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Dienstag, 26. August 1947

HEIMAT

KURIER

B

Nr. 66/Seite 3

ßaöifche

LanÖcöchronih

Vogclroartc bei Oer Arbeit

Für den Naturfreund und Ornithologen Ist zur Zeit an der Markeifinger Bucht ein herrliches Schauspiel geboten.

Wir stehen vor einem dichten Schilf­gelände des Sees, nahe am Bahnhof Markelfingen, und erwarten die Schwal­ben. Noch sind kaum einige zu sehen. Enten quaken im See, Teichrohinsänger hüpfen im Schilf von einem Stengel zum andern, und Bläßhühner jagen sich am Schilfrand. Die Sonne verschwindet rot hinter dem schwarzblau schimmernden Hohentwiel und Hohenstoffel und ver­ursacht eine wunderbare Beleuchtung von Wolken, Himmel und See. Ueber Radolf­zell schlängeln eich Rauchwolken.

Die ersten Schwalbenzüge treffen ein. Hoch kreisen sie! Immer neue Züge kom­men von Westen heran. Tausende und Abertausende werden es jetzt. Ein Baum­falkenpaar beginnt seine abendliche Jagd. Sturzflug auf Sturzflug erfolgt, doch ge­schickt weichen die Meister des Fluges aus. Immer wieder steigen die Falken in höchster Höhe über die Schwalben, wie­der stürzt das Falken-Männchen herunter, cs hat Glück gehabt. Mit einer Schwalbe im Fang streicht es ab, dem Bodanrück

zu. Das Weibchen hatte kein Heid und mußte leer zum Schlafplatz ab fliegen.

Nun fallen die Schwalben wie Steine stürzend ins Schilf, aber nicht alle auf ein­mal, sondern tropfenweise brausen sie an. Bald ist das Schillstück voll von Schwal­ben, und aus ihm ertönt ein Rauschen und Zwitschern. Langsam senkt sich che Nacht, und stille wird es auch im Schilt Am Rande des Schi Utes knien Männer der Vogelwarte Radolfzell mit einem Licht. Sie hatten in einem Netz einfallende Schwalben gefangen, und nun werden sie beringt, eingetragen und wieder freigelas­sen. Meist sind es Rauchschwalben, doch einige Uferschwalben sind auch daunter. Bald werden die Schwalben die große Reise nach dem Süden antreten, und man­cher Ringfund wird die Strecke des Zuges oder des Winteraufenthaltes deuten und fördert dadurch die friedliche, wissen­schaftliche Forschung unter den Völkern.

Stadttheater Konstanz unter neuer Leitung

Konstanz . Die Leitung des Kons tan zer Theaters, das seit seiner Wiedereröffnung nach dem Kriege eine erfreuliche und be­achtliche Entwicklung erlebte und den Na­men Konstanz als interessante Theater­stadt weitbekannt werden ließ, ist nun nach einer mehrwöchigen Krisis durch «ine Wahl des Stadtrates für «he kommende Spielzeit wieder besetzt worden. Nachdem che vorhergegangene Wahl Heinz Hilperts für das Konst an zer Stadttheater nicht auf­rechterhalten werden konnte, wurde Wolf­gang Engels, der in der vergangenen Spielzeit zusammen mit Dr. Walter Koch

Nöte t)or hunöcrt Jahren

Vor Pest, Krieg und Hungersnot be­wahre uns, o Herr! lautet nicht etwa nur ein moderner Bittruf der gequälten Menschheit, nein, seit Jahrhunderten er­füllt dieser Ruf aus angsterfüllten Men- «henherzen die Welt. Eine Generation gibt ihn an die folgende weiter. Auch vor hun­dert Jahren ging das Gespenst des Hun­gers durch unsere Heimat, wenn auch nicht in dem Umfange und aus den Ursachen wie heute. Die Not machte sich besonders stark in der ersten Hälfte des Jahres 1847 fühlbar, als die letzten Vorräte an Ge­treide und Kartoffeln zur Neige gingen, die Preise in die Höhe schnellten und un­ter den ärmeren Schichten der Bevölke­rung in den Städten und auf dem Lande bitterer Mangel einkehrte. Vor allem im Odenwalde , im Kraichgau , in manchen Ge­meinden der Seegegend, in der Landes­hauptstadt und in Mannheim mußten Not­maßnahmen getroffen werden, um das von der Mißernte, betroffene Volk und die in Not geratenen Bauern zu unterstützen. Großherzog Leopold von Baden ließ im Ausland 26 000 Malter Roggen und 10 000 Malter Weizen (1 Malter = 150 Liter) an- kaufen und an unbemittelte Gemeinden and Arme verteilen. Unterstützungskom- missionen in den Gemeinden wurden er­richtet, durch Suppenanstalten Tausende tespeist. In Karlsruhe sah man große Scharen tagtäglich zum Schlosse ziehen. Mit der steigenden Not vermehrt sich Ihre Zahl, und an den letzten drei Audienzta- gen waren es jeweils über 1000 Personen, von denen jede eine Gabe empfing, wie aus der Fülle der anschaulichen Berichte derKonstanter Zeitung jener Februar­tage 1847 zu entnehmen ist. In Konstanz selbst wurde unter Führung von J. Mar­mor am 5. Februar 1847 derHilfsverein Konstanz gegründet. In seinem Aufruf beißt es, daß unsnur rein menschliche Rücksichten bei unseren Handlungen lei­ten werden... Wir kennen nur eine Par­tei, die Partei der Humanität, der werk­tätigen Menschenliebe; alle anderen Par­teien sind für uns im Begriffe der hilfsbe­dürftigen Menschen untergeganaen.

Auf Veranlassung der Regierung wurde weiter ein Fonds zur Unterstützung armer

Landwirte mit Sommersaatfrüchten ge­schaffen. Ferner wurden die Reiseinfuhr vom Eingangszoll befreit und die Aus­gangszölle auf Getreide und Hülsenfrüch­te, auf Mehl und Mühlenfabrikate auf 25 Prozent des durchschnittlichen Preises er­höht, wurden Kulturarbeiten auf domä­nenärarischen Gütern für bedrängte Ge­meinden unternommen und im Mai eine allgemeine Früchteaufnahme über die Vor­räte an Kernen, Weizen, Spelz, Korn, Ger­ste, Haber, Mehl, geröllter Gerste, Erbsen, Bohnen, Linsen Kartoffeln, Welschkorn und Mischfrucht angeordnet. Im Seekreis war der Verbrauch an Getreide weitaus am stärksten, auch die Preise niedriger. Der starke Absatz In die Schweiz wurde durch die erhöhten Ausfuhrzölle merklich gedrosselt Durch solche Maß­nahmen gelang es der Regierung unter energischer Mithilfe der Gemeinden und Einzelpersonen, der Not und der Teuerung Herr zu werden und den Anschluß an die neue Ernte zu gewinnen. Um Mittsommer 1847 ging ein befreiendes Aufatmen durch das Land, als reicher Frucht- und Emtesegen die Mühen lohnte. Unter dem 6. August 1847, also just vor einem Jahr­hundert, brachte dieKonstanzer Zei­tung" einen Bericht über günstige Ernte­aussichten, daßder Regen den Kartoffeln gut getan habe undungewöhnlich er­giebige Obsterträgnisse zu erwarten seien, wovonein großer Teil zu Most ausgepreßt werde, welcher bei gehöriger Behandlung bis in den Sommer des künf­tigen Jahres 6ich halte als ein sehr ge­sundes Getränk.Auch der Seewein wird geraten und wohlfeil werden, heißt es weiter, wenn auch nicht in dem Grade, wie die Chronik einer Stadt am Boden­see uns erzählt, wonach im Herbste 1473, welcher Ende August begann, das Fuder Wein 1 fl. 45 Kr. kostete, die Maß für ein Pfennig und der allerbeste für drei Hel­ler ausgeschenkt wurde, und ein Eimer Wein mit einem Apfel gleichen Preis ge­golten haben soll.. 1484 habe man einen Eimer Wein für ein Hühnerei verkauft und um ein leeres Faß ein anderes mit Wein gefüllt. J, H.

dem Theater Vorstand, gewällt, unter der Bedingung, daß Heinrich Troxböhm- ker als OberspieUedter engagiert wird. Diese neuerliche Lösung der Konstanzer Theaterfrage muß noch von der Militär­regierung bestätigt werden.

Unterbrochene Spruchkammer-Verhandlung Kar brühe. Zu einem sensationellen Er­gebnis führte die Spruchkammerverband- lung in Bruchsal gegen einen Gerbermei­ster. Als der öffentliche Ankläger in dem Betroffenen seinen ehemaligen Peiniger wiedererkannte, legte er sein Amt als öf­fentlicher Kläger nieder und trat als Haupt­belastungszeuge gegen ihn aut Während des Krieges war der Gerbermeißter mit der Ueberwachung einer von der OrganisationTodt eingesetztenArbeitsgruppe von politischen Häftlingen und rassisch Ver­folgten beauftragt. Dieser Gruppe gehörte auch der heutige öffentliche Kläger an und soll dort von diesem Gerbermeister ge­schlagen und mißhandelt worden sein. Das Verfahren wurde sofort unterbrochen, der Betroffene verhaftet und seine Ueberfüh- rung in das Internierungslager Ludwige­burg angeordnet.

Nur 12 Prozent voll einsatzfähig Mannheim . Die vertrauensärztliche Un­tersuchung von 510 Männern und 42 Frau­en beim Arbeitsamt in Mannheim im Mo­nat Juli ergab, daß nur 12 Prozent voll einsatzfähig und nur 4,1 Prozent für den bisherigen Beruf geeignet waren.

Kontrolle schon ln Göttingen Wiesbaden . Zur besseren Kontrolle der Ausweispapier deutscher Reisender in dem täglich verkehrenden internationalen Schnellzug Dänemark Schweiz , der bei Hachenberg die Grenze zwischen der bri­tischen und amerikanischen Zone pas­siert, werden die hessischen Grenzpoli- zieten zukünftig den Zug bereits in Güt­tingen besteigen und auf der Fahrt bis zum Eintritt in die US -Zone kontrollieren. Durch diese neue Methode der Zugkon­trolle sollen unnötige Verspätungen an der Zonengrenze verhütet werden.

Traditioneller Mainzer Weinmarkt Mainz . Auch in diesem Jahre hält Mainz , trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkei­ten, seinen traditionellen Weinmarkt ab. Am 30. und 31. August, sowie am 6., 7. und 8. September wird auf dem Halleplatz eine Zeltstadt aufgebaut. Man hofft, daß der Mainzer Weinmarkt in nicht allzu ferner Zeit wieder seinen eigentlichen Sinn, näm­lich den einer Werbung für den heimischen Weinbau, erhalten wird. In diesem Jahr wird der freigegebene Wein in der Haupt­sache der Großma Inzer Bevölkernug und den evakuierten Fliegergeschädigten zu­gute kommen.

Audi der ehern. Bürgermeister von Mayen verhaftet

Koblenz . Auf der letzten Ministerrats­sitzung des Landes Rheinland-Pfalz wurde über den Fall des Mayener Großschiebera debattiert Der Generalstaatsanwalt von Koblenz teilte mit daß der Stadtamtsrat von Mayen, der von Januar 1945 bis Ende 1946 Bürgermeister der Stadt Mayen war, wesentlich für die bisherige Nichtverfbl- gung des Falles verantwortlich ist. Der ehemalige Bürgermeister hatte genaue Kenntnis von den geheimen Warenlagern, nahm jedoch von der Einleitung des Strafverfahrens Abstand. Gelegentlich einer Haussuchung bei dem Exbürgermei­ster wurden ein Zentner Weißmehl, 50 Büchsen Fleisch, etwa 800 Zigaretten und 45 Büchsen Tabak aufgefunden. Außerdem unterhielt er in einem Keller der Geno­veva-Burg ein weiteres Lager mit Lebens­mitteln. Schließlich ergab sich der Verdacht daß er sich in seiner Eigenschaft als Bür­germeister während der Nazizeit eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hat. Der Bürgermeister ist inzwischen ebenfalls verhaftet worden.

Der Wieöeraufbau Der Freiburger Kliniken

Die 1926 bis 1931 gemeinsam mit der Me­dizinischen Klinik erbaute Freiburger Chi­rurgische Universitätsklinik wurde beim Angriff auf Freiburg am wenigsten inner­halb des ganzen Klinikenkomplexes be­schädigt. Auf Befehl von General König wurde dieser Teil deshalb auch zuerst wieder instandgesetzt. Die Aufbauarbei­ten stehen nun vor dem Abschluß. Dieser Tage erfolgte eine Besichtigung der In­standgesetzten Teile dieser bis zum An­griff modernsten und wirtschaftlichsten deutschen Universitätsklinik durch Ver­treter der Müitärregierung, des Kultus­ministeriums und der Stadt.

Bei diesem Anlaß wurde bekanntgege­ben, daß nicht nur die beiden im Sanato­rium Glotterbad und in der Kaltwasser­heilanstalt St. Urban untergebrachten Teile der Chirurgischen Klinik, sondern auch die im Waisenhaus Günterstal unter­gebrachte Hals-, Nasen- und Ohrenklinik in die neue Chirurgische Klinik ziehen werden, und zwar noch vor Anbruch des Winters. Im Anschluß daran soll auch der Torbau der neuen Freiburger Kliniken zur Aufnahme der Klinikapotheke und der Klinikverwaltung ausgebaut werden, fer­

ner der westlich an die Chirurgische Kli­nik anschließende, weniger beschädigte Teil der Medizinischen Klinik vor allem zur Aufnahme der heute noch unbefriedi­gend untergebrachten medizinischen Poli­klinik und eines Teiles der Medizinischen Klnik instandgesetzt werden. Das Sana­torium Glotterbad soll mitsamt dem Kur­haus ein privates öffentliches Krankenhaus werden, das an die Freiburger Universi­tätskliniken angeschlossen ist. Die Anstalt St. Urban wird von der gynäkologischen Abteilung der Frauenklinik in Anspruch genommen werden. Nach diesen Umge­staltungen werden die Freiburger Kliniken wieder 1740 Betten zur Verfügung haben

Postwertzeichen mit dem Freiburger Münster

Seit einigen Tagen Ist in der franzöesich besetzten Zone Badens eine neue Elne- Mark-Briefmarke tim Umlauf. Das außer­gewöhnliche Hochformat (25 ; 43 mm) zeigt in grau-braunem Druck * die Vorderansicht des Freiburger Münsters . Im allgemeinen dürfte dieses Wertzeichen mehr dem Lieb­haber und Sammler als der Allgemeinheit dienen.

Sommerlicher Brief aue ßaöen*ßaöen

Einet waren diese Tage Auftakt zu der Großen Woche" von Baden-Baden . Die sommerliche Badestadt war der Treff­punkt der Haute volee von Geburt und Geldbeutel. Jene Tage der Rosen und des Blumepkorsos sind längst vergangen geblieben aber ist: das Rennen in Iffez­heim . Es geht zwar nicht mehr um den Grand Prix von früher, aber wieder sind es meist französische Renner, die sich die großen Preise holen. Und viel Volk aus der Umgegend ist da, wenn auch nicht mehr in Cut und grauem Zylinder. Es gab aber diesmal auch etwas, was es früher nicht gab ein Reitturnier auf den Klo­sterwiesen am Ende der Lichtentaler Allee , den berühmten Boulevard des flaneurs. (Auch sie hat ihren traurigen Tribut an die Zeit zahlen müssen.) Zwar kehrt man nicht mehr die Wiesen, damit ja kein wel­kes Blatt das satte Grün störe. Aber, staunen Sie, es werden neben den alten Tennisplätzen neue angelegt; gegenüber dem stets überfüllten Schwimmbad, dort,

wo einst im Winter derEisweiher und später der Kleingolfplatz war.

Weniger erfreulich war, daß an einem der letzten Sonntage plötzlich die Sirenen heulten! Auch diesmal war es Signal zu einer bedrohlichen Sache; wenn auch nicht ganz so ernst wie früher: derSteinwald war in Brand geraten. Die Feuerwehr be­kämpfte den Waldbrand ganz modern mit Schaumlöschgeräten! Im Stadtrat hörte man von mancherlei Plänen und den dazu gehörenden Sorgen: vom reichlich theore­tischen Wohnungsbauprogramm bis jetzt sind fünf Holzhäuser mit vierzehn Woh­nungen fertig, von den Schwierigkeiten der Müllabfuhr, von der Ernährung, und wieder von der Wohnungsnot, wobei der Oberbürgermeister erklärte, die hiesige Wohnungslage entspreche einer bis zu 70 Prozent ausgebombten Stadt. Trotzdem wolle der starke Zuzug immer noch nicht aufhören. Nun wird eine neue Ueberprü- fung aller 1939 Zugezogenen vorge­nommen. Rr.

SüDroeftDeutfche Umfchau

Konstanz. Am vergangenen Freitag erlitt das KursschiffHohentwiel" (KonstanzFriedndis- hafen) am Ausgang der Konstanzer Bucht einen Bruch des Schaufelrades und blieb manövrier­unfähig liegen. DieStadt Bregenz " nahm das Schiff in Schlepptau und fuhr es in den Kon­stanzer Hafen. Ein zweiter Bruch stellte sich am Samstagmorgeo bei der Fahrt von Meersburg nach Konstanz ein. Jedoch konnte diesmal das Schiff mit eigener Kraft den Konstanzer Hafen erreichen. Seit der Eröffnung des Konstanzer Kur- und Hallenbades im FTÖhsommer d J. bis zum 19. August haben nicht weniger als 82 000 Besucher das Bad aufgesucht. Dagegen zählte man während der ganzen Saison 1946 insgesamt 42 000 Besucher.

Immenstaad . Eine vorbildliche Maßnahme wird in der Gemeinde Immenstaad durchgeführt. Bin Teil der Obsternte von gemeindeeigenen Bäumen wird für die OstfWditlinge eingekeiiert, damit diesen an Weihnachten eine Freude bereitet wer­den kann.

Lindau . Die Stadt Lindau plant vom 13 bis 18 September eine Herbstwoche. Im Gegensatz zu 1946 trägt die Woche keinen industriellen Ausstellungscharakter, sondern beschränkt sich lediglich auf kulturelle Veranstaltungen, für die namhafte Kräfte verpflichtet wurden. Man rech­net außerdem mit einem starken Besuch aus der Schweiz .

Tuttlingen . Die Stadt Tuttlingen hat für jeden kriegsgefangenen Sohn der Stadt, der sich in jugoslawischer Kriegsgefangenschaft befindet, ein großes Uebeepaket abgesandt, das neben ver­schiedenen nützlichen Gegenständen- und Rauchwaren enthält.

Hinterzarten . Die Landeserziiehungs-Heimschule Birklehof wurde von einem Schadenfeuer heim- gesucht Zwischen dem Schindeldach und der darunter liegenden Bretterverkleidung lag der Brandherd und konnte nur schwer bekämpft werden. Das Feuer konnte auf den Mittelbau beschränkt werden Die Biamdursache ist völlig ungeklärt, da das Gebäude . seit acht Tagen nicht mehr betreten wurde. Der Schaden. wird auf 30 000 bis 40 000 RM. geschätzt. Der Unter­richtsbetrieb leidet keine Unterbrechung.

Rbetnfelden. Am 6. und 7. September findet hier der 1. Friedenstag der deutschen Jugend statt. Die Feier, an welcher Jugendliche aus den Kreisen Sädcingen, Lörrach und WaMshiut teil- nabmen, wird von sämtlichen demokratischen Jugendorganisationen getragen. Es wird mit einer Teilnahme von ca. 300 auswärtigen Jugendlichen, gerechnet.

OHenburg. Auf Anordnung der Militärregierung wurden drei Landwirte in Stadelhofen, Ulm und Tiergarten wegen dauernder schlechter Milch- ablieferung verhaftet. In diesem Zusammenhang wurde erklärt, daß die Milch- und Fe «Versor­gung nur dann gewährleistet sei, wenn die Bauern ihrer Milchablie ferungspflicht in vollem Umfange genügten. ,

Baden-Baden . Die im vergangenen Jahr wegen Anstiftung zum Mord an ihrem Ehemann zum Tode verurteilte Maria Schlltt aus Niederbühl bei Rastatt wurde in der Revlsionsveihandlung von der Strafkammer Baden-Baden neuerdings zum Tode verurteilt. Das Gericht kam zu der Ueberzeugung, daß Frau Schlltt die treibende Kraft bei der Ermordung ihres Ehemanns war.

Farbige Welt im Hegau

Zur Ausstellung ln Singen

Es lohnt sich, wieder einmal in die Schule zu gehen, und zwar in die Ober­realschule in Singen. Hier können wir mit Genuß etwas lernen. Der Kulturbund äer Stadt am Hohentwiel unterrichtet uns äber dieMalerei im Hegau und am Un­tersee . Und es ist ein lebendiger, froh hachendr Auschauungsunterricht, der uns äie Werke von 37 Künstlern vorführt, die lus dieser Gegend stammen oder hier ihre Wahlheimat gefunden haben.

Um mit einem von der höchsten Klasse hi beginnen, nenne ich den problemati­schen Otto Dix , der uns durch die Ver- chiedenartigkeit seiner Gesichte in Span­nung hält und immer als ein mit sich sei­ner Ringender erscheint. Sein in altmei- iterlicher Technik minutiös ausgeführter »Eisgang (Oel ) übersetzt den Eindruck äer Unterseelandschaft bei kindlicher Er- tehlerfreude in eine Märchenbuchsprache. UieSilberdistel mit Mohn dagegen ist, *Us der Bindung des graphischen harten Umrisses befreit und auch frei von aller Mystik der Lichteffekte, eine wirklich ma­terische Impression in frischen Akkorden. Diefünf Masken (Oel ), ganz aus dem tenlichen Eindruck stark aufgetragener Farben gestaltet, erregen und treffen uns licht weniger im Gemüt als die etwas ge­eicht aktuelle Variante des gleichen Mo- 3vs mit dem sichtbaren Ruinenhinter- Dund.Erich He ekel, der uns einst als Bahnbrecher des jungen deutschen Expres­sionismus begeisterte, läßt uns kühl mit einen illustrativ wirkenden, groß in Oel Bemalten Landschaften, und überrascht ins dafür durch Aquarelle von stimmungs- oller Zartheit. Von vitaler Ueberzeu- tungskraft sind Arbeiten des aus der Düs­seldorfer Akademie hervorgegangenen Fer­dinand Macketanz . Er weiß die Mög­lichkeiten des Aquarells vielseitig auszu- teitzen, indem er zum Beispiel im .»Win­

ter am Untersee ', das Verschwimmen der dünnen Farben auf dem leuchtenden Pa­pier virtuos zu atmosphärischen Effekten verwendet oder, wi a bei denFarbigen Gegenständen", einem Stüleben, mit star­ker, fester Kontur und den klaren Gegen­sätzen kompakter Farbflächen arbeitet SeineBirnenblüten, in schmalem, hohen Format, mit Tempera gemalt erinnern, bei durchaus eigener geistiger Haltung und Technik, an die Manier japanischer Holz- achnitte. Klarheit, Ruhe und Besinn­lichkeit sprechen aus dem besonders schö­nenStilleben des Konstanzers F. Müh­lenweg, dessen Kunst in den letzten Jahren viel an Reife gewonnen hat Auch seine gleichsam traumhaft geseheneMo­zartstraße in Freiburg zeugt von geistiger Tiefe, die sich produktiv auswirkt Durch sprühende Lebendigkeit fällt das kleineZirkusbild (Tempera) von dem in Hemmenhofen lebenden Walter Herz- g e r aut Man denkt an den französischen Meister solcher Motive, den großen Tou­louse-Lautrec . Dabei sitzt Herzger, der das Bunte und Witzige dezent in den Far­ben vorträgt, fest in eigenem SatteL

Daß die Luft der weltabgelegenen Höri, die Geister der dort Schaffenden nicht einschläfert, hat sich längst erwiesen. Dort fand Max Ackermann nach seiner Verfemung durch das Hitlerregime Zu­flucht. Seine aus aller Konvention heraus­gelöstenKompositionen in Pastell wen­den sich an Vorurteilslose, die selber Suchende sind. Curt Georg Becker, in Singen geboren, geht streckenweise ähnliche Wege, die ihn von der Welt rea­listischen Sehens entfernen (Komposition I und IR. Eine der miniaturhaften Bildtafeln von Alexander Rath (Katten­horn),Die Nächtlichen, begriffen als die phantastisch-schönen Erscheinungen eines Traumes, kann dazu dienen, manchem Be­reitwilligen das Verständnis für die vom realen Gegenstand abgewandte Kunst zu erleichtern.

Auf der Bahn der Ueberlieferung ist Otto Marquardt (Konstanz ) geblieben. Sein Negerporträt in Oel ist kennzeichnend für das handwerkliche Rüstzeug, das er von Hans Thoma mitbekam. OswaldPoetzelberger (Reichenau ) pflegt eine durch allegorische Gedanken beschat­tete Art der Darstellung und bleibt auch im Landschaftlichen in grüblerischem Dunkel. Erdnah sind die porträtmäßigen Oelbilder von Bernhard Schneider- Blumberg, wie derVolksfreund.

Besten künstlerischen Nachwuchs aus dem Hegau repräsentiert' Hans Loch - mann (Hilzingen). SeinBirnbaum ist voller Feinheit und Frische. Von dem in Tengen geborenen Erich R ü ck e r t erfreut und das PastellBallett. Voll erstaun­licher malerischer Qualität sind die klei­nen OelbilderHöri undAm See, die der in Gefangenschaft verstorbene Emil Z i m m a n n aus Gottma dingen 1935 ge­malt hat.

Ein feinmodellierter Knabenkopf des Bildhauers Hans Kindermann (Hem­menhofen ) ergänzt den Eindruck vom schöpferischen Reichtum der im Hegau und am Untersee lebenden Künstler.

Dr. Ernst Brasch

Die Hamsterfahrt

Kartoffeln alle. Kein Brot mehr. In Keller und Küche völlige Flaute. Was macht da ein treusorgender und liebender Gatte und Vater? tüchtig: er schickt 6eine Frau aufs Land und stattet sie mit guten Ratschlägen aus. Mehr kann und will er nicht mitgeben, denn erstens kommt sowieso auf den Kopf seiner Familie nur noch je ein Teller, ein Löffel und ein Bettuchi und die paar Stum­pen, dies bei der letzten Zuteilung gab, mein Gott, die möcht er doch selber rau­chen.

Was macht nun aber obengenannter Vater und Gatte, wenn (Me Mutti nicht mehr kann?

Einfach nicht mehr kann, weü sie viel zu

sehr ab ist und das Betteln und das Davon- gejagtwerden nicht mehr erträgt? Er geht selbst mal... und demonstriert, wie man'g macht.

> Unter uns gesagt: dieser Vaü bin ich. Mit eiserner Entschlossenheit schwang ich mich nuf6 Rad und fuhr mit der Miene eines Mannes, der zum äußersten entschlossen ist, in die vorsommerliche Landschaft Es war schön. Die Skabiosen blühten, und von den Linden wehte berückender Duft Die Aepfei hatten schon angesetzt, und selbst die jüng­sten Birnbäume mühten sich, erste Früchte zu tragen. Wie herrlich ist doch unsere Hei­mat Es erfaßt mich immer eine seltsame, unnennbare Sehnsucht, wenn mir der Rhyth­mus unserer Drumlin-Hügel und das ent­zückende Widerspiel von Wolken und Was­ser bewußt wird.

Eingebettet in eine sanfte Mulde lag ein bäuerliches Gehöft. Wie malerisch wirkte das Rot der neuen Ziegel vor dem dunklen Grün der Wiese. Aus dem Hausgarten schimmerte ein dunkleres Rot, das Rot von Feuerbohnen. Ach, es war mir, als würde das jubelnde Fortissimo des Daches von cello­dunklen Pizzikato des Gartens wiederholt. Herrlich war es.

Ich entbot der freundlichen Landfrau mei­nen Gruß; aber die Arme schien taub. Und wehen Herzens sah ich sie zum Kuhstall gehen, über dessen Eingang ein versilbertes Hufeisen blinkte.

Weiter ging's. Weiter, immer weiter. Und bald erschrak ich bis in den tiefsten Grund meiner Seele. Die Taubheit schien in unserer Landschaft epidemisch geworden zu «eia. Wohin kh ging, wohin ich kam: kann nit verstan.

Besorgt setzte ich mich an den Graben­rand. Griff spielerisch nach einem Tauben­kröpfchen. Hoppla, nicht daß Sie mich falsch verstehen, ich ließ eine Blume, die Tauben­kröpfchen heißt, durch meine Finger gleiten. Und sann. Sinnen ist eine Spezialität von mir. Und wie ich so grübelte, huschte ein

braunes Etwas vor mir weg, blieb wie an­genagelt stehen und bäumte auf. Blüten­weiß leuchtete mir sein Latz 'entgegen, seine Aeuglein phosphoriszierten wie dun­kelste Ruhrköhle, und sein zierliches Spitz­maul war frech wie... ja wie das eines Wie­sels. Man kann da nichts anderes sagen.

Und nun entspann sich ein sinniger Dialog.

Ich:Grüeze, du herrliches Wuschele."

Wiesel:Depp".

Ich:Wieso, bitte?"

Wiesel:Generaldepp!"

Und weg war das Biest. Unwiderruflich weg. Ich dachte nach, ich sann, ich sinnierte, ich wandte die differenziertesten und raffi­niertesten Methoden des Grübelns an. Ich muß bekennen: alle meine Spezialitäten ver­sagten, Traurig schaute ich in die Abend­röte, und mir schien, als traure das Geiß- biatt, das ein kleines Wiesenwässerchen säumte, mit mir. Und Krähen fielen plötzlich in die Wiesen ein, und ihr Krächzen fiel mir auf B rußt" und Atem.

Es dämmerte. Goldene Schleier standen vor Wald und See. Wo kamen all die Schwalben her?

Ich mußte heimwärts. Ich sprach Verse vor mich hin. Schöne Verse, keine eigenen. Weiß der Kuckuck, immer wieder kam mir das Wiesel in den Sinn. Das schlanke, ranke, wendige Wiesel.

Gibt es eine visionäre Vorwegnahme gro­ßer Ereignisse? Ich bin felsenfest davon überzeugt. Denn als ich mit dem leeren Korb nach Hause kam, sagte meine Frau nur: Depp." Aus Dch.

Volkslied-Tagung in der Ortenau Der Ortenauer Kulturbund Offenburg veranstaltet in Ortenburg in der Zeit vom 5. bis 7. September eine Volkslied- Arbeitstagung. Da® Volkslied und beson­ders die alten Ortenauer Heimatlieder, die viel unvergängliches Brauchtum und eine tiefe Liebe zur engeren Heimat aufs eigen, sollen der Jugend neu erschlossen werden.