen
mußten. Und doch: die Behauptung unserer Feinde ist
eine schwereAnklage gegen diejenigen, welche solche
Briefe schreiben, sie ist eine ernste Mahnung, solch frevles
Tun zu unterlassen. Die bald verzweifelnden Völker unserer
Feinde, da sie sehen, daß auch ihre letzte riesenhafte
Anstrengung nicht zum Ziele führt, horchen auf und lauschen
der Botschaft, die da an ihr Ohr tönt. Was ist das ? Deutsche
Frauen, Mütter und Schwestern haben es selbst schwarz
auf weiß bestätigt? Muß man es da nicht glauben? Also
ist doch nicht alles umsonst! Nun wollen wir gerne selbst
noch einige Zeit Entbehrungen ertragen. Denn Deutsch¬
land steht vor der Hungersnot. So haben es die deutschen
Frauen selbst geschrieben. Und nun. Du, deutsche Frau,
deutsche Mutter und Schwester? Siehst Du nun, was Du
getan hast in törichter Unüberlegtheit?! Wie du den Mut
und die Widerstandskraft unserer Gegner gestärkt und
neu belebt hast?! Wer leidet wohl mehr unter der Last
dieses Krieges ? Du, die Du daheim geblieben bist, oder
jene, die mit ihren Leibern, mit ihrem Leben und ihrem
Herzblut unsere Heimat vor dem mörderischen Feinde
schützen? Du oder jene, die unter weit größeren Entbeh¬
rungen als Du jede Stunde und Minute dem Tod ins
Auge sehen? Merk auf, deutsche Frau! und erkenne, was
Du getan hast. Fasse den Vorsatz, alles von unseren
Lieben da draußen fernzuhalten, was ihre Sorge,
ihre schweren Stunden noch vermehren und ihre Zuversicht
lähmen könnte! Meide alles unnütze Jammern, Schimpfen
und Klagen! Zeige auch D u Dich würdig der großen Zeit
und Deiner Helden, die in dieser größten Schlacht der
Weltgeschichte auch Dich und Deine Heimat mit ihrem
Herzblute schirmen und schützen!
** Adelsheim, 28. April. Von der Landw. Haus¬
frauenvereinigung gehen an die Mannheimer Kriegsküchen
heute wiederum 4 Ztr. Sauerkraut und eine große Menge
Ackersalat ab. Letzterer wurde gestern Nachmittag bei dem
sonnigwarmen Wetter von den Schülerinnen der 7. und 8.
Klasse gesammelt und heute Vormittag von denselben be¬
lesen. Dadurch tragen diese Kinder durch ihren Fleiß
zur Linderung der Not in den Städten ihr Teil bei.
(-) Vom Lande, 26. April. Der Heuer lang auf
sich warten lassende Frühling wird durch unsere Sing¬
vögel schon seit einiger Zeit zunehmend ««gekündigt.
Am frühesten war dieses Jahr, wie üblich, der Distelfink,
der schon Mitte März sein „Schütt, Schütt" erschallen ließ,
jedoch leider nicht allzureichlich vertreten zu sein scheint.
Dagegen ist der Buchfink mit seinem Ruf „Mein Nest ist
mir lieber wie'ne Frühbirn" (Frühbirne) ungemein zahlreich
wie auch die Kohlmeise mit ihrem „Zitt ist da" und die
allbekannte Amsel, deren Gesang das Volk mit den Worten
„Nach de Dir" (Rauch du Dir) charakterisiert. Auch die
Staren, die noch in der Dämmerung ihre Stimme erschallen
lassen, sind vielfach vorhanden. Allmählich verstummen
zurzeit die Eulenarten, unter denen die sogenannten
„Käuzchen" am häufigsten wohl austreten. Augenblicklich
sind mit am lautesten die Fliegenschnäpper, die allenthalben
in den Gärten und im Feld ihr „Schrill, Schrill" in seltener
Reichhaltigkeit erschallen lassen, ein Lockruf, der von dem
„Zwilch" der Spatzen leicht zu unterscheiden ist. Die
Lerchen erheben sich ebenfalls neuerdings mit ihrem Ge¬
sänge auf den Getreidefeldern in die Höhe, um plötzlich nach
Abschluß des Liedes zu Boden zu sinken. Recht zahlreich sind