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Aanuar 1920 hat die bisher gültige Erwerl slosenfürsorge
^bedeutende Änderung gefunden. Als Ziel der Fürsorge
' die Beendigung der Erwerbslosigkeit durch Aufnahme
'Arbeit bezeichnet, und nur soweit dies Ziel nicht erreicht
en kann, soll Unterstützung gewährt werden. Erwerbs¬
sollen grundsätzlich an ihren Wohnort vom 1. August
zurückkehren. An einem anderen Orte darf ihnen die
^forge nicht länger als vier Wochen gewährt werden, es
i denn, daß sie an dem neuen Wohnort einen gemeinschaft-
en Hausstand begründet haben oder die Rückkehr in den
ren Wohnort tatsächlich undurchführbar ist. Das Für»
gealter ist von 14 auf 16 Jahr heraufgesetzt. Ausländern
nur bei verbürgter Gegenseitigkeit Erwerbslosenfürsorge
, hrt. Den Fürsorgeausschüssen, denen die Durchführung
"Erwerbslosenfürsorge unter Hinzuziehung von Vertretern
Arbeitgeber und Arbeitnehmer obliegt, wird zur Pflicht
rcht, in engster Zusammenarbeit mit den Arbeitsnach«
ßsen darauf hinzuwirken, datz den unterstützten Erroerbs-
mit tunlichster Beschleunigung geeignete Arbeit ver-
lt wird. Die Verordnung tritt am 1. Februar 192"
kKrast. _
Vergewaltigung deutscher Grenzstädte.
ieder eine Ablehnung durch die Entente.
Die Reichsregierung gibt amtlich bekannt:
Um entsprechend den zahlreichen Kundgebungen und
genden Vorstellungen der deutschstämmigen Bevölkerung
den betroffenen Landesteilen eine Festsetzung der Grenze
"chen Deutschland und Polen zu erreichen, die überwiegend
sche Gebiete beim Deutschen Reich beläßt, hatte die
ticke Regierung tm Oktober eine Note an die alliierten
ptmächte gerichtet. In dieser Note war u. a. der Antrag
flt. der Grenzfestsetzungskommisston, in der Deutschland
Polen durch je ein Mitglied vertreten sind,
eiterte Befugnisse im Sinne einer Nachprüfung der
,nographischen Verhältnisse zuzuerkennen. Wie alle
eren Bemühungen der Deutschen Regierung
en Beseitigung ethnographischer Ungerechtigkeiten
i der Grenzführung, ist auch diese Note von den
irrten mit der Begründung abgelehnt worden, daß an
Bestimmungen des Vertrages nicht gerüttelt werden
e. Da die deutsche Regierung durch ihre Unterschrift ge»
den ist. muß sie sich zunächst mit dieser Stellungnahme
den. Es bleibt aber der betroffenen, durch den Friedens»
rag vergewaltigten Bevölkerung unbenommen, auch
erhin mit allen gesetzlichen Mitteln bei der künftighin
Min noch zuständigen Stelle, der Internationalen Grenz»
fetzsetzungskommisston, ihre Wünsche zur Geltung zu bringen.
Die deutsche Regierung wird diese Wünsche knit wärmster
Sympathie begleiten und jede sich bietende Gelegenheit er»
»effen. um sie nach Kräften zu fördern. " -
politische Rundschau.
Deutsches Reich.
4 - Einzug der Polen in Thorn. Der Einmarsch pol¬
rischer Truppen der pomerellischen Division erfolgte dieser
Lege, nachdem diese an der Stadtgrenze vom Vorsitzenden
i«S polnischen Volksrats, dem zum kommissarischen Starosten
«nannten Rittergutsbesitzer von Czerlinski-Zaknzwo. sowie
«l Stadtbahnhof vom Präses des Thorner polnischen Volks»
Nlts Dr. Steinborn begrüßt worden waren. Auf der Straße
Maren zahlreiche Ehrenpforten errichtet. Manche Häuser
«ren mit roten Fahnen geschmückt. Unter Geläute der
^Stocken der katholischen Kirchen bewegte sich der Zug zum
Nachdem die Truppen am Alten Markt Auf»
vckung genommen hatten, erfolgte im Saale die Übergabe
d« Stadt durch Oberst Skrzynski, der alsdann vom Balkon
s Rathauses eine Ansprache an die Soldaten und Volks-
nge hielt. Abends fand in allen katholischen Kirchen ein
deum statt. In der Nacht hatte der polnische Volksrat
Maische Straßenbezeichnungeo an allen Ecken angeklebt.
* Die bayerischen Demokraten gegen die Ausliefe-
kleinen W»ng. Die bayerische demokratische Landtagsfraktion brachte
aß das i, bm Antrag ein. die bayerische Regierung möge bei der
Mlltichsleitung dahin wirken, daß von dieser alles geschieht,
die Bestimmungen des Versailler Vertrages über die
Lieferung, deren Ausführung Regierung und Volk mit
Grund- Wnriuslöschlicher Schmach bedecken müßte, nicht zur Aus»
Dkhrung gelangen zu lasten._
, 4- Abreise Radeks. Radek ist am 18. d. Mts. durch
Deutsche Beamte begleitet an der polnischen Grenze einge-
EMffm und hat von dort aus die Weiterreise nach Sowjet-
tüßland angetreten. Mit der Rückgabe der für ihn von
Howjetrußland festgehaltenen Geiseln Fmnz.Cleinow, Adolf
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uL zu- L» »Das heißt, datz du mich gern los sein möchtest, mein
! "Junge! Nun, ich kenne deine Wünsche ja. Ich will dir
m ua» Mch den Gefallen tun, aber nicht dir zur Liebe, sondern
bt still!r Weil ich mich verabredet habe."
Sie verabschiedete sich von Irene und diese bat Hel«
' Wut, ihr in die vorderen Räume des Hauses zu folgen,
ten fiä ^ wollte am liebsten mit ihr in ihrem Zimmer bleiben,
Mer sie schüttelte bestimmt verneinend den Kopf. Da
iling er mit ihr in den Salon. Auch hier waren sie un»
Mört.
Helmut Körner erschien wie ein anderer Mensch, als
mit Irene allein war. Das überlegene. Blasierte und
iut der Hochmütige seines Wesens verschwand, ein Zug von Ernst
r 'giur Mn in sein leichtsinniges, interessantes Gesicht. Er trat
rkleidch Kk das Mädchen zu, haschte nach ihrer Hand. Aber Jrene
sie ihm nicht.
.Irene, wenn du wüßtest, wie glücklich ich bin und
^ er -»ie voller Hoffnung, dich endlich wieder in meiner Mhe
c ForS ^ wiffen! Nun ist die Möglichkeit, dich mir zu erringen.
Mch wieder näher gerückt!"
Sie sah den Kindheitsfreund ernst und traurig an.
.Immer noch, Helmut, immer noch trügst du dich mit
sem Gedanken?"
.Ich werde die Hoffnung nicht eher aufgeben. Irene,
bis sie sich erfüllt hat."
.Aber sie wird sich nie erfüllen," rief sie heftig,
ie. Helmut, kann das Wahrheit werden, was du willst!
»rum rührst du alles, was begraben sein soll und oer-
Üen, jedesmal wieder auf, wenn wir uns sehen?
rrum bringst du stets einen Mißklang in unsere Freund-
»ft?"
.Weil ich keine Freundschaft will!" sagte der Mann
seine Stimme klang fest und fast drohend. .Nichts
begraben sein, nichts vergessen! Wie könnte es
>l Irene, dein Bild verfolgt mich ja immer und
»er! Stets ist meine Sehnsucht wach nack dir! Und
werde nicht eher rasten und rühm, als bis dv dic
ie bist."
.Es wirb dir nichts nützen," sagt« sie traurig, .du
M meinen Willen doch ehren! Dv kannst mich nicht
«gen!"
Bethmann, Karl Muskat, Leo Schanz, Max Schanz. Ottomar
Heintze und Bruno Bertram kann demnächst gerechnet
werden.
Aus Zn- und Ausland.
Berlin. Der neue Geschäftstäger in Paris Dr. Mayer
begibt sich jetzt sofort auf seinen Posten.
Basel. Ein vom Züricher .Volksrecht" veröffentlichter
Geheimbericht der Landesverteidigungskommisfion bat die
Stimmung so sehr gegen den Völkerbund beeinflußt, daß
die Ablehnung des Beitritts in der Volksabstimmung wahr¬
scheinlich sei.
Dublin. Die Grsreindewahlen in Irland haben eine
starke Mehrbett zugmmen der Sinnfeiner und der Arbeiter¬
partei ergeben, die. mit Ausnahme des Bezirks Ulster, fast
überall den Sieg daoongetragen haben.
Newyork. .Washington Post" meldet, daß Trotzki er¬
klärt habe, die nächste Aufgabe der bolschewistischen Heeres¬
streitkräfte sei der Angriff auf Polen und die baltischen
Staaten.
Wett- und Volkswirtschaft.
Der Stand der Mark.
Bei der nachstehenden Tabelle bedeutet Brief —angeboten
und Geld --- gesucht. Die Valuta steht jetzt für ie 100 Gulden
(G). 100 Kronen (Kr.) bezw. 100 Frank (Fr.):
Börsenplätze
LS.
Gelds
1.
Brief
17.
Geld
L.
Brief
16.
Geld
L.
Brief
Amsterdam G
2223
2227
2088V-
2091V,
Kopenhagen Kr.
1059
1061
1019
1021
9SSV.
1000V«
Stockholm Kr.
1249
1251
1189
1191
1159V«
1160'/«
Christian!« Kr.
1149
1151
1099
1101
1079V«
1080V«
Bern Fr.
10S9
1061
1009
1011
9S9V«
1000V«
Im Frieden kosteten im Durchschnitt 100 holländische Gulden
170 Mark. 100 dänische, schwedische bezw. norwegische Kronen
112 Mark und 100 Frank rund 80 Mark, von kleinen Kurs»
schwankungen natürlich abgesehen.
Berliner Produktenbörse. Amtlich notierte Preise
der Berliner Produktenbörse am 19. Januar: Hafer tur
1000 Kilogramm loko —. sofortige Abladung 3040—3080 Mark
ab Station. Tendenz: —.
Nichtamtlich sind folgende Preise ermittelt, alles für
80 Kilogramm ab Station: Erbsen. Viktoriaerbsen 380—480
Mark, gelbe und grüne Erbsen 260—390 Mark. Bohnen,
weiße inländische 330—4 0 Mark. Peluschken 180 —ISO Mark,
Pferdebohnen 190—205 Mark. Wicken 140—160 Mark»
Lupinen 63—76 Mark. Seradelle 122—133 Mark. Wiesen»
beu. lose. 40 —45 V- Mark. Stroh, drahtgepreßt 21—23V» Mark,
gebündelt 19—26 Mark. Runkelrüben 6-6'/. Mark, je
nach Abladestation. Kohlrüben, gelbe 6'/«—7V- Mark» weiße
5V-—6 Mark. Möhren, rote, S'/«—10 V« Mark.
Hc Holländischer Staatskredit für Deutschland. Die
zwischen der deutschen und der holländischen Negierung seit
einiger Zeit schwebenden Verhandlungen über die Ge¬
währung eines holländischen Staatskredits an Deutschland
stehen dicht vor dem Abschluß. ES handelt sich um eine
Summe von zweihundert Millionen Gulden, das
wären nach dem heutigen Kurs vier Milliarden Mark.
Davon sollen 140 Millionen Gulden zum Ankauf von Roh¬
stoffen, 60 Millionen zum Ankauf von Lebensmitteln dienen.
Der Kredit wird auf zehn Jahre gegeben und wird in dem
Maße weitergewährt, in dem die Abzahlungen seitens
Deutschlands erfolgen. Deutschland seinerseits verpflichtet
sich, die Rohstoffe und Lebensmittel aus Holland zu be¬
ziehen und gewährt überdies an Holland einige für Holland
wichtige wirtschaftliche Vorteile, z. B. in bezug auf die
Lieferung von Kohlen, auf den Abbau von Kohlenfeldern
bei Erkelenz an der deutsch-holländischen Grenze usw.
Hc Schließung zahlreicher Eisenbahnwerkstätten. Außer
der Eisenbahnhauptwerkstätte in Nied hat die Regierung
während der letzten Eisenbahnerstreiks wegen Unwirtschaftlich¬
keit des Betriebes auch noch die Eisenbahnhauptwerkstätten
in Wedau und Mülheim-Speisdorf im Eisenbahndirekttons¬
bezirk Wen und die Eisenbahnhauptwerkstätten Nippes und
Krefeld-Oppum tm Eisenbahndirektionsbezirk Köln geschloffen
und sämtliche Arbeiter entlassen. Ferner ist den Eisenbahn¬
arbeitern bei der Betriebswerkstätte ist Kirchweyhe im Eisen¬
bahndirektionsbezirk Münster, die zunächst in passive Resistenz
und dann gleichfalls in einen wilden Streik getreten waren,
eine Frist , zur Wiederaufnahme der Arbeit gesetzt worden.
Da die Arbeiter von dieser Bereitwilligkeit der Vermattung,
sie weiterhin zu beschäftigen, keinen Gebrauch gemacht haben,
sondern weiterhin dem Dienst ferngeblteben sind, sind flie
»Ach, wenn ich es könnte!"
.Das wünschest du! Mich zwingen zu können,
deine Iran zu werden, ohne daß mein Her- mich ru
dir treibt?"
7 »Ich will dich!" sagte er mühsam atmend. .Was ist
wir schließlich dein Wille und Wunsch! Du liebst mich
Wicht, ich weiß es und habe lange darunter gelitten, jetzt
aber bin ich auch darüber fortgekommen. Jetzt will ich
Hrr noch dich, ganz gleich, wie du für mich fühlst!"
. Sie schüttelte verständnislos das Haupt. .So bist du,
ja, so bist du, Helmut", sagte sie sinnend. .Dein Will«
und Wunsch ist dir oberstes, einziges Gesetz! Ob die anderen
leiden, danach fragst du nicht, danach hast du nie gefragt.
Wenn du nur triumphierst!"
. »Ja, so bin ich, Irene! Und habe ich mit meiner
Taktik nicht schon viel erreicht?"
»Erreicht hast du viel, weil dein Talent dich befähigte!
Und weil Lu fleißig warst."
»Den Fleiß also sprichst du mir wenigstens nicht
ab! Er lachte. »Also doch eine gute Eigenschaft, die du
mir läßt! Aber sieh, Irene, wie ich bisher alles erreichte,
was ich gewollt, wie mir alles glückte, was ich erstrebt,
so wirst du mir noch werden, du mein letztes, mein höchstes,
mein erstrebenswertestes Ziel!"
»Niemals!" rief sie. »Niemals!"
Die Stimme des Mannes wurde weich, schmeichelte.
»Warum kann es nicht sein? Warum nicht? Keiner wird
dich wieder so lieben wie ich, Irene, keiner je so nach dir
schmachten! Ach du! Seit deiner Kindheit habe ich dich
geliebt! AnSeten, vergöttern will ich dich ja, wenn du die
Meine bist. Warum kann es nicht sein?"
»Du weißt den Grund, Helmut."
»Weil du mich nicht liebst? Ach, vielleicht würde die
Liebe noch kommen, wenn du die Meine siehst, fühlst, er-
lebst!"
»Nein, nein," murmelle sie angstvoll. »Selbst wenn
ich dich lieben würde, selbst dann könnte ich niemals die
Deine sein. Glaubst du, ich käme über dein Leben hin¬
weg? Du sprichst mir von Liebe und gehst von mir fort,
um einem anderen Mädchen dasselbe Zu sagen! Du lebst
gleichfalls entlassen worden. In allen diesen Fällen hat die
Regierung wie bei der Schließung der Eisenbahnhauptwerk¬
stätte in Nied geglaubt, eine weitere Vergeudung von
Staatsgeldern vor dem Voll nicht mehr verantworten zu
können. _
Kirche, Schule n«d Misst»«.
Kirchlich-Positive Bereinigung.
Karlsruhe, 19. Jan. Als erste der drei an den
Wahlen zur letzten außerordentlichen Generalsynode betei¬
ligten kirchlichen Gruppen hatte die kirchlich-positive Ver¬
einigung zu einem Vortrag ihres Abgeordneten Stadt¬
pfarrer Kühlewein über die neue Kirchenverfassung auf
Sonntag, abend in das Ev. Vereinshaus, Adlerstraße,
eingeladen. Der große Saal einschließlich Empore und
Vorsaal war bis zum letzten Platz dicht besetzt und viele
mußten sich noch mit einem Stehplatz begnügen. Es war
ein Genuß, die Ausführungen des Redners über das an
sich trockene Thema zu hören, das er in einer Weise zu
behandeln wußte, daß die gesamte Zuhörerschaft vom
ersten bis zum letzten Augenblick mit gespannter Auf¬
merksamkeit folgte. In seiner Einleitung erwähnte der
Redner die Gegenstände, mit denen sich die Synode, ob¬
wohl sie eigentlich nur zur Schaffung einer neuen Ver¬
fassung berufen war, befaßt hatte, an denen sie aber, da
es sich teils um öffentliche Mißstände, wie die Vergnü¬
gungssucht und den Wuchergeist, teils um brennende
Fragen des kirchlichen und öffentlichen Lebens, wie die
Glockenfrage, die Ausgestaltung des Pressewesens, die
Gemeindehäuser, die Jugendpflege, die Kriegerheimstätten
handelt, nicht vorübergehen konnte und zu denen sie in
Entschließungen und Kundgebungen an das ev. Volk Stel¬
lung nahm. Bevor der Redner zu der Verfassung selbst
überging, wandte er sich gegen den da und dort erhobenen
Vorwurf, die Synode habe ihre Aufgaben hinter ver¬
schlossenen Türen gelöst. Das habe zwar anfangs so den
Eindruck gemacht, doch sei auch an den Tagen, an denen
keine öffentlichen Sitzungen stattgefunden haben, fleißig
von früh bis spät im Verfassungsausschuß gearbeitet
worden. Zur Verfassung selbst übergehend konnte der
Redner feststellen, daß uns dank der positiven Mehrheit
ein Bekenntnisstreit erspart geblieben sei. Diesen Wahl¬
ausfall wollen die Liberalen, a»ch in einem neuerlichen Ar¬
tikel im „Karlsruher Tagblatt", der angeblich guten Or¬
ganisation der Positiven zuschreiben, wobei sie aber ver¬
kennen, daß der Liberalismus nicht aufbauend, sondern
zerstörend und zersetzend wirke, und damit kirchliches,
religiöses Leben nicht geweckt werden könne. Der Wahl¬
ausfall sei das unumwundene offene Bekenntnis der über¬
großen Mehrheit des evang. Kirchenvolkes zu dem Grund
und Eckstein unserer Kirche, den um unserer Sünden
willen gekreuzigten und auferstandenen Gottes Sohn,
unserem Herrn Jesus Christus. Bei der Besprechung der
einzelnen Abschnitte ging der Redner besonders auf die
durch die neue Verfassung gegenüber den bisherigen Be¬
stimmungen getroffenen Aenderungen ein, so das Ver¬
hältniswahlverfahren für die örtlichen Kirchenvertretungen,
das Frauenwahlrecht, Gemeindekirchentage, die Sprengel¬
vertretungen, den Minoritätenschutz, den Ausbau des
Rechts auf endgültige Besetzung von Pfarreien durch die
Kirchenregierung, die Schulsynode, die Beibehaltung der
Urwahl für die Landessynode, die Zusammensetzung, Wahl
bezw. Ernennung der Mitglieder der Kirchenregierung
usw. Zum Schluß wies der Redner darauf hin, daß die
Verfassung nur der Rahmen sei, in den nun des Kirchen¬
volk selbst das Bild hineinzustellen habe. Geist und Leben
aber komme nur von Gott, denn Totenfeld bleibe Toten¬
feld, wenn nicht Gott den Odem hineingebe. In der an¬
knüpfenden kurzen Aussprache wurde noch besonders auf
die im Frühjahr bevorstehenden Wahlen der örtlichen
Kirchenvertretungen hingewiesen, denen voraussichtlich im
Spätjahr diejenigen der ordentlichen Landessynode folgen
werden. Die kirchlich-positive Vereinigung kann mit Be¬
friedigung auf diese Veranstaltung zurückschauen, die ihr
eine überraschend große Zahl neuer Mitglieder zuge¬
führt hat.
toll und wüst und leichtsinnig! Du trinkst und spielst und
Lurchtollst die Nächte! Ach, Helmut, ich bin doch kein
Kind, ich weiß doch genügend von deinem Leben."
Er war sehr ernst, er sagte: »Du bist dennoch ei»
Kind. Weißt du denn nicht, -aß Sehnsucht nach der einen
unerreichbaren Frau einm Mann zu anderen» ungeliebten»,
ja zu verachteten Frauen treiben kann? Weißt du niÄ,
Irene, daß ich Betäubung suche im Wein, in der Liebe,
im Spiel? Betäubung vor meinen Gedanken an dich?
Bor meiner Sehnsucht, die mich toll macht? Glaube eS
mir, dir gilt mein erstes und einziges großes Gefühl! Du
bist meines Leben- große Leidenschaft." __ ,
(Svryeymig sotpl.-
Damenmove« und Emrvoirerung. In einer sranzö-
fischen Zeitschrift bespricht der Arzt Dr. Fooeau de
Courmelles die herrschende Damenmode, gegen die er vom
hygienischen Standpunkt aus in heiliger Weise Stellung
nimmt. Er ist der Meinung. Laß bei der bestehenden
Modetyrannei eine anständige Frau sich nicht mehr kleiden
könne, wie sie wünscht und wie die Hygiene es erfordert.
Er beschuldigt die Mode, daß sie 1. die Frauen »einengt"
und bloß magere, abgezehrte Körper duldet; 2. daß sie
dadurch, daß sie die Frauenlleidung unten kurz macht und
oben weit offen gestaltet, die Ursache ist, daß Wind und
Kälte den Körper durchdringen und wichtige Organe über¬
mäßig abkühlen; 3. daß sie durch ihre Kostspieligkeit —
kostspielig auch darum, weil sie so oft wechselt — Familien,
die nicht über genug Geld verfügen, die Möglichkeit
nimmt, Kinder zu haben und sie zu erziehen, sow e
Frauen aus gewissen Schichten in eine unsaubere, oen
Charakter verderbende Lebenslage bringt. Dr. Fooeau
de Courmelles schließt seine Betrachtungen mit folgendem
Stoßseufzer: »Wenn die Mode sich jedem Frauentypus
anpaßte, besonders all den verschiedenen weiblichen Tempe¬
ramenten. wenn sie die Frauen nur schön zu macken be¬
strebt wäre, könnte man sie vielleicht noch verteidigen!
Aber wenn man die Kleider in schreienden Farben siebt,
alle Frauen in derselben Art von uniformer Häßlichieit,
dann versteht man die Modetyrannei ganz und gar
nickt mebr."