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Seit tenem Zeitraume hat unter vielen Städten der Pfalz Heidelberg besonders merkwürdige Ereignisse aufzuweisen. Seit der unglücklichen Annahme der Böhmischen Königs: Krone wechselten Glück und Unglücksfälle in derselben. Wem wird es bey jezt neuerdings erfolgter Uebernahme von Badens bestem Fürsten nicht angenehm, nicht Freude seyn, wenn ihm in Kürze dargelegt wird, was Heidelberg öfters verloren, und jego aufs neue gewonnen hat?-

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Wenn man glücklich wird: so macht es größere Freude, wenn man sich erinnert, wie groß die Leiden waren, die man über: standen hat.

Es ist also hier blos die Absicht, Heidelbergs Inwohner noch einmal auf das Ausgestandene zurück zu führen, um ihnen ihr Glück deſto anschaulicher mehr fühlender mehr empfindend- zu machen.

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§. I.

Es ist über hundert Jahre, als der schreckliche dreyfigiährige Krieg

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die blühenden Gefilde der guten Pfalz verwüstete. Unter vielen thren Städten wurde Heidelberg, als eine Vestung, bart mit­genommen. Bald war sie der Siß der Kaiserlichen, bald der Tyllisch, Baierischen Armee: jede Partey hauste in selber, wie sie es für sich am besten fand. Unsere verstorbenen Ureltern mußten ihre Graus famkeiten empfinden. Wer liest nicht mit Erstaunen die einfältig treuherzige Schilderung des zur damaligen Zeit gelebten Pfarrers Kaiser? Wer weiß nicht, was ihm von Großeltern davon noch erzählt wird, oder erzählt worden? Lange Jahre mußten die Unschuldigen schwer die Hand des Schicksals tragen. Verjagt ausgeplündert

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fanden viele den Tod in fremden landen. Sie waren lange Zeit eine Schaar verwaister Kinder ohne Vater, ohne Brod, ohne Obdach. Schrecklich war es, wohin sie flohen; überall herrschte ein wilder Feind, ohne Zügel, wie unbändige Rosse,

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