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Lieber Meister Leonhard!
Auf Deinen heute erhaltenen brief vom 6& 7. huius, muss ich Dir fol- gendes erwiedern. Erstens, hat es mich herzinniglich erfreut, aus Deinen noch kraeftigen und vesten schriftzügen und deren inhalte zu ersehen, daß Du wol und munter bist. Zweitens, daß Du nicht vor gram sterben wirst, wenn etwa die erzbischoefliche Tiara neben Dir herunter fallen sollte, hat mich auch getroestet. Ich hoerte von einem gewissen Imperator Moguntinus, mit dem die Karlsruher in unterhandlung stehen sollen. Drittens endlich, daß ich iezt nicht zu Dir kommen kann; weil uns auf nächste oder folgende woche, ein besuch aus Westphalen angekündiget ist, der meine gegenwart unab- weislich in Anspruch nimmt. ach! liebster Leonhard! wie gerne gieng ich, bei diesen heissen Tagen, mit Dir ins Mezgergrün an die Treisam baden, wie im Sommer 1788. von uns vast täglich geschahe; allein ich muss mich begnügen, der nach Schwefel riechenden nymphe der alten Yburinga zuweilen in die arme zu sinken und statt, mit Dir nach dem Ross- oder Iohannis-