Wandmaleèereien Von Alfons
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Die Wandgemalde chinesischer Art (Chinoiserien, Kolonialstil) im Haus zum„Weißen Pfauen“
Um für ein Kaufhaus Platz zu schaffen, läßt die Stadt Konstanz zwei der schönsten mittelalterlichen Hàuser in der Hussen- straße, das Haus zum„Weiſzen Pfauen“, früher auch„Zum Weiſden Ochsen“ genannt, Wie auch das daran stoßende Zunfthaus der Rebleute,„Zum Weingarten“ abreißen(Bild 15). Beide Häuser beherbergen Wand- bilder, das Zunfthaus ein mittelalterliches Turnier, das Haus zum„Weiſzen Pfauen“ zwWei Darstellungen in der Art der Delfter Kacheln mit Szenen aus exotischer Ferne, sogenannte Chinoiserien. Das Haus war Sitz des öster- reichischen Stadtkommandanten und ist be- sonders luxuriös mit Stuckdecken ausge- stattet, auch der breite, hochkünstlerische Treppenaufgang hat dieselben. Für den Heimat- und Kunstfreund ein großer Ver- lust, daſ hier das Groſkapital gesiegt hat über alle Bedenken der Bewahrer der Tra- dition und Freunde der Heimat.
1951 kamen die Wandbilder zum Vor- schein, als man die darüberliegende Tapeten- decke abnahm, um die Räume weiß z2u streichen. Zwei aufgehende Flächen der Ofenecke von 1,7 und 1,5 m Breite bei einer Höhe von 3,3 m trugen die blaue Zeich- nung. Mit meiner Frau zusammen fertigte ich gleich eine genaue Zeichnung an(Bild 6), die hier zum ersten Male veröffentlicht sei. In den zehn Jahren, die seitdem verflossen sind, hat sich der blaue Farbton der Zeich- nung in ein stumpfes Grau verwandelt, auch viele Umrisse sind abgebröckelt und dadurch weniger deutlich. Dieser Wand- schmuck entsprang gewiſß der Laune des Stadtkommandanten, der Freude an exoti-
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im alten Konstanz
Becł, Konstanz
schen Motiven hatte. Die Stellen, Wo der reichgegliederte Kachelofen stand, waren ausgespart und zeigten keine Malerei. Ofen und Bemalung sind anscheinend gleichzeitig und gehören, wie das Schnörkel- und Muschelwerleé der Bildeinfassung ausweist, dem Rokoko-Stil an, d. h. dem ausgehen- den 18. Jahrhundert. Die Ofenecke War fein abgestimmt zu der Stuckdecke des Saales; eine beseelte Kunst hatte hier in meisterhaf- tem Schwung die Schnörkel, Muscheln und Schneckenformen aufgetragen. Beide Wand- seiten schmückt je eine Gruppe von zwei Figuren. Rechts lenkt ein Mann, wohl ein Pflanzer oder Plantagenbesitzer der Kolo- nialzeit, die Hauptaufmerksamkeit auf sich, mit flachem, chinesischem Hütchen oOder Dreimaster, langer Joppe, unter der ein Band sichtbar wird, und Pumphosen. Nach unten gehen diese in weite Strumpfröhren über, die wie Landsknechtskleidung aufge- schlitzt sind und in Spitzen herunterhän- gen. In der linken Hand führt er einen Wanderstock, auf den er sich selbst lehnt, mit der rechten Hand unterstützt er seine eindringlichen Ermahnungen, die an eine Weibliche Figur gerichtet sind. Als Zeichen der Ergebenheit legt diese überaus anmutige Erscheinung in wallendem Haar die Hand auf die Brust. Diese Frauengestalt hat gar nichts Exotisches an sich, sie ist eher das Abbild eines deutschen Gretchens. Auch an eine dunkelhaarige Mestizin oder ein Màd- chen der Mayabevölkerung könnte man denken. Der Hintergrund der Szenerie ist mit schlankem Baumwerk(Lorbeer?) belebt, eine Palme entfaltet sich in der Mitte, und zierliche Schmetterlinge schwärmen in der Luft. Ein langes, Schloſartiges Gebãàude mit Kuppel ist nur noch in Spuren erkennbar. Davor zieht fast über die ganze Bildbreite ein langer Schuppen, auf dessen Dach wWohl
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