Beste 2 / Nr. 49
SODKUV1ES
Freitag, 27. Juni 1947
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schwinden. Die weltpolitischen Spannungen an der großen Ost-Westgrenze glätten sie gleichsam aus. Das ist, in allem Elend der rückgängigen landwirtschaftlichen Produktion und der politischen und sozialen Umschichtung ein Erlebnis, das die lugend Süd-Ost- Europas stark beeindrucken wird.
Die Fanfarenklänge Trumans werden in den Ländern, für die sie nicht berechnet waren, nur wenig Unheil gestiftet haben, sofern die Londoner November-Konferenz eine
Einigung zwischen den vier^ Großmächten er- giebt. Dann w&re es auch 'denkbar, daß die amerikanische Finanzhilfe für den europäischen Wiederaufbau, von der jetzt die Rede ist, den Ländern östlich, wie westlich der Linie die Europa jetzt noch teilt, zugutekommt. Das östliche Europa wartet darauf so gut, wie Deutschland . Sie sind beide darauf angewiesen, die Zwischenperiode in der gleichen Haltung zu überstehen: Schweigend, beobachtend und lernend.
Washington . Wie der Südkurier bereits berichtete, wurde das Veto des Präsidenten Truman gegen das neue Arbeitsgesetz vom Repräsentantenhaus und Senat überstimmt. Dadurch erhält die Regierung das Recht, durch gerichtliches Vorgehen Sympathiestreiks abzubrechen sowie Streiks in lebenswichtigen Betrieben auf die Dauer von 80 Tagen zu beschränken. Außerdem wird das „Closed shop”-Syistem untersagt. Weiter sollen diejenigen Gewerkschaften verboten werden, deren Führer nicht schriftlich erklären, daß sie keine Kommunisten sind.
Das Gesetz, das vom Präsidenten Truman als „gefährlich” und von den Arbeiterführern als „Sklavengesetz” bezeichnet wurde, hat in der Arbeiterschaft der Vereinigten Staaten stärkste Proteste und Gegenaktionen ausgelöst. Die Zahl der Streikenden wächst stündlich, ohne daß die Gewerkschaftsführungen schon zu dem neuen Gesetz Stellung genommen hätten. Die
Hälfte aller Kohlenarbeiter, mindestens 300 000, hat bereits die Arbeit niedergelegt, was einen Verlust von über 400 000 Tonnen Kohle täglich zur Folge hat und sich bereits auf ein Drittel der amerikanischen Industrie auswirkt. Der Generalstreik der 80 000 Schiffsbauarbeiter an der atlantischen Küste ist ausgerulen worden und in Pittsburg haben vier Stahlwerke den Betrieb eingestellt. In Chikago befürchtet man den Generalstreik. Innerhalb einer Woche rechnet man damit, daß 90 Prozent aller organisierten Arbeiter ihre Betriebe verlassen hätten.
Von unserem A.G.-Korrespondenten.
Der Ratgeber des Landesamtes für Arbeiterfragen, Van Arkel, hat seinen Posten mit der Begründung niedergelegt, daß er starke Zweifel an der Durchführbarkeit des neuen Gesetzes hege. Diese Reaktionen lassen die ungeheuren Schwierigkeiten erkennen, die sich der Durchführung des Gesetzes entgegenstellen, zumal man mit einem Anwachsen der Streikwelle, die sich zu einem das gesamte Wirtschaftsleben lahmlegenden Generalstreik ausdehen könnte, rechnet.
Berlin . Als das wesentlichste Ereignis der Internationalen Politik betrachten diplomatische Kreise die russische Teilnahme an der Pariser Konferenz. Dabei wird allerdings in manchen Kreisen westeuropäischer Länder die Frage aufgeworfen, ob die Diskussion des Marshall-Planes durch das Zusammentreffen der westlichen und östlichen Welt nicht die Gefahr grundsätzlicher und langwieriger Erörterungen bringt. Viel beachtet wird der sachliche Charakter der russischen Teilnahmeerklärung, aber der russische Hinweis auf die Bedingungen einer evtl, wirtschaftlichen Hilfe wird als Ausgangspunkt grundsätzlicher Gespräche betrachtet.
Das Berliner Blatt der Roten Armee, „Tägliche Rundschau", stellt in diesem Zusammenhang fest, Europa sei kein Ertrinkender und die Bereitschaft der USA zur Hilfeleistung bestehe darin, mit Hilfe des Dollars einen politischen Druck auf hilfsbedürftige Länder auszuüben. Begrüßenswert wäre, sagt die „Rundschau", wenn die Marshall-Erklärung die Abkehr von der Dollar-, diplomatie und die Bereitschaft zur Hilfeleistung ohiie politische Forderungen, insbesondere ohne den Einfluß auf die innere Struktur anderer Staaten, bedeuten würde.
Als Gegenstück wird bemerkt, daß der britisch lizenzierte sozialdemokratische „Telegraf" kühl eine nüchterne Stellungnähme zum Ma^shall-Plan bringt. Kreditgebende Staaten, so sagt der „Telegraf", hätten stets Einflußmöglichkeiten, und derartige Pläne könnten in sozialdemokratischem Sinn deshalb nicht eine ideale Lösung, sondern nur eine Nothilfe bedeuten, auf die Deutschland in seiner gegenwärtigen Notlage allerdings angewiesen sei. Bei dem gespannten Verhältnis zwischen der Sozialdemokratie und der russischen Politik ist es besonders interessant, daß der „Telegraf" die Sowjetwirt- schaft als die natürliche Ergänzung der deutschen Wirtschaft bezeichnet und sein Bedauern ausspricht, daß die Sowjetunion noch nicht bereit sei, Deutschland als gleichberechtigten Handelspartner anzuerkennen.
Der Versuch einer selbständigen politischen Stellungnahme ist in solchen Aeuße- rungen unverkennbar. Aber die allgemeine Auffassung geht dahin, daß eine deutsche Mitwirkung auch aktiv zwar nötig, aber vor dem Ende der Pariser Konferenz weder nützlich noch möglich sei.
Der Marshall-Plan
den kostspieligen und verderblichen Circulus vitiosus abzubrechen. Amerika bleibt, weil es an der Konsulnunfähigkeit Europas und seiner sozialen Stabilität aus wirtschaftlichem Egoismus interessiert ist, zur weiteren Hilfeleistung in Form von Krediten, Rohstoffen und Gütern bereit. Aber es setzt voraus, daß die europäischen Staaten zuerst einmal zur zusammenarbeitenden Selbsthilfe schreiten. Sie sollen ermitteln, was sie in gemeinsamer Arbeit aus eigener Kraft-zum Wiederaufbau leisten können, während die Vereinigten Staaten dann ihrerseits aus ihrer überschüssigen Kraft das Fehlende beisteuern wollen. Einem „europäischen Wirtschaftsplan" zur Mobilisierung ungenügend genutzter Kräfte würden dann die Vereinigten Staaten eine neue Form des im Kriege so bewährten Pacht- und Leihdienstes an die Seite stellen. Ueber das „Wie" der in Europa zu schaffenden Wiederaufbau-Organisation hat Marshall sich nicht geäußert, vielmehr erwartet er Vorschläge von der Pariser Konferenz.
DIE MEINUNG DER PARTEIEN
DP
Arbeiter und Staat
Wien . Zwischen Bundeskanzler Figl und dem amerikanischen ' hohen Kommissar für Oesterreich, General Keyne«, wurde ein Abkommen unterzeichnet, da« Oesterreich an der Nutznießung des Fonds von 350 Millionen Dollar beteiligt.
Das Abkommen regelt die Art der Zufuhr und Verteilung von Lebensmitteln, pharma- tischen Produkten, Medikamenten, Kunst- zeutisdien Produkten, Medikamenten, Kunst- Heizmaterial und Saatgut, die Oesterreich erhalten soll. Die Vereinigten Staaten verpflichten sich, für all dfese Lieferungen keine Bezahlung zu fordern.
SK. Europa hat als Folge des Krieges nicht nur gewaltige Substanzverluste erlitten, sondern auch gewaltige Störungen im wirtschaftlichen Gefüge, so besonders in den Austauschbeziehungen zwischen Industrie- und Agrar-Ländern. Dies wiederum hat zur Folge, daß die Industriearbeiter nicht genügend arbeitsfähig sind und daß die Regierungen ihre Devisenreserven zu Lebensmit- telimporten statt zum Ankauf von industriellen Rohstoffen verbrauchen müssen. Da aber die Vereinigten Staaten nicht auf die Dauer Milliarden von Dollars hergeben wollen, die nur verkonsumiert, statt nützlich investiert werden, schlägt Marshall vor,
Erste Sitzung
des bizonalen Wtrtsdiaftsrats
Frankfurt - Am 25. Juni fand in Frankfurt die erste Sitzung des bizonalen Wirtschaftsrates für die britisch-amerikanische Zone statt. Zum Präsidenten wurde der Fraktionsvorsitzende der CDU im hessischen Landtag, Dr. Köhler, gewählt. In Ansprachen von Vertretern der britischen und amerikanischen Militärregierung sowie deutscher Persönlichkeiten wurde darauf hingewiesen, daß die wesentlichsten Aufgaben des Wirtschaftsrates in der Sicherung der Ernährung für die deutsche Bevölkerung sowie Beschaffung von Kleidung und Wohn- raum beständen.
Französisches Steuergesetz angenommen
Paris . Nach der Ablehnung der neuen Steuergesetze der französischen Regierung durch den Finanzausschuß der Nationalversammlung, worüber wir bereits im Wirtschaftsteil der vorigen Ausgabe berichteten, wurden diese nunmehr in der Schlußabstimmung der Nationalversammlung mit 323 gegen 270 Stimmen angenommen.
Diese stark umkämpfte Gesetzgebung hat die durch Forderungen nach höherem Lohn und besserer Ernährung schon längere Zeit in Frankreich bestehenden sozialen Spannungen noch verschärft. Die Streikbewegung hat dadurch einen weiteren Auftrieb erfahren, so daß in Frankreich und Nordafrika sich gegenwärtig rund 320 000 Arbeiter in Streik befinden. Etwa 100 000 Bankangestellte, 150 000 Bergarbeiter, 45 000 Angestellte der großen Pariser Warenhäuser, sowie 20 000 Arbeiter der Cytroen- Werke haben ihre Arbeit niedergelegt. Die Renault -Werke mußten ihre Arbeit einstellen, da der größte Teil der Belegschaft in Streik getreten ist.
KrI sengeriichte in ParisParis
. Das Kabinett Ramacher, das am 24. Juni die Steuervorlagen in der Nationalversammlung durchbringen konnte, steht vor der Gefahr, wenn nicht in letzter Stunde ein Vermittlungsvorschlag durchdringt, gestürzt zu werden. Die Forderung wurde gestellt, die Debatte über die Wirtschaftspolitik der Regierung, die erst nächste Woche stattfinden sollte, sofort abzuhalten und
der Ministerpräsident gab diesem Wunsche nach. Sollte er amtsmüde geworden sein oder wünscht er, daß endgültig Klarheit in der parlamentarischen Situation geschaffen werde? Wie dem auch sei, es mußt¥ auffallen, daß die Debatte über die Wirtschaftspolitik gestern stattfand, da in Straßburg der Jahresparteitag der Kommunistischen Partei eröffnet wurde, dem fast alle Abgeordneten, mit dem Generalsekretär Maurice Thorez an der Spitze, beiwohnen.
Es war die sozialistische Partei, die auf sofortige Abhaltung der Debatte über die Wirtschaftspolitik bestand, weil in ihren Reihen starke Uneinigkeit besteht, indem ein Teil der Abgeordneten aus Furcht vor den Kommunisten eine grundlegende Aen- derung der ganzen Wirtschaftspolitik fordert. Zwei Tendenzen machen sich in der bisherigen Regierungsmehrheit geltend. Die eine wünscht Fortdauer def gelenkten Wirtschaft, die andere Rückkehr zur vollkommenen Freiwirtschaft. Es sind insbesondere die Radikalsozialisten, die im Kabinett Ramadier vertreten sind, die für die freie Wirtschaft auf den meisten Gebieten eintreten. Der Streit zwischen den Anhängern der gelenkten und der freien Wirtschaft muß beendet werden. Man hat das Gefühl, daß Ramadier, nachdem er die Annahme der Steuervorlagen durchgesetzt hat, „In Schönheit sterben wolle", in einem Augenblick, in dem in Paris über den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas entschieden werden soll.
Schubert Kammermusik und Symphonien
Völlig ins musikalische Kreislaufgeheimnis Schuberts führen kann uns nur seine Kammermusik, und wenn wir aus spieltechnischen Gründen für dieses Mal auf das Forellenquintett oder das unvergleichliche Streichquintett in C-dur verzichten mußten, so - vermittelte und das Konstanzer Streichquartett (Otto Keller, Monika Schmitt-Bohn, Carl Schmitt , Alfred Loer- aus der Trias der Meisterquartette in a- moll, d-moll und G-dur die beiden ersteren ganz aus dem Geiste romantischer Musikempfindung heraus. Wir, die wir diesmal im Sinne der Anerkennung ehrlicher künstlerischer Initiative und eines neuen kulturellen Aufbauwillens mehr sein mußten als nur kritische Zuhörer, können deshalb auch die Differenz zwischen dem wirklichen akustischen Eindrucksbild und der beabsichtigten Ausdeutung nicht mit den üblichen Maß- stäben berausstellen. Ueber den recht günstigen Gesamteindruck der Veranstaltung hinaus freuten wir uns, in der stilistisch und tonlich allgemein sauber erarbeiteten Interpretation des a-mol!-Quartetts alle jene Schönheiten aufleuchten zu sehen, die das melodiös überquellende Werk mit seinem ganzen intimen Zauber, seinem zart ver- sdiwebenden Stimmungskolorit und den feindurchsichtigen romantischen Duftschleiern auszeichnen. Bei guter dynamischer Nuancierung hätten die Ecksätze etwas mehr Feinnervigkeit im Rhythmus und satteren Glanz vertragen, während das geradezu geniale Menuett und das volksliedhafte schlichte „Rosamunde-Andante" geformter und auf temperamentvollen Vollklang behandelt waren. Wie weit die hier nicht ganz vollwertige technische Präzision der Primgeige im darauffolgenden d-moll-Quartett op. posth. (Der Tod und das Mädchen) das herrlich ernste, immer gleich ursprünglich berührende zyklische Tongebilde infizierte,
Tragik, das feindüstere Verflammen der großartigen linearen Konturen, die todes- und traumdunklen Kräfte und die ganze süß- schmerzliche Erlösungsbereitschaft dieses einmaligen Quartettes getroffen wurden, darüber konnte sich der Zuhörer selbst seine Meinung bilden. Zu dem jedenfalls positiven Gesamteindruck trug die klanglich- technisch vorbildliche Haltung des hervorragenden Cellisten (Alfred Loerkens) mit seiner merklich herausspürbaren pointierten Geistigkeit wesentlich bei.
Zwischen den Quartettvorträgen zeichnete Dr. Carl Weidiardt in seiner geistvollen Plauderei über die Welt Franz Schuberts ein vom gelockerten Stimmungsbericht bis zur verpflichtenden Deutung reichendes Wesensbild des Mei9teTS, das alle bewegenden Kräfte seiner Innen- und Mitwelt erfaßte und in das der Redner fein episodische Züge von Selbsterlebtem zu flechten wußte. Starker Beifall der zahlreich erschienenen Zuhörer dankte den Künstlern und dom Redner.
Mitte und Höhepunkt der Schubert -Woche konnte wohl nicht treffender markiert werden als durch die ausgezeichneten Leistungen unseres verstärkten Städtischen Orchesters, das unter der Leitung unseres Schweizer Gastdirigenten Ernst Klug die Unvollendete in h-moll und die gigantisch dimensionierte Siebte in C-dur zu Gehör brachte. Es berührt wie selbstverständlich, daß Klug auch dieses Mal wieder mit einem Minimum äußerer Mittel und ohne jegliche Dirigentenpose, ganz aus seinem eminenten Musikertum heraus, anzupacken und zu gestalten wußte. Bereits in der Unvollendeten, dem herrlichsten in Musik gegossenen Dithyrambus Höidertmscher Bälderwehmut und feinst empfundener Daseinstragik, war unter der sich bewußt fein zurückhaltenden, aber geistig intensivierten Formung des
er-
die verschleierte Liedsehnsucht und die tragischen Schmerzausbrüche, das wundervolle Schweben des Cellothemas, die drohenden Posaunenakkorde. Die fühlbare Hitze-Einwirkung mag im Orchester noch ein letzl- akzentuiertes, biegsames Fließen verhindert haben. Unter sichtlich wachsender Erlebnis- beteiligung der Musiker (dem sich wieder einmal im Andante der Bahnhof durch Verlautbarung eindeutiger Geräusche temperamentvoll anschloß!), klanglich-rhythmisch klar geformt und in nahtloser Fühlungnahme zwischen Streichern und Bläsern erstand die viersä tzige Siebte in C-dur, ein blühender Kosmos auf- und abbrandender Tonräume, urgenial in der echt Schubert - schen Klangbesessenheit, und dem restlosen Sichausschwelgen im Melos, in dem das motivische Wogen immer wieder gegen das satzlogische Wachsen klassischer Verarbeitung anstürmt. In geschlossener Prägnanz bis zu mitreißender Gestaltung wurde die Ganymed-Stimmung des ersten Satzes deutbar, erklangen das leicht slawisch gefärbte Thema, die kleinen A-dur-Episoden des Andante; das harmonisch-rhythmisch faszinierende Scherzo und das dionysisch überquellende Finale, in welch letzterem für die Streicher (denen sowieso ein Sonderlob gebührt), finger- und bogentechnisch „alles dran war" Der stürmische Beifall des vollbesetzten Saale 9 dankte dem Dirigenten und dem Orchester für den Abend, der am 9. Iuli wiederholt werden soll-
Dr. G. L e n z i n g e r
KULTUR N ACHRICHTFN
Von der Freiburger Universität. Das Wintersemester beginnt am 1. Oktober und endet am 31. Januar 1948. Meldungen müssen bis zum 30. Jimi eingereicht sein. Für die medizinische und die natiurwissensdiaift’idie Universität bestehen nur begrenzte Aiufnahmemögäichkedten. Studierende in Freihurg können unter besonderen Umständen dank dem Entgegenkommen der Basler Universität einige Semester dort studieren.
Der ,,S üd wes td e u t s c h e Kultur- etee Teerung ab.
Der Begriff Arbeiter ist problematisch, denn nach dien veiaehiedenen großen Zueammenlbrüchen sind wir alle Arbeiter, das heißt Arbeitende, mtShselig Arhu famd e. Der Reichtum M entweder vernichtet »dar in die labile Schicht der Schieber übergegamgen. Aber in früheren, konsolidierten Verhältnissen wer es anders. Der „Arbeiter" war ein fester Begriff, wirtschaftlich und politisch voa geringem Recht oder aber außaretende, von zugisetiandemen politischen Rechten Gebrauch zu machen. Auf der einen Seite stand der ansbeutende Kapitalismus, unter sich ton henmungstosen Konkurrenzkampf gegen den Arbeiter im Gegensatz, weil jede Konzession «ne Verteuerung der Produktion mit sich brachte, Das ist zwei Menschenalter her. Daß die Arbeiter steh' zuswmmen- schtoswen urnd ein nsenschenwitadlge« Leben, einige Sicherheit und gesellschaftliche Geltung verlangten, war durchaus begreiflich. Der Arbeiter kämpfte um seine Menschenrechte. Es war die Zeit der -,,Arbeiterbeweguog'', di« vornehm- lieh in Gewerkschaften ihren Ausdruck fand. Band in Hand damit ging aber der Kampf um die politisch« Befreiung. Diese wurde erreicht. Das war dler erste Schritt, Nur ein ausgesuchter Dummkopf könnte daran etwas ändern wollen. Der Arbeiter waj gleichberechtigter Mensch und Staatsbürger geworden.
Es begann der zweite Abschnitt, der politische Kampf um eine vorherrschende Macht- Stellung im Staat. Der eigentliche Gegner, der individuelle „Kapitalist", ist vernichtet, Aber der Sozialismus, der Kampf um Glelchbanech- tlgnug war, wind letzt zusehends mehr zum Kampf um die Vorherrschaft. Daß der Arbeiter als Mensch und Staatsbürger Gleichberechtigung verlangte, leuchtet jedem ein. Aber daß er unter Führung politischer Theoretiker ein. Vorrecht erstrebt, empfindet jeder als einen Einbruch in die Demokratie.
Was ist zu gewinnen bei einer Vormachtete!- lunig, bei einer „Diktatur des Proletariats "? Was kenn einer, ob Arbeiter oder nicht, mehr erreichen, als die Gleichberechtigung? Wir medimen, was noch nachziuholen wäre, Ist die Ausbildung der geistigen Kräfte, die für ein befriedigendes Lebenisgefühl am wichtigsten sind.
Für die absehbare Zukunft kann uns als Ziel aller potitischen und wirtschaftlichen Anstrengung, neben leidlichen Lebemsverhättnlwsen aller, selbstverständlich auch der Arbeiter, nur die Steigerung und Verfeinerung der Produktion vor Augen liegen. Dazu braucht es ein Höchstmaß von persönlicher, freier Iniitiaöve ton Rahmen einer großen Planung, wobei unter Planung ehrlicherweise nicht das Einiengen oder Beseitigen der freien Initiative, sondern ihre Zusammenfassung gemeint ist. Wo unzureichend produziert wird, Ist nichts zu verteilen, auch nicht an den Arbeiter, Durch sog. revolutionäre Maßnahmen, durch eine Diktatur jeder Art wird das freie Spiel der Kräfte und die optimale Leistung beeinträchtigt; für theoretische Experimente ist auf unserem engen Raum ebensowenig Platz wie für wirtschaftlichen und politischen Dilettantismus. Die Russen haben das bald erkannt und mit harten Mitteln Disziplin und Auslese im Arbeitsprozeß wieder hergestellt. Die Leistung, d. h. die geistige Kapazität ist das Entscheidende. Das ist tUss unmittelbare Interesse der Gesaml- jieit uma der Arbeiter, bas Erreichte und noch übrig'Gebliebene festzuhaäteri' und aüf'löY®em und legalem Weg zu erweitern, das ist die Aufgabe. In einer ehrlichen Demokratie ist kein Platz für eine Diktatur, welcher Art sie auch sein möge. Mit Diktatur statt Butter ist uns auch nicht geholfen. Um Butter geht es, um Butter!
Mdg
Das „St. Gallaner Tagblatt" schreibt zum internationalen SoziaUsten-Kongreß in Zürich :.In
seiner 20 Minuten langen Rede erklärte KurtSchumacher , daß die deutsch « Sozialistische Par - bei nicht mehr dda alte Vorkriegsp-artei sei, sondern eine neue, die aus vielen neuen Erfahrungen gelernt zu haben hoffe. Er wies darauf hin, daß die beiden andreren bedeutenden Parteien Deutschlands , die Katholiken und die Kommunisten, ihre internationalen Kontakte bereits besäßen, und daß es gewiß wertvoll wäre, wenn auch die deutsche Sozialdemokratie nicht isoliert ■ und kontaktlos bliebe 1 . Doch fügte et hinzu, wenn die anderen Parteien sich noch nicht entschließen könnten, die deutsche Partei aufzunehmen, so könne er es begreifen, er glaube auch, daß dt« Internationale es überleben körnte. „Wir aber können es auch überleben und werden ‘deshalb unsere demokratische und internationale Gestaltung nicht verleugnen; wir wollen die internationalen Beziehungen nicht stören. Nur eines wäre unannehmbar: wenn zweierlei Recht geschaffen werden soll, und wir nicht als gleich berechtigte Partei aufgenommen würden."
Diese Rede machte Eindruck. Die deutsche Frage war ja die einzige politische De batte der Konferenz. Was die anderen Delegierten spürten, war zwar nicht Arroganz, aber /doch Stolz, wie es bei einem Manne, der für seine Gesinnung zehn Jahre Konzentrationslager erlitten hat, eher zu erwarten war, ul* ein me* culpa im Sinne der Kollektivschuld. Auf diese deutsche Kollektivschuld gingen dennoch, wie nicht anders zu erwarten, mehrere der an ihn gerichteten Fragen ein. Schumacher gab zu, daß keine Klasse und keine Partei sich der Verantwortung an einem nationalen Geschehen je entziehen könne, er wies auch auf 300 Jahre deutscher Geschichte hin, die für die Demokratie schlechte Voraussetzungen geschaffen habe und auf die ungeheure Realität des Mocbtsfiaates für Deutschland . Auf die Frage, warum die Partei, wenn sie doch atme neue sei, den alten Namen behalten habe, erwiderte er, man hätte in Deutschland die Sozialisten zwar um neue Ideen sammeln müssen, aber doch zunächst auch um die alte Fahne, und er selber wolle, bei aller Kritik, die alten Prinzipien der Sozialdemokratie auch jetzt nicht verleugnen.
Kurt Schumacher hatte zwei Erfolge zu verzeichnen: einmal das Eintreten der französischen Sozialisten für die Aufnahme sowie da* der Holländer und Norweger: es haben »ich also eindeutig und öffentlich für die Gleichberechtigung der deutschen Sozialdemokratie Vertreter von Ländern ausgesprochen, die unter der Besetzung ungeheuer vieles erlitten haben. Hoffentlich ahut wenigstens etn Teil der Deutschen , wieviel Selbstüberwindung und moralische Größe toi dieser Geste liegt! Ferner wurde die Entsendung von Delegationen der Nachbarländer zum nächsten Partedkongreß der deutschen Sozialisten beschlossen.
Zweimal — 1914 und durch Hitler — haben unterschätzte europäische Wirklichkeiten sozialen und weltpolitischen Charakters den- sozialistischen Internationalismus weggeschwemmt. Auch heute können dahier die europäischen Sozialisten beetemfalifs eine der Kräfte sein, die ■»iitfoelfem, um neue Wirklichkeiten zu schaffen."
SPS im bizonalen WtrtodiaftsraA ’ Bei* det Eröffnungssitzung dies bizonaleö Wirt- schaftsnates erklärte Schöttle (SPD ), man könne nur mit radikalen Mitteln eine radikale Besserung erreichen. Er betonte die Bereitwir/gkeit der SPD zur Mitarbeit an allen Prob’eimen, auch wenn sie in einer Zone noch 'nicht zugelias-
Berlin . Der in der Diensta^sitzung des Berliner Siadtpariaments zum Oberbürgermeister der Stadt Berlin gewählte bisherige Verkehrsdezernent Piof. Ernst Reuter gehörte seit 1932 als Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion dem Deutschen Reichstag an. Seit 1931 war er Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg , 1933 wurde er von der Hitlerregierung aub allen Aemtern entlassen. Nachdem Reuter zweimal im KZ Liditenberg inhaftiert war, wurde er im Jahre 1935 durch Vermittlung ^©iner englischen Quäkerin entlassen und wanderte nach London aus. Von dort wurde er im Jahre 1935 an die türkische Regierung als Sachverständiger und Berater des Wirtschafte-, später Verkehrsministerium, berufen. 1938 übernahm er eine Piofessur für Kommunalwissenschaff an der Hochschule für Politik in Ankara , einer Hochschule im Universi
tätsrang zur Ausbildung der höheren politischen Verwaltungsbeamten. Im Dezember 1946 kehrte Reuter nach Berlin zurück und wurde auf Vorschlag der SPD zum Stadtrat der Abteilung Verkehr in den Berliner Magistrat gewählt.
Reuter wurde 1889 in Apenrade , Schleswig-Holstein , als Sohn eines Navigationslehrers geboren und besuchte das humanistische Gymnasium von Leer , Ostfriesland-
Jugoslawien fordert seiner D.P’s.
Berlin . Die Rückführung von DisplacedPersons jugoslawischer Nationalität in ihre Heimat betrug in den letzten drei Monaten nur ein Prozent der in den Westzonen untergebrachten Jugoslawen, wie es in e:ner Erklärung des Chefs der jugoslawischen Militärmission beim alliierten Kontrollrat heißt. Außerdem sei die Zahl der Jugoslawen in den Westzonen in der gleichen Frist auf 40 000 angestiegen.
namens der Militärregierung und gab seiner Freude darüber Ausdruck, die Arbeit in vollem Gang zu sehen. Paul Distelbarth sprach über deutsch -französische Beziehungen und ihre Vertiefung zu enger Zusammenarbeit, besondere auf künstlerischem und kulturellem Gebiet. Br ging von dien psychologischen Voraussetzungen aus, auf Grund deren das aneinander Voibedreden zu überwinden wäre, das so oft in der Vergangenheit ausemamidertührte. Die Verschiedenheit der Nationen im Denken und Fühlen sollte vielmehr deT Synthese n-uteber gemacht werden, in der zahlreiche gesamteuropäische Fragen gelöst werden könnten.
Wilhelm Furtwängler weilte kürzlich auf seiner Rückreise nach der Schweiz in Konstanz . Leider ohne das Philharmonische Orchester Er kam von München , wo eT zwei Konzerte, jedesmal vor 3000 Personen dirigierte, die eine Viertelstunde Lang ihnen Beifall und ihren Dank bekundeten. Fräulein Erika Mann , die Tochter Thomas Manns , äußerte sich, das habe mit Mu- sikfreu.de nichts zu tun. Jis sei nationalistische Demonstration. Auch eine Meinung! — Fnrt- wängler, der, wie erinnerlich, badischer Abstammung ist, wird schon im August wieder in Deutschland dirigieren, u. a. ein Konzert in Leipzig auf. Einladung der Kulturabteiiung des Leipziger Freien deutschen Gewerkschafts-Bundes und ein Musikdrama von Wagner in Berlin .
Englische Studenten an deutschen Hochschulen. Etwa 80 englische Studenten setzen im nächsten Semester ihre Studien an deutschen Hochschulen der englischen Zone in Bonn , Göttingen , Hamburg und Berlin fort. Die Gäste werden bei englischen Familien untergebradit, da unter allen Umständen eine Verschärfung der deutschen Lebensmittel- und Wohnungsnot vermieden wenden soll.
Internationaler Chiiuigenkon- g r e ß. Im Haus der Zentinalvenwaitung der russischen Zone in Berlin fand unter großer Teilnahme ein mtemationiaiier Kongreß der Chirurgen statt. Ein Vertreter deT russischen Militärregierung begrüßte die Gäste und berichtete über den Stand der Chirurgie in Rußland Prof Saueabruch hielt einen Vortrag, in dem er vor zu weitgehender Spezialistemng warnte. Der Chirurg müsse in enger Verbindung mit dem Tntemteten bleiben.
Tempon mutantur. Der Chefredakteur der „Frankfurter Zeitung " von 1942 bis 1945, Pöhnisdi, «wurde von der Spruchkammer des Tn- teroierteniagers Darmstadt in dte Gruppe dar
Arbeitslager verwiesen. Von der einst so berühmten „Frankfurter Zeitung " waT nach 1933 nur noch der Kopf übrig. Der Text war eine Karikatur des früheren Inhalts. Das Blatt hatte den Ruhm, zusammen mit Juden und Freimaurern die* Ö‘tem von Hitler beschimpft zu wenden V)ie „Schreckstarre". Papst Pius XII. machte eine feinie Bemerkung zur psycho’ogiscben Charakterisierung der gegenwärtigen Zeit. Er 9agte in eiaer Ansprache an dos KarddnailkoHe- gium, das Jahr 1947 habe nuir den unversöhnlichen Zwiespalt zwischen der beängstigenden Anhäufung der zu lösenden Probleme und der beschämenden Anhäufung ihrer Lösungen gebracht. Man solle sich hüten, daß die Verführer von morgen sich nicht der Mächte der Zersetzung, die aus der heutigen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung zehren, bedienen. Das Gefährlichste sei die Schreckstarre vteter Menschen, die jetzt sagen würden es sei ja doch nichts mehr zu retten.
Der Schutz der Autorenrechte. Im Juli findet in London ein internationaler Verleger- und SchriftsteHlerkongreß statt, auf dem die Frage der Autorenrechte neu geregelt werden soll.
Mathilde ist wieder dal Eine besonders komische Figur in diesem manchmal reichlich komischen Zeitläuften ist Mathilde Ludendorff , die Gattin des einstigen Generals Ludendgrff, die, wie erinnerlich, in großdeutschen Zeiten einen „Bund für deutsche Gotteserkenntnis" gründete und wacker Bücher verkaufte, in denen das absurdeste Zeug mit ntedetdriiekendem Ernst verkündet wurde. U. a., daß Goethe den Schiller im Auftrag der Freimaurer umgehradit habe, ja, daß beim Tode von Beethoven und Wagner gleichfalls dunkle Kräfte im Spiel gewesen seien. Daß augenscheinlicher Unsinn geschrieben wird, mag hingehen. Daß er aheT von jemanden geglaubt wird, das ist unfaßlich Und es sollen Zehntansende gewesen sein, die s. Z. zur Ludendorff-Gemeinde gehörten. Nun soll sie wieder aufs Podium treten, die große Künderin Mathilde. Sie will, wie berichtet wird, ihre Gemälde i n einem „Bund zur Gotteserkenntnis" wieder sammeln. Hoiotoho !
Eine „Lan ce 1 ot" - Fe ier. In der Pariser Universität fand eine Feier anläßlich des einjährigen Bestehens der in Deutschland erscheinenden literarischen Revue „Lancelot " statt, der General König und eine große Anzahl von SchriftsteFem und Persönlichkeiten des politischen und geästi-
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