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Donnerstag, 5. Januar 1950 SÜDKUBIER Nr. 2 / Seite t Nach 42tägigen Beratungen Regierung Bidault setzte Haushaltsplan fflr 1950 durch Wir meinen: Bonner Sodiüchkeif zu erscheinen. Audi darum ist ein radika¬ ler Verzicht auf Tripolis vernünftig. Der Arabischen Liga ist nun der "Weg an den Atlantik frei gegeben. Bis Marokko und Mauretanien wird man demnächst die Auswirkungen des arabischen V ormarschea 1 nach Wester;: Aegypten, Cyrenaika, Ly- bien, zu spüren bekommen. Nicht nur Frankreich, ganz Westeuropa sollten dies Phänomen aufmerksam verfolgen. Denn es kann sich eine französische „Mal d'Afri- que“ aus der rasch geheilten italienischen Afrikakrankheit entwickeln. Die West¬ europäische Union braucht Französisch Nordafrika als wirtschaftliches Hinterland WASHINGTON, ln seiner Neujahrs¬ botschaft vor dem amerikanischen Kon¬ greß forderte Präsident Truman, daß das Gebäude des europäischen Wiederaufbau- Programms ein Dach erhalte. Er ver¬ langte eine Erweiterung der Wirtschafts¬ hilfe, die der Ausbreitung des Kommu¬ nismus in der Welt Vorbeugen sollte. Tru¬ man bat den Kongreß, die Charta der in¬ ternationalen Handelsorganisation zu ra¬ tifizieren, damit der Welthandel in Ord¬ nung bleibe. In seinem Bericht über die Lage der USA erklärte Truman: „Wir haben wich¬ tige Schritte unternommen, um die nord- aüantische Völkergemeinschaft gegen Aggressionen zu schützen. Wohl stehen wir noch vor außerordentlichen Proble¬ men, die größte Gefahr aber — die Mög¬ lichkeit, daß der größte Teil Europas und des Mittelmeergebietes unter totalitärem Druck zusammenbrechen könnte — ist ge¬ wichen. Heute haben die freien Völker der Welt neue Stärke und neue Hoffnung. Truman stellte dann fest, daß die USA sich vom Rande zum Mittelpunkt der Weltpolitik bewegt hätten. Daher erwar¬ teten andere Nationen, daß die USA ihre wirtschaftliche und militärische Stärke einsetzen und die Ideale einer freien Ge¬ sellschaft kräftig unterstützen. Das Welt¬ ziel sei der Frieden. Präsident Truman betonte, daß die USA auch weiterhin die UN unterstützen werde. „Wir arbeiten auf das Ziel hin, daß die UN die Waffen zur Massenver¬ nichtung kontrolliert und ein Machtin¬ strument erhält, um die internationale Ruhe und Ordnung zu bewahren.” So¬ lange jedoch die Dinge noch nicht geord¬ net seien und die Sicherheit der Ver¬ einigten Staaten und der Welt eis erfor¬ dere, würden die USA eine starke Ver¬ teidigungsorganisation aufrecht erhalten. Die Erholung Europas und der ameri¬ kanischen Wirtschaft könne nur als ge¬ sichert angesehen werden, wenn der Le¬ bensstandard auch in den heute noch ver¬ armten Gebieten gehoben werde. Der Kongreß möge daher die Gesetze anneh¬ men, die den Zustrom technischer und geldlicher Hilfe in unentwickelten Ge¬ bieten vermehren sollen. Am Ende seiner Rede erklärte der Prä¬ sident: „In der heutigen Welt besteht die Gefahr, daß das Verlangen der Menschen nach Freiheit und besserem Leben von den falschen Propheten des Kommunis- WETTERVORHERSAGE des amtlichen Landes Wetterdienstes Südwestdeutschland liegt im Grenzbereich zwi¬ schen kalter und warmer Luit. Aussichten bie Freitagabend: überwiegend stank bewölkt und zeitweise Niederschläge, die in den Höhenlagen meist als Sdinee ndedergehen. Temperatur schwankend. Nach vorübergehender Erwärmung wieder Temperaturoückgang. Wintersportauesiditen: Durch wei¬ tere Neusdmeefälle erfahren die Wintersportwer- hältaisse im Sdiwarzwald und im Allgäu eine Besserung. In Lagen ab 800 bis 1000 Meter sind die Sportverhältnisse gut bis mäßig, vorüber¬ gebender Wannluflvorstoß führt vorausaldhtlich zu einer kurzen Verschlechterung der Sportver- hältnisse. 100 DM fn Zürich: 4. 1- 76 «fn 3. 1. 74.50 sfr. Emil Jannings f Auf seinem Gut am Wolfgangsee im Salzkammergut staib am 2. Januar 1950 Emil Jannings, der Gestalter großer Per¬ sönlichkeiten auf den Bühnen Deutsch¬ lands und im Film. Er wäre in diesem Jahre 64 Jahre alt geworden. Seine Wiege stand am Schweizer Ufer des Bodensees, in Rorschach, wo er am 23. Juli 1886 ge¬ boren wurde. Ueber Zürich, wo er seine Jugend verlebte, kam er nach Görlitz an das dortige Stadttheater. Seine Laufbahn, die ihn in. Deutschland über kleinere und größere Provi nzbühnen schließlich zu Max Reinhardt in Berlin und damit schnell zu internationalem Ruhm führte, erreichte ihren Höhepunkt vor zwei Jahrzehnten in Amerika. Emst Luhitsch hatte ihn für den Film gewonnen. Seine außerordent¬ liche Ausdruckskraft setzte sich in der großen Stummfilmzeit schnell und sicher durch. Er wurde 1926 nach Hollywood verpflichtet und galt nicht nur bald (mit einer Wochengage von 42000 Mark) als der bestbezahlte deutsche Schauspieler, sondern erlebte auch die seltene Ehrung, daß ihm der Ehrenpreis der amerikani¬ schen Akademie für Kunst und Wissen¬ schaft für den besten Schauspieler Ame¬ rikas verliehen wurde. Auf der Höhe dieses Weltruhms zog sich Emil Jannings im gleichen Jahr 1929, das ihm diese Ehrung eingebracht hatte, aus der Welt des schönen Scheins zurück in das Leben eines Gutsbesitzers und praktischen Landwirts in der von ihm so sehr geliebten Landschaft des Salzkam¬ merguts. Doch fehlte ihm die innere Ent¬ schiedenheit zur Ruhe eines Cato. So ließ er sich wieder von Theater- und Filmpiänen nach Berlin locken: Der erste große deutsche Sprechfi’.m mit Welterfolg „Der blaue Engel” (nach Heinrich Manns und militärische Etappe. Es gibt nur ein Mittel, Länder wie Marokko und Tunis in¬ nerlich an den Atlantikblock zu knüpfen. Sie müssen efoen fühlbaren und durch Westeuropa bedingten materiellen Auf¬ schwung erleben, bei gleichzeitiger voller I Wahrung ihter islamischen Eigenrechte. Geradezu gebieterisch erhebt sich diese Forderung, denn, was sind wir Westeuro¬ päer ohne den afrikanischen Partner. Wa¬ shingtons Entscheidung über Lybien war richtig, aber sie aufeiiegt Paris und sogar Bonn wichtige und nwr in mühsamer Ar¬ beit zu erfüllende Verpflichtungen. Mit ihr hat „Westeuropas Nordafrikapolitik“ begonnen. mus ausgenützt und verbogen wird.” Die kommunistische Herausforderung bedeute für Amerika mehr als das Hinwerfen des militärischen Fehdehandschuhs, denn sie prüfe die USA auf die Ehrlichkeit ihres Bekenntnisses zur demokratischen Ueber- zeugung. „Sie prüft unseren Willen, mit den anderen Völkern für den Frieden und Wohlstand der Welt zu arbeiten. Ich per¬ sönlich begrüße die Herausforderung, weil ich überzeugt bin, daß unser Land seine geschichtliche Prüfungsstunde erfolgreich bestehen wird.” Nationalchina bittet um Hilfe ■WASHINGTON. Das amerikanische Außenministerium gaib bekannt, daß die chinesische Nationalregierung die Vereinig¬ ten Staaten um Hilfe ersucht habe. Die Nationalregierung, deren letzter Zufluchts¬ ort die vor der chinesischen Küste gelegene Insel Formosa ist, habe dabei auch um militärische Unterstützung sowie um die Entsendung militärischer, politischer und wirtschaftlicher Ratgeber gebeten. Sowjethandel mit Rot-China ? HONGKONG. Das Bestehen eines so¬ wjetisch-chinesischen Handelsvertrages wurde am Dienstag von der amtlichen Nachrichtenagentur des kommunistischen Chinas bekanntgegeben. Der Vertrag wur¬ de bereits vor dem Abbruch der Beziehun¬ gen zwischen Moskau und Nationalchi'.na von den Sowjets abgeschlossen. Während der letzten drei Monate soll je¬ doch die Sowjetunion umfangreiche Lie¬ ferungen von Eisenbahnmaterial und tech¬ nischen Ausrüstungsgegenständen nach ganz China durchgeführt haben. Diese Lie¬ ferungen sollen die Pekinger Regierung in die Lage versetzt haben, die Eisenbahn¬ linien zwischen Peking und Hankau und zwischen Hankau und Kanton wieder her¬ zustellen. (Vgl. Artikel im Wirschaftsteil: Rot-China will Handel treiben). Kein deutscher Stahl für Mao FRANKFURT. Zuständige alliierte Stel¬ len. haben einen von der kommunistischen Regierung Chinas an Stahlwerke der Bundesrepublik gegebenen Stahlauftrag abgelehnt. Der Auftrag sah vor, daß die Vereinigten Stahlwerke und die Kloeck- ner-Werke 100 000 Tonnen Eisenbahnstahl liefern sollten. Wahlen in Aegypten KAIRO. Am Dienstag fanden in Aegyp¬ ten Parlamenlswahlen statt. Obwohl das Gesamtergebnis noch nicht vorliegt, steht bereits eindeutig fest, daß die nationali¬ stische WAF-Partei einen entscheidenden Wahlsieg errungen hat und im reuen Par¬ lament über eine klare Mehrheit verfügen wird. Dce WAjF, die den Anspruch erhebt, die ägyptische „Voiikspartei“ zu sein, hat bis jetzt von den 315 Abgeordnetensitzen im Parlament 70 erhalten. Von den übri¬ gen Parteien erhielten die Liberalen fünf Sitze und die Saadisten, die Partei der Großgrundbesitzer und Geschäftsleute ebenfalls fünf Sitze. Die Nattonalpartei — die älteste Partei des Landes — erhielt bisher vier, die Sozialisten ein und die Un¬ abhängigen neun Mandate. Roman ,Professor Unrat”) war durch sei¬ nen Namen getragen. Doch erlebte Jan¬ nings hier bereits die Tragik des Künst¬ lers auf dem Scheitelpunkt des Erfolges. Ueber Nacht war seine Partnerin in die¬ sem Film, die damals noch so gut wie un¬ bekannte Marlene Dietrich, zu einer Weit¬ berühmtheit geworden, deren Name schon bei den Aufführungen des Films in New York auf den Plakaten den seinen über¬ strahlte. Nach 1933 ging Jannings, der wie so viele glaubte, im Hitlerreich kraft seines Namens und seiner Leistung als Künst¬ ler mindestens auf dem Gebiete des Thea¬ ters und des Films die große deutsche Tradition erhalten und weiterentwickeln zu können, an das Staatstheater in Ber¬ lin. Er wurde mit staatlichen Auszeich¬ nungen und Aufgaben überhäuft. Wenn auch vieles, woran er mitwirkte, nach dem Zusammenbruch Deutschlands zu je¬ nem Teil der geistigen Konkursmasse ge¬ hörte, der mitversunken war und aus dem Lebenskreislauf entfernt wurde, so bleibt unvergessen doch die einsame Größe der Janninzs-Gestalten: der „Ro¬ bert Koch” im gleichnamigen historisch¬ biographischen Film; der „Dorfrchter Adam” in jenem der höchsten Kunst ver¬ pflichteten Film, der Kle’sts Lustspiel „Der zerbrochene Krug” für die Lein¬ wand erobern sollte; d’e Verkörperung der Titelrolle in dem Film „Der Herr¬ scher”. Nach 1945 erwarb Jannings die öster¬ reichische Staatsbürgerschaft und lebte zurückgezogen auf seinem Gut am Wolf¬ gangsee. Eiort hat jetzt ein zu früher Tod den Strich durch die mannigfachen Pläne gezogen, mit denen die Filmindustrie und die Bühnen Oesterreichs und auch des Auslandes den großen Menschendarstel¬ ler wieder in d*e Welt locken wollten. Er gehört in die Reihen jener Mimen, denen auch die Nachwelt Kränze flicht; sie ist oezeich-pot durch di° Namen Schröder, Dev- rient, Iffland, Mitterwurzer und Kainz. PARIS. In drei Kampfabstimmungen konnte die französische Regierung Bidault am Montagabend in der Nationalversamm¬ lung ihren Haushaltsplan für 1950 durch¬ setzen. An diese drei Abstimmungen hat¬ te die Regierung das Vertrauensvotum ge¬ knüpft. Alle drei wurden von der Regie¬ rung mit allerdings sehr knappten Mehr¬ heiten gewonnen. In der ersten Abstim¬ mung billigte, wie schon kurz gemeldet, die französische Nationalversammlung neue Steuern, die die 34 Milliarden France aufbringen sollen, die bisher zur Deckung der Ausgaben noch fehlten. In der zwei¬ ten Abstimmung willigte das Parlament ein, daß keine weiteren Zusatzanträge ge¬ macht werden sollen, und in der dritten wurde endlich das Gesamtbudget ange¬ nommen. Die Annahme des Budgets erfolgte nach außerordentlich heftigen Auseinanderset¬ zungen in der französischen Nationalver¬ sammlung, in deren Verlauf Bidault be¬ reits mehrfach von der Waffe des Ver¬ trauensvotums Gebrauch machen mußte. Nach 42tägigen Beratungen ist nun der neue Haushaltsplan, der allerdings noch dem Rat der Republik zugeleitet werden muß, in Höhe von 2225 Milliarden Francs genehmigt worden. Die französische Regie¬ rung hat sich verpflichtet, bis zum 1. Juni Einsparungen in Höhe von 20 Milliarden Francs vorzunehmen. Verstaatlichungen in Ungarn WIEN. Die neuen Verstaatlichungsma߬ nahmen io Ungarn, wo jetzt alle Betriebe bis zu einer Belegschaft von 10 Mann in den Besitz des Staates übergeführt wer¬ den, können als eine weitere Episode In; dem Machtkampf zwischen dem steilver- MUNCHEN. Der ehemalige tschechoslo¬ wakische Industrieminister Bohumil Laus- man ist dieser Tage aus der Tschechoslowa¬ kei nach Bayern geflohen. Er wurde nach Frankfurt gebracht. Als Grund für se'rae Flucht gab Lausman seine Gegnerschaft zur kommunistischen Partei an, der er nicht habe beitreten wollen. Nähere Auskünfte will er erst geben, wenn seine Familie in Sicherheit ist Im Kriege gehörte Lausman der tschechi¬ schen Legion in Frankreich an, war Mit¬ glied des tschechischen Staatsrates in Gro߬ britannien und später Angehöriger einer Widerstandsgruppe in der Slowakei. 1947 wurde Lausman in Brünn überraschend als Nachfolger Fierlingers zum Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei der Tsche¬ choslowakei gewählt Im Februar 1948 wurde er stellvertretender Ministerpräsi- Der Blickpunkt Für Finnland hat das neue Jahr unter sehr stürmischen Vorzeichen begonnen. Die sowjetrussidie Note über die an¬ gebliche Beherbergung von 300 russi¬ schen „Kriegsverbrechern“ hat vermutlich keinerlei Beziehung zur Wirklichkeit. Aber das haben schließlich die formellen Vorbe¬ reitungen sowjetischer Aktionen gegen die unabhängigen kleinen Staaten noch nie¬ mals gehabt. Es ist im Augenblick noch rächt zu übersehen, wie ernst die Drohung in Finnland gemeint ist. In Helsinki ist man jedenfalls nicht bereit, sie leicht zu nehmen. Bisher ist es zwar dem außer¬ ordentlichen Geschick der finnischen Staats¬ männer immer wieder gelungen, ernstere Störungen des Verhältnisses zu Moskau zu verhindern. Das ist insbesondere das Ver¬ dienst des weisen Präsidenten Passikkivi, tretenden Ministerpräsidenten Emö Gerö und Ministerpräsident Rakosi angesehen werden. Es muß nach allen Anzeichen jetzt auch damit gerechnet werden, daß auf dem Gebiet der Landwirtschaft neue einachneidende Maßnahmen zur Herbei¬ führung der kommunistischen Wirtschaft ergriffen werden. Bis jetzt waren erst we¬ niger als 20% der Bauernwirtschaften in Ungarn in die Form von Kooperativen übergeführt werden. Dieser Zustand dürfte f sich höchstwahrscheinlich schon in aller Bälde ändern. Vater und Sohn RICBMOND (Virginia). Selbst die Fünf¬ jährigen 6ind im Zeitalter der Luftfahrt nicht mehr leicht durch technische Er¬ rungenschaften aus der Fassung zu brin¬ gen. Dies erfuhr, sehr zu seinem Leid¬ wesen, ein Pilot aus Richmond, Dewey Chester. Er wollte seinem fünfjährigen Sohn Bruce die Inneneinrichtung eines Flugzeuges zeigen und erklärte ihm in seiner abgestellten Maschine die Hebel und Armaturen. Dann öffnete er die Drosselklappe und stieg mit dem Jungen au«, dem Flugzeug, um ihm das Auwerfen des Propellers vorzuführen. Mit einem Aufbrüllen des Motors setzte sich in die¬ sem Augenblick zum Schrecken Chesters und zum Entzücken des Jungen die Maschine in Bewegung und rollte davon. Sie streifte ein anderes parkendes Flug¬ zeug, riß einem weiteren die Tragflächen ab und kam erst vor der Ziegelmauer eines Hangars zum Stehen. Der sonst nicht leicht zu beeindruckende Sohn aber war hellauf begeistert. — Der Schaden wird auf 2000 Dollar geschätzt. dent in der Regierung Gottwald. Nach dem kommunistischen „Umschwung“ trat er im Aipril 1948 vom Vorsitz der Sozialdemokra¬ ten ab und zog sich aus dem. politischen. Leiben zurück. Pistole gegen Staatsanwalt ZUG (Schweiz). Eine unangenehme Si¬ tuation entstand während einer Gerichts¬ verhandlung in Zug. Am Ende seiner Selbstverteidigungsrede richtete ein An¬ geklagter plötzlich eine geladene Pistole gegen den Staatsanwalt. Es vergingen ge¬ fährliche Minuten, ehe der Gerichtsvor¬ sitzende den Mann durch Zureden bewe¬ gen konnte, die Waffe auf den Tisch zu legen. Durch seine Drohung wollte der Angeklagte, wie er später gestand, den j Staatsanwalt zu einem m'lden Strafantrag! I ermuntern.“ dessen Amtszeit dem Ende zuneigt. Die Neuwahlen sind auf den 15. Januar angesetzt und die finnischen Kommunisten sind bemüht, die Wiederwahl Passikkivis zu verhindern. Zwar haben sie keinen eigenen aussichtsreichen Kandidaten, doch werden sie, falls es zur Stichwahl kommt, den Kandidaten der Agrarpartei, Kekkonen, unterstützen. Ohne Passikkivi im höchsten Staatsamt glauben die Kommunisten leichtes Spiel zu haben und die jetzige Aktion des Kreml scheint dazu bestimmt zu sein, die kommunistische Wahlpropaganda zu stüt¬ zen, die Passikkivi vorwirft, während seiner Amtszeit hätten sich die Beziehungen zur Sowjetunion verschlechtert. Demnach dürfte das unmittelbare Ziel der Moskauer Note nur die Diskreditierung Passikkivis sein und erst auf längere Sicht scheint man im Kreml daran zu denken, der Selbstän¬ digkeit Finnlands ein Ende zu bereiten. Aus der letzten Zeit der Weimarer Re¬ publik ist uns der Ausspruch eines be¬ kannten Parlamentariers in Erinnerung. „Es gelingt uns nichts mehr”, sagte er, und er begründete diese Behauptung mit der Tatsache, daß das Agitationsbedürf¬ nis der Parteien die sachliche Arbeit im Reichstag erschwere. Sind wir schon wieder so weit? Wird auch in Bonn zuviel geredet? Entsprechen die gestellten Anträge immer den sach¬ lichen Notwendigkeiten und unserer poli¬ tischen und wirtschaftlichen Wirklichkeit? Lassen wir Tatsachen sprechen. In der verhältnismäßig kurzen Sitzungs¬ periode des Bundestages im vergangenen Jahr wurden durch die Parteien nicht weniger als 350 Anträge eingebracht, die alle mit den Worten beginnen: „Die Re¬ gierung wird ersucht, ...”. Der größte Teil dieser Anträge enthält Forderungen, die einfach nicht erfüllt werden können. Sie enthalten keinerlei positive Vorschläge für die Verwirklichung. Jedem Einsich¬ tigen ist es ohne weiteres klar, daß es sich um reine Agitationsanträge handelt, die nur aus parteiegoistischen Gründen eingebracht wurden und ganz auf die pro¬ pagandistische Wirkung nach außen ab- gestellt sind. Die meisten von ihnen bie¬ ten nicht einmal eine Diskussionsgrund¬ lage und noch Viel weniger eine Arbeits¬ unterlage. Die Geschäftsordnung bot bisher keine Handhabe zur Unterbindung derartiger Anträge. Es wird eine der ersten Aufga¬ ben des Bundestages im neuen Jahr sein, diese Handhabe ziu schaffen. Es handelt sich hier um den neuralgischen Punkt eines jeden Parlaments. Wenn bei den Parteien, auch bei denen der Opposition, nicht der ehrliche Wille vorhanden ist, in sachlicher Mitarbeit das Höchste und Beste im Interesse des Volkes zu leisten, dann ist die Demokratie in Gefahr. Das hat sich in der Weimarer Republik ge¬ zeigt Im übrigen: In den 25 Sitzungen des Bundestages wurden insgesamt 600 Re¬ den gehalten. Den Rekord hält der Kom¬ munist Reimann mit 25 Reden. Von den 402 Abgeordneten haben bisher 250 ge¬ schwiegen. Wir nehmen an, daß sie dafür an den Ausschüssen um so wertvollere Arbeit geleistet haben, denn wir halten vom Vielreden nicht viel. Auch die De¬ batten im Bundestag würden wesentlich an innerem Wert gewinnen, wenn die Re¬ den kürzer und sachlicher und wenn sie nicht nur aus agitatorischen Gründen zum Fenster hinaus gehalten würden. y / r 1 '"-M Dompteure im Weltzirkus Zeichnung: Bremer Nachrichten SÜDKURIER Chefredaktion: Dr. Otto Häcker. Politik: Konrad Gunst. Nachrichtendienst: Graf Ludwig Douglas. Wirtschaft: Dr. Gustav Adolf Groß Feuilleton: Ludwig Emanuel Reindl. Heimat: Aloi# Bede Friedrich Munding, Herbert Steinert. Sport: Alfred Strobel. Chef vom Dienst: Helmut Jacob- sen. Verlag: Südkurier GmbH.. Konstanz. Markt¬ stätte 4 Drude: Druckerei Konstanz- Beiträge mit Verfassernamen stellen nicht un¬ bedingt die Meinung des SÜDKURIER dar. Referenten Ich bekam heute einen Brief von irgend einem Amt, mit dem ich etwas auszufechten hatte. Sein Inhalt und seine Form waren nicht angenehm. Es gibt überhaupt so Tage, an denen die Post es darauf abgesehen zu haben scheint, uns unfreundliche Dinge heran zubefördem Der Herr, der meinen Brief unter¬ schrieben hatte, war mir wohl bekannt — kein sturer Bürokrat, ein Mensch viel¬ mehr wie Ich und du, mit Sinn für die Wirklichkeit, von liebenswürdigen Um¬ gangsformen in Rede und Schrift, sogar Humor hatte er. Es gibt auch solche Beamte. Er war mir auch wohlgesinnt, ich wußte es. Und deshalb wunderte .es mich ein bißchen, daß er mir so einen unwirschen Schrieb schickte. Bis ich an den oberen Rand des Brief¬ bogens guckte, dahin, wo für den ge¬ schäftlichen Verkehr so nett vermerkt ist: „Unser Zeichen“. Man sollte diese abkürzenden Formeln — etwa Fi'Schn oder Me/El usw. — genau beachten und betrachten. Aus ihnen' nämlich ergibt sich, wer das Schreiben entworfen und dik¬ tiert hat — und das ist oft ein ganz an¬ derer Herr als der es schließlich unter¬ zeichnet hat. Es ist ein Referent. Fremdwörter verbergen bisweilen Un¬ heimliches. Referenten sind oft mächtige Herren (manchmal auch mächtige Damen: Chefsekretärinnen und so!) Und sie schleudern ihre spitzen und derben Ge¬ schosse aus dem Dunkel der Anonymität (auch so ein Fremdwort!). Mein Herr Unterschreibender hieß Waidmüller, ein sehr gemütlicher Name. Aber „unser Zeichen“ hieß Sehi/Pfa. Da war also auf dem Amt ein Mädchen, das auf den Namen Pfaimkuche oder so ähn¬ lich hörte — und da war der Herr Refe¬ rent, er nannte sich vielleicht Schikene- der oder Schimanowski! Er hatte dem Fräulein Pfannkuche das unfreundliche Schreiben an mich diktiert, das meinen Fall so barsch und ungünstig entschied, und mein lieber Herr Waldmüller hatte es unterschrieben, weil er der verantwort¬ liche Vorstand war. So ein Herr hat täg¬ lich viele Briefe zu unterzeichnen, er muß es dem einzelnen Referenten seines „Ressorts“ überlassen, sie zu entwerfen. | Er unterschreibt wohl manches, was er i nicht ganz billigt — du lieber Gott, er I kann sich nicht um allen Kleinkram j kümmern, ich sehe das durchaus ein. Er hätte mir das gleiche mit anderen, nicht kränkenden Worten gesagt. Aber er hat einen Referenten, der Fälle wie den mei¬ nen „bearbeitet“. An diesem Punkte meiner Ueberlegung halte ich leise erschrocken inne. Es gelingt mir nämlich nicht, das Symbolhafte mei¬ nes kleinen Erlebnisses zu verkennen, j Schickt uns nicht mitunter auch das | S cn i ck s a 1 sozusagen böse Briefe ins Haus: Not, Leid, Krankheit, Geldmangel, Verstimmung?! Und wir machen es dann dafür verantwortlich, wir grollen ihm — ob wir es nun „lieber Gott“ benennen oder „Weltgeist“ oder „Fortuna“. Wir denken nicht daran, daß das Schicksal meist nur vollzieht lunterechriftlich oe- kräftigtl), was seine — Referenten uns zugeteilt haben. Sie nämlich diktierten uns zu, was uns kränkt, ängstigt, ärgert, empört, bedrückt Wenn wir genauer Zu¬ sehen, so sind ihre Schikeneder — Namen sogar leicht zu entziffern: Haß, Neid, Mißgunst, Bosheit, Eitelkeit Dummheit, Geiz, Raffgier heißen sie . . . Ja ja: die schlechten Mitmenschen! Sie sind es natürlich, die uns dag Leben erschweren — und wir sind so töricht, den lieben Gott dafür verantwortlich zu machen . . . Aber — eine noch viel bestürzendere Ueberlegung: so wie die Referenten eines Amtes ja schließlich aus unseren eigenen Steuergeldern unterhalten werden, so werden letzthin auch die Referenten des 1 Schicksals, die wir eben kennen lernten, durch uns angestellt: durch unsere Mi߬ gunst, Haß, Neid, Bosheit, Eitelkeit, Dummheit, Geiz, Raffgier . . . Jawohl: man ist selber auch — Mit¬ mensch . . . Ich muß abbrechen, mich schaudert . . . Wendelin Überzwerch KULTUR NACHRICHTEN Kammersänger Prof. Heinrid Rebkemper, der der Münchner Staats- : oper fast zwanzig Jahre als einer ihrer bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten angehört hat, ist nach langer Krankheit I im Alter von 55 Jahren lin Salzburg ge- i storben. Musikdirektor Hugo Rueter, der Nestor der deutschen Komponisten, ist in Mieste, Kreis Gardelegen, im Alter 1 von 90 Jahren gestorben. Der Verstorbene wirkte jahrzehntelang in Hamburg- Wandsbeck als Musiklehrer, Kritiker und Komponist von Opern, Kammermusik, Sinfonien und Liedern. | Die Schweizer Conrad-Ferdi- j nand-Meyer-Stiftung, die von Ca- milla Meyer, der Tochter des Dichters durch letztwillige Verfügung geschaffen ] wurde, hat für das Jahr 1949 je 3000 Fran- | ken dem Kunstschriftsteller Dr. Marcel Fi- I scher, dem Komponisten Rolf Liebermann j und dem Maler Hermann Alfred Sigg zu¬ erkannt. Der norwegische Verlag Gyl- dendal gab aus Anlaß seines 2&jährigen Bestehens bekannt, daß er beabsichtigt, verdienten älteren Autoren ein Ehrenge¬ halt von 5000 Kremen bis an ihr Lebens¬ ende auszübezahlez. Das „DramatischeKabinett“, ein vom Intendanten des Baden-Badener Stadt- theaters Hans Tannert geschaffenes „Zim- mertheater“, wird im Januar in den Städ¬ ten Freiburg, Wiesbaden und Frankfurt mit den Sartre - Aufführungen „Geschlossene Gesellschaft“ und „Die ehrerbietige Dirne“ i Gastspiele geben. Geschichtliche Prüfungsstunde der USA Präsident Truman berichtet dem Kongreß Aber die internationale Lage Tschechischer Minister nach Bayern geflohen Bohumil Lausman wollte der kommunistischen Partei nicht beitreten |