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Geschäftsstelle Karlsruhe, Lrbprinzenstr. 6 :: Zernspr. 2373

und Verlag:

Bürger- uncl Bauernfreunci * BaäNcke polt

Redaktion: Karlsruhe , Lrbprinzenftr. b Zernsprech-Knschluß Nr. 2Z7Z

Erscheint wöchentlich zweimal: Dienstag und Freitag (dieFreitag- Ausgabe mit achtseitigem illustriertemFamilienfreund") Bezugspreis vierteljährlich in Karlsruhe oder durch die Vertreter tqogen einschließlich Zustellgebühr 1.60M., bei der Post 1.80M.

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Anzeigen im Inseratenteil die sechsgespaltene Petit-Zeile ode^ deren Raum 20 pfg. Im redaktionellen Teil die dreigespalten«, Petit-Zeile oder deren kaum 60 pfg. - Bei größerenAufträgen und Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt

Nummer IO.

Karlsruhe, Dienstag, den 4. Februar 1919.

34. Jahrgang.

>d.

s. Disirikt«-

An -ie badischen Frauen.

Die Revolution hat uns Frauen das Wahlrecht ge­bracht, hat die Frau mehr wie sonst in das öffentliche Leben gestellt. Wahlreisen wurden unternommen, Wahl­reden wurden gehalten, aber das, was ich heute zur Sprache bringen möchte und was tausenden von badischen Frauen am Herzen liegt, das ward bisher mit Stillschweigen übergangen. Es ist die Lage, in der sich unser badisches Fürstenhaus befindet. Wir wollen sie gleich beim rechten Namen nennen:verjagt von Haus und Hof, Unter­schlupf suchend bei einem treu ergebenen Untertan! Ist dieser Zustand unsrer würdig? Ist unser Großherzog am Kriege schuld, kann man ihn für den unglücklichen Ausgang desselben verantwortlich machen? Hat er sein Volk, sein Land verraten? Hat unsere Großherzogin Luise jemals ihre landesmülterüchen Pflichten vergessen? War sie während dieser vier Kriegsjahre nicht immer helfend und ratend in unserer Mitte? Jhre^Lerdienste braucht man wahrlich nicht weiter hervorzuheben, sie sind bekannt in Stadt und Land.

Es war am 3. Dezember 1917 an einem Vortrags­abend, soviel ich mich erinnere für Mutter und junge Mädchen, die Großherzogin Luise war trotz ihres Geburts­tages erschienen und gab mit ihrer Anwesenheit der ganzen Veranstaltung erst die rechte Würde und Weihe. Einer unserer bekanntesten Pfarrer hielt die wundervolle Fest­rede, von Herzen kommend, zu Herzen gehend; er faßte den Dank für alle die Hingabe, Aufopferung und Güte unserer edlen Fürstin in dem schlichten Wörtchenlieb" zusammen und meinte, etwas Schöneres, Tieferes und Innigeres könne man gar nicht sagen, als unsereliebe" Großherzogin . Ein Jahr später, am 3. Dezember, feierte unsereliebe" Großherzogin ihren 80. Geburtstag in der Verbannung und der Herr Pfarrer hielt demokratische Wahlreden.

Wir badischen Frauen wünschen nun aber allen Ernstes, daß dieser unwürdigen Lage des Fürstenhauses ein Ende gemacht wird, sie ist eine Schande für unser Volk und unser Land, ebenso wie seiner Zeit der Putsch auf das Schloß, der die Fürstlichkeiten zur Flucht zwang und den man hätte verhüten können, denn in der ganzen Stadt war bekannt, daß ein solcher ausgeübt werden sollte; der Haupträtselsführer wurde gefangen genommen und öffentlich in den Zeitungen erklärt, daß er kategorisch bestraft werden soll.

Was war diese kategorische Strafe? Als nicht zu­rechnungsfähig kam er in's Irrenhaus. Ende Dezember oder Anfang Januar, bei einer weitgehenden Amnestie freigesprochen, er hat heute sein Büro in eben demselben Schloß und freut sich wahrscheinlich seiner Heldentat! An die Wand hätte er gestellt gehört und erschossen.

Und all das lassen wir ruhig geschehen. Sind wir, denn von allen guten Geistern verlassen, ist uns in dieser furchtbaren Zeit jeder Begriff von Treue und Anhäng­lichkeit verloren gegangen? Die Zeit und die Verhält­nisse aber haben unsre angestammten Herrscher abgesetzt, gut, das ist etwas, mit dem wir uns alle abfinden müssen, ob es zum Glück oder Unglück unseres deutschen Vater­landes ausfällt, das wollen wir hier nicht weiter erörtern, das wird auch erst die Zukunft zeigen. Aber warum sollen der Großherzog und seine Angehörigen nicht in ihren hiesigen Wohnungen bleiben dürfen, bis ein Ab­kommen mit ihnen getroffen ist? Wir wollen einmal gerecht sein und uns fragen, was würden wir tun, wenn wir plötzlich auS unserem Heim heraus müßten, alles, was uns lieb und teuer ist, verlassen und keine Möglichkeit sehen, wieder nach Hause zu kommen. Schreien würden wir, schreien und toben, die Gerichte anrufen und nicht eher ruhen, als bis uns zu unserm Rechte verholfen ist. So würden wir es alle machen, hoch und nieder, und zu unserm Schutze, damit uns in dieser Sache ja kein Unrecht geschieht, ward ein Mieteinigungsamt ins Leben gerufen. Unsere vornehmsten Bürger aber sind rechtlos und müssen die Vergewaltigungen schweigend dulden. Und wie sehnen sie sich alle nach ihrem Heim, wie leidet die Grobherzogin Luise an Heimweh nach all' den tausend Erinnerungen, die sie dort umgeben, von denen sie keine einzige mitnehmen konnte. Ist das die Treue und An­hänglichkeit, die wir ihrem Gatten, unserm vielgeliebten, edlen Großherzog Friedrich I., so oft zugeschworen haben, daß wir so an seiner Witwe und seinem Sohne handeln?

Während ich dies niederschrieb, erscheint imTag- «att" (Pyramide), ein Artikel von Stürzenacker über

Schicksal des Grobherzoglichen Schlosses! Wäre es "cht am schönsten und sympathischsten, man löste die rage einfach so, indem man der Großherzogin Luise, so- «nge sie lebt, ihr gewesenes Heim zum Wohnen überläßt?

Nach ihrem Tode sind, so Gott will, auch im dadischen Lande wieder geordnete Verhältnisse eingekehrt, wir sind am Wiederaufbau unserer geliebten Heimat und können dann leichtern Herzens und freiern Blickes über die Zu­kunft des Schlosses bestimmen, in dem beruhigten Be­wußtsein, einen begangenen Fehler wieder gut gemacht und unsrer edlen Fürstin Treue und Liebe bis zum Tode gehalten und bewiesen zu haben.

Eugsnie Römhildt.

Was uns not tut!

von vr. Ulrich, Direktor der landwirischaftl. Schule Rheinbach .

Unter dem TitelWas uns not tut" hat der preußische Landwirtschaftsminister Otto Braun vor eini­ger Zeit einen Artikel veröffentlicht, dessen Inhalt in den weitesten Kreisen bekannt zu werden verdient.

Otto Braun fordert darin für unser Volk schnell Brot und Arbeit. Daher komme für das nächste Ernte­jahr alles darauf an, den Boden, den wir bereits unter dem Pfluge haben, auf das Gründlichste zu bearbeiten und sachgemäß zu bestellen, damit er uns reichliche Frucht schenke. Zu diesem Zwecke müßten für die deutsche Landwirtschaft schnellstens die erforderlichen Düngemittel, ausreichendes geeignetes Saatgut, Maschinen und Geräte und eine ausreichende Zahl geeigneter Ar­beitskräfte bereitgestellt werden. Ferner müßte als schwierigste Aufgabe die Wohnungsfrage auf dem Lande gelöst werden, um die in allen Städten und Jndustrie- orten überschüssigen Arbeitskräfte zur Landarbeit heran­zuziehen. Dies würde möglich sein, wenn die Siedlungs­tätigkeit auf die schnellste Errichtung angemessener Wohnungen für landwirtschaftliche Arbeiter eingestellt würde. Hingegen könne bei der beabsichtigten Schaffung von Bauernansiedlungen in den Grundzügen nicht anders Verfahren werden, wie schon früher bei der Parzellierung von Gütern gearbeitet worden ist. Zur Beruhigung der Landwirte sagt er, die Landwirte könnten ganz sicher sein, daß sie von der Arbeit, die sie jetzt auf den Boden verwenden, und von der Saat, die sie ihm anvertrauen, auch die Früchte ernten würden, und daß ihnen auch von den Anschaffungen nichts verloren gehen würde.

Nachdem von dem Landwirtschaftsminister, hinter dem in dieser Frage auch die Reichsregierung steht, diese beruhigenden Worte abgegeben worden sind, ist es nun­mehr auch die Pflicht eines Jeden, alles verfügbare Land so intensiv wie möglich zu bestellen. Was keine direkten Volksernährungsmittel tragen kann, muß zum Futterbau Verwendung finden. Insbesondere gebrauchen wir Futter für den Wiederaufbau unserer Schweinezucht, um wieder das unserem Körper fehlende und so dringend nötige Fett zu produzieren. Deshalb möchte ich auch an dieser Stelle ebenso, wie ich es in meinen Unterrichts­stunden zu tun Pflege, auf den Anbau des Matador- Comirey aufmerksam machen, da es gerade mit Hilfe dieser Pflanze möglich ist, auch die kleinsten Ecken und Winkel beim Hofe, im Garten, hinter der Scheune, an Grabenrändern, auf Geilstellen, auf schlechten Wiesen hochwertig auszunutzen und dadurch ein Futter zu ge­winnen, welches für Schweine, Rinder und Ziegen direkt unentbehrlich ist. Es gibt kein besseres und billigeres Grünfutter für das Schwein, als wie Matador-Comfrey. Ueber den genauen Anbau desselben gibt eine kleine Schrift Auskunft, welche von dem Saatgutzüchter Dr. H. Weber zu Berlin-Halensee umsonst und postfrei ab­gegeben wird. Soviel ich weiß, erhalten dort auch Geistliche und Lehrer, welche sich im allgemeinen volks­wirtschaftlichen Interesse um die Verbreitung dieser Pflanze bemühen wollen, Pflanz-Stecklinge für eine Musterplantage zu einem äußerst billigen Preise.

Da Matador-Comfrey bei guter Pflege 2030 Jahre aushält und jedes Jahr sechs Ernten liefert, da also nur ein einmaliger Anbau dieser Pflanze nötig ist, so stellt sich das Futter äußerst billig. Und wenn es auf diese Weise möglich ist, Schweine und anderes Vieh billig zu ernähren, dann werden sich im Laufe der Zeit auch die jetzt schier unerschwinglichen Preise für Fleisch und Fett wieder auf ein erträgliches Niveau herabsenken. Also ihr Landwirte, folgt dem Rufe des Landwirtschafts- minisiers, nutzet euer Land in jeder Weise aus und sorgt auf diese Weise für billige Nahrungsmittel für den Städter. _

Biegen oder brechen!

Noske über die Expedition nach Bremen ?"

Berlin , 31. Januar.

,,.8u der von Noske verfügten Entsendung von Truppen erklärt dieser, daß diese Expedition dringend nötig ge­worden sei. weil von Bremen aus sofort di« ersten Schiffe

auslaufen sollen, um Lebensmittel für Deutschland zu polen . Bei der absoluten Unsicherheit der Verhältnisse in Bremen sei das Auslaufen aber ernstlich in Frage gestellt. Um das zu sichern, sagt Noske weiter, sind Truppen von erheblicher Kampfkraft nach Bremen in Bewegung gesetzt worden. Das geschah selbstverständlich nicht aus reiner Neigung, in die inuerpolitischen Kämpfe mit Waffengewalt einzugreifen. Fügt sich die Minderheit, die jetzt in Bremen wider alles Recht sich in dem Besitz der Macht zu halten sucht, so wird die Aktion in Ruhe vonstatten gehen. Von den Regierungstruppen, die in Bremen ein­marschieren, wird gewiß kein Schuß abgegeben werden, wenn nicht von den Bremer Spartakisten oder Unab­hängigen zuerst gefeuert wird. Dafür bietet schon die Tatsache Bürgschaft, daß auch die Bremer Aktion unter meinem Oberbefehl von statten geht. Nur für den Fall, dah die Minderheit, die in Bremen ihr Regiment aufrecht­zuerhalten sucht, gewaltsamen Widerstand leistet, wird durchgegriffen werden, dann aber auch mit rücksichtslosester Entschlossenheit.

*

Ter Vormarsch der Truppen.

Nach allen bis jetzt vorliegenden Nachrichten scheinen stch die Verhältnisse in Bremen beträchtlich zuzuspitzen. Insgesamt hat die Reichsregierung zwei kriegsstarke In­fanterie-Brigaden mit zahlreicher Artillerie, Maschinen­gewehren und Minenwerfern von Verden aus in Bewegung gesetzt.

Bremen , 31. Jan. Die Situation in Bremen steht auf des Messers Schneide und es ist im Augenblick noch gar nicht zu übersehen, wie sich die Verhältnisse in den nächsten Stunden entwickeln werde». Nach dem Bekanntwerden der Nachricht vom Vormarsch der Rcgierungstrnppen erfolgte die Bewaffnung der gesamten Arbeiterschaft. Alle Last­kraftwagen wurden requiriert «ud brachten Maschinen­gewehre nach den Vorstädten» die von Arbeitertruppen be­setzt wurden. Auch die Straßenbahn wurde für derartige Transporte herangezogen.

Um '/-2 Uhr nachts sind vier Mitglieder des Bremer Rates der Volksbeauftragten in Verden eingetroffen und ersuchten den Divisionsstab des Korps Gerstenberg um Einstellung des Vormarsches bis zur Erledigung der Ver­handlungen in Berlin . Der Divisionsstab bestand auf sofortiger Entwaffnung der Arbeiter und erklärte, daß er in keine Verschleppung in dieier Angelegenheit einwilligen könne. Von seiten der Volksbeauftragten wurde ihm er­widert, daß diese Maßnahmen nicht durchführbar seien. Daraufhin wurden die Verhandlungen als ergebnislos abgebrochen. Bis zur Stunde hat es den Anschein, als ob die Bremer Arbeiter es bis zum Äußersten werden kommen lassen. _ _^

polnische Justiz!

Freisprechung von Mördern.

Posen, 31. Januar.

Die polnischen Soldaten, die den Rittergutsbesitzer Haza nebst sechs Leidensgenossen ermordeten, wurden vom polnischen Kriegsgericht freigesprochcn.

Ferner haben die Polen neuerdings sieben hervor­ragende Persönlichkeiten als Geiseln festgesetzt. Bürger­meister Küntzer, Stadtverordneter Placzek, Dr. Kantorowicz, der Präsident der Ansiedlungskommission Ganse, Mittel- schullehrer Rodwieski, Dr. W. Gutmann und Leutnant Matrini. Die Verhaftung wird als Vergeltungsmaßregel gegen die Festnahme des als Haupt der polnischen Agitation in Oberschienen bekannten Justizrats Czapla in Beuthen bezeichnet. Mit derselben Begründung hatte man schon die Festsetzung des Landeshauptmanns o. Heyking in Posen vorgenommen. ,

Gedungene russische Mörder.

Wie die Bolschewisten arbeiten.

Berlin , 31. Januar, i Wie der Vorwärts zu berichten weiß, soll zwischen den Spartakisten Berlins und Rußlands nach polizeilichen Mitteilungen auf verschiedenen Strecken ein reger Verkehr stattfinden. Es ist durch einwandfreie Vertrauensleute festgestellt worden, daß aus Kowno im Aufträge russischer Bolschewisten drei Personen unterwegs sind. umTelegraphen- Smter imOsten zu sabotieren und führende Männer, die ihnen unbequem sind, zu ermorden. Diese drei Personen führen angeblich 2 Millionen bei sich und wollen zu Fuß oder per Wagen die Grenze passieren. Die Angaben finden ihre Bestätigung darin, daß ein Vizefeldwebel Schneider» der 1914 in Gefangenschaft geraten war, und ein Student, Salien, die in enger Verbindung mit den oben Genannten standen, in Kowno , aus Rußland kommend, verhaftet wurden: sie haben bereits gestanden, daß sie den Kom­mandanten und Leiter der politischen Polizei von Kowno ermorden wollten.

Preußens Larrdesversammlung.

Das Gesamt-Ergebnis.

Von den 23 Wahlkreisen zur preußischen Landes Versammlung konnte zunächst nur das Resultat aus