68.
Verertester Freund
Schon vor lange hätte ich Inen gerne geschrieben, und für den freundlichen brief, den Sie mir aus Sigmaringen zusandten, gedankt; aber ununterbrochen auf einander folgende Verhinderungen liessen es nicht zu. erst am 19 hornungs sind Jenny und ich, nach einer 5 wochentlichen abwesenheit, von Eppishausen wieder in die alte Dagobertsburg zurükgekommen, und auch da warteten, nach so langer abwesenheit, wieder manche und mancherlei geschäfte auf mich. Inzwischen hatte ich von allen seiten her vernommen, daß Sie in Sigmaringen gerne gesehen sind, und da Ir schreiben mich nicht befürchten lässt, daß Sie bereuen dahin gegangen zu sein; so bin ich in dieser mir so ser am herzen liegenden beziehung, volkommen beruhiget, ia recht erfreut. Das elende geschwäz, das von einigen kröten, molchen, eidechsen, regenwürmern, blindenschleichen und andern insekten, in einigen ephemeren eintags-blättern, über den fürsten, Sie und mich ausgegossen wurde, hatte mich auch nicht einen augenblik affizirt und kaum zum lachen bewegt! Ein vor wenig wochen erhaltener brief des Erbprinzen versichert mich, daß Sie mein vererter freund! von denienigen, an deren meinung Inen gelegen sein kann, nach Irem vollen werte erkannt werden. Wir sind gottlob! alle wol in unserer alten burg und ich besonders habe in vielen iaren keinen so guten winter gehabt wie den lezten: nun kömmt der früling und Jenny und ich rechnen dann auf die erfüllung der im lezten herbste so freundlich getanen zusage; nämlich auf Irer und Irer frau gemalin besuch. Sie haben bereits geschrieben, wie stille und einsam unser Leben hier ist; möchte es doch Inen so wie es nun ist, gefallen und Sie zu einen längeren aufenthalte veranlassen! aber wie schön ist, durch gottes gnade, hier zu lande die natur, und wie ser laden die umgebungen dieses ortes zu genussvollen spaziergängen ein! wir freuen uns Sie mit weib und kind an den rebenumkränzten ufern des blauen Bodensees zu sehen. Unser guter Jac. Grimm hat endlich auch wieder einmal eine stimme hören lassen. die krankheit der, wie ich hoffe, nun wieder ganz hergestellten Dortchen, hat einen trüben ton in seine rede gemischt, und sonst schien es mir schon ganz