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Regierungs-Blatt
für das Grosherzogthum Baden
Stück xi.
Carlsruhe den i7ten April. iZoZ. Landesherrliche Verordnung.
Gesez über den Vorzug am untheilbaren liegenschaftlichen Erbe, BesizGerechtigkeit oder Vor»
theügerechtigkeit genannt.
Carl Friederich, von Gottes Gnaden, Grosherzog von Baden,
Herzog von Zahlungen u> s. w.
Verschiedene Fälle lenken Unsre Aufmerksamkeit auf das in vielen Orten Unseres Grosher, zvgthums obwaltende Vorzugsrecht, das Einem unter mehreren MirErben auf gewisse Liegenschaften die sich in der Verlassenschaft befinden unter dem Namen Besizgerechtigkeit oder Vortheilgerechtigkeit zusteht, und vermöge dessen er diese in einem meistens mehr oder weniger unter dem wahren Werth bestimmten immer sehr willkührlichem Anschlag für sich voraus hinnimmt, oder wenn er davon keinen Gebrauch macht sich dafür häufig einen Voraus in Geld als Ersaz jenes aus der Hand gelassenen Vortheils schöpfen läßt. Wir ersehen aus eben diesen Fällen, wie manche Unbilligkeiten hier und da aus diesem Gewohnheitsrecht hervorgehen, und wie sehv annebst es der LandesKultur in manchen seinen Ausflüssen nachtheilig werde: Wir säumen- daher nicht einstweilen- vorläufig hierüber eine mit der künftig allgemeinen bürgerlichen RechtsGesezgebung Unserer Staaten vereinbarliche Vorschrift zu geben , sezen und verordnen demnach»
1. ) Jeder MitErbe kann seinen Antheil an Liegenschaft und Fahrniß aus der Verlassen, schaft in vorhandenen: Erbstücken verlangen, jedoch bey Liegenschaften nur soweit sich solche' füglich theilen lassen:
2. ) Als füglich nicht theilbar sind' anzusehen 3.) alle Zins - Bau - Erb - oder Schupft leheu in Häusern Höfen oder Gütern bestehend, bey denen nicht, eine Theilbarkeit durch Vertrag oder verjährte Orts - Sitte festgefta ist, jedoch mit der Einschränkung, daß wenn -er Lehnherr, eines Bauernguts seine Einwilligung zu einer Theilung giebt, solche ohne daß es einer Einwilligung- der etwa Lehnsberechkigten Erben bedürfe, statt finde, und das Leben theilbar mache, und mit der weiteren Einschränkung-, daß wo das Lehengut für die Belebung der Industrie und die Staatsbevölkerung allzugros befunden werden sollte, von Ober- polizeywegen nicht zwar eine unbeschränkte Theilbarkeit, aber doch eine Zerschlagung in mehrere Hofgüter verordnet werden kann.