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REGIERUNGSBLATT

DER REGIERUNG WÜRTTEMBERG-BADEN

1949 Ausgegeben Stuttgart, Montag, 18. Juli 1949 Nr. 10

Inhalt :

Verordnung Nr. 369 des Innenministeriums über das Verfahren bei Volksabstimmungen (Landesstimmordnung) vom 25. Mai 1949. S. 141. - Verordnung Nr. 85 der Landesregierung über die Zwangsenteignung für den Ausbau der Neckarstaustufe Hessigheim auf den Gemarkungen Hessigheim und Mundelsheim vom 13. Juni 1949. S. 154. Verordnnng Nr. 738 Vierte Verordnung des Arbeitsministeriums zur Durchführung des Gesetzes über den Mindesturlaub in der privaten Wirtschaft

und im öffentlichen Dienst vom 14. Juni 1949. S. 154

Verordnung Nr. 369

des Innenministeriums über das Verfahren bei Volksabstimmungen ( Landesstimmordnung)

Vom 25. Mai 1949

Auf Grund des Art. 55 des Gesetzes Nr. 359 über das Ver­fahren bei Volksabstimmungen und Volksbegehren (Volks­abstimmungsgesetz) vom 6. April 1949 (Reg.Bl. S.63) wird verordnet:

I. Allgemeines

§ 1

(1) Die Volksabstimmung findet statt:

1. wenn 100 000 stimmberechtigte Staatsbürger im Wege des Volksbegehrens die Auflösung des Landtags verlangen (Art.58 Abs. 1 der Verfassung);

2. wenn die Landesregierung auf Antrag eines Drittels des Landtags die Volksabstimmung anordnet

a) zur Abstimmung über ein vom Landtag beschlossenes Gesetz (Art. 83 Abs. 1 der Verfassung)

b) zur Abstimmung über ein von der Regierung beim Land­tag eingebrachtes, von diesem aber abgelehntes Gesetz (Art.83 Abs.3 der Verfassung);

3. wenn mehr als die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl des Landtags die Volksabstimmung über einen Antrag auf Änderung der Verfassung beantragt (Art. 85 Abs. 3 der Verfassung).

(2) Über Abgabengesetze, Besoldungsgesetze und das Staatshaushaltsgesetz findet keine Volksabstimmung statt (Art. 84 Abs. 3 der Verfassung).

II. Stiminkreise und Stimmbezirke 1. Stiminkreise

§2

(1) Das Staatsgebiet wird in Stiminkreise eingeteilt.

(2) Die kreisfreien Städte und die Landkreise bilden je einefl Stimmkreis.

2. Stimmbezirke §3

(l)Jede Gemeinde bildet einen oder mehrere Stimmbe­zirke. Ein Stimmbezirk soll nicht mehr als 2500 Einwohner umfassen.

(2) Sind mehrere Stimmbezirke zu bilden, so werden die Stimmberechtigten den Abstimmungsräumen unter Berück­sichtigung der örtlichen Verhältnisse nach örtlich abge­grenzten Bezirken, nach der Buchstabenfolge der Namen oder nach anderen geeigneten Gesichtspunkten so zugewie­sen, daß die Teilnahme an der Volksabstimmung möglichst erleichtert wird.

(3) Für Kranken- und^Pflegeanstalten mit einer größeren Anzahl von Stimmberechtigten, die keinen Abstimmungs­raum außerhalb der Anstalt' aufsuchen können, können ein oder mehrere Stimmbezirke gebildet werden.

(4) Die Zahl der Stimmberechtigten eines Stimmbezirks darf nicht so gering sein, daß dadurch das Abstimmungsge­heimnis gefährdet werden könnte.

§ 4

Die Abgrenzung der Stimmbezirke ist vom Gemeinderat unverzüglich nach der Bekanntmachung der Abstimmung (§ 10 Abs. 2) vorzunehmen.

III. Stimmrecht

§5

(1) Stimmberechtigt sind, sofern sie am Tage der Abstim­mung das 21. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens einem Jahr ihren Wohnsitz im Staatsgebiet Württemberg- Baden haben,

1. alle Staatsbürger (Art.49 Abs. 1 der Verfassung);

2. die in § 1 des Gesetzes Nr. 303 über die Aufnahme und Ein­gliederung deutscher Flüchtlinge (Flüchtlingsgesetz) vom 14. Februar 1947 (Reg.Bl. S. 15) genannten Personen.

(2) Staatsbürger ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.

§6

Ausgeschlossen vom Stimmrecht ist:

1. wer entmündigt ist oder unter vorläufiger Vormundschaft oder wegen geistiger Gebrechen unter Pflegschaft steht;

2. wem rechtskräftig durch Richterspruch die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind;

3. wer rechtskräftig auf Grund des Gesetzes Nr. 104 zur Be­freiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 (Reg.Bl. S.71) in die Gruppe der Haupt­schuldigen oder Belasteten eingereiht wurde oder wem durch rechtskräftige Entscheidung der Spruchkammer das Wahlrecht aberkannt ist.